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17 W (pat) 53/08

BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 53/08 Verkündet am 11. Dezember 2012

…

BESCHLUSS In der Beschwerdesache betreffend die Patentanmeldung 10 2005 017 484.1-53 …

hat der 17. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 11. Dezember 2012 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Phys. Dr. Morawek, der Richterin Eder, des Richters Dipl.-Ing. Baumgardt und des Richters Dipl.-Phys. Dr. Forkel BPatG 154 05.11 beschlossen:

-2Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe I.

Die vorliegende Patentanmeldung, welche eine japanische Priorität vom 15. April 2004 in Anspruch nimmt, wurde am 15. April 2005 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereicht. Sie trägt die Bezeichnung

„Adress-Datenbank und Adress-Auffindungssystem unter Verwendung dieser“.

Die Anmeldung wurde von der Prüfungsstelle für Klasse G06F des Deutschen Patent- und Markenamtes mit Beschluss vom 19. Februar 2008 mit der Begründung zurückgewiesen, dass der Patentanspruch 1 auf ein „Programm für eine Datenverarbeitungsanlage als solches“ gerichtet sei und deshalb die mit ihm beanspruchte Lehre dem Patentschutz generell nicht zugänglich sei.

Gegen diesen Beschluss ist die Beschwerde der Anmelderin gerichtet.

Die Anmelderin stellt sinngemäß den Antrag,

den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das nachgesuchte Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:

Patentansprüche 1 – 5 vom 12. September 2008, eingegangen am 12. September 2008,

Beschreibung Seiten 1 – 30 vom 12. September 2008, eingegangen am 12. September 2008 und 14 Blatt Zeichnungen mit 14 Figuren, jeweils vom 15. April 2005, eingegangen am 15. April 2005.

Zur Begründung ihrer Beschwerde führt die Anmelderin aus, dass das beanspruchte Adressenauffindungssystem, welches in einem Navigationssystem enthalten sei, ein technisches Gerät darstelle, dessen Funktion allein durch die innere Konstruktion und Auslegung des Geräts bestimmt werde. Die Lehre sei dem Patentschutz daher grundsätzlich zugänglich.

Vom Senat wurden die Druckschriften D1: DE 102 46 029 A1 und D2: NAVIGON: GPS – Navigationssystem, MOBILENAVIGATOR NOTEBOOK, Version 1.1, Benutzerhandbuch, Juni 2002 <Im Internet: http://www.navigon.com/portal/common/Download/Manual/NavigonSoftware/ MobileNavigatorNotebook/MobileNavigatorNotebook_de.pdf> eingeführt.

Der geltende Patentanspruch 1, hier mit einer möglichen Gliederung versehen, lautet:

„Adressenauffindungssystem mit:

(a) einer Speichereinheit (2) mit einer darin gespeicherten Adressdatenbank (21) mit einer Baumstruktur mit Elternknoten und hierarchisch darunter angeordneten Tochterknoten, wobei eine Adresse bildende Regionalnamen, die geographische Bereiche jeden Maßstabs vom Großbereich bis zum Kleinbereich bezeichnen, Knoten derart zugeordnet sind, dass mindestens ein Tochterknoten einen Regionalnamen hat, der einen Bereich bezeichnet, der größer ist als der Bereich, der durch den Regionalnamen seines Elternknotens bezeichnet wird;

(b) einer Ein/Ausgabeeinheit (4) für zumindest die Eingabe eines Regionalnamens durch einen Benutzer und für die Anzeige von zumindest einem Adressauffindungsdialog für den Benutzer; und

(c) einem Zentralprozessor (1), der mit der Speichereinheit (2) und Ein/Ausgabeeinheit (4) verbunden ist, der einen Speicher (11) zum Speichern eines Steuerprogramms umfasst und

(d) der beim Ausführen des Steuerprogramms auf die Eingabe eines Regionalnamens durch den Benutzer hin die Adressdatenbank (21) nach den Tochterknoten durchsucht, deren Elternknoten mit dem eingegebenen Regionalnamen bezeichnet ist und

(e) die Regionalnamen der gefundenen Tochterknoten in dem Adressauffindungsdialog ausgibt.“

Zu den Unteransprüchen 2 bis 5 wird auf die Akte verwiesen.

Mit Ladungszusatz vom 9. August 2012 führte der Senat aus, dass das mit dem geltenden Patentanspruch 1 beanspruchte Adressenauffindungssystem mit Rücksicht auf den aus der Druckschrift D1 bekannten Stand der Technik nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhe und daher nicht patentfähig sei.

Zu den weiteren Einzelheiten wird wieder auf die Akte verwiesen.

II.

Die Beschwerde wurde rechtzeitig eingelegt und ist auch sonst zulässig. Sie hat jedoch keinen Erfolg, weil der Gegenstand des Patentanspruchs 1 bei Berücksichtigung nur derjenigen Anweisungen, die die Lösung eines technischen Problems mit technischen Mitteln bestimmen oder zumindest beeinflussen (BGH GRUR 2011, 125 – Wiedergabe topografischer Informationen), nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht (§ 4 Satz 1 PatG).

1. Die vorliegende Patentanmeldung betrifft ein Adressenauffindungssystem und insbesondere eine Technologie, die zum raschen Auffinden eines gewünschten geographischen Punktes verwendet wird (geltende Beschreibung, Seite 1, erster Absatz).

In der Beschreibung wird ausgeführt, dass dieses Adressenauffindungssystem eine Adressdatenbank mit Adressen zur Ortsauswahl durch einen Benutzer beinhalte. Die Adressen bezögen sich auf Adressangaben zur Bezeichnung eines geographischen Punktes. Die in einem solchen Adressenauffindungssystem verwendete Adressdatenbank weise eine Baumstruktur auf, die sich aus einer Vielzahl von Hierarchieebenen zusammensetze (geltende Beschreibung, Seite 11, zweiter Absatz). In den Hierarchieebenen seien Regionalnamen einzelnen Baumknoten zugeordnet. Bei den Regionalnamen könne es sich um Groß- und Kleinbereichsnamen handeln, wie z. B. die aus den japanischen Verwaltungsstrukturen bekannten Namen von Präfekturen, Verwaltungsbezirken, Großstädten bzw. Ballungsgebieten, Kleinstädten oder Dörfern; weiterhin könne es sich bei den Regionalnamen noch um Gebietsnamen oder Blocknummern handeln (geltende Beschreibung, Seite 1, dritter Absatz – Seite 2, erster Absatz). Adressenauffindungssystem und Adressdatenbank seien insbesondere geeignet, im Navigationssystem eines Fahrzeugs zur Anwendung zu kommen (geltende Beschreibung, Seite 9, vierter Absatz). Aus den Adressangaben könne das Navigationssystem die zugehörigen geographischen Koordinaten zur anschließenden Ansteuerung ermitteln. Dazu greife das Navigationssystem auf die Adressdatenbank zu. In herkömmlichen Adressenauffindungssystemen werde ein geographischer Punkt unter Verwendung einer Adressdatenbank mit einer Baumstruktur und sequentiell nach unten kleiner werdenden Regionen von den Regionalnamen eines großen Bereiches zu den Regionalnamen eines kleinen Bereiches lokalisiert. Konventionelle Adressenauffindungssysteme ermöglichten immer nur eine Suche in einer hierarchisch absteigenden Reihenfolge der Hierarchieebenen (geltende Beschreibung, Seite 2, dritter Absatz). Die Reihenfolge sei beispielsweise durch die Sequenz Präfektur, Verwaltungsbezirk und Großstadt, Verwaltungsbezirk, Stadt oder Dorf und Blockzahl vorgegeben (geltende Beschreibung, Seite 2, zweiter Absatz). Um eine Adresse aufzufinden, würden zuerst die Namen der Präfekturen auf einem Bild-Schirm in Listenform angezeigt, und nach der Auswahl einer Präfektur in der obersten Hierarchieebene die zu dieser Präfektur gehörenden Verwaltungsbezirke und Großstädte dem Benutzer zur weiteren Auswahl angeboten. Verwaltungsbezirke und Großstädte seien dabei in der zweiten Hierarchieebene angeordnet. Dieses Verfahren müsse sequentiell interaktiv über die Namen von Stadt oder Dorf bis hin zur Blockzahl (=Chome, was in Japan ein Stadtviertel bezeichnet) weiterverfolgt werden, um die unterste Hierarchieebene zu erreichen, wodurch der gewünschte geographische Punkt erst lokalisiert werde (geltende Beschreibung, Seite 2, dritter Absatz).

Häufig besitze ein Benutzer aber nur eine ungenaue Kenntnis über die vollständige Adressnotation eines geographischen Punktes, z. B. erinnere er sich oft nur an den Städtenamen, nicht aber an die übergeordneten Regionalnamen. Wenn der Benutzer den Regionalnamen oder die Hierarchieebenen nicht vollständig kenne, müsse der interaktive Auswahlprozess so lange wiederholt werden, bis der richtige Regionalname ermittelt werde. Im Ergebnis benötige ein Benutzer für einen solchen Suchprozess viel Zeit, um den gewünschten geographischen Punkt zu ermitteln (geltende Beschreibung, Seite 4, zweiter Absatz). Zur Verbesserung dieser Situation wird im Wesentlichen vorgeschlagen, im Adressenauffindungssystem eine Adressdatenbank mit einer Baumstruktur zu verwenden, bei der die eine Adresse bildenden Regionalnamen die Baumknoten bilden, wobei es mindestens einen Tochterknoten geben soll, der einen größeren geographischen Bereich als sein zugehöriger Elternknoten bezeichnet (geltende Beschreibung, Seite 6, sechster Absatz – Seite 7, erster Absatz).

Der Anmeldung soll die Aufgabe zugrunde liegen, ein Adressenauffindungssystem anzugeben, das den Zugriff auf die in dem System gespeicherten Adressdaten auf neuartige Weise durchführt, so dass das Adressenauffindungssystem auch dann auf Adressdaten zugreift, wenn nur Teile der Daten einer Adresse eingegeben werden (siehe geltende Beschreibung, Seite 6, vierter Absatz).

Als Fachmann, der mit der Aufgabe betraut wird, ein Adressenauffindungssystem zu verbessern, sieht der Senat einen berufserfahrenen Systemprogrammierer an.

2. Der Patentanspruch 1 bedarf der Auslegung.

Der zuständige Fachmann entnimmt dem Patentanspruch 1 zur Lösung der genannten Aufgabe die Bereitstellung eines Adressenauffindungssystems, welches über eine Speichereinheit, eine Ein/Ausgabeeinheit sowie einen Zentralprozessor verfügt, die miteinander verbunden sind.

Mit dem Merkmal (a) wird vorgeschlagen, dass die Speichereinheit eine Adressdatenbank mit einer Baumstruktur beinhaltet, wobei die jeweiligen Knoten der Baumstruktur durch die eine Adresse bildenden Regionalnamen gebildet werden. Die Regionalnamen sollen Bereiche jeden Maßstabs vom Groß- bis zum Kleinbereich bezeichnen. In der Beschreibung wird dies anhand japanischer Verwaltungsstrukturen erläutert, deren Namen z. B. Präfekturen, Verwaltungsbezirke, Städte oder Dörfer angeben (geltende Beschreibung, Seite 1, dritter Absatz). Weiterhin soll die Baumstruktur derart mit Eltern- und hierarchisch darunter angeordneten Tochterknoten aufgebaut sein, dass mindestens ein Tochterknoten einen Regionalnamen hat, der einen Bereich bezeichnet, der größer ist als der Bereich, der durch den Regionalnamen seines Elternknotens bezeichnet wird.

Gemäß Merkmal (b) verfügt das Adressenauffindungssystem über eine Ein/Ausgabeeinheit, welche zumindest die Eingabe eines Regionalnamens durch einen Benutzer und die Anzeige von zumindest einem Adressauffindungsdialog für den Benutzer ermöglichen soll. Die Ein/Ausgabeeinheit besteht laut Beschreibung u. a. aus einer Anzeigeeinheit (LCD-Anzeige oder kleine Kathodenstrahlröhre), einem Touch-Panel, einem Lautsprecher sowie einem Mikrofon (geltende Beschreibung, Seite 12, dritter Absatz - Seite 13, fünfter Absatz). Der Adressauffindungsdialog betrifft den interaktiven, wechselseitigen Informationsausaustausch zwischen Benutzer und Adressenauffindungssystem bzw. Navigationssystem mit dem Ziel, Adressen zu ermitteln. Der Dialog umfasst eine menügesteuerte, grafische Benutzungsschnittstelle, bei der der Benutzer mit zumindest einer Anwendung kommuniziert und über Auswahllisten interagiert (geltende Beschreibung, Fig. 5A-F).

Die Speichereinheit für die Adressdatenbank und die Ein/Ausgabeeinheit sind mit einem Zentralprozessor verbunden, der einen Speicher zum Speichern eines Steuerprogramms umfasst und der dieses Steuerprogramm auch ausführt (Merkmal (c)). Das Steuerprogramm steuert die CPU, um insbesondere den Adressenauffindedialog und die Adressendatenbanksuchverarbeitung durchzuführen (geltende Beschreibung, Seite 10, zweiter Absatz; Fig. 3).

Das Steuerprogramm bewirkt, dass auf die Eingabe eines Regionalnamens durch den Benutzer hin die Adressdatenbank nach denjenigen Tochterknoten in der zugrundeliegenden Baumstruktur durchsucht, deren Elternknoten den eingegebenen Regionalnamen angibt (Merkmal (d)).

Als Ergebnis werden die Regionalnamen der gefundenen Tochterknoten im Adressauffindungsdialog ausgegeben (Merkmal (e)).

3. Es ist bereits fraglich, ob die beanspruchte Lehre dem Patentschutz überhaupt zugänglich ist. Dies kann aber dahingestellt bleiben, da die Lehre aus anderen Gründen nicht patentfähig ist.

3.1 Der beanspruchte Gegenstand weist die erforderliche Technizität auf (§ 1 Abs. 1 PatG).

Der Gegenstand der Anmeldung liegt schon deshalb zumindest mit einem Teilaspekt auf technischem Gebiet, weil er eine bestimmte Nutzung der Komponenten einer Datenverarbeitungsanlage lehrt und damit eine Anweisung zum technischen Handeln gibt (BGH GRUR 2010, 613 – Dynamische Dokumentengenerierung).

3.2 Die Prüfungsstelle hat in ihrem Zurückweisungsbeschluss ausgeführt, dass die beanspruchte Lehre ein „Programm für eine Datenverarbeitungsanlage als solches“ betreffe und daher gemäß § 1 Abs. 3 i. V. m. Abs. 4 PatG vom Patentschutz ausgeschlossen sei. Nicht alle Einwände der Anmelderin können vollständig entkräftet werden.

Um den Patentierungsausschluss gemäß § 1 Abs. 3 i. V. m. Abs. 4 PatG zu überwinden, müsste die Lehre Anweisungen enthalten, „die der Lösung eines konkreten technischen Problems mit technischen Mitteln dienen“ (BGH GRUR 2011, 610 – Webseitenanzeige).

Die Anmelderin führt in der Beschwerdebegründung aus, dass der Programmablauf den technischen Charakter des Geräts präge, indem das gespeicherte (Steuer-)Programm auf dem Zentralprozessor ausgeführt werde und auf Bestandteile wie Speichereinheit und Ein-/Ausgabeeinheit zugreife. Die technischfunktionellen Eigenschaften des Geräts würden nicht durch eine Hardwarelösung realisiert sondern mittels eines Steuerprogramms. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 sei bereits aus diesem Grunde dem Patentschutz grundsätzlich zugänglich.

Dieser Argumentation kann weitgehend nicht gefolgt werden. Die dem Steuerprogramm zugrundeliegende Adressdatenbank stellt allenfalls eine strukturierte Sammlung von Datenelementen dar. Bei den Vorgängen der Sammlung und Speicherung von Daten handelt es sich jedoch um außertechnische Vorgänge (BGH GRUR 2009, 479 – Steuerungseinrichtung für Untersuchungsmodalitäten), so dass dementsprechend auch die bloße Speicherung von Daten in einer Adressdatenbank als nicht-technisch einzustufen ist.

Die gedanklich-logische Zuordnung von Regionalnamen zu den Knoten einer Baumstruktur betrifft einzig und allein die Organisation von Datenelementen in einer speziellen Datenstruktur, was keinerlei Lösung einer technischen Problemstellung mit technischen Mitteln zum Gegenstand hat.

Auch der Zugriff auf eine Datenbank „beschränkt sich darauf, im Stand der Technik bekannte technische Mittel einzusetzen, um Daten in bestimmter Form zusammenzustellen oder darzustellen“ (BGH, a. a. O. – Webseitenanzeige, Absatz 23); „die Anweisungen … gehen nicht über die Erfassung, Verarbeitung, Speicherung und Übermittlung von Daten hinaus“ (ebenda, Absatz 27). Letzteres gilt entsprechend für die den Adressauffindungsdialog betreffenden Merkmale (d) und (e) der beanspruchten Lehre.

Fraglich ist allenfalls, ob der Integration einer solchen Adressdatenbank in ein Adressauffindungssystem nach Art eines Navigationsgeräts mit Steuerprogramm, Speichereinheit, Ein/Ausgabeeinheit und Zentralprozessor technische Überlegungen zugrundeliegen.

3.3 Diese Frage kann hier jedoch dahingestellt bleiben, weil die beanspruchte Lehre aus anderen Gründen nicht patentfähig ist.

„Die vorgelagerte Prüfung auf das Vorliegen eines Ausschlusstatbestands dient nur einer Art Grobsichtung zur Ausfilterung derjenigen Fälle, in denen der Patentanspruch überhaupt keine technische Anweisung enthält, die sinnvollerweise der Prüfung auf erfinderische Tätigkeit zugrundegelegt werden kann“ (BGH, a. a. O. – Wiedergabe topografischer Informationen, Absatz 31). „Kann nicht ohne Weiteres verneint werden, dass ein konkretes technisches Problem mit technischen Mitteln gelöst wird, ist es vorzugswürdig, sogleich zur Prüfung der erfinderischen Tätigkeit zu „springen“ “ (vgl. Meier-Beck, Peter: Die Rechtsprechung des BGH zum Patent- und Gebrauchsmusterrecht im Jahre 2011, in: GRUR 2012, 1178, erster Absatz).

4. Das Adressenauffindungssystem nach Patentanspruch 1 beruht nicht auf erfinderischer Tätigkeit (§ 4 Satz 1 PatG).

4.1 Ein Adressenauffindungssystem mit den Merkmalen (a) bis (c) ist aus der Druckschrift D1 nahegelegt.

Zur Beurteilung der beanspruchten Lehre ist die Druckschrift D1 von besonderer Bedeutung. Aus dieser ist Folgendes entnehmbar:

Die Druckschrift D1 offenbart ein Spracherkennungssystem, welches dazu dient, mittels Sprache ein Reiseziel in ein Navigationssystem einzugeben (Spalte 1, Absatz [0001]).

Im Spracherkennungssystem ist insbesondere ein Erkennungswörterbuch mit umgekehrter Baumstruktur gespeichert, wobei die Anzahl von Verzweigungspunkten in Abhängigkeit von der Spracheingabesequenz nacheinander reduziert wird. Das Spracherkennungssystem fungiert u. a. als Adressenauffindungssystem (Spalten 1-2, Absatz [0005]). Es erkennt die eingegebenen Adressen innerhalb der umgekehrten Baumstruktur über einen Rückwärtserkennungsprozess der vokalisierten Sprachbestandteile (Fig. 3; Spalte 5, Absatz [0030]). Nach einer Spracheingabe für Adressbestandteile werden über einen inversen Textvergleich die Adressen mit Hilfe des Erkennungswörterbuchs ermittelt.

Das Erkennungswörterbuch beruht als geographisches Wörterbuch auf einer Baumstruktur, welche aus einer Vielzahl von Hierarchieebenen für eine Adressnotation aufgebaut ist. Die Reihenfolge der Ebenen richtet sich dabei nach der Sequenz Straßenname, Städtename, Bundesstaatsname und ggfs. Hausnummer sowie Postleitzahl (Spalte 5, Absatz [0029]; Fig. 2). Das Erkennungswörterbuch bildet nichts anderes als eine Adressdatenbank mit einer (umgekehrten) Baumstruktur, in der Eltern- und Tochterknoten hierarchisch angeordnet sind (Fig. 2). Den einzelnen Baumknoten sind Adressbestandteile bzw. Regionalnamen derart zugeordnet, dass wenigstens ein Tochterknoten einen Regionalnamen hat, welcher einen geographischen Bereich bezeichnet, der größer ist als derjenige Bereich, der durch den Regionalnamen seines Elternknotens bezeichnet wird (Fig. 2; siehe z. B.: „10th-Street – Belleglade – Florida“ – Merkmal (a)). Die Adressbestandteile bzw. Regionalnamen bezeichnen immer geographische Bereiche von einem Groß- hin zu einem Kleinbereich bzw. umgekehrt (Spalte 10, Absatz [0054]).

Weiterhin umfasst das bekannte System eine Ein/Ausgabeeinheit zur Eingabe eines Regionalnamens durch einen Benutzer (Spalten 3-4, Absatz [0023], siehe „Mikrophon“ und „Lautsprecher“; Spalte 7, Absatz [0037]) sowie für die Anzeige eines Adressauffindungsdialogs. In diesem Dialog werden die ein Spracherkennungsergebnis angebenden Zeichen auf einer Anzeigeeinheit dargestellt (Spalte 8, Absatz [0040], Zeilen 5-11 - Merkmal (b)).

Außerdem verfügt das Spracherkennungssystem der Druckschrift D1 über einen Zentralprozessor sowie mehrere Speicher (Spalten 3-4, Absatz [0023], siehe „Steuerungsabschnitt, welcher im Wesentlichen aus einem Mikrocomputer aufgebaut ist, welcher aus einer CPU, einem ROM und einem RAM besteht …“). Dass die genannten Systemkomponenten untereinander verbunden sein müssen, um ein Funktionieren des gesamten Systems überhaupt erst zu ermöglichen, und dass ein Steuerprogramm zur Steuerung des gesamten Verfahrensablaufs in einem Speicher hinterlegt sein muss, ist für den Fachmann aufgrund seines Fachwissens selbstverständlich (Merkmal (c)).

Damit ergab sich für den Fachmann ein Adressenauffindungssystem mit den beanspruchten Merkmalen (a) bis (c) in naheliegender Weise aus der Druckschrift D1.

4.2 Die Merkmale (d) und (e) des Adressenauffindungssystems nach Patentanspruch 1 haben keinerlei Lösung eines technischen (Teil-)Problems zum Gegenstand und sind daher bei der Prüfung auf erfinderische Tätigkeit nicht zu berücksichtigen.

Das beanspruchte Adressenauffindungssystem unterscheidet sich vom Adressenauffindungssystem der Druckschrift D1 noch durch die Merkmale (d) und (e), dass beim Ausführen des Steuerprogramms auf die Eingabe eines Regionalnamens durch den Benutzer hin die Adressdatenbank nach den Tochterknoten durchsucht wird, deren Elternknoten dem eingegebenen Regionalnamen entsprechen und dass die Regionalnamen der gefundenen Tochterknoten in dem Adressauffindungsdialog ausgegeben werden. Diese Merkmale sind bei der Prüfung auf erfinderische Tätigkeit jedoch nicht zu berücksichtigen.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind bei der „Prüfung der Erfindung auf erfinderische Tätigkeit … nur diejenigen Anweisungen zu berücksichtigen, die die Lösung des technischen Problems mit technischen Mitteln bestimmen oder zumindest beeinflussen“ (BGH, a.a.O. – Wiedergabe topografischer Informationen, Leitsatz b).

Der Adressauffindungsdialog, der eine Suche in der Adressdatenbank und die Anzeige von Ergebnissen ermöglicht, wird im Wesentlichen durch ein Steuerprogramm geleistet. Die Erzeugung und Übermittlung einer geeigneten Darstellung des Dialogs an eine Anzeigeeinrichtung wird aber nicht etwa durch technische Parameter, sondern durch eine Anforderung des Benutzers ausgelöst, welche über herkömmliche Eingabemittel generiert wird.

Außerdem können weder die einzugebenden Regionalnamen selbst noch der durchgeführte Eingabevorgang, mit dem die Regionalnamen an das Steuerprogramm übergeben werden, für sich eine technische Problemstellung begründen. Die Suche nach den Regionalnamen der Tochterknoten in der Adressdatenbank besteht dabei allenfalls aus Vergleichsoperationen von Schlüsseln der jeweiligen Datenelemente in den Baumstrukturen, die als ursprünglich gedanklich-logische Anweisungen mit Hilfe eines Programms automatisiert abgearbeitet werden können (Merkmal (d)).

Auch die bloße Ausgabe der in der Datenbank gefundenen Regionalnamen auf einer Anzeigeeinheit gemäß Merkmal (e) lässt keine technische Problemstellung erkennen. Wie Merkmal (d) betrifft diese allenfalls typische Schritte der Erfassung, Verarbeitung, Speicherung und Übermittlung von Daten mittels technischer Geräte

(BGH, a. a. O. – Steuerungseinrichtung für Untersuchungsmodalitäten; BGH, a. a. O. – Webseitenanzeige).

Die Merkmale (d) und (e) gehen demnach nicht über den Bereich der Datenverarbeitung als solche hinaus. Durch sie wird keine Anweisung zur Lösung eines technischen (Teil-)Problems gegeben, weswegen diese Merkmale bei der Prüfung auf erfinderische Tätigkeit nicht zu berücksichtigen sind.

5. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 beruht nach alledem nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit, da seine über den Stand der Technik hinausgehenden Merkmale der Interaktion mit dem Benutzer das Vorliegen einer erfinderischen Tätigkeit nicht begründen können. Mit dem Patentanspruch 1 fallen zwangsläufig auch die übrigen Patentansprüche, weil über einen Antrag nur einheitlich entschieden werden kann.

III.

Bei dieser Sachlage war die Beschwerde der Anmelderin gegen den Zurückweisungsbeschluss der Prüfungsstelle für Klasse G06F des Deutschen Patentund Markenamtes zurückzuweisen.

Dr. Morawek Eder Baumgardt Dr. Forkel Me

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