6 StR 301/24
BUNDESGERICHTSHOF StR 301/24 BESCHLUSS vom 23. Juli 2024 in der Strafsache gegen wegen schweren Raubes u.a.
ECLI:DE:BGH:2024:230724B6STR301.24.0 Der 6. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 23. Juli 2024 beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hannover vom 8. März 2024 a) dahin geändert, dass er des schweren Wohnungseinbruchdiebstahls mit Waffen in Tateinheit mit versuchtem schweren Raub schuldig ist, b) aufgehoben aa) im Strafausspruch, wobei die zugehörigen Feststellungen Bestand haben, bb) im Ausspruch über die Einziehung; dieser entfällt. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu erneuter Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe: 1 Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Raubes zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt und eine Einziehungsentscheidung getroffen. Seine auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Nach den Feststellungen begab sich der Angeklagte gemeinsam mit zwei unbekannt gebliebenen Mittätern zum Einfamilienhaus der 83-jährigen Geschädigten, um eine dort vermutete größere Geldmenge zu entwenden. Er führte mehrere Schraubendreher und eine Rolle Klebeband mit, die er den Mittätern übergab, damit sie ins Haus gelangen und deren Bewohnerin notfalls fesseln konnten. Während der Angeklagte im Garten blieb, um „Schmiere zu stehen“, hebelten die Mittäter eine Tür auf und betraten das Haus. Sie trafen im Badezimmer auf die Geschädigte, die bereits die Polizei alarmiert hatte, was sie diesen auch sagte. Der Versuch, sie mit dem Klebeband zu fesseln, misslang. Als es klingelte, steckte einer der Mittäter den auf der Fensterbank liegenden Schmuck ein, bevor beide flüchteten. Der Angeklagte erhielt am nächsten Tag seinen Anteil an der Tatbeute. Dieser wurde von der Polizei sichergestellt und an die Geschädigte zurückgegeben.
2. Die Feststellungen tragen die Verurteilung des Angeklagten wegen schweren Raubes nach § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b StGB nicht. Der Generalbundesanwalt hat dazu in seiner Antragsschrift ausgeführt:
„Maßgeblich für die raubspezifische Einheit von qualifizierter Nötigung und Wegnahme ist, ob es zu einer − vom Täter erkannten −
nötigungsbedingten Schwächung des Gewahrsamsinhabers in seiner Verteidigungsfähigkeit oder -bereitschaft gekommen ist (vgl. BGH, Urteil vom 22. Juni 2016 − 5 StR 98/16, BGHSt 61, 197, 200 Rn. 10). Dies ist vorliegend nicht der Fall. Die subjektiv-finale Verknüpfung zwischen Gewalt und Wegnahme liegt schon deshalb nicht vor, weil nach den fehlerfreien Urteilsfeststellungen der durch den Angeklagten und seine Mittäter angestrebte Erfolg der Gewalthandlung − nämlich das Fesseln der Zeugin L.
− nicht erreicht wurde und die Zeugin bei der Wegnahmehandlung nicht aufgrund der Gewaltanwendung in ihrer Verteidigungsfähigkeit oder
-bereitschaft geschwächt war (UA S. 9).
Ebenso wenig liegt die für einen Raub notwendige subjektiv-finale Verknüpfung derart vor, dass die vor der Wegnahme erfolgte, aber nicht mehr andauernde Gewalt als aktuelle Drohung mit erneuter Gewaltanwendung auf das Opfer einwirkte und die Mittäter des Angeklagten diesen Umstand bewusst dazu ausnutzten, der Zeugin L. , welche sich dagegen nicht mehr zu wehren wagte, den Schmuck wegzunehmen (vgl. hierzu etwa BGH, Urteil vom 3. März 2021 − 2 StR 170/20, juris Rn. 15 m. w. N.). Erforderlich hierfür ist, dass der Täter die Gefahr für Leib oder Leben deutlich in Aussicht stellt, sie also durch Äußerungen oder sonstige Handlungen genügend erkennbar macht; es genügt nicht, wenn der andere nur erwartet, der Täter werde ihm ein empfindliches Übel zufügen (vgl. BGH, Urteil vom 3. März 2021 − 2 StR 170/20, juris Rn. 16 m. w. N.). Eine solche Drohung ist vorliegend weder ausdrücklich noch konkludent geäußert worden. Das Verhalten der Zeugin L.
wurde auch nicht durch die Gewaltanwendung in irgendeiner Art und Weise beeinflusst. Nach den Urteilsfeststellungen hatte die Zeugin − nachdem sie erkannt hatte, dass sich Personen in ihrem Haus befinden − die Polizei verständigt und ist ins Badezimmer gegangen. Dabei hatte sie den Mittätern des Angeklagten mehrfach mitgeteilt, die Polizei gerufen zu haben (UA S. 9). Aus der Gesamtschau der Urteilsgründe ergibt sich, dass die Zeugin mit dem Anruf bei der Polizei alles für sie Notwendige getan hatte.“
Dem schließt sich der Senat an.
3. Er ändert den Schuldspruch entsprechend § 354 Abs. 1 StPO. Die Feststellungen tragen eine Verurteilung wegen schweren Wohnungseinbruchdiebstahls mit Waffen nach § 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a, b, Nr. 3, Abs. 4 StGB in Tateinheit mit versuchtem schweren Raub nach § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a und b, §§ 22, 23 Abs. 1 StGB. Der Senat kann ausschließen, dass in einer neuen Verhandlung ergänzende Feststellungen getroffen werden, die sich zu Gunsten des Angeklagten auswirken könnten. Die Vorschrift des § 265 StPO steht dem nicht entgegen, weil sich der geständige Angeklagte nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.
4. Der Strafausspruch hat keinen Bestand, weil aufgrund des geänderten Schuldspruchs ein milderer Strafrahmen zur Anwendung gelangen könnte und denkbar ist, dass die Strafkammer deshalb zu einer niedrigeren Strafe gelangt wäre. Die zugehörigen Feststellungen können bestehen bleiben und um ihnen nicht widersprechende ergänzt werden (§ 353 Abs. 2 StPO).
5. Schließlich hat die Einziehungsentscheidung zu entfallen, weil sich den Urteilsgründen nicht entnehmen lässt, dass der Angeklagte tatsächliche Verfügungsgewalt über die nicht sichergestellte Tatbeute erlangte. Allein durch die Annahme mittäterschaftlichen Handelns wird diese nicht begründet (vgl. BGH, Beschlüsse vom 11. Juni 2020 – 5 StR 154/20; vom 29. Juli 2020 – 6 StR 163/20). Der Senat schließt aus, dass noch Feststellungen getroffen werden können, die eine Einziehung zu tragen vermögen.
Tiemann Arnoldi Wenske Gödicke von Schmettau Vorinstanz: Landgericht Hannover, 08.03.2024 - 63 KLs 2184 Js 101853/23 (31/23)