X ZR 41/19
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES X ZR 41/19 SCHLUSSURTEIL in der Patentnichtigkeitssache Verkündet am: 16. November 2021 Anderer Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle ECLI:DE:BGH:2021:161121UXZR41.19.0 Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat im schriftlichen Verfahren mit Schriftsatzfrist bis zum 8. Oktober 2021 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Bacher, die Richter Dr. Grabinski und Hoffmann, die Richterin Dr. KoberDehm sowie den Richter Dr. Rensen für Recht erkannt:
Die Kosten des Verfahrens in erster Instanz werden wie folgt verteilt:
Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten der Beklagten tragen die Klägerin zu 1 ein Viertel und die Beklagte drei Viertel. Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 1 tragen diese und die Beklagte jeweils zur Hälfte. Die außergerichtlichen Kosten der Klägerinnen zu 2 und 3 trägt die Beklagte.
Von Rechts wegen Tatbestand:
Die Beklagte ist Inhaberin des mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 1 304 002 (Streitpatents), das die Datenverschlüsselung zwischen einem Endgerät und einem drahtlosen Telekommunikationssystem wie insbesondere WLAN (Wireless Local Area Networks) betrifft.
Die Klägerinnen zu 1 bis 3 haben das Streitpatent hinsichtlich des Anspruchs 11 angegriffen. Die Klägerin zu 1 hat zusätzlich die Nichtigerklärung im Umfang der Ansprüche 1 und 14 beantragt, ihre Klage insoweit aber bereits in erster Instanz wieder zurückgenommen.
Das Patentgericht hat das Streitpatent im zuletzt beantragten Umfang für nichtig erklärt und der Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Die dagegen von der Beklagten erhobene Berufung hat der Senat mit Urteil vom 20. März 2021 auf deren Kosten zurückgewiesen.
Auf die Anhörungsrüge der Beklagten hat der Senat mit Beschluss vom 7. September 2021 die Fortführung des Verfahrens hinsichtlich der Entscheidung über die in erster Instanz angefallenen Kosten angeordnet.
Entscheidungsgründe:
Die erstinstanzliche Kostenentscheidung ist zugunsten der Beklagten zu korrigieren.
1. Nachdem der Senat die Fortführung des Verfahrens bezüglich der erstinstanzlichen Kostenentscheidung angeordnet hat, ist über diese Kosten durch Schlussurteil erneut zu entscheiden.
2. Der Senat entscheidet gemäß § 118 Abs. 3 Nr. 2 PatG ohne mündliche Verhandlung.
3. Der Senat hat die erstinstanzliche Kostenentscheidung gemäß § 308 Abs. 2 ZPO von Amts wegen zu überprüfen (BGH, Urteil vom 15. Juni 2021 - X ZR 61/19, GRUR 2021, 1280 Rn. 64 - Laufradschnellspanner). Diese Überprüfung führt im Streitfall zu einer Korrektur zugunsten der Beklagten.
a) Das Patentgericht hat seine Entscheidung, die Kosten des Rechtsstreits der Beklagten aufzuerlegen, auf § 84 Abs. 2 PatG i.V.m. § 91 Abs. 1 ZPO gestützt.
b) Dies ist nicht zu beanstanden, soweit das Patentgericht das Streitpatent im angegriffenen Umfang (Patentanspruch 11) für nichtig erklärt hat.
c) Soweit die Klägerin zu 1 die Nichtigkeitsklage im ersten Rechtszug wieder zurückgenommen hat, sind ihr hingegen gemäß § 84 Abs. 2 Satz 2 PatG i.V.m. § 269 Abs. 3 Satz 2 und § 92 Abs. 1 ZPO die Kosten anteilig aufzuerlegen.
Entgegen der Ansicht der Klägerin zu 1 ist eine andere Entscheidung auch aus Billigkeitsgründen (§ 84 Abs. 2 Satz 2 PatG) nicht veranlasst.
Der teilweisen Rücknahme der Nichtigkeitsklage ist zwar die Rücknahme einer gegen die Nichtigkeitsklägerin zu 1 gerichteten Verletzungsklage vorausgegangen, soweit diese auf die genannten Ansprüche gestützt war. Das rechtfertigt es jedoch nicht, die Kosten abweichend von § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO der Beklagten aufzuerlegen.
Eine Patentnichtigkeitsklage wird zwar häufig in Reaktion auf eine vorangegangene Patentverletzungsklage erhoben. Dennoch handelt es sich nicht um ein Verteidigungsmittel im Rahmen des Patentverletzungsverfahrens, sondern um eine selbständige Klage, deren Rücknahme grundsätzlich die Kostenfolge des § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO auslöst. Auf welcher Motivation die Rücknahme beruht, ist nach dieser Vorschrift unerheblich.
Der Umstand, dass nach ständiger Rechtsprechung des Senats der Gegenstandswert einer Nichtigkeitsklage in der Regel auf 125 % des Streitwerts festzusetzen ist, führt nicht zu einer abweichenden Beurteilung. Dieser Grundsatz beruht auf dem Umstand, dass der Streitwert eines Nichtigkeitsverfahrens dem Wert des Patents entspricht und dieser in erheblichem Umfang durch den Streitwert anhängiger Verletzungsverfahren geprägt wird. Auf die in § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO vorgesehene Rechtsfolge hat dies keine Auswirkungen.
4. Für die Verteilung der Kosten ist ausschlaggebend, dass der Streitwert des gegen die Klägerin zu 1 gerichteten, ursprünglich auf die Patentansprüche 1, 11 und 14 gestützten Verletzungsverfahrens mit 6 Millionen Euro doppelt so hoch festgesetzt worden ist wie der Streitwert der beiden nur auf Patentanspruch 11 gestützten Verletzungsverfahren gegen die Klägerinnen zu 2 und 3, der jeweils auf 3 Millionen Euro festgesetzt worden ist. Auf den zurückgenommenen Teil der Klage entfallen mithin ein Viertel des gesamten Streitwerts und die Hälfte des der Klägerin zu 1 zuzuordnenden Teilwerts.
Dementsprechend hat die Klägerin zu 1 ein Viertel der Gerichtskosten sowie der außergerichtlichen Kosten der Beklagten und die Hälfte ihrer eigenen außergerichtlichen Kosten zu tragen. Die übrigen Kosten fallen der Beklagten zur Last.
Bacher Grabinski Hoffmann Kober-Dehm Rensen Vorinstanz: Bundespatentgericht, Entscheidung vom 24.01.2019 - 2 Ni 5/17 (EP)