3 StR 425/24
BUNDESGERICHTSHOF StR 425/24 BESCHLUSS vom 12. November 2024 in der Strafsache gegen wegen Vergewaltigung u.a. ECLI:DE:BGH:2024:121124B3STR425.24.0 Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 12. November 2024 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 analog StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Osnabrück vom 27. Mai 2024 im Schuldspruch dahin geändert, dass die tateinheitliche Verurteilung wegen Körperverletzung entfällt.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels und die der Nebenklägerin hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit Körperverletzung zu einer Jugendstrafe von einem Jahr verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Mit seiner auf die ausgeführte Sachrüge gestützten Revision wendet sich der Angeklagte gegen seine Verurteilung. Das Rechtsmittel hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg. Im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung hat, soweit es den Schuldspruch wegen Vergewaltigung und den Strafausspruch betrifft,
keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Keinen Bestand hat indessen der Schuldspruch wegen in Tateinheit begangener Körperverletzung.
Insoweit hat der Generalbundesanwalt das Folgende ausgeführt:
„Soweit das Landgericht den Angeklagten tateinheitlich wegen Körperverletzung schuldig gesprochen hat, steht der Verurteilung das Verfahrenshindernis der Verfolgungsverjährung entgegen. Sie hat daher zu entfallen (vgl. hierzu KK-StPO/Gericke, 9. Aufl. 2023, StPO § 354 Rn. 15 mwN).
Nach § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB beträgt die Verjährungsfrist bei der Körperverletzung nach § 223 StGB fünf Jahre. Die Tat ereignete sich ausweislich der Urteilsfeststellungen am 15. Oktober 2016/in den frühen Morgenstunden des 16. Oktober 2016 (UA S. 4) und war mit Ablassen von der Geschädigten beendet (§ 78a Satz 1 StGB). Indes erstattete die Geschädigte erst am 17. Dezember 2021 Strafanzeige (UA S. 7; SA Bd. 1, Bl. 1 ff.). Die erste zur Unterbrechung der Verjährung (§ 78c StGB) geeignete Handlung - frühestens mit Bekanntgabe der Einleitung des Ermittlungsverfahrens im Rahmen der Anhörung zur Pflichtverteidigerbestellung (SA Bd. 1, Bl. 47), jedenfalls mit Gewährung von Akteneinsicht an den beigeordneten Verteidiger des Angeklagten (SA Bd. 1, Bl. 58) - erfolgte hingegen erst im März 2022. Zu diesem Zeitpunkt war der Tatbestand der Körperverletzung bereits verjährt. Dem steht die Vorschrift des § 78b Abs. 1 Nr. 1 StGB nicht entgegen, da die Verjährung allein bezüglich der dort aufgelisteten Tatbestände ruht, hingegen nicht bezüglich solcher, die hierzu in Idealkonkurrenz stehen (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 10. Juni 2008 - 5 StR 132/08, juris Rn. 3; MüKoStGB/Mitsch, 4. Aufl. 2020, StGB § 78b Rn. 8).
Der Strafausspruch hat gleichwohl Bestand.
Zwar hat die Jugendkammer sowohl bei ihrer Gesamtabwägung zur Schuldschwere i.S.v. § 17 Abs. 2 Alt. 2 JGG als auch bei der konkreten Bemessung der Höhe der Jugendstrafe nach § 18 Abs. 1 Satz 2 JGG zum Nachteil des Angeklagten gewertet, er habe zwei Straftatbestände verwirklicht (UA S. 43 f.). Dies erweist sich indes als unschädlich. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist es - wenn auch nur mit vermindertem Gewicht - zulässig, verjährte, prozessordnungsgemäß festgestellte Taten strafschärfend zu berücksichtigen (Senat, Beschluss vom 1. Dezember 1999 - 3 StR 465/99; BGH, Beschluss vom 22. März 1994 - 4 StR 117/94, BGHR StGB § 46 Abs. 2 Vorleben 24; BGH, Beschluss vom 4. Mai 1993, BGHR StGB § 46 Abs. 2 Vorleben 20). Dementsprechend kann ausgeschlossen werden, dass das Landgericht allein auf Grund der formalen Verjährung des Tatbestandes der Körperverletzung bei der Frage der Schuldschwere zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre, zumal der Unrechtsgehalt des Tatgeschehens angesichts der eher geringfügigen physischen Verletzungsfolgen (UA S. 5) entscheidend durch die Vergewaltigung und die hieraus resultierenden psychischen Folgen geprägt wird. Bei der Bestimmung der Höhe der Jugendstrafe hat sich die Jugendkammer zudem ohnehin am untersten Rand der nach § 18 Abs. 1 JGG möglichen Dauer der Jugendstrafe orientiert.“
Dem schließt sich der Senat an.
Der geringfügige Teilerfolg der Revision rechtfertigt es nicht, den Angeklagten auch nur teilweise von den durch sein Rechtsmittel veranlassten Kosten und Auslagen freizustellen (§ 473 Abs. 4 StPO).
Schäfer Paul Berg Erbguth Kreicker Vorinstanz: Landgericht Osnabrück, 27.05.2024 - 18 KLs 21/23 Jug - 315 Js 14679/22