• Suche
  • Impressum

caselaw.de²

  • caselaw.de²

  • Suche
  • Impressum

  • Suche
  • Filter
  • Ergebnis
  • Entscheidung
Entscheidung
Paragraphen
Original
Teilen

V ZB 123/16

BUNDESGERICHTSHOF V ZB 123/16 BESCHLUSS vom 12. Januar 2017 in der Rücküberstellungshaftsache ECLI:DE:BGH:2017:120117BVZB123.16.0 Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 12. Januar 2017 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richterinnen Prof. Dr. SchmidtRäntsch und Dr. Brückner, den Richter Dr. Göbel und die Richterin Haberkamp beschlossen:

Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird der Beschluss des Landgerichts Coburg - 2. Zivilkammer - vom 18. August 2016 aufgehoben. Die Sache wird zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen. Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 5.000 €.

Gründe: I.

Der Betroffene, ein nigerianischer Staatsangehöriger, reiste am 12. Februar 2015 erstmalig in das Bundesgebiet ein und stellte einen Antrag auf Gewährung von Asyl. Mit Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 23. November 2015 wurde der Asylantrag als unzulässig abgelehnt und auf der Grundlage der Regelungen der Dublin-III-VO die Rücküberstellung nach Italien angeordnet. Mit Schreiben vom 17. Juni 2016 hat die beteiligte Behörde beantragt, gegen den Betroffenen die Haft zur Sicherung der Abschiebung anzuordnen. Dabei ist für den Fall, dass über den Antrag nicht sofort entschieden werden könne, beantragt worden, die Sicherungshaft im Wege der einstweiligen Anordnung für die Dauer von sechs Wochen, beginnend mit dem Aufgreifen, anzuordnen. Das Amtsgericht hat zunächst durch Beschluss vom selben Tag „gemäß § 427 FamFG, § 62 Abs. 3 AufenthG“ die Freiheitsentziehung des Betroffenen angeordnet, die spätestens sechs Wochen nach dessen Festnahme enden sollte. Nachdem der Betroffene am 20. Juli 2016 polizeilich festgenommen und durch das Amtsgericht angehört worden war, hat es durch Beschluss vom selben Tag „gemäß § 427 FamFG, § 62 Abs. 3 AufenthG“ dem Betroffenen die Freiheit entzogen und bestimmt, dass die Freiheitsentziehung spätestens am 31. August 2016 enden sollte. Die hiergegen gerichtete Beschwerde hat das Landgericht zurückgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde, deren Zurückweisung die beteiligte Behörde beantragt, erstrebt der Betroffene die Aufhebung des Beschlusses des Landgerichts und die Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.

II.

Das Beschwerdegericht meint, die Voraussetzungen für die Anordnung der Freiheitsentziehung des Betroffenen gemäß § 63 Abs. 3 Nr. 5 AufenthG seien gegeben. Der erforderliche Haftantrag sei von der zuständigen Behörde gestellt worden. Zudem lägen Gründe vor, die auf den in § 2 Abs. 14 AufenthG festgelegten Anhaltspunkten beruhten und aus denen sich der begründete Verdacht ergebe, dass der Betroffene sich seiner Abschiebung durch Flucht entziehen wolle. Die Anordnung der Sicherungshaft sei auch verhältnismäßig.

III.

1. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3, Satz 2 FamFG ohne Zulassung statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Vorschrift des § 70 Abs. 4 FamFG, wonach gegen einen Beschluss im Verfahren über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung die Rechtsbeschwerde nicht stattfindet, ist hier nicht einschlägig.

a) Allerdings hat das Amtsgericht entgegen der von der beteiligten Behörde in der Beschwerdeerwiderung vertretenen Auffassung eine einstweilige Anordnung i.S.d. § 427 FamFG erlassen. Dies ergibt sich aus dem Anführen dieser Vorschrift in dem Beschluss unter Wiedergabe ihres wesentlichen Wortlauts und wird dadurch bestätigt, dass die Haft auf die für einstweilige Anordnungen gemäß § 427 Abs. 1 Satz 2 FamFG zu beachtende Höchstdauer von sechs Wochen beschränkt worden ist. In der Begründung des Beschlusses heißt es zudem, es sei „zunächst eine einstweilige Anordnung zu erlassen, nachdem der Betroffene aufgegriffen worden“ sei. Dass nur der vorangegangene Beschluss vom 17. Juni 2016 eine einstweilige Anordnung enthielt, ergibt sich aus dieser Formulierung des Beschlusses vom 20. Juli 2016 nicht. Konsequenterweise ist in den Rechtsmittelbelehrungen beider Beschlüsse die für Beschwerden gegen einstweilige Anordnungen geltende Beschwerdefrist von zwei Wochen (§ 63 Abs. 2 Nr. 1 FamFG) angegeben worden und nicht die bei der Einlegung einer Beschwerde gegen eine Hauptsacheentscheidung zu beachtende Frist von einem Monat (§ 63 Abs. 1 FamFG).

b) Das Beschwerdegericht hat demgegenüber eine Entscheidung in der Hauptsache getroffen, weil es offenbar - rechtsirrtümlich - davon ausgegangen ist, dass nur der Beschluss des Amtsgerichts vom 17. Juni 2016 im Wege der einstweiligen Anordnung erlassen worden sei, während es sich bei dem mit der Beschwerde angegriffenen Beschluss vom 20. Juli 2016 um eine Hauptsacheentscheidung handele. In der Schilderung des Verfahrensablaufs bezeichnet das Beschwerdegericht nämlich nur den Beschluss vom 17. Juni 2016 als einstweilige Anordnung nach § 62 Abs. 2 AufenthG i.V.m. § 427 FamFG, während eine solche Qualifizierung des Beschlusses vom 20. Juli 2016 unterbleibt. Folgerichtig hält das Beschwerdegericht gegen seine Entscheidung ausweislich der dem Beschluss beigefügten Rechtsbehelfsbelehrung das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde nach §§ 70 ff. FamFG für statthaft. Hätte es im Rahmen eines einstweiligen Anordnungsverfahrens entscheiden wollen, hätte es von einer solchen Rechtsbehelfsbelehrung wegen des Ausschlusses der Rechtsbeschwerde in solchen Verfahren (§ 70 Abs. 4 FamFG) abgesehen.

2. Die Rechtsbeschwerde ist auch in der Sache begründet.

a) Das Beschwerdegericht war nicht befugt, eine Entscheidung in der Hauptsache zu treffen, obwohl Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ausschließlich ein im Wege der einstweiligen Anordnung ergangener Beschluss des Amtsgerichts war (vgl. hierzu im Einzelnen: Senat, Beschluss vom 16. September 2015 - V ZB 40/15, InfAuslR 2016, 55 Rn. 7 ff.). Die Sache ist daher unter Aufhebung der Beschwerdeentscheidung nach § 74 Abs. 6 Satz 2 FamFG an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen. Eine eigene Entscheidung des Senats ist bereits deshalb ausgeschlossen, weil es um die Rechtmäßigkeit einer im einstweiligen Anordnungsverfahren ergangenen Entscheidung des Amtsgerichts geht und in diesem Verfahren eine Rechtsbeschwerde gemäß § 70 Abs. 4 FamFG nicht vorgesehen ist.

b) Dass der in der Haftanordnung vorgesehene Haftzeitraum (bis längstens 31. August 2016) zwischenzeitlich abgelaufen ist, macht die Beschwerde nicht unzulässig. Vielmehr ist dem Betroffenen die Möglichkeit zu geben, im wiedereröffneten Beschwerdeverfahren einen Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der im Wege der einstweiligen Anordnung angeordneten Haft (§ 62 FamFG) zu stellen.

Stresemann Schmidt-Räntsch Brückner Göbel Haberkamp Vorinstanzen:

AG Lichtenfels, Entscheidung vom 20.07.2016 - 2 XIV 42/16 (B) LG Coburg, Entscheidung vom 18.08.2016 - 22 T 33/16 -

Wir stellen das Dokument etwas schmaler dar, um die Lesbarkeit zu erhöhen.

Bitte nutzen Sie nur das Original für den Druck des Dokuments.

Werbung

Urheber dieses Dokuments ist der Bundesgerichtshof. Nach § 5 UrhG geniessen Entscheidungen und Gesetze keinen urheberrechtlichen Schutz. Auflagen des Gerichts können aber die kommerzielle Verwertung einschränken. In Anlehnung an Creative Commons Lizenzen ist die Nutzung mit einer CC BY-NC-SA 3.0 DE Lizenz vergleichbar. Bitte beachten Sie, dass diese Entscheidung urheberrechtlich geschützte Abbildungen enthalten kann. Vor einer Nutzung - über die reine Wiedergabe der Entscheidung hinaus - sind in solchen Fällen entsprechende Nutzungsrechte bei den jeweiligen Rechteinhabern einzuholen.

▲ Anfang

Paragraphen in V ZB 123/16

Sortiert nach der Häufigkeit
Häufigkeit Paragraph
5 70 FamFG
5 427 FamFG
3 62 AufenthG
2 63 FamFG
1 2 AufenthG
1 63 AufenthG
1 62 FamFG
1 74 FamFG

Die aufgeführten Paragraphen wurden durch eine ausgeklügelte Software ermittelt.

Bitte haben Sie dafür Verständnis, dass dabei auch falsche Kombinationen aus Paragraph und Gesetz ermittelt werden können.

Sollte ein Gesetz in Gänze übersehen worden sein, dann teilen Sie uns diesen Umstand bitte mit.

Sortiert nach dem Alphabet
Häufigkeit Paragraph
1 2 AufenthG
3 62 AufenthG
1 63 AufenthG
1 62 FamFG
2 63 FamFG
5 70 FamFG
1 74 FamFG
5 427 FamFG

Original von V ZB 123/16

Der nachfolgende Link führt Sie zum originalen Dokument. Aufgrund der technischen Natur des Internets ist es möglich, dass der Link zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr gültig ist. Bitte haben Sie dafür Verständnis, dass wir nicht alle Links einer ständigen Prüfung unterziehen können.

Öffnen

Bitte nutzen Sie möglichst das Original für den Druck des Dokuments.

Teilen von V ZB 123/16

Wenn Sie in einer E-Mail auf diese Entscheidung hinweisen möchten, dann können Sie diese komfortabel erstellen lassen, wenn Ihr Mail-Programm diese Option unterstützt. Alternativ können Sie den nachfolgenden Link in Ihre E-Mails und Webseiten einbauen:

Bitte nutzen Sie den Link in sozialen Netzwerken wie Facebook oder Google+.

Das ist ein wirksames Mittel um mehr Menschen auf unsere Dienste aufmerksam zu machen.

Eine Dienstleistung von caselaw.de | Diese Datensammlung unterliegt der Creative Commons Lizenz CC BY-NC-SA 3.0 DE | Impressum