Paragraphen in IV ZR 388/13
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8 | 5 | VVG |
1 | 812 | BGB |
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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES IV ZR 388/13 URTEIL in dem Rechtsstreit Verkündet am: 14. Oktober 2015 Heinekamp Amtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende Richterin Mayen, die Richterin Harsdorf-Gebhardt, die Richter Dr. Karczewski, Lehmann und die Richterin Dr. Brockmöller im schriftlichen Verfahren, bei dem Schriftsätze bis zum 9. September 2015 eingereicht werden konnten,
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 31. Oktober 2013 wird auf Kosten der Klägerseite zurückgewiesen.
Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 8.802,38 € festgesetzt.
Von Rechts wegen Tatbestand:
Die Klägerseite (Versicherungsnehmer: im Folgenden d. VN) begehrt von dem beklagten Versicherer (im Folgenden Versicherer) Rückzahlung geleisteter Versicherungsbeiträge einer Rentenversicherung.
Diese wurde aufgrund eines Antrags d. VN mit Versicherungsbeginn zum 1. Mai 2003 nach dem so genannten Policenmodell des § 5a VVG in der seinerzeit gültigen Fassung (im Folgenden § 5a VVG a.F.) abgeschlossen. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts erhielt d. VN mit dem Versicherungsschein die Versicherungsbedingungen, eine Verbraucherinformation nach § 10a des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) und in einem Begleitschreiben eine Belehrung über das Widerspruchsrecht gemäß § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F.
D. VN zahlte von Mai 2003 bis Dezember 2009 Prämien in Höhe von insgesamt 16.658,44 €. Im Dezember 2009 kündigte d. VN den Vertrag und der Versicherer zahlte den Rückkaufswert aus. Mit Schreiben vom 29. November 2011 erklärte d. VN schließlich den Widerspruch nach § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F.
Mit der Klage verlangt d. VN Rückzahlung aller auf den Vertrag geleisteten Beiträge nebst Zinsen abzüglich des bereits gezahlten Rückkaufswerts, insgesamt 8.802,38 €.
Nach Auffassung d. VN ist der Versicherungsvertrag nicht wirksam zustande gekommen, weil das Policenmodell mit den Lebensversicherungsrichtlinien der Europäischen Union nicht vereinbar sei.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht die hiergegen gerichtete Berufung zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt d. VN das Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Revision hat keinen Erfolg.
I. Das Berufungsgericht hat einen Prämienrückerstattungsanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung verneint. D. VN habe die Prämien mit Rechtsgrund geleistet. Der Versicherungsvertrag sei wirksam zustande gekommen. Die Widerspruchsfrist sei gemäß § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. in Gang gesetzt worden. Die Widerspruchsbelehrung sei in drucktechnisch deutlicher Form erteilt worden. Die vom Versicherer gewählte Form eines eigenständigen, durch Kursivdruck hervorgehobenen Absatzes am Ende des einseitigen Anschreibens (entsprechend dem vorgelegten Muster), mit dem der Versicherer den Versicherungsschein und die erforderlichen Unterlagen d. VN übermittelt habe, genüge den gesetzlichen Anforderungen. Die Widerspruchsbelehrung sei auch inhaltlich nicht zu beanstanden. Nach § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. sei die Angabe, an welche Anschrift der Widerspruch zu richten sei, nicht erforderlich. Als Folge der fruchtlos abgelaufenen Widerspruchsfrist im letzten Drittel des Monats Mai 2003 sei der Versicherungsvertrag wirksam zu Stande gekommen. Die Regelung des Policenmodells verstoße nicht gegen die Zweite und Dritte Richtlinie Lebensversicherung.
II. Das hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.
D. VN kann nicht gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB Rückzahlung der Prämien verlangen.
1. Die Voraussetzungen für ein Zustandekommen des Versicherungsvertrages sind hier erfüllt. Nach den für das Revisionsverfahren bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts erhielt d. VN mit dem Versicherungsschein die Versicherungsbedingungen, eine Verbraucherinformation und eine Widerspruchsbelehrung. Die Revision beanstandet ohne Erfolg, die im Begleitschreiben nach dem vorgelegten Muster erteilte Belehrung sei nicht drucktechnisch deutlich. Das Berufungsgericht hat den Kursivdruck der Belehrung als drucktechnisch deutliche Form angesehen. Dabei hat es den Anforderungen genügt, die der Senat in seinem Urteil vom 28. Januar 2004 (IV ZR 58/03, VersR 2004, 497 unter 3 d) genannt hat. Danach muss sichergestellt sein, dass der Versicherungsnehmer die Belehrung zur Kenntnis nimmt, selbst wenn er nicht nach einer Widerspruchsmöglichkeit sucht. Dies ist hier dadurch gewährleistet, dass sich die in einem gesonderten Absatz enthaltene Widerspruchsbelehrung durch Kursivdruck vom übrigen Text des Begleitschreibens abhebt. Die Widerspruchsbelehrung ist entgegen der Auffassung der Revision nicht deshalb unvollständig, weil die Angabe fehlt, an welche Anschrift der Widerspruch zu richten ist. Abgesehen davon, dass § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. diese Angabe nicht verlangt, ist für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer ohne eine solche Angabe ersichtlich, dass er den Widerspruch an den Versicherer zu richten hat, der hier klar im Begleitschreiben und im Versicherungsschein bezeichnet ist. Bis zum Ablauf der damit in Gang gesetzten 14-tägigen Widerspruchsfrist erklärte d. VN den Widerspruch nicht.
2. Ob solchermaßen nach dem Policenmodell geschlossene Versicherungsverträge wegen Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des § 5a VVG a.F. Wirksamkeitszweifeln unterliegen (vgl. dazu Senatsurteil vom 16. Juli 2014 - IV ZR 73/13, BGHZ 202, 102 Rn. 16 ff.; BVerfG, Beschluss vom 2. Februar 2015 - 2 BvR 2437/14, VersR 2015, 693 Rn. 30 ff.), kann im Streitfall dahinstehen. Die von der Revision begehrte Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union scheidet bereits deshalb aus, weil es auf die Frage, ob das Policenmodell mit den genannten Richtlinien unvereinbar ist, hier nicht entscheidungserheblich ankommt. D. VN ist es auch im Falle einer unterstellten Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des Policenmodells nach Treu und Glauben wegen widersprüchlicher Rechtsausübung verwehrt, sich nach jahrelanger Durchführung des Vertrages auf dessen angebliche Unwirksamkeit zu berufen und daraus Bereicherungsansprüche herzuleiten. Die Treuwidrigkeit liegt darin, dass d. VN nach ordnungsgemäßer Belehrung über die Möglichkeit, den Vertrag ohne Nachteile nicht zustande kommen zu lassen, diesen jahrelang unter regelmäßiger Prämienzahlung durchführte und erst dann von dem Versicherer, der auf den Bestand des Vertrages vertrauen durfte, unter Berufung auf die behauptete Unwirksamkeit des Vertrages Rückzahlung aller Prämien verlangte (vgl. im Einzelnen zu den Maßstäben Senatsurteil vom 16. Juli 2014 aaO Rn. 32-42; BVerfG aaO Rn. 42 ff.). D. VN verhielt sich objektiv widersprüchlich. Die zumindest vertraglich eingeräumte und bekannt gemachte Widerspruchsfrist ließ er bei Vertragsschluss 2003 ungenutzt verstreichen. D. VN zahlte sechs Jahre und acht Monate die Versicherungsprämien, kündigte dann den Vertrag und ließ sich den Rückkaufswert auszahlen. Erst knapp zwei Jahre nach der Kündigung erklärte er den Widerspruch. Die jahrelangen Prämienzahlungen des bereits im Mai 2003 über die Möglichkeit, den Vertrag nicht zustande kommen zu lassen, belehrten VN haben bei der Beklagten ein schutzwürdiges Vertrauen in den Bestand des Vertrages begründet. Diese vertrauensbegründende Wirkung war für d. VN auch erkennbar.
Die Frage einer möglichen Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union in einem Fall, in dem kein widersprüchliches Verhalten des Versicherungsnehmers festgestellt werden kann, stellt sich im Streitfall nicht.
Mayen Harsdorf-Gebhardt Dr. Karczewski Lehmann Dr. Brockmöller Vorinstanzen:
LG Stuttgart, Entscheidung vom 06.05.2013 - 16 O 417/12 OLG Stuttgart, Entscheidung vom 31.10.2013 - 7 U 129/13 -
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