35 W (pat) 4/14
BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 4/14
_______________________
(Aktenzeichen)
BESCHLUSS In der Beschwerdesache …
betreffend das Gebrauchsmuster … (hier: Verfahrenskostenhilfe für die Aufrechterhaltungsgebühr für die Jahre 7 bis 8) hat der 35. Senat (Gebrauchsmuster-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 29. September 2014 durch die Vorsitzende Richterin Werner, den Richter Eisenrauch sowie der Richterin Bayer beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
BPatG 152 08.05 Gründe I.
Der Antragsteller und Beschwerdeführer (im Folgenden: Beschwerdeführer) ist eingetragener Inhaber des Gebrauchsmusters … betreffend ein …
Nachdem der Beschwerdeführer mit dem am 31. Mai 2013 eingegangenen Schreiben vom 28. Mai 2013 Verfahrenskostenhilfe für die Jahresgebühren/Verlängerungsgebühr beantragt hat, ist er mit Schreiben der Gebrauchsmusterstelle vom 25. Juni 2013 und 30. September 2013 aufgefordert worden, Nachweise einzureichen, welche Erfolg versprechenden Verwertungsversuche er bisher unternommen hat. Sollten keine entsprechenden Unterlagen eingehen, müsse mit der Zurückweisung des Antrags gerechnet werden. Der Beschwerdeführer hat mit Eingabe vom 30. Oktober 2013 geltend gemacht, dass er aus finanziellen Gründen nicht selbst in der Lage gewesen sei, die Erfindung in Betrieb zu nehmen, er habe sie aber bei der … AG vorgestellt. Mit Schreiben vom 13. Dezember 2013 wurde ihm mitgeteilt, dass die die bisher eingereichten Unterlagen keine Erfolg versprechende Verwertung des Gebrauchsmusters belegten. Unter diesen Umständen sei eine Gewährung von Verfahrenskostenhilfe nicht möglich. Er müsse damit rechnen, dass nach Ablauf einer nochmaligen Äußerungsfrist der Antrag auf Verfahrenskostenhilfe zurückgewiesen werde.
Mit Beschluss vom 20. Februar 2014, zugestellt am 22. Februar 2014 hat die Gebrauchsmusterstelle des DPMA den Antrag auf Gewährung von Verfahrenskostenhilfe für die Aufrechterhaltungsgebühr für die Jahre 7 bis 8 aus den Gründen des Bescheids vom 13. Dezember 2013 zurückgewiesen.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die am 22. März 2014 beim DPMA eingegangene als „Widerspruch“ bezeichnete Beschwerde des Beschwerdeführers. Die Beschwerdebegründung will er nach einer Rechtsberatung anwaltlich nachreichen.
Dem Beschwerdeführer wurde eine Frist von zwei Monaten gewährt, die Beschwerde zu begründen. Eine Beschwerdebegründung ist jedoch nicht eingegangen.
Der Beschwerdeführer begehrt sinngemäß,
den Beschluss der Gebrauchsmusterstelle des Deutschen Patentund Markenamts vom 20. Februar 2014 aufzuheben und ihm Verfahrenskostenhilfe für die 7. bis 8. Aufrechterhaltungsgebühr für das Gebrauchsmuster … zu gewähren.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet, da die weitere Aufrechterhaltung des Gebrauchsmusters mutwillig im Sinne von § 114 ZPO erscheint.
Dem Inhaber eines Gebrauchsmusters kann zwar auf Antrag gemäß § 21 Abs. 1 GebrMG i. V. m. § 130 Abs. 1 S. 2 PatG Verfahrenskostenhilfe für die Aufrechterhaltungsgebühren gewährt werden. Bei der Entscheidung über die Bewilligung ist aber - wie in allen Fällen der Verfahrenskostenhilfe - § 114 ZPO entsprechend anzuwenden. Nach dieser Vorschrift muss die mit dem Verfahrenskostenhilfeantrag beabsichtigte Rechtsverfolgung oder -verteidigung Erfolg versprechend sein und darf nicht mutwillig erscheinen. Diese Einschränkungen sind erforderlich, um den Einsatz öffentlicher Mittel zur Verfahrensführung nur in rechtlich und wirtschaftlich sinnvollen Fällen zu gewährleisten. Denn das im Grundgesetz verankerte Rechtsstaatsprinzip gebietet es nur, die Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes einander anzunähern, nicht gleichzustellen.
Ob eine Rechtsverfolgung oder -verteidigung mutwillig im Sinne des § 114 ZPO erscheint, entscheidet sich danach, ob auch eine nicht bedürftige Person bei verständiger Würdigung der Sach- und Rechtslage ihr Recht im Verfahren in derselben Weise wahrnehmen würde wie der Antragsteller (so auch die h. M. vgl. Busse/Keukenschrijver PatG, 7. Aufl. 2003, § 130 Rn. 35 m. w. N.; Schulte/Schell, PatG, 9. Aufl., § 130 Rdn. 52; vgl. auch BPatG BlPMZ 1997, 443 m. w. N.). „Mutwilligkeit“ ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, der nicht von einem fest umrissenen Sachverhalt ausgefüllt wird, sondern stets fallbezogen wertend überprüft werden muss. Kann auf Grund der vorliegenden Tatsachen nicht angenommen werden, dass ein nicht bedürftiger Gebrauchsmusterinhaber wie der Antragsteller handeln würde, ist in wertender Erkenntnis auf das Vorliegen mutwilligen Verhaltens zu schließen. Ein exakter Nachweis ist dabei nicht erforderlich, wie sich aus der gesetzlichen Formulierung „nicht mutwillig erscheint" ergibt (BPatG BlPMZ a. a. O. m. w. N.).
Nach den hier zur Bewertung vorliegenden Umständen scheidet eine weitere Aufrechterhaltung des Gebrauchsmusters im Wege der Verfahrenskostenhilfe aus. Die Rechtswahrnehmung des Beschwerdeführers entspricht bei objektiver Betrachtung nicht der einer nicht bedürftigen Person in derselben Situation.
Die Gebrauchsmusterstelle hat bei der Zurückweisung des Antrags insoweit zu Recht darauf abgestellt, dass der Beschwerdeführer bisher keine Belege dafür vorgelegt hat, aus denen sich ernsthafte, d. h. Erfolg versprechende Versuche des Beschwerdeführers erkennen lassen, das Gebrauchsmuster wirtschaftlich zu verwerten. Im Fall der Aufrechterhaltungsgebühren geht es um den weiteren Bestand des Schutzrechts, so dass sich die Frage, ob die Beantragung von Verfahrenskostenhilfe mutwillig ist oder nicht, danach beurteilt, wie sich ein nicht bedürftiger Gebrauchsmusterinhaber bei verständiger Würdigung der Sach- und Rechtslage hinsichtlich seines Schutzrechts während dessen bisheriger Laufzeit verhalten hätte. Ziel eines technischen Schutzrechts ist in erster Linie dessen wirtschaftliche Verwertung. Dies spiegelt sich u. a. in der Schutzvoraussetzung der gewerblichen Anwendbarkeit (§ 3 Abs. 2 GebrMG) und auch in den mit der Eintragung verbundenen Benutzungs- und Verbietungsrechten (§ 11 GebrMG) wider. Daher wird sich ein nicht hilfsbedürftiger Gebrauchsmusterinhaber nach Eintragung seines Schutzrechts um dessen wirtschaftliche Nutzung bemühen.
Der Beschwerdeführer hat keine Belege dafür eingereicht, dass eine realistische Chance für eine Verwertung besteht.
Angesichts der bestehenden Sachlage kann nicht davon ausgegangen werden, dass ein nicht bedürftiger Gebrauchsmusterinhaber bei verständiger Würdigung der Sach- und Rechtslage, d. h. der Aussichtslosigkeit einer wirtschaftlichen Verwertung, weitere Mittel einsetzen würde, um das Streitgebrauchsmuster aufrecht zu erhalten, von dem keinerlei wirtschaftliche Vorteile zu erwarten sind und bei dem deswegen die Aufrechterhaltungsgebühr von vornherein verlorene Kosten bedeutet.
Allein für die bloße weitere Existenz des Gebrauchsmusters kann Verfahrenskostenhilfe nicht beansprucht werden.
Werner Eisenrauch Bayer Cl