18 W (pat) 13/17
BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 13/17
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(Aktenzeichen)
BESCHLUSS In der Beschwerdesache betreffend die Patentanmeldung 10 2015 205 942.1 …
hat der 18. Senat (Techn. Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 11. März 2019 durch die Vorsitzende Richterin Dipl.-Ing. Wickborn sowie den Richter Kruppa, die Richterin Dipl.-Phys. Dr. Otten-Dünnweber und den Richter Dr.-Ing. Flaschke beschlossen:
Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse F 02 D des Deutschen Patent- und ECLI:DE:BPatG:2019:110319B18Wpat13.17.0 Markenamts vom 13. Juni 2017 aufgehoben und das Patent auf der Grundlage der folgenden Unterlagen erteilt:
- Patentansprüche 1 bis 10, eingegangen am 16. Januar 2019, - Beschreibung, Seiten 1 bis 15, eingegangen am
16. Januar 2019, - Figuren 1 bis 3, eingegangen am 1. April 2015.
Gründe I.
1. Die am 1. April 2015 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereichte Patentanmeldung 10 2015 205 942.1 mit der Bezeichnung
„Verfahren und Vorrichtung zur Überwachung des Betriebs des Kraftstoffeinspritzsystems einer Brennkraftmaschine“
wurde durch Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse F 02 D des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 13. Juni 2017 mit der Begründung zurückgewiesen, dass die Gegenstände der damals geltenden nebengeordneten Patentansprüche 1 und 13 gegenüber der Druckschrift D1: DE 10 2005 001 501 B4 nicht neu seien.
Gegen diesen Beschluss ist die Beschwerde der Anmelderin gerichtet.
In den Anmeldeunterlagen wurde folgende Druckschrift als Stand der Technik angegeben (vgl. S. 1 der ursprünglich eingereichten Beschreibung):
D2: DE 10 2013 206 600 A1.
Im Prüfungsverfahren wurden neben Druckschrift D1 noch folgende Druckschriften ermittelt:
D3: US 6 363 315 B1 D4: DE 10 2012 221 480 A1.
Seitens des Senats ist mit Ladungszusatz vom 17. Dezember 2018 zur mündlichen Verhandlung zudem auf die im internationalen Recherchebericht genannte Druckschrift hingewiesen worden:
D5: WO 2006/038428 A1.
Die Anmelderin stellt sinngemäß den Antrag, zuletzt mit Schriftsatz vom 15. Januar 2019,
den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse F 02 D des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 13. Juni 2017 aufzuheben und das Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:
- Patentansprüche 1 bis 10, eingegangen am 16. Januar 2019, - Beschreibung, Seiten 1 bis 15, eingegangen am
16. Januar 2019, - Figuren 1 bis 3, eingegangen am 1. April 2015.
Der seitens des Senats mit einer Gliederung versehene Patentanspruch 1 lautet:
M1 „Verfahren zur Überwachung des Betriebs des Kraftstoffeinspritzsystems einer Brennkraftmaschine mit folgenden Schritten:
- Ermittlung eines Kritikalitätsindex (I) für die thermische Belastung eines Injektors des Kraftstoffeinspritzsystems,
M1.1 wobei durch Auswertung einer Vielzahl von Sensorsignalen, die von der Brennkraftmaschine zugehörigen Sensoren bereitgestellt werden, die momentan induzierte Leistung (P) der Brennkraftmaschine, die momentane Kraftstofftemperatur (T), der momentane Energiebedarf (E) und die momentane Einspritzdauer (τ) als Parameter ermittelt werden, und M1.2 wobei der Kritikalitätsindex (I) durch eine Addition der genannten, jeweils mit einem zugeordneten Gewichtungsfaktor (k1, k2, k3, k4) multiplizierten Parameter (P, T, E, τ) berechnet wird; M2 - Überprüfung, ob der ermittelte Kritikalitätsindex größer ist als ein Schwellenwert (SW1); M3 - wenn der ermittelte Kritikalitätsindex größer ist als der Schwellenwert, dann Überprüfung, ob der ermittelte Kritikalitätsindex für eine vorgegebene Zeitdauer (t1) größer ist als der Schwellenwert; und M4 - Einleitung einer Maßnahme (RE1) zur Reduktion der thermischen Belastung des Injektors, wenn der ermittelte Kritikalitätsindex (I) für die vorgegebene Zeitdauer (t1) größer ist als der Schwellenwert (SW1).“
Der nebengeordnete Patentanspruch 10 lautet:
„Vorrichtung zur Überwachung des Betriebs des Kraftstoffeinspritzsystems einer Brennkraftmaschine, dadurch gekennzeichnet, dass sie eine Steuereinheit (S) aufweist, die zur Steuerung eines Verfahrens mit den in einem der vorhergehenden Ansprüche angegebenen Merkmalen ausgebildet ist.“
Wegen des Wortlauts der Unteransprüche 2 bis 9 wird auf die Akte verwiesen.
Die Beschwerdeführerin macht hierzu sinngemäß geltend, dass die geänderte Anspruchsfassung zulässig sei und die Gegenstände der Ansprüche neu und erfinderisch seien.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Erteilung des nachgesuchten Patents. Denn der zweifelsfrei gewerblich anwendbare Gegenstand des geltenden Patentbegehrens ist gegenüber dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik neu und beruht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Auch die weiteren Voraussetzungen zur Patenterteilung sind erfüllt (§§ 1 bis 5, § 34 und § 38 PatG).
1. Die Anmeldung betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Überwachung des Betriebs des Kraftstoffeinspritzsystems einer Brennkraftmaschine. Gemäß geltender Beschreibungseinleitung ist die Messung der tatsächlichen Öffnungsund Schließzeitpunkte der Einspritzventile für eine zuverlässige Kraftstoffmengenregelung von Bedeutung. Insbesondere gelte dies bei der Verwendung von piezoelektrisch angetriebenen Injektoren. Das Verhalten eines piezoelektrisch betriebenen Einspritzventils sei stark temperaturabhängig. Sehr hohe Temperaturen des Injektors und hohe Temperaturgradienten entlang des Injektorkörpers stellten eine Herausforderung für den Injektorbetrieb bzw. die Injektorregelung dar (vgl. geltende Beschreibung, S. 1, Z. 6 - 31, S. 3, S. 13, Z. 32 - 37).
Als Aufgabe wird angegeben, ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Überwachung des Betriebs des Kraftstoffeinspritzsystems einer Brennkraftmaschine anzugeben, bei deren Anwendung die Injektoren des Kraftstoffeinspritzsystems möglichst lange in einem stabilen Betriebsbereich gehalten werden können (vgl. geltende Beschreibung, S. 4, Z. 14 - 19).
Zur Lösung der Aufgabe ist ein Verfahren zur Überwachung des Betriebs des Kraftstoffeinspritzsystems einer Brennkraftmaschine gemäß Anspruch 1 vorgesehen. Zudem soll die Aufgabe durch eine Vorrichtung zur Überwachung des Betriebs des Kraftstoffeinspritzsystems gemäß Anspruch 10 gelöst werden.
2. Als Fachmann sieht der Senat einen Hochschulingenieur für Maschinenbau oder Fahrzeugtechnik an, der langjährige Erfahrungen auf dem Gebiet der Steuerung und Regelung von Verbrennungsmotoren besitzt und speziell im Bereich der Ansteuerung von Piezo-Injektoren über zusätzliches Wissen verfügt.
Der so definierte Fachmann legt dem Anspruchsgegenstand des Anspruchs 1 das folgende Verständnis zugrunde:
Anspruch 1 betrifft ein Verfahren zur Überwachung des Betriebs des Kraftstoffeinspritzsystems einer Brennkraftmaschine. Vorzugsweise handelt es sich dabei um ein Common-Rail-System mit piezoelektrisch angetriebenen Injektoren (vgl. geltende Beschreibung, S. 3, S. 5, Z. 24 - S. 6, Z. 15, S. 13, Z. 32 - S. 14, Z. 4 u. Fig. 1, Bezugszeichen 600, 700). Um kritische Betriebszustände zu vermeiden, ist vorgesehen, die thermische Belastung eines Injektors zu überwachen (vgl. geltende Beschreibung, S. 4, Z. 24 - S. 5, Z. 8 u. S. 7, Z. 17 -35). Dazu wird ein Kritikalitätsindex für die thermische Belastung eines Injektors ermittelt (vgl. geltende Beschreibung, S. 7, Z. 17 – 35 i. V. m. Fig. 2, Schritt S1; Merkmal M1).
Dabei sollen durch Auswertung einer Vielzahl von Sensorsignalen die momentan induzierte Leistung P der Brennkraftmaschine, die momentane Kraftstofftemperatur T, der momentane Energiebedarf E und die momentane Einspritzdauer τ als Parameter ermittelt werden (vgl. Merkmal M1.1). Die Parameter P, T, E und τ sind dabei als Größen zu verstehen, die den am Gehäuse der Injektoren herrschenden Temperaturgradienten beschreiben. So dient beispielsweise die momentan induzierte Leistung P der Brennkraftmaschine als Maß für die Düsenaufheizung und die Kraftstofftemperatur T als Maß für die Nadelkühlung. Im Falle einer niedrigen Kraftstofftemperatur liegt zum Beispiel eine gute Kühlung der Düsennadel vor. Dies gilt insbesondere beim Vorliegen einer langen Einspritzdauer τ, wie sie bei hoher induzierter Leistung der Brennkraftmaschine oder niedrigem Kraftstoffdruck notwendig ist (vgl. geltende Beschreibung, S. 12, Z. 5 - 34).
Ob die Parameter anhand der Vielzahl von Sensorsignalen direkt gemessen oder modelliert werden, legt der Anspruch nicht fest. Im Anspruch 1 wird auch nicht angegeben, welche Sensoren konkret abgefragt werden. Der Beschreibung ist zu entnehmen, dass zu den Sensorsignalen unter anderem die Signale eines Drehzahlsensors, eines Raildrucksensors und eines Temperatursensors gehören (vgl. geltende Beschreibung, S. 5, Z. 26 - S. 6, Z. 29 i. V. m. Fig. 1, Bezugszeichen 810, 820, 640). Weitere Angaben zu den verwendeten Sensoren macht die Anmeldung nicht. Insbesondere ist nicht offenbart, anhand welcher Sensorsignale der momentane Energiebedarf und die induzierte Leistung der Brennkraftmaschine bestimmt werden. Dem Fachmann ist bekannt, dass diese Größen nicht gemessen, sondern aus verschiedenen Messwerten berechnet werden können. So korreliert der momentane Energiebedarf der Brennkraftmaschine mit der dem Motor zugeführten Kraftstoffmenge, die beispielsweise durch das Öffnungsverhalten des Einspritzventils beschrieben werden kann (vgl. geltende Beschreibung,
S. 4, erster Abs., S. 6, Z. 31 - S. 7, Z. 12, S. 12, Z. 5 - Z. 34 u. Anspruch 4). Die momentan induzierte Leistung der Brennkraftmaschine versteht der Fachmann als innere Motorleistung, die sich aus der Motordrehzahl und dem inneren Mitteldruck berechnen lässt. Aus den Grundlagen der Motortechnik ist ihm bekannt, dass der innere Mitteldruck eine signifikante Größe zur Beschreibung der bei der motorischen Verbrennung verrichteten Gasarbeit ist und als Integral aus dem Zylinderdruckverlauf über dem Hubvolumen eines Arbeitspiels bestimmt wird.
Unter Berücksichtigung von empirisch ermittelten Gewichtsfaktoren k1 bis k4 ergibt sich für den Kritikalitätsindex I folgender Zusammenhang (vgl. geltende Beschreibung, S. 4, erster Abs., S. 12, Z. 16 - S. 13, Z. 19; vgl. Merkmal M1.2):
Gemäß den Merkmalen M2 und M3 wird überprüft, ob der ermittelte Kritikalitätsindex für eine vorgegebene Zeitdauer t1 größer als ein Schwellenwert SW1 ist (vgl. Fig. 2, Schritte S2 u. S3). In diesem Fall ist vorgesehen, entsprechend Merkmal M4 eine Maßnahme zur Reduktion der thermischen Belastung des Injektors einzuleiten. Zu den Maßnahmen einer „ersten Reaktionsebene RE1“ gehört beispielsweise eine Reduzierung der Anzahl der aktiven Einspritzungen innerhalb eines Einspritzzyklus (vgl. geltende Beschreibung, S. 10, Z. 4 - 15 u. Fig. 2, Schritt S4).
3. Die geänderten Patentansprüche 1 bis 10 sowie die Änderungen in der Beschreibung sind zulässig (§ 38 PatG).
Die Merkmale des geltenden Anspruchs 1 sind durch die ursprünglichen Patentansprüche 1, 4, 7 und 8 in Verbindung mit Seite 9, Zeile 5 bis 14 und Seite 10, Zeilen 4 bis 19 der Anmeldeunterlagen als zur Erfindung zugehörend offenbart. Die ursprünglichen Ansprüche 4, 7 und 8 wurden entsprechend gestrichen.
Die Ansprüche 2 und 3 entsprechen den ursprünglichen Ansprüchen 2 und 3. Die geänderten Ansprüche 4 bis 10 basieren auf den ursprünglichen Ansprüchen 5, 6 und 9 bis 13 unter Anpassung der Nummerierung und der Rückbezüge.
In der Beschreibung wurden redaktionelle Änderungen im Rahmen der ursprünglichen Offenbarung vorgenommen. Zudem wurden der im Prüfungsverfahren ermittelte Stand der Technik und die im Ladungszusatz zur mündlichen Verhandlung genannte Druckschrift gewürdigt.
4. Der Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 ist neu gegenüber dem Stand der Technik gemäß den Druckschriften D1 bis D5 (§ 3 PatG).
Druckschrift D1, auf die sich der Zurückweisungsbeschluss stützt, befasst sich mit einem Verfahren zur Überwachung des Kraftstoffeinspritzsystems einer Brennkraftmaschine, wobei die thermische Belastung einer Injektorantriebsschaltung ermittelt wird (vgl. Anspruch 1, sowie Abs. 0002, 0009, 0032 u. 0082 i. V. m. Fig. 1, 2 u. 8). Dabei wird ausgeführt, dass die Temperatur der elektronischen Steuerungseinheit (ECU 100) des Common-Rail von der Anzahl und der Dauer der Teileinspritzungen abhängt (vgl. hierzu Abs. 0002 i. V. m. 0012). Insbesondere wird beschrieben, dass die ECU zerstört werden kann, wenn die Temperatur der Halbleiter-Schaltelemente der ECU über einen bestimmten Grenzwert ansteigt. Um eine solche Beschädigung zu verhindern, sieht Druckschrift D1 daher die Bestimmung eines Temperaturanstiegstrends der Injektorantriebsschaltung 121 vor (vgl. Anspruch 1, Abs. 0048, 0055 u. 0070 i. V. m. Fig. 1). Zur Bestimmung der Temperatur der Antriebsschaltung dient ein Temperatursensor 60, der vorzugsweise in der ECU des Einspritzsystems angeordnet ist (vgl. Abs. 0048, 0070 u. 0082, sowie Fig. 2 u. 8 i. V. m. Fig. 1). Steigt die Temperatur der Antriebsschaltung TECU über einen Schwellenwert TSET, wird die Kraftstoffeinspritzmenge der Teileinspritzungen begrenzt (vgl. Abs. 0059 - 0062 i. V. m. Fig. 3, Schritte S206, S208 u. S210). Der zuständige Fachmann versteht die Temperatur der Antriebsschaltung TECU nicht nur als Kritikalitätsindex für die thermische Belastung der In- jektorantriebsschaltung sondern auch für die thermische Belastung des Injektors selbst. Denn gemäß Absatz 0084 in Verbindung mit Absatz 0049 steht die Temperatur der elektromagnetischen Einspritzventile in einem direkten Zusammenhang mit der Temperatur der ECU (Merkmal M1). Wie vorstehend ausgeführt, offenbart Druckschrift D1 auch, dass in weiteren Schritten überprüft wird, ob der als Kritikalitätsindex zu verstehende ermittelte Temperaturwert größer ist als ein Schwellenwert (vgl. Abs. 0055 i. V. m. Schritt S201 in Fig. 3: TECU > TSET; Merkmal M2). Zudem wird überprüft, ob die Temperatur während einer vorgegebenen Zeitdauer größer ist als dieser Schwellenwert (vgl. Abs. 0057, 0059 u. 0076; Merkmal M3). Ist der ermittelte Kritikalitätsindex für die vorgegebene Zeitdauer größer als der Schwellenwert, wird die Einspritzmenge entsprechend begrenzt, was nichts anderes bedeutet, als dass eine Maßnahme zur Reduktion der thermischen Belastung des Injektors eingeleitet wird (vgl. Anspruch 1, Abs. 0059, 0061, 0064, 0066 u. 0086 i. V. m. Fig. 3; Merkmal M4). Anstelle der Erfassung der Temperatur kann auch ein Schätzen der Temperatur auf Basis verschiedener Sensorsignale erfolgen, wozu die Kraftstofftemperatur, die Einspritzdauer und Einspritzmenge zählen (vgl. Abs. 0049, 0050). Die momentan induzierte Leistung der Brennkraftmaschine wird aber nicht berücksichtigt (teilweise Merkmal M1.1). Es wird auch keine Gewichtung und keine Addition der Parameter gemäß Merkmal M1.2 vorgenommen. Die Ermittlung des Kritikalitätsindex erfolgt lediglich durch Auswerten des Temperaturverlaufs der Injektorantriebsschaltung.
Druckschrift D2 beschreibt ein Regelverfahren für ein Common-Rail Einspritzsystem, bei dem die Öffnungs- und Schließzeitpunkte der Piezo-Injektoren geregelt werden. Zur Ermittlung der jeweiligen Regelabweichung werden der Ist-Öffnungszeitpunkt und der Ist-Schließzeitpunkt eines Einspritzzyklus gemessen. Dabei dient das Piezoelement des Injektors als Sensorelement (vgl. Abs. 0002, 0005, 0013, 0056, Ansprüche 1 - 4 u. Fig. 2 u. 5). Die Druckschrift beschäftigt sich aber weder mit der thermischen Belastung eines Injektors des Kraftstoffeinspritzsystems noch mit Maßnahmen zur Reduktion der thermischen Belastung eines Injektors.
Druckschrift D3 beschreibt ein Verfahren zum Schutz der Elektronik einer Brennkraftmaschine gegen hitzebedingte Beschädigungen. Beispielsweise wird die Temperatur des Motorsteuergeräts überwacht (vgl. Anspruch 1 i. V. m. Sp. 2, Z. 33 - 53, Sp. 4, Z. 5 - 17 u. Fig. 1). Dabei wird ein mit der Temperatur der Elektronik korrelierendes Signal ermittelt. Das Signal versteht der Fachmann als Kritikalitätsindex, welcher die thermische Belastung der jeweiligen Schaltung beschreibt. Es wird nicht speziell die thermische Belastung eines Injektors ermittelt (teilweise Merkmal M1). Es ist vorgesehen, die Temperatur der Elektronik entweder direkt zu messen oder durch Auswertung einer Vielzahl von Sensorsignalen zu berechnen (vgl. Sp. 2, Z. 63 - Sp. 3, Z. 2 u. Anspruch 10). Als Parameter, die durch Auswertung einer Vielzahl von Sensorsignalen ermittelt werden, werden die Motorlast und die Motordrehzahl genannt (vgl. Sp. 5, Z. 10 - 18 u. Anspruch 36). Gemäß Spalte 6, Zeilen 58 bis 60 wird auch die momentane Einspritzdauer ermittelt. Die momentan induzierte Leistung der Brennkraftmaschine, die momentane Kraftstofftemperatur und der momentane Energiebedarf werden nicht ermittelt (teilweise Merkmal M1.1). Entsprechend Merkmal M2 wird überprüft, ob der mit der Temperatur der jeweiligen Elektronik korrelierende Kritikalitätsindex größer als ein Schwellenwert ist (vgl. Sp. 1, Z. 46 -52 u. 64 - 66). Zudem wird überprüft, ob die Temperatur während einer vorgegebenen Zeitdauer größer ist als dieser Schwellenwert (vgl. Sp. 2, Z. 32 - 35, Sp. 5, Z. 23 - 26; Merkmal M3). Ist der Kritikalitätsindex für die vorgegebene Zeitdauer größer als der Schwellenwert, werden Maßnahmen zur Reduktion der thermischen Belastung der Motorelektronik eingeleitet. Zum Beispiel wird die Anzahl der Teileinspritzungen verringert (vgl. Sp. 7, Z. 1 - 8; Merkmal M4). In Spalte 9, Zeilen 14 - 22 wird aufgeführt, dass der Kritikalitätsindex auf Basis der Verknüpfung verschiedener Eingaben, die unterschiedlich gewichtet werden können, ermittelt werden kann. Merkmal M1.2 wird jedoch nicht offenbart, wonach der Kritikalitätsindex durch eine gewichtete Addition der momentan induzierten Leistung der Brennkraftmaschine, der momentanen Kraftstofftemperatur, des momentanen Energiebedarfs und der momentanen Einspritzdauer berechnet wird.
Druckschrift D4 betrifft die Ansteuerung eines elektromagnetischen Ventils einer Kraftstoffeinspritzvorrichtung. Hierbei umfasst die Stelleinheit, welche die Hochspannung zum Stellen des elektromagnetischen Ventils erzeugt, zwei Schalteinheiten. Die erste Schalteinheit ist mit der Niederspannungsseite des elektromagnetischen Ventils und die zweite Schalteinheit mit der Hochspannungsseite verbunden (vgl. Fig. 1 u. Abs. 0002, 0137). Es wird beschrieben, dass sich die Schalteinheiten je nach der Anzahl der Schaltvorgänge unterschiedlich erwärmen können (vgl. Abs. 0007). Aus diesem Grund steuert die Stelleinheit die Anzahl der maximal zulässigen Schaltvorgänge der jeweiligen Schalteinheit (vgl. Abs. 0013, Anspruch 1). Damit soll die Differenz zwischen der Wärmeerzeugung in der ersten Schalteinheit und der Wärmeerzeugung in der zweiten Schalteinheit möglichst gering sein (vgl. Abs. 0008, Anspruch 2). Die Druckschrift D4 offenbart keine Ermittlung eines Kritikalitätsindex für die thermische Belastung eines Injektors des Kraftstoffeinspritzsystems, wobei der Kritikalitätsindex durch eine Auswertung von mehreren Parametern ermittelt wird, zu denen die momentan induzierte Leistung der Brennkraftmaschine, die momentane Kraftstofftemperatur, der momentane Energiebedarf und die momentane Einspritzdauer gehören.
Druckschrift D5 befasst sich mit der Vermeidung von Ablagerungen am Düsenende eines Direkteinspritzventils eines Kraftstoffeinspritzsystems einer Brennkraftmaschine (vgl. S. 1, Z. 6 - 11). Dabei wird ein Kritikalitätsindex für die thermische Belastung eines Injektors ermittelt (vgl. S. 5, Z. 13 - 22; Merkmal M1). Die Methode zur Berechnung des Kritikalitätsindex beruht auf einem Modell, bei dem die Temperatur am Düsenende des Injektors in Abhängigkeit von der Kraftstofftemperatur, der Kühlwassertemperatur und der Einspritzdauer einer zusätzlichen Saugrohreinspritzung ermittelt wird (vgl. Ansprüche 1 - 3); alternativ kann die Temperatur am Düsenende des Injektors auf Basis einer der Temperaturen (z. B. Motorinnentemperatur), der Motordrehzahl und der Motorlast (z. B. Gaspedalstellung) bestimmt werden (vgl. S. 14, Z. 20 - 26 u. S. 19, Z. 25 - 26). Die momentan induzierte Leistung der Brennkraftmaschine und der momentane Energiebedarf der Brennkraftmaschine werden zur Berechnung des Kritikalitätsindex nicht her- angezogen (teilweise Merkmal M1.1). Eine Gewichtung der Parameter entsprechend Merkmal M1.2 erfolgt dabei ebenfalls nicht. Ermittelt wird die Temperatur am Düsenende eines Injektors, wobei die Menge des durch die Kraftstoffeinspritzeinrichtung zirkulierenden Kraftstoffs erhöht wird, wenn die Temperatur nicht kleiner als ein Schwellenwert ist (vgl. S. 5, Z. 13 - 22; Merkmal M2). Dabei wird nicht überprüft, ob der ermittelte Kritikalitätsindex für eine vorgegebene Zeitdauer größer ist als ein Schwellenwert (Merkmal M3 fehlt). Somit wird auch keine Maßnahme zur Reduktion der thermischen Belastung des Injektors eingeleitet, wenn der ermittelte Kritikalitätsindex für die vorgegebene Zeitdauer größer als der Schwellenwert ist (Merkmal M4 fehlt).
Keine der im Verfahren befindlichen Druckschriften offenbart somit ein Verfahren zur Überwachung des Betriebs des Kraftstoffeinspritzsystems mit sämtlichen in Anspruch 1 geforderten Merkmalen. Insbesondere sind keiner der Druckschriften Angaben zur Ermittlung der momentan induzierten Leistung, der momentanen Kraftstofftemperatur, des momentanen Energiebedarfs und der momentanen Einspritzdauer und zur Berechnung des Kritikalitätsindex durch eine Addition dieser vier, jeweils mit einem Gewichtungsfaktor multiplizierten Parameter zu entnehmen.
Weiterer Stand der Technik ist nicht bekannt geworden.
Der Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 ist somit neu gegenüber dem Stand der Technik.
5. Der Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 ergibt sich für den Fachmann nicht in naheliegender Weise aus dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik und beruht auf einer erfinderischen Tätigkeit (§ 4 PatG).
Wie vorstehend ausgeführt, ist keiner der im Verfahren befindlichen Druckschriften ein Verfahren zur Überwachung des Betriebs des Kraftstoffeinspritzsystems einer Brennkraftmaschine mit den Merkmalen M1.1 und M1.2 zu entnehmen. Insbeson- dere beschreibt keine der Druckschriften ein Modell zur Ermittlung eines Kritikalitätsindex für die thermische Belastung eines Injektors eines Kraftstoffeinspritzsystems in Abhängigkeit von der momentan induzierten Leistung, der momentanen Kraftstofftemperatur, dem momentanen Energiebedarf und der momentanen Einspritzdauer.
Druckschrift D3 legt den Gegenstand des Anspruchs 1 nicht nahe. Die Schrift befasst sich mit einer Methode zur Überwachung der thermischen Belastung einer Motorelektronikschaltung. Hierzu wird ein mit der Temperatur der Elektronik korrelierendes Signal ermittelt, welches der Fachmann als Kritikalitätsindex für die thermische Belastung der Elektronik versteht. Der Fachmann entnimmt der Druckschrift, dass zur Ermittlung des Kritikalitätsindex eine Vielzahl von Sensorsignalen ausgewertet werden kann, die von der Brennkraftmaschine zugehörigen Sensoren bereitgestellt wird. Unter anderem ist vorgesehen, die Temperatur der Elektronik abhängig von der Motorlast und der Motordrehzahl zu berechnen (vgl. Sp. 5, Z. 10 - 18 u. Anspruch 32). Dem Fachmann stehen damit Sensorsignale bereit, mit denen er die momentan induzierte Leistung sowie den momentanen Energiebedarf der Brennkraftmaschine abschätzen kann. Allerdings findet sich in der Druckschrift kein Hinweis, die momentan induzierte Leistung und den momentanen Energiebedarf der Brennkraftmaschine in einem Modell gemeinsam mit der Kraftstofftemperatur und der Einspritzdauer zu betrachten, um die thermische Belastung eines Injektors ermitteln zu können. Für den Hitzeschutz einer Schaltung auch die Kraftstofftemperatur und die Einspritzdauer eines Injektors zu überwachen, findet sich in Druckschrift D3 kein Anhaltspunkt. Insbesondere gibt es für den Fachmann ausgehend von Druckschrift D3 keine Veranlassung, auch die Temperaturempfindlichkeit der Einspritzventile zu berücksichtigen. Denn die Druckschrift befasst sich nicht mit der thermischen Belastung eines Injektors, sondern zielt allgemein auf den Schutz von Elektronikschaltungen ab.
Der Fachmann hat auch keine Veranlassung, eine der anderen, im Verfahren befindlichen Druckschriften in Verbindung mit Druckschrift D3 heranzuziehen. Auch eine gemeinsame Betrachtung mit Druckschrift D5, welche lehrt, die Temperatur am Düsenende des Injektors zu ermitteln, führt nicht zum Gegenstand des Anspruchs 1.
Druckschrift D1 legt den jeweiligen Gegenstand der Ansprüche 1 und 10 ebenfalls nicht nahe. Druckschrift D1 befasst sich mit der Ermittlung der thermischen Belastung der elektronischen Schaltung eines Kraftstoffeinspritzystems (vgl. Anspruch 1, sowie Abs. 0002, 0009, 0032 u. 0082 i. V. m. Fig. 1, 2 u. 8). Dabei wird die Temperatur der Injektorantriebsschaltung ermittelt, welche der Fachmann – wie im Abschnitt II.4. ausgeführt – als Kritikalitätsindex für die thermische Belastung der Injektorantriebsschaltung versteht. Der Kritikalitätsindex wird allerdings nicht in Abhängigkeit von der momentan induzierten Leistung, der momentanen Kraftstofftemperatur, des momentanen Energiebedarfs und der momentanen Einspritzdauer ermittelt, sondern beruht allein auf der an der Schaltung gemessenen Temperatur.
Für den Fachmann gibt es keine Veranlassung, das aus Druckschrift D1 bekannte Signalverarbeitungsverfahren zur Ermittlung eines Kritikalitätsindex für die thermische Belastung der Injektorantriebsschaltung so zu ändern oder zu ergänzen, dass zur Berechnung des Kritikalitätsindex die momentan induzierte Leistung, die momentane Kraftstofftemperatur, der momentane Energiebedarf und die momentane Einspritzdauer ermittelt werden. Der Fachmann hat damit auch keine Veranlassung, eine der anderen, im Verfahren befindlichen Druckschriften in Verbindung mit Druckschrift D1 zur Lösung seiner Aufgabe heranzuziehen.
Auch ausgehend von Druckschrift D5 ergibt sich für den Fachmann keine Veranlassung, die Methode zur Überwachung der Temperatur am Düsenende der Kraftstoffeinrichtung entsprechend zu ändern oder zu ergänzen. So erhält er aus dieser Schrift keinen Hinweis, bei der Ermittlung des Kritikalitätsindex für die thermische Belastung eines Injektors des Kraftstoffeinspritzsystems auch die momentan induzierte Leistung der Brennkraftmaschine zu berücksichtigen. Selbst wenn er eine andere Größe, welche die bei der motorischen Verbrennung verrichtete Gasarbeit beschreibt, zur Bestimmung der Temperatur am Düsenende heranziehen würde, so käme er dennoch nicht zum vorliegenden Anmeldungsgegenstand. Eine Gewichtung verschiedener Modellparameter wird nicht durchgeführt.
Ferner erhält der Fachmann auch aus dem weiteren im Verfahren befindlichen Stand der Technik oder aus seinem Fachwissen heraus keine Anregung, zur Ermittlung der thermischen Belastung eines Injektors die momentan induzierte Leistung, die momentane Kraftstofftemperatur, den momentanen Energiebedarf und die momentane Einspritzdauer gemeinsam zu betrachten und eine Wichtung gemäß Merkmal M1.2 vorzunehmen.
Es ist daher anzuerkennen, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 gegenüber dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht und patentfähig ist.
6. Der Gegenstand des geltenden nebengeordneten Patentanspruchs 10 ist ebenfalls patentfähig.
Die Vorrichtung zur Überwachung des Betriebs des Kraftstoffeinspritzsystems gemäß Anspruch 10 umfasst eine Steuereinheit, die zur Steuerung eines Verfahrens mit den Merkmalen des Anspruchs 1 ausgebildet ist. Damit weist die Vorrichtung gemäß Anspruch 10 Verfahrensmerkmale auf, die den Merkmalen M1 bis M4 des auf ein Verfahren gerichteten Anspruchs 1 inhaltlich entsprechen. Die Vorrichtung ist daher nicht anders zu bewerten als das Verfahren gemäß Anspruch 1. Dementsprechend ist auch die Vorrichtung zur Steuerung eines solchen Verfahrens im Stand der Technik nicht beschrieben. Der Gegenstand des geltenden Anspruchs 10 ist somit ebenfalls neu gegenüber dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik.
Wie zu Anspruch 1 ausgeführt, beruht das Verfahren zur Überwachung des Betriebs des Kraftstoffeinspritzsystems auch auf einer erfinderischen Tätigkeit; daher ist auch die Vorrichtung, die mit den beanspruchten gegenständlichen Merkmalen das entsprechende Verfahren ausführen soll und mit einer Steuereinheit ausgestattet ist, dem Fachmann durch den Stand der Technik, auch in Verbindung mit dem allgemeinen Fachwissen, nicht nahegelegt.
7. Die abhängigen Ansprüche 2 bis 9 betreffen über das Selbstverständliche hinausgehende Ausgestaltungen des Gegenstands des Anspruchs 1 und sind daher ebenfalls patentfähig.
8. Da die vorgelegten geltenden Unterlagen auch den weiteren Voraussetzungen zur Patenterteilung (§ 1, 2, 5, 34 PatG) genügen, war auf die Beschwerde der Anmelderin der Zurückweisungsbeschluss der Prüfungsstelle für Klasse F 02 D des Deutschen Patent- und Markenamts aufzuheben und ein Patent zu erteilen.
9. Der Beschluss konnte ohne mündliche Verhandlung ergehen, da dem Antrag der Anmelderin vollumfänglich stattgegeben wurde.
III.
Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass
1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, 2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, 3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, 4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat, 5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder 6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich einzulegen.
Wickborn Kruppa Dr. Otten-Dünnweber Dr. Flaschke Fi