XI ZR 165/22
BUNDESGERICHTSHOF XI ZR 165/22 BESCHLUSS vom 25. Juni 2024 in dem Rechtsstreit ECLI:DE:BGH:2024:250624BXIZR165.22.0 Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. Juni 2024 durch den Vizepräsidenten Prof. Dr. Ellenberger, die Richter Dr. Grüneberg und Dr. Matthias, die Richterin Dr. Derstadt sowie den Richter Dr. Schild von Spannenberg beschlossen:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 3. Juni 2022 wird als unzulässig verworfen, soweit sie über die Anfechtung der Verneinung eines Schadensersatzanspruchs des Klägers wegen unzureichender Aufklärung oder Beratung bei Abschluss der Stopp-Loss-Vereinbarung hinausgeht.
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem vorbezeichneten Urteil wird zurückgewiesen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.
Gründe:
Das Berufungsgericht hat die Zulassung der Revision wirksam auf die Schadensersatzforderung des Klägers wegen unzureichender Aufklärung und Beratung bei Abschluss der Stopp-Loss-Vereinbarung beschränkt. Soweit die Revision das Berufungsurteil auch darüber hinaus angreift, ist das Rechtsmittel als unzulässig zu verwerfen (§ 552 Abs. 1 ZPO), da auch die vorsorglich eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers keinen Erfolg hat.
1. Die Zulassung der Revision durch das Berufungsgericht ist wirksam auf die vorgenannte Schadensersatzforderung des Klägers beschränkt.
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann sich die Beschränkung der Revisionszulassung auch aus den Entscheidungsgründen des Berufungsurteils ergeben. Hat das Berufungsgericht die Revision wegen einer Rechtsfrage zugelassen, die nur für einen eindeutig abgrenzbaren Teil des Streitstoffs von Bedeutung ist, kann die gebotene Auslegung der Gründe ergeben, dass die Zulassung der Revision auf diesen Teil des Streitstoffs beschränkt ist (Senatsurteile vom 4. März 2014 - XI ZR 178/12, BKR 2014, 245 Rn. 18 und vom 15. Juli 2014 - XI ZR 100/13, WM 2014, 1624 Rn. 17 sowie Senatsbeschluss vom 10. April 2018 - XI ZR 139/16, juris Rn. 3, jeweils mwN). So verhält es sich hier.
Das Berufungsgericht hat die Revision schon im Tenor nur "beschränkt" zugelassen und dies in den Entscheidungsgründen dahingehend präzisiert, dass die Revision nur beschränkt auf die Rechtsfrage zuzulassen sei, "wie weit die Aufklärungs- und Beratungspflichten der Bank bei Vereinbarung einer StoppLoss-Order im Zusammenhang mit einem Fremdwährungsdarlehen reichen", weil nur insoweit die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO vorlägen, während es sich im Übrigen um eine Einzelfallentscheidung handele, die das Berufungsgericht auf der Grundlage anerkannter Auffassungen in Rechtsprechung und Literatur getroffen habe.
Das Berufungsgericht hat damit deutlich zum Ausdruck gebracht, dass es dem Kläger nicht die vollumfängliche Überprüfung seiner Entscheidung ermöglichen, sondern ihm die Revision nur insoweit eröffnen wollte, als es einen Schadensersatzanspruch wegen Aufklärungs- und Beratungspflichtverletzung vor bzw. bei Abschluss der Stopp-Loss-Vereinbarung im Februar 2012 verneint hat.
Denn die angesprochene Rechtsfrage ist allein für einen solchen Schadensersatzanspruch erheblich, nicht aber für die Fragen, ob mit der Ausführung der Stopp-Loss-Order im Januar 2015 überhaupt ein Aufwendungsersatzanspruch der Beklagten entstanden ist und, falls das der Fall sein sollte, ob dem Kläger wegen der von ihm geltend gemachten Pflichtverletzungen der Beklagten im Zusammenhang mit dieser Ausführung der Stopp-Loss-Order ein Schadensersatzanspruch zusteht.
b) Diese Beschränkung der Revisionszulassung ist wirksam.
Die Zulassung der Revision kann zwar nicht auf einzelne Rechtsfragen oder Anspruchselemente beschränkt werden, wohl aber auf einen tatsächlich und rechtlich selbständigen und abtrennbaren Teil des Gesamtstreitstoffs, auf den auch die Partei selbst ihre Revision beschränken könnte (st. Rspr., vgl. nur Senatsurteile vom 4. März 2014 - XI ZR 178/12, BKR 2014, 245 Rn. 21, vom 26. April 2016 - XI ZR 108/15, WM 2016, 1031 Rn. 11 und vom 15. Juni 2021 - XI ZR 568/19, WM 2021, 1433 Rn. 15, insoweit in BGHZ 230, 161 nicht abgedruckt, jeweils mwN). Es muss sich hierbei weder um einen eigenen Streitgegenstand handeln, noch muss der betroffene Teil des Streitstoffs auf der Ebene der Berufungsinstanz teilurteilsfähig sein (Senatsurteile vom 4. März 2014, aaO, und vom 15. Juni 2021, aaO, jeweils mwN sowie BGH, Beschlüsse vom 10. April 2018 - VIII ZR 247/17, NJW 2018, 1880 Rn. 21 und vom 25. Juni 2019 - I ZR 91/18, juris Rn. 7, jeweils mwN). Erforderlich ist nur, dass der von der Zulassungsbeschränkung betroffene Teil des Streits in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht unabhängig von dem übrigen Prozessstoff beurteilt werden kann und auch im Fall einer Zurückverweisung kein Widerspruch zum nicht anfechtbaren Teil des Streitstoffs auftreten kann (Senatsurteile vom 4. März 2014, aaO, vom 26. April 2016, aaO Rn. 12 und vom 11. September 2018 - XI ZR 125/17, WM 2018, 2128 Rn. 10).
Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Bei der Frage, ob dem Kläger ein Schadensersatzanspruch wegen unzureichender Aufklärung oder Beratung bei Abschluss des Avalkreditvertrags mit der Stopp-Loss-Order zusteht, handelt es sich um einen rechtlich selbständigen und abtrennbaren Teil des Gesamtstreitstoffs in diesem Sinne. Denn der Vorwurf der unzureichenden Aufklärung über die Stopp-Loss-Order vor bzw. bei Vertragsschluss kann von den übrigen geltend gemachten Pflichtverstößen bei Ausführung der Stopp-Loss-Order im Januar 2015 abgegrenzt und in tatsächlicher wie rechtlicher Hinsicht selbständig beurteilt werden (vgl. Senatsurteile vom 4. März 2014 - XI ZR 178/12, BKR 2014, 245 Rn. 22, vom 1. Juli 2014 - XI ZR 247/12, WM 2014, 1621 Rn. 16 und vom 23. Februar 2021 - XI ZR 191/17, WM 2021, 2042 Rn. 18 sowie Senatsbeschluss vom 20. Januar 2015 - XI ZR 386/13, juris Rn. 4, jeweils mwN).
Dem steht auch nicht entgegen, dass der Kläger diesen Schadensersatzanspruch nicht nur zur Begründung seiner Klage geltend macht, sondern ihn auch dem mit der Widerklage geltend gemachten Aufwendungsersatzanspruch der Beklagten entgegenhält (vgl. BGH, Urteile vom 12. Januar 1970 - VII ZR 48/68, BGHZ 53, 152, 154 f. [zur Beschränkung der Revisionszulassung auf eines von mehreren selbständigen Verteidigungsmitteln], vom 12. November 2015 - III ZR 204/15, BGHZ 207, 365 Rn. 10 [zur Beschränkung der Zulassung auf eine zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung], vom 18. Oktober 2018 - III ZR 497/16, WM 2018, 2179 Rn. 11 ff. [zur Beschränkung der Zulassung auf die Anrechnung von Vorteilen auf den geltend gemachten Schaden] und vom 19. Dezember 2019 - VII ZR 6/19, WM 2020, 1123 Rn. 24 mwN [zur Beschränkung der Zulassung auf einen hilfsweise zur Aufrechnung gestellten Anspruch] sowie Beschluss vom 24. November 2021 - VII ZR 176/20, NJW-RR 2022, 306 Rn. 3 f. mwN [zur wirksamen Beschränkung auf einen von mehreren zur Aufrechnung gestellten Anspruch]). Denn die Frage, ob die Beklagte vor Abschluss der StoppLoss-Vereinbarung etwaige Aufklärungs- oder Beratungspflichten verletzt hat,
steht nicht in untrennbarem Zusammenhang mit den Voraussetzungen für die Entstehung des Aufwendungsersatzanspruchs der Beklagten aus §§ 670, 675 BGB, die das Berufungsgericht bejaht hat.
2. Die Revision ist, soweit sie vom Berufungsgericht nicht zugelassen worden ist, auch nicht auf die vom Kläger vorsorglich erhobene Nichtzulassungsbeschwerde zuzulassen. Der Kläger hat keinen durchgreifenden Zulassungsgrund dargelegt (§ 544 Abs. 4 Satz 3 ZPO). Die Rechtssache hat, soweit das Berufungsgericht die Revision nicht zugelassen hat, weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordern insoweit die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Von einer näheren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 6 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO abgesehen.
Ellenberger Grüneberg Matthias Derstadt Schild von Spannenberg Vorinstanzen: LG Braunschweig, Entscheidung vom 18.11.2020 - 5 O 1673/15 (151) OLG Braunschweig, Entscheidung vom 03.06.2022 - 4 U 264/21 -