III ZR 299/23
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES III ZR 299/23 Nachschlagewerk: ja BGHZ:
nein BGHR:
ja JNeu:
nein URTEIL in dem Rechtsstreit BGB § 675, § 280 Abs. 1 Satz 1 a) Ein Anlagevermittler genügt seiner Pflicht zur Information über die Bonität des Emittenten einer Kapitalanlage jedenfalls gegenüber einem geschäftserfahrenen Anlageinteressenten im Normalfall dadurch, dass er diesem eine im Anlagezeitpunkt aktuelle Bewertung einer Rating-Agentur mitteilt. Auf die Richtigkeit dieses Ratings darf er sich grundsätzlich verlassen. Zu weitergehenden Ermittlungen ist er nur verpflichtet, soweit er konkrete Anhaltspunkte für eine von dem Rating in negativer Hinsicht abweichende Bewertung hat.
b) Handelt es sich bei dem Anlageinteressenten um eine Gemeinde mit einer eigenen Kämmerei, darf der Anlagevermittler davon ausgehen, dass den dort für die Anlageentscheidung verantwortlichen Personen die verschiedenen RatingGrade und ihre Bedeutung geläufig sind.
c) BGH, Urteil vom 19. September 2024 - III ZR 299/23 - OLG München LG München I ECLI:DE:BGH:2024:190924UIIIZR299.23.0 Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 19. September 2024 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Herrmann, den Richter Reiter, die Richterin Dr. Böttcher sowie die Richter Dr. Kessen und Dr. Herr für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Oberlandesgerichts München - 3. Zivilsenat - vom 7. August 2023 aufgehoben.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts München I - 22. Zivilkammer - vom 19. August 2022 abgeändert und die Klage abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten der Streithelferinnen der Beklagten zu tragen.
Von Rechts wegen Tatbestand Die Klägerin - eine bayerische Gemeinde - nimmt das beklagte Finanzdienstleistungsunternehmen auf Schadensersatz wegen einer fehlgeschlagenen Kapitalanlage in Anspruch.
Die Beklagte befasst sich mit der Anlage von Termin- und Festgeldern unter anderem für Kommunen, kommunale Eigenbetriebe und kommunale Unternehmen. Dazu tritt die Beklagte an die in Betracht kommenden Banken heran und handelt die Konditionen aus. Aufgrund dessen erstellt sie für den Kunden ein Angebot und überwacht, sofern es zu einem Vertragsschluss kommt, die Abwicklung der Verträge. Die Bonität der Geldinstitute oder deren Mitgliedschaft in einem Einlagensicherungsfonds prüft sie nicht. Darauf weist sie in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen - im Zusammenhang zum einen mit der Beschreibung des Geschäftsgegenstands und zum anderen mit einer Beschränkung ihrer Haftung - hin.
Die Klägerin schloss über die Beklagte seit 2012 insgesamt 85 Festgeldanlagen bei mehreren Banken ab. In der Zeit zwischen März 2017 und Dezember legte sie Festgelder bei der G.
Bank AG, die günstigere Konditionen anbot als viele andere Banken, an oder prolongierte solche Anlagen. Im August berichtete der Nachrichtendienst Bloomberg über eine Prüfung der Bank durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) wegen einer möglicherweise zu großen Abhängigkeit von einem britisch-indischen Unternehmenskonglomerat und dem damit verbundenen "Klumpenrisiko". Daran angelehnt, erschienen im Folgenden weitere Berichte verschiedener Finanzmarkt-Informationsdienste über die G Bank AG im Internet. Schon zu diesem Zeitpunkt wurde vereinzelt über eine mögliche Insolvenz der Bank spekuliert. Im September 2020 wurde deren Rating von der Streithelferin zu 1, einer europäischen Rating-Agentur, von A- auf BBB+ herabgestuft. E-Mails der Beklagten an die Klä- gerin vom 29. Juli, 6. Oktober sowie vom 3. und 11. November 2020 enthielten jeweils Mitteilungen über das zu diesen Zeitpunkten aktuelle - seit Herbst des Jahres abgesenkte - Rating der Bank. Am 11. Dezember 2020 legte die Klägerin
(weitere) 1.019.748,70 € bei der G.
Bank AG an. Da diese im März 2021 insolvent wurde, gingen dieser Betrag sowie weitere bei der Bank investierte Gelder verloren. Im Wege der Teilklage verlangt die Klägerin von der Beklagten die Erstattung von 1.000.000 €. Ihren Gesamtschaden beziffert sie auf 5.573.278,87 €.
Die Parteien streiten darüber, ob zwischen ihnen ein Auskunftsvertrag zustande gekommen ist, aufgrund dessen die Beklagte verpflichtet war, sich über die Bonität der G.
Bank AG zu informieren. Die Klägerin macht geltend, sie habe darauf vertraut, dass die Beklagte über entsprechende Marktkenntnis verfüge und ihr nur sichere Anlagen vermittele. Über seit Sommer 2020 hervorgetretene Probleme bei der G.
Bank AG sowie die im September 2020 erfolgte Herabstufung ihres Ratings hätte die Beklagte sie informieren oder zumindest offenlegen müssen, dass sie keine Finanzpublikationen verfolge und sich auch sonst nicht über die Bonität der Anbieter der Festgeldanlagen informiere.
Den Haftungsausschluss in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten hält die Klägerin für unwirksam.
Das Landgericht hat der Klage nach dem auf Leistung Zug um Zug gegen Abtretung der Ansprüche der Klägerin aus dem Insolvenzverfahren gegen die G. Bank AG gerichteten Hilfsantrag stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe 6 Die zulässige Revision hat Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt, es sei davon überzeugt, dass die Klägerin die besonderen Kenntnisse und Verbindungen der Beklagten habe in Anspruch nehmen wollen. Sie habe erwartet, einen Überblick über aktuell verfügbare, für Kommunen geeignete und insbesondere sichere Anlagemöglichkeiten in Form von Festgeldanlagen zu bekommen. Diesen Markt- überblick habe sich die Klägerin nicht selbst verschaffen können. Die Anlage bei der G.
Bank AG habe die Klägerin gerade auf der Grundlage der von der Beklagten zusammengestellten Informationen getätigt. Mit Blick auf den zwischen den Parteien zustande gekommenen Auskunftsvertrag sei die Beklagte verpflichtet gewesen, sich über die Bonität der G.
Bank AG zu informieren.
Zu diesem Zweck habe sie aktuelle Meldungen in der Finanzpresse suchen und lesen müssen, was heutzutage mit minimalem Aufwand über im Internet verfügbare Suchmaschinen möglich sei. Dies habe sie nicht getan und auch nicht offengelegt, dass sie die Anlage in keiner Weise überprüft habe. Die Pflicht zur Überprüfung oder zumindest zum Hinweis auf eine fehlende Prüfung sei nicht durch den in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltenen, jedoch unwirksamen Haftungsausschluss entfallen. Hätte sich die Beklagte vor Übersendung der Festgeldkonditionen wenigstens durch eine einfache Internetrecherche über die Bonität der G.
Bank AG informiert, wäre sie auf die Artikel in der Finanzpresse aus dem August 2020 gestoßen, in denen Zweifel an der Kapitalund Liquiditätsausstattung der G.
Bank AG wegen eines Konzentrationsrisikos durch hohe Kreditvergaben an Kunden desselben Unternehmers beziehungsweise dessen Unternehmen und Sorgen der Aufsichtsbehörden sowie der Einlagensicherung geäußert worden seien, einschließlich des dortigen Hinweises auf die laufende Prüfung der G.
Bank AG durch die BaFin. Bei einem entsprechenden Hinweis auf die Veröffentlichungen und das im September 2019
[gemeint: 2020] herabgestufte Rating der G.
Bank AG hätte die Klägerin die Anlage nicht gezeichnet.
II.
Das Rechtsmittel der Beklagten hat Erfolg. Es führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der gegen sie gerichteten Klage. Zwar ist zwischen den Parteien ein Auskunftsvertrag über die Vermittlung einer Kapitalanlage (hier: Festgeldanlage) zustande gekommen. Der Beklagten ist eine in Ausführung des Vertrages begangene Pflichtverletzung entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts aber nicht vorzuwerfen.
1. Nach der - vom Berufungsgericht zutreffend wiedergegebenen - Rechtsprechung des Senats kommt im Zusammenhang mit der Vermittlung von Kapitalanlagen ein Auskunftsvertrag zumindest stillschweigend zustande, wenn der Interessent deutlich macht, dass er auf eine bestimmte Anlageentscheidung bezogen die besonderen Kenntnisse und Verbindungen des Vermittlers in Anspruch nehmen will, und der Anlagevermittler mit der gewünschten Tätigkeit beginnt (st. Rspr.; vgl. zB Senat, Urteile vom 1. Dezember 2022 - III ZR 229/21, BeckRS 2022, 42079 Rn. 9; vom 21. November 2019 - III ZR 244/18, NJW 2020, 387 Rn. 17 f; vom 11. Januar 2007 - III ZR 193/05, NJW 2007, 1362 Rn. 10 und vom 19. Oktober 2006 - III ZR 122/05, NJW-RR 2007, 348 Rn. 9 jew. mwN). Ein solcher Vertrag verpflichtet den Vermittler zu richtiger und vollständiger Information über diejenigen tatsächlichen Umstände, die für den Anlageentschluss des Interessenten von besonderer Bedeutung sind (zB Senat, Urteile vom 21. März 2024 - III ZR 70/23, BeckRS 2024, 8739 Rn. 19, III ZR 71/23, BeckRS 2024, 9841 Rn. 18 und III ZR 72/23, BeckRS 2024, 9563 Rn. 19; vom 21. November 2019 aaO Rn. 24; vom 19. Oktober 2006 aaO und vom 13. Mai 1993 - III ZR 25/92, NJW-RR 1993, 1114, 1115; jew. mwN). Dazu ist es - jedenfalls grundsätzlich erforderlich, dass sich der Dienstleister vorab selbst über die Wirtschaftlichkeit der Kapitalanlage und die Bonität des Kapitalsuchenden informiert (zB Senat, Urteile vom 21. März 2024 und vom 21. November 2019 jew. aaO und mwN). Liegen dazu objektive Daten nicht vor oder verfügt der Dienstleister mangels Einholung entsprechender Informationen insoweit nur über unzureichende Kenntnisse, so muss er dies dem anderen Teil offenlegen (zB Senat, Urteile vom 21. März 2024 aaO; vom 21. November 2019 aaO und vom 5. März 2009 - III ZR 17/08, NZG 2009, 71 Rn. 11; jew. mwN). Inhalt und Umfang der Informationsund Beratungspflicht sowie ihre Grenzen hängen dabei von den Umständen des Einzelfalles ab (zB Senat, Urteile vom 21. März 2024 - III ZR 70/23 aaO Rn. 21, III ZR 71/23 aaO Rn. 20 und III ZR 72/23 aaO Rn. 21; jew. mwN; Beschluss vom 21. Mai 2008 - III ZR 230/07, BeckRS 2008, 10802 Rn. 5). Von Bedeutung ist dabei etwa die Situation, wie sie sich bei der betreffenden Anlageentscheidung insgesamt darstellt, die Geschäftserfahrung und der konkrete Kenntnisstand des Anlageinteressenten, von diesem möglicherweise abgefragte Informationen sowie die Frage, in welchem Maß der Vermittler Vertrauen und besondere Kenntnisse für sich in Anspruch nimmt (Senat, Urteile vom 21. März 2024 aaO; vom 5. März 2009 aaO und vom 13. Mai 1993 aaO; Beschluss vom 21. Mai 2008 aaO). Diese Rechtsprechung trägt zum Schutz des Anlegers typisierend der Interessenlage und den Besonderheiten bei der Vermittlung von Kapitalanlagen Rechnung. Diese werden geprägt durch die regelmäßig erhebliche wirtschaftliche Bedeutung für den Kapitalanleger und einen zugleich auf seiner Seite ebenso regelmäßig bestehenden Aufklärungsbedarf, der in der großen Mehrzahl der Fälle hinreichend nur durch den Vermittler befriedigt werden kann, und zudem umgekehrt durch die von dem Vermittler im Allgemeinen zu erwartende und nach eigenem Verständnis bestehende Sachkunde (Senat, Urteil vom 11. Januar 2007 aaO).
2. Dies zugrunde gelegt, begründet auch die von der Beklagten, die sich selbst als Anlagevermittlerin bezeichnet, vorgenommene Vermittlung von Festgeldanlagen einschließlich der damit verbundenen Zusammenstellung von Marktübersichten über die Anbieter und deren Konditionen einen Auskunftsvertrag mit Haftungsfolgen (vgl. zum Festgeld auch Senat, Urteil vom 11. Januar 2007 aaO) und nicht nur - wie sie selbst meint - einen Maklervertrag. Die tatrichterliche Würdigung, die Klägerin habe im Hinblick auf die in Rede stehende Festgeldanlage die besonderen Kenntnisse und Fähigkeiten beziehungsweise Verbindungen der Beklagten in Anspruch nehmen wollen, wobei sie insbesondere auf die Sicherheit der Anlage Wert gelegt habe, greift die Beklagte vergeblich an. Dass die von ihr erbrachten Dienstleistungen Grundlage der von der Klägerin zu treffenden Investitionsentscheidung sein sollten, lässt sich vor diesem Hintergrund nicht bezweifeln.
Dabei kann im Ergebnis dahinstehen, ob die Beklagte der Klägerin - basierend auf ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen - ein mit Blick auf die vorstehend genannte Senatsrechtsprechung von vornherein nur auf eine eingeschränkte Vermittlungsleistung ohne Prüfungs- und Informationspflichten gerichtetes Vertragsangebot unterbreiten wollte, ein solches überhaupt Vertragsbestandteil hätte werden können (vgl. § 305c Abs. 1 BGB) und - falls dies anzunehmen wäre - eine entsprechende Vereinbarung einer Inhaltskontrolle gemäß § 307 Abs. 1 und 2 BGB standhalten würde. Denn ungeachtet ihrer Ankündigung, die Bonität der Emittenten der vorgestellten Anlageprodukte oder deren Mitgliedschaft in einem Einlagensicherungsfonds nicht zu prüfen, hat die Beklagte ihre gegenüber der Klägerin aus einem Auskunftsvertrag (etwaig) bestehende Pflicht zur Information in Bezug auf die hier in Rede stehende Bonität der G. Bank AG als Emittentin der Festgeldanlage hinreichend erfüllt. Eine Pflicht zur Offenlegung unzureichender Kenntnisse infolge mangelhafter Information bestand daher von vornherein nicht.
a) Der Anlagevermittler muss sich nach der vorstehend wiedergegebenen Rechtsprechung des Senats über die Bonität des Emittenten grundsätzlich (nur) informieren. Eine fachkundige Bewertung und Beurteilung dieses für die Anlageentscheidung bedeutsamen Gesichtspunkts schuldet er hingegen nicht (Senat, Urteile vom 21. März 2024 - III ZR 70/23 aaO Rn. 19, III ZR 71/23 aaO Rn. 18 und III ZR 72/23 aaO Rn. 19). Ebenso wie bei der Plausibilitätsprüfung dürfen auch an den Umfang der über die Bonität des Emittenten einzuholenden Informationen keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden, und der damit verbundene Aufwand muss dem Vermittler zumutbar sein (vgl. Senat, Urteile vom 21. März 2024 - III ZR 70/23 aaO Rn. 20, III ZR 71/23 aaO Rn. 19 und III ZR 72/23 aaO Rn. 20 sowie vom 5. März 2009 aaO Rn. 15; Beschluss vom 21. Mai 2008 aaO Rn. 5; jew. zur Plausibilitätsprüfung). Die Grenzen der dem Anlagevermittler obliegenden Pflicht bestimmen sich auch insoweit nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalls, wobei insbesondere die Geschäftserfahrung und der konkrete Kenntnisstand des Anlageinteressenten von Bedeutung sind. Gleiches gilt für die Frage, ob die Pflicht zur Information ausnahmsweise eigene Ermittlungen einschließen kann.
b) Eine Möglichkeit, sich über die Bonität des Emittenten zu informieren, liegt - sofern eine solche existiert - in dem Rückgriff auf dessen aktuelle Bewertung durch eine Rating-Agentur. Solche Agenturen fassen das Ergebnis ihrer Untersuchung der Kreditwürdigkeit von Unternehmen etc. in - meist in einer Buchstabenkombination ausgedrückten - Rating-Codes zusammen, die sich regelmäßig auf einer Skala zwischen "AAA" und "D" bewegen. Mit der Mitteilung eines solchen Ratings lässt der Vermittler jedenfalls einem, wie hier, geschäftserfahrenen Anlageinteressenten im Normalfall eine ausreichende Information zukommen, mit der dieser die Kapitaldienstfähigkeit des Emittenten der in Aussicht genommenen Anlagemöglichkeit sachgerecht beurteilen kann. Die Einschätzung der Rating-Agentur muss der Vermittler grundsätzlich weder einer eigenen Bewertung unterziehen noch muss er weitere Tatsachen ermitteln, die deren Ergebnis stützen oder diesem entgegenstehen. Insbesondere darf er darauf vertrauen, dass die Agenturen den Markt beobachten und aktuelle Entwicklungen - positiver oder negativer Art - in ihre Bewertungen miteinbeziehen. Anderes kommt nur dann in Betracht, wenn sich - wie vorliegend nicht - konkrete Zweifel an der Seriosität der Agentur oder der Richtigkeit beziehungsweise Aktualität ihres Ratings ergeben.
c) Dies zugrunde gelegt, genügte es vorliegend entgegen der Ansicht der Klägerin zu ihrer Information über die Bonität der G.
Bank AG, dass die Beklagte - wie geschehen - im Zusammenhang mit den hier regelmäßig erfolgenden Mitteilungen der jeweils aktuellen Konditionen der angebotenen Festgeldanlagen auch das den Emittenten betreffende - ebenfalls aktuelle - Rating der Streithelferin zu 1 gleich zu Beginn der Übersicht optisch herausgehoben aufführte. In der - unstreitig zugegangenen - E-Mail-Nachricht vom 29. Juli 2020 war insoweit noch ein Rating der G.
Bank AG von A- angegeben, während in den
- ebenfalls unstreitig zugegangenen - E-Mails vom 6. Oktober, 3. und 11. November 2020 das etwas verschlechterte Rating von BBB- (das richtig allerdings BBB+
hätte lauten müssen) beziehungsweise (zutreffend) BBB+ ausgewiesen war. Auf der Grundlage dieser Information war es Sache der Klägerin, vor ihrem hier maß- geblichen Anlageentschluss zu entscheiden, ob sie die G.
Bank AG als Anbieterin der Festgeldanlage für ausreichend kreditwürdig hielt. Jedenfalls von einer Gemeinde und den in ihrer Kämmerei mit der Anlage von Geldern in Millionenhöhe befassten Personen - hier etwa den Zeugen P.
und F.
durfte die Beklagte erwarten, dass sie das jeweilige Rating zur Kenntnis nehmen werden und auch einzuordnen wussten, das heißt ihnen die Rating-Grade und ihre Bedeutung bekannt waren. In Anbetracht der beruflichen Tätigkeit der Zeugen sowie ihrer jedenfalls in gewissem Rahmen vorauszusetzenden Anlageerfahrung und Sachkenntnis war die Beklagte daher auch nicht gehalten, über die Mitteilung der Ratings hinaus deren genaue Bedeutung für das Investment näher zu erläutern. Ebenso wenig musste die Beklagte auf die - ohnehin nur graduelle - Verschlechterung des Ratings aufmerksam machen, zumal das Rating BBB+ immer noch für eine durchschnittlich gute beziehungsweise befriedigende Bonität steht und sich im Bereich des sogenannten "Investmentgrades" bewegt, mithin für den Anleger im Allgemeinen noch als ausreichend sicher anzusehen ist. Etwas anderes ist ohne weitere (vorherige) Eingrenzung des gewünschten Ratings auch nicht mit Blick darauf anzunehmen, dass es sich bei der Klägerin um eine Gemeinde handelt, die Gelder in beträchtlicher Höhe zugunsten ihrer Bürger zu verwalten hat. In der im Anlagezeitraum herrschenden Niedrigzinsphase, in der unter Umständen sogar Negativzinsen gezahlt werden mussten, waren vergleichbare Anlagen vielmehr eine Möglichkeit, zu akzeptablen Konditionen noch einen (geringen) Zinsgewinn zu erwirtschaften. Dass sich in den vorgelegten Unterlagen keine in Bezug auf den Zeichnungstermin der Festgeldanlage am
11. Dezember 2020 aktuellere Auskunft findet, ist mangels Veränderung der Verhältnisse unschädlich.
Ob und inwieweit der Anlagevermittler zusätzlich die Wirtschaftspresse verfolgen und auswerten muss (offengelassen in den Senatsurteilen vom 21. März 2024 - III ZR 70/23 aaO Rn. 24; III ZR 71/23 aaO Rn. 23 und III ZR 72/23 aaO Rn. 24 unter Hinweis auf die den Anlageberater betreffende Rechtsprechung, vgl. Senat, Urteil vom 5. März 2009 - III ZR 302/07, NJW-RR 2009, 687 Rn. 14 f; BGH, Urteile vom 7. Oktober 2008 - XI ZR 89/07, NJW 2008, 3700 Rn. 25 und vom 6. Juli 1993 - XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126, 131) und welche Publikationen er dafür heranzuziehen hat, braucht vorliegend nicht entschieden zu werden. Jedenfalls ergab sich aus den von der Klägerin in Bezug genommenen Artikeln eine falsche Einschätzung des Bonitätsrisikos durch die Streithelferin zu 1 und eine in Betracht zu ziehende Insolvenz der Bank nicht hinreichend deutlich.
Allein der Umstand, dass in verschiedenen Quellen - unter anderem von dem Medienunternehmen Bloomberg und daran anknüpfend weiteren Informationsdiensten - von bloßen (bis dahin folgenlosen) Ermittlungen der BaFin bei der G. Bank AG berichtet wurde, genügte - deren Kenntnis durch die Beklagte unterstellt - nicht, um die Beurteilung der Kapitaldienstfähigkeit der G. Bank AG durch die Rating-Agentur in Frage zu stellen. Dementsprechend hätten diese Veröffentlichungen der Beklagten auch keinen Anlass geben müssen, diesbezüglich weitergehende Informationen einzuholen oder gar davon abzusehen, der Klägerin die Festgeldanlage anzubieten. Zum einen hätte die Beklagte ohne gegenteilige Anhaltspunkte selbst in Ansehung der Ermittlungen der BaFin - die eine eigene Stellungnahme dazu nicht abgegeben hatte - in Bezug auf ein sich aus einer Konzentration von hohen Krediten bei einer bestimmten Unternehmensgruppe beziehungsweise deren Kunden ergebendes Klumpenrisiko davon ausgehen dürfen, dass die Streithelferin zu 1 dies bei ihrer Herabstufung der Bank von A- auf BBB+ berücksichtigt hatte. Zum anderen bestand angesichts der bloßen Überprüfung des Konzentrations- beziehungsweise Klumpenrisikos durch die BaFin (noch) kein Grund, die Bonität der Bank grundsätzlich zu hinterfragen beziehungsweise ihren drohenden Zusammenbruch zu befürchten. Hinweise auf den Ausfall der Hauptschuldner der Bank gab es zum maßgeblichen Zeitpunkt nicht. Ebenso wenig ist vorgetragen oder sonst ersichtlich, dass aus anderen Gründen eine Zahlungsunfähigkeit der G.
Bank AG oder ein sonstiges Insolvenzrisiko drohte. Dass in einzelnen Medien - wiederum unterstellt, die Beklagte hätte diese zur Kenntnis genommen oder nehmen müssen - allein im Hinblick auf eine zu einseitige Investitionspolitik der G.
Bank AG über deren Kapital- und Liquiditätsausstattung und letztlich auch über deren mögliche Insolvenz spekuliert worden war, war ohne dies untermauernde konkrete Tatsachen kein ausreichender Grund, die G.
Bank AG entgegen der Beurteilung der Streithelferin zu 1 als hinreichend boniblen Emittenten auszuschließen.
d) Dass die Klägerin über Anlagerichtlinien, die ihr nur Geschäfte mit Emittenten mit einem Rating der Klasse A erlaubten, verfügte, ist weder dargetan noch sonst ersichtlich. Ebenso wenig gibt es Anhaltspunkte für eine entsprechende Vereinbarung zwischen den Parteien. Der - gelegentlich der Anlagegeschäfte - geäußerte nicht näher konkretisierte Wunsch nach Sicherheit konnte eine solche nicht ersetzen.
III.
Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache zur Endentscheidung reif ist, kann der Senat auf die Berufung der Beklagten das erstinstanzliche Urteil selbst abändern und die Klage abweisen (§ 563 Abs. 3 ZPO).
Herrmann RiBGH Reiter ist wegen Urlaubsabwesenheit verhindert zu unterschreiben Herrmann Böttcher Kessen Herr Vorinstanzen: LG München I, Entscheidung vom 19.08.2022 - 22 O 2477/22 OLG München, Entscheidung vom 07.08.2023 - 3 U 5647/22 - Verkündet am: 19. September 2024 Uytterhaegen, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle