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3 Ni 11/12 (EP)

BUNDESPATENTGERICHT Ni 11/12 (EP) (Aktenzeichen)

…

IM NAMEN DES VOLKES URTEIL Verkündet am

19. November 2013 …

In der Patentnichtigkeitssache BPatG 253 08.05 betreffend das europäische Patent 1 292 281 (DE 501 03 551)

hat der 3. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 19. November 2013 unter Mitwirkung des Richters Guth als Vorsitzenden, des Richters Dipl.-Chem. Dr. Gerster, der Richterinnen Dipl.-Chem. Dr. Münzberg und Dr. Hoppe sowie des Richters Dipl.-Chem. Dr. Jäger für Recht erkannt:

I. Das europäische Patent 1 292 281 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland dadurch teilweise für nichtig erklärt, dass seine Patentansprüche folgende Fassung erhalten:

1. Verfahren zur Herstellung eines Inhalationspulvers enthaltend 0,04 bis 0,8 % Gew. Tiotropium im Gemisch mit einem physiologisch unbedenklichen Hilfsstoff, dadurch gekennzeichnet, dass der Hilfsstoff aus einem Gemisch von gröberem Hilfsstoff mit einer mittleren Teilchengröße von 15 bis 80 μm und feinerem Hilfsstoff mit einer mittleren Teilchengröße von 1 bis 9 μm besteht, wobei der Anteil von feinerem Hilfsstoff an der Gesamthilfsstoffmenge 3 bis 10 % Gew. beträgt, und dass die gröberen Hilfsstoffanteile mit den feineren Hilfsstoffanteilen gemischt werden und anschließend das so erhaltene Hilfsstoffgemisch mit dem Tiotropium gemischt wird, wobei der gröbere und der feinere Hilfsstoffanteil abwechselnd schichtweise eingesiebt werden und anschließend das erhaltene Hilfsstoffgemisch und das Tiotropium abwechselnd schichtweise eingesiebt werden. 2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass das Tiotropium in Form seines Chlorids, Bromids, lodids, Methansulfonats, para-Toluolsulfonats oder Methylsulfats vorliegt.

3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass das Inhalationspulver zwischen 0,048 und 0,96 % Gew. Tiotropiumbromid enthält.

4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1, 2 oder 3, dadurch gekennzeichnet, dass das Inhalationspulver zwischen 0,05 und 1 % Gew. Tiotropiumbromid-monohydrat enthält.

5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1, 2, 3 oder 4, dadurch gekennzeichnet, dass der Hilfsstoff aus einem Gemisch von gröberem Hilfsstoff mit einer mittleren Teilchengröße von 17 bis 50 μm und feinerem Hilfsstoff mit einer mittleren Teilchengröße von 2 bis 8 μm besteht.

6. Verfahren nach einem der Ansprüche 1, 2, 3, 4 oder 5, dadurch gekennzeichnet, dass das eingesetzte Tiotropium-Salz eine mittlere Teilchengröße von 0,5 bis 10 μm aufweist.

7. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, dass als Hilfsstoffe Monosaccharide, Disaccharide, Oligo- und Polysaccharide, Polyalkohole, Salze oder Mischungen dieser Hilfsstoffe miteinander Verwendung finden.

8. Verfahren nach Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet, dass als Hilfsstoffe Glucose, Arabinose, Lactose, Saccharose, Maltose, Dextrane, Sorbit, Mannit, Xylit, Natriumchlorid, Calciumcarbonat oder Mischungen dieser Hilfsstoffe miteinander Verwendung finden.

9. Verfahren nach Anspruch 8, dadurch gekennzeichnet, dass als Hilfsstoffe Glucose oder Lactose oder Mischungen dieser Hilfsstoffe miteinander Verwendung finden.“

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 1/5 und die Beklagte 4/5.

III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des am 28. September 2001 beim europäischen Patentamt angemeldeten, die Priorität der deutschen Anmeldung DE 10050635 vom 12. Oktober 2000 in Anspruch nehmenden mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 1 292 281 (Streitpatent), das vom Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nummer 501 03 551 geführt wird. Das Streitpatent, das mit einem Hauptantrag und einem Hilfsantrag beschränkt verteidigt wird, betrifft „Neue Tiotropium-haltige Inhalationspulver“ und umfasst in der erteilten Fassung 15 Patentansprüche.

Die nebengeordneten Patentansprüche 1, und 11 bis 14 lauten in der erteilten Fassung:

„1. Inhalationspulver enthaltend 0,04 bis 0,8 % Gew. Tiotropium im Gemisch mit einem physiologisch unbedenklichen Hilfsstoff, dadurch gekennzeichnet, dass der Hilfsstoff aus einem Gemisch von gröberem Hilfsstoff mit einer mittleren Teilchengröße von 15 bis 80 µm und feinerem Hilfsstoff mit einer mittleren Teilchengröße von 1 bis 9 µm besteht, wobei der Anteil von feinerem Hilfsstoff an der Gesamthilfsstoffmenge 3 bis 15 % Gew. beträgt.

11. Verfahren zur Herstellung der Inhalationspulver nach einem der Ansprüche 1 bis 10, dadurch gekennzeichnet, dass in einem ersten Schritt die gröberen Hilfsstoffanteile mit den feineren Hilfsstoffanteilen gemischt werden und in einem anschließenden Schritt das so erhaltene Hilfsstoffgemisch mit dem Tiotropium-Salz gemischt wird.

12. Verwendung eines Inhalationspulvers nach einem der Ansprüche 1 bis 10 zur Herstellung eines Arzneimittels zur Behandlung von Asthma oder COPD.

13. Verwendung eines Inhalationspulvers nach einem der Ansprüche 1 bis 10 zur Herstellung einer Kapsel (Inhalette).

14. Kapsel, gekennzeichnet durch eine Füllmenge von 3 bis 10 mg an Inhalationspulver gemäß einem der Ansprüche 1 bis 10.“

Hinsichtlich des Wortlauts der unmittelbar oder mittelbar auf den Patentanspruch 1 rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 10 und des auf den Patentanspruch 14 rückbezogenen Patentanspruchs 15 wird auf die Patentschrift verwiesen.

Die Klägerin macht den Nichtigkeitsgrund der mangelnden Patentfähigkeit - insbesondere fehlender erfinderischer Tätigkeit - geltend und stützt ihr Vorbringen auf folgende Entgegenhaltungen:

HBP 1 EP 1 292 281 B1 (Streitpatent)

HBP 1A WO 02/30389 (ursprüngliche Anmeldung)

HBP 2 WO 00/47200 A1 HBP 3 HBP 4 WO 93/11746 A1 Maesen et. al., Eur.Respir. J., 1995, 8, 1506 – 1513 HBP 5 WO 00/69468 A1 HBP 6 US 3 957 965 A HBP 7 Lucas et. al., Respiratory Drug Delivery VI, 1998,

S. 243 bis 249 HBP 8 Zeng et. al., Thorax, 1996, 51, Suppl. 3, P195 HBP 9 Lucas et. al., Pharm Res. 1998, 15, 4, S. 562 bis 569 HBP 10 WO 00/28979 A1 HBP 11 Larhrib et. al., The use of different grades of lactose as a carrier for aerolised salbutamol sulphate, Int. Journal of Pharmaceutics 1999, 191, S. 1-14 HBP 12 Zeng et. al., The influence of carrier morphology on drug delivery by dry powder inhalers, Int. Journal of Pharmaceutics, 2000, 200, S. 93-106 HBP 13 Zeng et. al., The role of fine particle lactose on dispersion and deaggregation of salbutamol sulphate in an air stream in vitro, Int. Journal of Pharmaceutics, 1998,

176, S. 99-110 HBP 14 HBP 15 HBP 16 HBP 17 HBP 18 HPB 19 HBP 20 HBP 21 HBP 22 HBP 23 Zeng et. al., Effects of particle size and adding sequence of fine lactose on the deposition of salbutamol sulphate from a dry powder formulation, Int. Journal of Pharmaceutics, 1999, 182, S. 133-144 List, Arzneiformenlehre, Wiss., Verlagsgesellschaft mbH Stuttgart, 1985, 4. Auflage, S. 109-114 Bennett et. al., Modification of electrostatic charge on inhaled carrier lactose particles by addition of fine particles, Drug Development and Industrial Pharmacy, 1999, 25(1), S. 99-103 Zeng et. al., Effects of mixing procedure and particles size distribution of carrier particles on the deposition of salbutamol sulphate from dry powder inhaler formulations, The Aerosol Society, Drug Delivery to the Lungs VII, 1996, S. 40 – 43 Tabellarische Übersicht über Anspruch 1 in den Fassungen der verschiedenen Anträge (3 Ni 11/12 (EP)) Voigt/Fahr, Pharmazeutische Technologie, 9. Aufl., Deutscher Apotheker Verlag Stuttgart 2000, S. 8/9 Schreiben Technische Informationsbibliothek Hannover v. 5. November 2013 betreffend den Nachweis zum Veröffentlichungsdatum von HBP 19 Wang und Fan, Chemical Engineering, 27. Mai 1974, S. 88-94 Carley-Macauly und Donald, Chemical Engineering Science, 1964, 19, S. 191-199 Remington’s Pharmaceutical Sciences, Philadelphia College of Pharmacy and Science, 18. Auflage 1990, S. 1627-1629.

Die Klägerin trägt vor, in Patentanspruch 1 gemäß neuem Hauptantrag und Hilfsantrag sei unklar, ob die Mengenbegrenzung für die feineren Hilfsstoffpartikel erfüllt sei oder nicht, da durch die Angaben der mittleren Teilchengrößen für die beiden Bestandteile des Hilfsstoffgemischs die Partikelfraktionen jeweils auch Anteile an gröberen und feineren Partikeln enthielten. Auch die Abfolge der Mischschritte lasse sich dem Streitpatent nicht klar entnehmen.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag und Hilfsantrag beruhe nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Die Verwendung von Tiotropium als Teil eines Gemisches aus feinerem und gröberem Hilfsstoff sei im Stand der Technik bekannt gewesen. Ausgehend von HBP10 sei das Verfahren durch die allgemeinen Erkenntnisse über schichtweises Beschicken von Mischern gemäß HBP21 und HBP22 nahegelegt. Auch ausgehend von HBP7 bzw. HBP16 sei der Gegenstand des Anspruchs 1 in Zusammenschau mit HBP10 nahelegt. Die Anzahl der Partikelschichten und die Reihenfolge des Mischens seien weitgehend willkürlich gewählt und könnten zur erfinderischen Tätigkeit nicht beitragen. Der zum Beleg der erfinderischen Tätigkeit vorgelegte Versuchsbericht HE-3 lasse die Angabe wesentlicher Parameter vermissen und enthalte keine nachvollziehbaren Ergebnisse.

Die Klägerin stellt den Antrag,

das europäische Patent 1 292 281 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklären.

Die Beklagte stellt den Antrag,

die Klage mit der Maßgabe abzuweisen, dass das Streitpatent die Fassung des Hauptantrags, hilfsweise des Hilfsantrags, sämtliche gemäß Schriftsatz vom 15. November 2013 erhält.

Die Patentanspruch 1 gemäß neuem Hauptantrag entspricht dem Verfahrensanspruch gemäß Patentanspruch 11 der erteilten Fassung in seinem Rückbezug auf den erteilten Patentanspruch 1 mit den Unterschieden, dass der Anteil des feineren Hilfsstoffes des Inhalationspulvers an der Gesamthilfsstoffmenge 3 bis 10 Gew.-% beträgt und das so erhaltene Hilfsstoffgemisch mit dem Tiotropium gemischt wird, wobei der gröbere und der feinere Hilfsstoffanteil abwechselnd schichtweise eingesiebt werden und anschließend das erhaltene Hilfsstoffgemisch und das Tiotropium abwechselnd schichtweise eingesiebt werden.

Hinsichtlich der auf Patentanspruch 1 rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 9 wird auf Ziffer I. des Urteilstenors Bezug genommen.

Gemäß Patentanspruch 1 nach dem Hilfsantrag erfolgt das Einsieben abwechselnd in 15 bis 45 Schichten, das erhaltene Hilfsstoffgemisch und das Tiotropium werden anschließend schichtweise eingesiebt und das Einsieben erfolgt abwechselnd in je 25 bis 65 Schichten.

Die Beklagte stützt sich auf folgende Druckschriften HE-1 HE-2 HE-3 HE-4 Declaration of Karoline Bechtold-Peters under 37 C.F.R. § 1.132, filed: 11. Oktober 2001 Boeringer Ingelheim, Oct. 2013, Ergänzende Versuchsdaten Case 1-1149-EP: Einfluss des Anteils feinteiliger Lactose auf die aerodynamischen Eigenschaften Tiotropiumhaltiger Inhalationspulver Boeringer Ingelheim, Oct. 2013, Experimental Report Case 1-1149-EP: Influence oft the number of layers drug substance / carrier for the powder mixing process on the content uniformity of tiotropium / lactose powder mixtures Illustration zu HBP21 und tritt dem Vorbringen der Klägerin in allen Punkten entgegen.

Der Bezug der Mengenangabe für die feineren Hilfsstoffpartikel sei aus der Beschreibung klar ableitbar, und die Schrittfolge des Verfahrens im Patentanspruch eindeutig vorgegeben.

Es gebe für den Fachmann keine Veranlassung, die von der Klägerin genannten Entgegenhaltungen für die Lösung der patentgemäßen Aufgabe heranzuziehen, denn diese bezögen sich auf gänzlich andere technische Zusammenhänge, nicht vergleichbare Mischverfahren oder beträfen nicht Tiotropium.

Die Versuche gemäß HE-3 und die im Schriftsatz vom 9. Oktober 2013 enthaltene Grafik zeigten eindeutig, dass Inhalationspulver, die mittels eines Schichtsiebverfahrens erhalten wurden, bezüglich der Gleichförmigkeit des Wirkstoffgehalts deutlich homogener sind als vergleichbare Mischungen, die ohne das schichtweise Einsieben von Hilfsstoff und Wirkstoff erhalten wurden. Je mehr Wirkstoff- und Hilfsstoffschichten eingesiebt worden seien, desto ausgeprägter sei dieser Effekt, der sich auch bei sehr intensiver Durchmischung fortsetze.

Beide Parteien regen an, Sachverständigengutachten über Fragen der chemischen Eigenschaften von Inhalationskapseln, deren Zusammensetzung, Wirkstoffe und Hilfsstoffe einzuholen.

Entscheidungsgründe I.

Die auf den Nichtigkeitsgrund der mangelnden Patentfähigkeit (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG i. V. m. Art. 138 Abs. 1 lit. a EPÜ) gestützte Klage ist zulässig.

Soweit das Streitpatent im Wege der zulässigen Selbstbeschränkung nicht mehr verteidigt wird, war es mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland ohne Sachprüfung für nichtig zu erklären (zur st. Rspr. im Nichtigkeitsverfahren vgl. z. B. BGH GRUR 2007, 404, 405 - Carvedilol II; Busse/Keukenschrijver, PatG, 7. Aufl., § 82 Rdn. 90 m. w. Nachw.; Schulte/Voit, PatG, 9. Aufl., § 81 Rdn. 128).

Im Übrigen hat die Klage jedoch keinen Erfolg.

1. Das Streitpatent betrifft ein Verfahren zur Herstellung Tiotropium enthaltender pulverförmiger Zubereitungen für die Inhalation, (HBP1 vgl. Abs. [0001]).

Tiotropium und seine Struktur sind bekannt. Es stellt ein hoch wirksames Anticholinergikum mit langanhaltender Wirkdauer dar, welches zur Therapie von Atemwegserkrankungen, insbesondere von COPD (chronic obstructive pulmonary diesease = chronisch obstruktive Lungenerkrankung) und Astma Verwendung finden kann. Unter Tiotropium ist das freie Ammoniumkation zu verstehen. Bei der Behandlung vorstehender Erkrankungen bietet sich die inhalative Applikation des Wirkstoffs an. Dabei kommt der inhalativen Applikation dieser Arzneistoffe in Form von wirkstoffhaltigen Pulvern besondere Bedeutung zu. Bei Wirkstoffen, die eine besonders hohe Wirksamkeit aufweisen, sind pro Einzeldosis zur Erzielung des therapeutisch erwünschten Effekts nur geringe Mengen des Wirkstoffs erforderlich. In solchen Fällen ist es notwendig zur Herstellung des Inhalationspulvers den Wirkstoff mit geeigneten Hilfsstoffen zu verdünnen. Aufgrund des hohen Anteils an Hilfsstoff werden die Eigenschaften des Inhalationspulvers maßgeblich durch die Wahl des Hilfsstoffs beeinflusst, wobei dessen Korngröße eine besondere Bedeutung zukommt. Je feiner der Hilfsstoff desto schlechter sind in der Regel dessen Fließeigenschaften. Gute Fließeigenschaften sind jedoch Voraussetzung für eine hohe Dosiergenauigkeit bei der Abfüllung und Abteilung der einzelnen Präparatedosen, wie etwa bei der Herstellung von Kapseln (Inhaletten) zur Pulverinhalation oder der Dosierung eines Einzelhubes durch den Patienten vor der Anwendung eines Mehrdosisinhalators. Des Weiteren ist die Korngröße von großer Bedeutung für das Entleerungsverhalten von Kapseln in einem Inhalator bei der Anwendung und hat starken Einfluss auf den inhalierbar ausgebrachten Wirkstoffanteil des Inhalationspulvers. Unter inhalierbarem Wirkstoffanteil werden die Teilchen verstanden, die beim Inhalieren mit der Atemluft tief in die Verästelungen der Lunge transportiert werden. Die hierzu erforderliche Teilchengröße liegt zwischen 1 und 10 µm, vorzugsweise unter 6 µm (HBP1 Abs. [0002] bis [0006]).

2. Ausgehend von diesem Stand der Technik ist es Aufgabe des Streitpatents, ein Verfahren zur Herstellung eines Tiotropium-haltigen Inhalationspulver anzugeben, welches die Applikation des Wirkstoffs mit hohem inhalierfähigem Anteil bei guter Dosiergenauigkeit und geringer chargenweisen Variabilität erlaubt, und gutes Entleerungsverhalten mittels eines Inhalators, Impaktors oder Impingers gewährleistet, sowie durch ein hohes Maß an Homogenität und Gleichförmigkeit der Dispergierbarkeit gekennzeichnet ist (HBP1 Abs. [0007] und [0011]).

3. Diese Aufgabe wird durch das Verfahren zur Herstellung des Inhalationspulvers gemäß den Patentansprüchen 1 bis 9 des Hauptantrags gelöst.

Der Patentanspruch 1 weist folgende Merkmale auf:

1.1 1.2 1.3

1.3.1

1.3.2

1.3.3

1.4.1 Verfahren zur Herstellung eines Inhalationspulvers enthaltend 0,04-0,8 Gew.% Tiotropium im Gemisch mit einem physiologisch unbedenklichen Hilfsstoff, dadurch gekennzeichnet, dass der Hilfsstoff aus einem Gemisch von gröberem Hilfsstoff mit einer mittleren Teilchengröße von 15 bis 80 µm und feinerem Hilfsstoff mit einer mittleren Teilchengröße von 1 bis 9 µm besteht, wobei der Anteil von feinerem Hilfsstoff an der Gesamthilfsstoffmenge 3 bis 10 Gew.% beträgt, und dass die gröberen Hilfsstoffanteile mit den feineren Hilfsstoffanteilen gemischt werden und

1.4.2 1.5.1 1.5.2 anschließend das so erhaltene Hilfsstoffgemisch mit dem Tiotropium gemischt wird, wobei der gröbere und der feinere Hilfsstoffanteil abwechselnd schichtweise eingesiebt werden und anschließend das erhaltene Hilfsstoffgemisch und das Tiotropium abwechselnd schichtweise eingesiebt werden.

4. Zuständiger Fachmann ist ein promovierter Apotheker oder Chemiker im Bereich der pharmazeutischen Technologie (Galeniker) mit mehrjähriger Erfahrung in der Entwicklung von pharmazeutischen Formulierungen, insbesondere von geeigneten Darreichungsformen von Arzneimitteln für die Inhalationstherapie, der sich für eventuell auftretende medizinische Fragestellungen bei einem Mediziner informiert (vgl. BGH GRUR 2012, 482 – Pfeffersäckchen). Die von der Beklagten schriftsätzlich vertretene Auffassung, dass als Fachmann ausschließlich eine Einzelperson in Frage käme, kann daher vorliegend nicht durchgreifen.

5. Der Senat hatte keine Veranlassung, entsprechend der Anregung der Parteien ein Sachverständigengutachten über Fragen der chemischen Eigenschaften von Inhalationskapseln, deren Zusammensetzung, Wirkstoffe und Hilfsstoffe einzuholen, da die von den Parteien für beweiserheblich gehaltenen Fragen in erster Linie rechtliche Bewertungen betreffen und die Mitglieder des Senats außerdem fachkundig sind (vgl. dazu Thomas-Putzo, ZPO, 33. Aufl., § 402 Vorbem. Rn. 3; Schulte/Voit, Patentgesetz, 9. Aufl. § 81, Rn. 157; Benkard, Patentgesetz, 10. Aufl., § 88 Rn. 6; § 139, Rn. 125).

6. Die Anspruchsfassung gemäß Hauptantrag ist aus den erteilten und ursprünglichen Unterlagen ableitbar. Der Anspruch 1 basiert auf den erteilten Ansprüchen 1, 6 und 11 i. V. m. den Ansätzen [0027], [0028], [0049] und [0052] der Streitpatentschrift und geht auf die ursprünglichen Ansprüche 1 und 11 sowie S. 4 Z. 4 bis 5, S. 6 Z. 5 bis 7, 17 bis 18, 32 bis 36, S. 12 Z. 21 bis 26 und S. 12 Z. 38 bis S. 13 Z. 1 der Erstunterlagen (HBP1A) zurück. Die Ansprüche 2 bis 9 entsprechen den erteilten und ursprünglichen Ansprüchen 2 bis 5 und 7 bis 10.

7. Die gemäß Hauptantrag verteidigte Fassung der Patentansprüche genügt den auch bei der Formulierung beschränkter Patentansprüche im Patentnichtigkeitsverfahren zu beachtenden Anforderungen des Art. 84 EPÜ (BGH GRUR 2010, 709 Rn. 55 – Proxyserversystem).

Die anspruchsgemäße Angabe von 3 bis 10 Gewichtsprozent für den Anteil von feinerem Hilfsstoff an der Gesamthilfsstoffmenge bezieht sich auf die Menge, die zugemischt werden muss, wie es auch der Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung gemäß Protokoll ausgeführt hat. Dies lässt sich, sofern der Wortlaut des Merkmals 1.3.3 überhaupt Anlass für eine Unklarheit bietet, den auf dieses Merkmal bezogenen Ausführungen in der Beschreibung des Streitpatents entnehmen. Demnach ist unter einem Gemisch stets eine Mischung zu verstehen, die durch Mischen zuvor klar definierter Komponenten erhalten wurde. Entsprechend sind als Hilfsstoffgemisch aus gröberen und feineren Hilfsstoffanteilen nur solche Gemische zu verstehen, die durch Mischen einer gröberen Hilfsstoffkomponente mit einer feineren Hilfsstoffkomponente erhalten wurden (vgl. Streitpatent HBP1 Abs. [0018]). Der Anteil an feinerem Hilfsstoff bezieht sich folglich auf den zugemischten Hilfsstoffanteil. Dies wird auch im Ausführungsbeispiel 1 so angegeben, bei dem der Anteil der feineren Hilfsstoffkomponente der zugemischten Menge an feiner Hilfsstoffkomponente im Gemisch mit der gröberen Hilfsstoffkomponente entspricht (HBP1 Abs. [0048]). Eine Unklarheit, da durch die Angaben der mittleren Teilchengrößen für die beiden Bestandteile des Hilfsstoffgemischs die Partikelfraktionen jeweils auch Anteile an gröberen und feineren Partikeln enthielten, wie die Klägerin vorträgt, besteht daher nicht.

Auch die Abfolge der Mischschritte ist im Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag im Gegensatz zur Auffassung der Klägerin zweifelsfrei angegeben. Denn nach den Merkmalen 1.4.1, 1.4.2, 1.5.1 und 1.5.2 wird unmissverständlich zuerst ein Hilfsstoffgemisch durch Mischen der gröberen Hilfsstoffanteile mit den feineren Hilfsstoffanteilen gemischt, wobei der gröbere Hilfsstoffanteil und der feinere Hilfsstoffanteil abwechselnd schichtweise eingesiebt werden, und anschließend dieses Hilfsstoffgemisch mit dem Tiotropium gemischt wird, wobei das so erhaltene Hilfs- stoffgemisch und das Tiotropium abwechselnd schichtweise eingesiebt werden. Diese Abfolge der Mischschritte geht auch aus der Beschreibung des Streitpatents hervor und wird durch das Ausführungsbeispiel 1 belegt (vgl. HBP1 Abs. [0027, 0028, 0049 und 0052]).

8. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag ist neu.

In keiner der entgegengehaltenen Druckschriften ist ein Verfahren zur Herstellung eines Inhalationspulvers enthaltend 0,04 bis 0,8 Gew.-% Tiotropium im Gemisch mit einem Hilfsstoff beschrieben, bei dem ein Hilfsstoffgemisch aus gröberem und feinerem Hilfsstoff durch Mischen hergestellt wird, wobei die Komponenten abwechselnd schichtweise eingesiebt werden, und anschließend das so erhaltene Hilfsstoffgemisch mit dem Tiotropium gemischt wird, wobei das Hilfsstoffgemisch und das Tiotropium abwechselnd schichtweise eingesiebt werden. Lediglich aus HBP10 ist ein Verfahren zum Herstellen eines Inhalationspulvers enthaltend Tiotropium und einen Hilfsstoff bekannt, bei dem eine Vormischung mit dem Hilfsstoff aus gesiebten Komponenten (Laktose, Magnesiumstearat) in einem Taumelmischer gemischt wird und anschließend die Vormischung und das Tiotropium gesiebt und gemischt werden (HBP10, S. 27, Beispiel 6). Die weiteren Ausführungen in HBP10 betreffen nicht die Herstellung von Inhalationspulvern enthaltend Tiotropium und beschreiben auch nicht im Allgemeinen das abwechselnd schichtweise Einsieben von Hilfsstoffen zu einem Hilfsstoffgemisch und das abwechselnd schichtweise Einsieben eines so erhaltenen Hilfsstoffgemischs und einem Wirkstoff. Aus HBP4 sind lediglich Kapseln mit Tiotropium und Laktose als Hilfsstoff bekannt (Abstract Abs. 2, S. 1508 li. Sp. Abs. 3). Die weiteren in der mündlichen Verhandlung zur Beurteilung der Patentfähigkeit herangezogenen Druckschriften (HBP7, HBP9, HBP16, HBP19, HBP21 und HBP22) betreffen keine Verfahren zur Herstellung eines Inhalationspulvers enthaltend Tiotropium im Gemisch mit einem Hilfsstoff. Die restlichen dem Senat vorliegenden und in den Schriftsätzen diskutierten Entgegenhaltungen wurden in der mündlichen Verhandlung nicht mehr in Betracht gezogen. Sie können die Neuheit des Verfahrens gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags gleichfalls nicht in Frage stellen.

9. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Zur Lösung der Aufgabe geht der Fachmann von bekannten Verfahren zur Herstellung von Inhalationspulvern enthaltend Tiotropium im Gemisch mit einem Hilfsstoff aus. Aus HBP10 ist ein solches Verfahren bekannt, bei dem eine Vormischung mit einem Hilfsstoff aus gesiebten Komponenten (Laktose, Magnesiumstearat) in einem Taumelmischer gemischt wird und anschließend die Vormischung und das Tiotropium gesiebt und gemischt werden. Es wird eine Inhalationspulvermischung mit einer hinreichend gleichmäßigen über einen längeren Zeitraum stabilen Menge an Tiotropium in feinen inhalierbaren Partikeln erhalten, die anhand der Feinpartikeldosis (FPD) und des Feinpartikelanteils (FPF) bezogen an abgegebenem Wirkstoff bestimmt wird (HBP10, S. 27, Beispiel 6 i. V. m. S. 4 Z. 7 bis 15). Dies wird in HBP10 dem Zusatz von Magnesiumstearat zugeschrieben, der bei feuchtigkeitsempfindlichen Wirkstoffen wie Tiotropium eine gute Dosiergenauigkeit, Fließfähigkeit und Homogenität des Pulvers bei einem hohen inhalierfähigen Anteil des Pulvers gewährleistet (S. 1 Abs. 2, S. 8 Z. 30 bis S. 9 Z. 4, S. 15 Abs. 1 i. V. m. S. 9 Abs. 3 und S. 27 Z. 18 bis S. 28 Z. 5). Beim Beispiel 6 der HBP10 wird bereits die gemäß HBP10 bevorzugte Herstellungsvariante der Inhalationspulver befolgt, nach der zunächst eine Vormischung von Magnesiumstearat mit dem Träger (Laktose) hergestellt wird und dann die Wirkstoffpartikel zugemischt werden. Grundsätzlich können nach HBP10 nämlich die Bestandteile in beliebiger Reihenfolge miteinander gemischt werden, wobei aber die Vermischung zweckmäßigerweise so erfolgen sollte, dass die Partikel der Bestandteile im Wesentlichen als solche erhalten bleiben (S. 18 Abs. 1). Hinweise oder Anregungen entsprechend den Merkmalen 1.5.1 und 1.5.2 des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag zu verfahren und zunächst den gröberen und den feineren Hilfsstoffanteil abwechselnd schichtweise einzusieben und dann das so erhaltene Hilfsstoffgemisch und das Tiotropium wiederum abwechselnd schichtweise einzusieben, können daher HBP10 nicht entnommen werden.

Der weitere Stand der Technik kann den Fachmann nicht dazu anregen, das Verfahren zur Herstellung eines Inhalationspulvers gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags bereitzustellen, bei dem gemäß den Merkmalen 1.5.1 bis 1.5.2 der gröbere Hilfsstoffanteil und der feinere Hilfsstoffanteil abwechselnd schichtweise eingesiebt werden und dann dieses Hilfsstoffgemisch und das Tiotropium abwechselnd schichtweise eingesiebt werden. Dies gilt auch ausgehend von einem Stand der Technik, der Verfahren zur Herstellung von Inhalationspulvern betrifft, die kein Tiotropium als Wirkstoff enthalten (vgl. BGH GRUR 2009, 1039 – Fischbissanzeiger). Aus HBP7, HBP9 und HBP16 sind jeweils Verfahren zur Herstellung von Inhalationspulvern bekannt, bei denen einem Wirkstoff Hilfsstoffe mit einem Anteil an feinerem Hilfsstoff zugemischt werden. Bei HBP7 werden Inhalationspulver durch turbulentes Mischen von 2 Gew.-% Bovine Serum Albumin (BSA)-Maltodextrin eines Volumen Mediandurchmessers (VDM) von 2,1 µm oder Salbutamolsulfat (VDM = 2,2 µm) als Wirkstoffen mit einer Vormischung aus gröberer Laktose (6390 µm) und feinteiliger Laktose (VMD = 5,4 µm) in einem Taumelmischer hergestellt. Dabei ergibt sich für alle Versuche mit unterschiedlichen Anteilen an feinteiliger Laktose ein Variationskoeffizient des Wirkstoffgehalts der Proben von <5%, was eine zufriedenstellende Mischung kennzeichnet (vgl. S. 244, II. - Materials and Methods, Abs. 1 und 2). Der Feinpartikelanteil (FPF) der Pulverformulierungen steigt dabei von 40,3 % bei Zusatz von 2,5 Gew.-% feinteilige Laktose auf 49,8 % bei Zusatz von 10 Gew.% feinteiliger Laktose als Hilfsstoff an, wobei der FPF bei einer Erhöhung des Anteils an feinteiliger Laktose von 5 auf 10 Gew.% nur geringfügig ansteigt (vgl. S. 245 Abs. 2 i. V. m. Tabelle 1). Auch HBP9, eine Veröffentlichung der Autoren der HBP7, ergibt das gleiche Bild. Die Tabelle 1 der HBP7 entspricht dabei der Tabelle II der HBP9 auf S. 565, wobei darauf hingewiesen wird, dass eine Steigerung des Anteils an feinteiliger Laktose von 7,5 auf 10 Gew.-% die FPF nicht zusätzlich erhöht (S. 565 li. Sp. Abs. 2). BSA-Maltodextrin wird hier ebenfalls turbulent in einem Taumelmischer mit grob- und feinteiliger Laktose gemischt, wobei eine Vormischung nach Sieben zur Entfernung von Agglomeraten im Taumelmischer nachgemischt wird. Die Homogenität ausgedrückt als Variationskoeffizient des Wirkstoffgehalts der Proben ist ebenfalls kleiner als Gew.%. Auch hier werden die Pulvermischungen als zufriedenstellend gemischt betrachtet (vgl. S. 563 re. Sp. Abs. 3 bis 4).

HBP16 beschreibt ein Verfahren zur Herstellung eines Inhalationspulvers, bei dem gleich HBP7 und HBP9 Hilfsstoffmischungen von gröberer Laktose und 5 bis 30 Gew.-% feinteiliger Laktose einer Teilchengröße <10 µm in einem Taumelmischer bei 30 Umdrehungen pro Minute 5 bis 90 Minuten gemischt werden. Dabei wird besonderer Wert auf die Optimierung der Mischzeit gelegt und eine Mischung als adäquat erachtet, wenn der prozentuale Gehalt an feinen Partikeln ± 0,5 % des erwarteten Wertes beträgt und der Variationskoeffizient der Proben <5 % beträgt (vgl. S. 100 re. Sp. Abs. 2 i. V. m. S. 101 re. Sp. Abs. 2 und Tabelle 3 auf S. 102).

Ein Mischverfahren gemäß den Merkmalen 1.5.1 und 1.5.2 des Anspruchs 1 des Hauptantrags wird in HBP7, HBP9 und HBP16 damit weder vorbeschrieben noch nahegelegt. Im Gegenteil fehlt die Veranlassung auch in Zusammenschau mit HBP10 ein verbessertes oder zumindest weiteres Mischverfahren in Betracht zu ziehen, nachdem in HBP7, HBP9 und HBP16 die Pulvermischungen bereits als zufriedenstellend gemischt betrachtet werden.

Auch aus den in HBP21 und HBP22 beschriebenen allgemeinen Erkenntnissen über das Mischen in Taumelmischern kann der Fachmann kein Vorbild für die Merkmale 1.5.1 und 1.5.2 des Anspruchs 1 des Hauptantrags ableiten, das ihn veranlassen könnte, das Verfahren gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags in Zusammenschau mit HBP10 bereitzustellen. In HBP21 sind mehrere Möglichkeiten zur Befüllung eines Taumelmischers beschrieben, wobei im Rahmen des „Scaling up“ von Taumelmischern vom Prototyp zum großtechnischen Mischer auch ein schichtweises Befüllen des Mischers hervorgehoben wird (S. 89 Fig. 1). Dabei erschöpfen sich aber die Angaben im Wesentlichen dahingehend, dass zwei Schichten verschieden gefärbten Sandes in einen Taumelmischer eingefüllt werden und angegeben wird, dass die Mischzeit im Mischer von der effektiven Länge des Mischers abhängt (S. 90 Abs. 1 und 2). Auch sind die in HBP21 gewonnenen Erkenntnisse nur auf das „Scaling up“ von sich nicht segregierenden Teilchen an- wendbar (S. 92 re. Sp. Abs. 3). In HBP22 wird ein schichtweises Befüllen von Taumelmischern beschrieben. Dabei werden sogar drei Komponenten verschiedener Sande oder Glaskügelchen schichtweise eingefüllt. Von einem Mischen durch abwechselnd schichtweises Einsieben zuerst von zwei Komponenten und dann abwechselnd schichtweises Einsieben der Mischung aus den zwei Komponenten und der dritten Komponente ist in HBP22 nicht die Rede (S. 192 Fig. 1 und 2 i. V. m. li. Sp. Abs. 2 bis S. 193 li. Sp.). Darüber hinaus weisen die Komponenten der HBP22 im Gegensatz zu den gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags zu mischenden Teilchen nur geringfügig unterschiedliche Teilchengrößen auf (S. 192, Tabelle 1). In HBP19 werden Mischvorgänge allgemein beschrieben. Demnach beeinflussen Korngröße, -form und Korngrößenverteilung sowie Konzentration und Fließverhalten im besonderen Maße den Mischeffekt (S. 8 re. Sp. Abs. 4), sodass grundsätzlich eine Übertragbarkeit der in HBP22 gewonnenen Erkenntnisse mit Teilchen annähernd gleicher Größe auf die Inhalationspulver gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags nicht ohne Weiteres möglich ist. Die weiteren dem Senat vorliegenden und in den Schriftsätzen diskutierten Entgegenhaltungen wurden in der mündlichen Verhandlung nicht mehr in Betracht gezogen. Sie liegen vom Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Hauptantrags noch weiter entfernt und können den Fachmann ebenfalls nicht zur patentgemäßen Lösung der technischen Aufgabe anregen.

Das Verfahren gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags steht auch im Gegensatz zur Auffassung der Klägerin in Zusammenhang mit den Eigenschaften des durch dieser Verfahren erhaltenen Produkts und zeigt einen technischen Effekt insbesondere bezüglich der Homogenität des Inhalationspulvers. Denn der Versuchsbericht der Beklagten HE3 zeigt zumindest, obwohl nicht alle Parameter der Versuchsreihe - insbesondere die eingesetzte Menge an Pulver - angegeben sind, dass mit steigender Anzahl von Schichten, die in den Mischer gesiebt werden, die relative Standardabweichung des Wirkstoffgehalts abnimmt und damit die Gleichförmigkeit des Wirkstoffgehalts deutlich homogener ist als bei vergleichbaren Mischungen ohne abwechselnd schichtweises Einsieben (HE3, S. 2 Results und Schriftsatz der Beklagten vom 9. Oktober 2013 S. 8 le. Abs. bis S. 9 Abs. 2 mit Graphik auf S. 9).

Die von Klägerin angezweifelte technische Realisierbarkeit des Verfahrens gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags ist bereits durch das Beispiel 1 des Streitpatents belegt (S. 8 Abs. [0048] bis [0053]).

10. Der Patentanspruch 1 des Hauptantrags hat daher Bestand. Mit ihm haben die darauf rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 9, die vorteilhafte Ausführungsformen des Gegenstandes des Patentanspruchs 1 des Hauptantrags betreffen, ebenfalls Bestand.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 92 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 709 Satz 1 und Satz 2 ZPO.

Guth Dr. Gerster Dr. Münzberg Dr. Hoppe Dr. Jäger Pü

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