XII ZB 486/24
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES XII ZB 486/24 BESCHLUSS in der Familiensache Nachschlagewerk: BGHZ: BGHR: JNEU:
ja nein ja nein UVG § 7 a a) Die zum 1. Januar 2025 aufgehobene Vorschrift des § 7 a UVG ist auch weiterhin auf Unterhaltsansprüche anzuwenden, die bereits vor diesem Zeitpunkt fällig geworden und dann auf den Träger der Unterhaltsvorschusskasse übergegangen sind.
b) § 7 a UVG hindert die gerichtliche Geltendmachung derartiger Unterhaltsansprüche für solche Zeiträume nicht, in denen der Unterhaltspflichtige über eigenes Einkommen im Sinne von § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II verfügte. Letzteres war auch dann der Fall, wenn der Unterhaltspflichtige die Absetzbeträge des § 11 b SGB II übersteigende Erwerbseinkünfte erzielte und lediglich ergänzende Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch bezog (Fortführung des Senatsbeschlusses vom 31. Mai 2023 - XII ZB 190/22 - FamRZ 2023, 1287).
BGH, Beschluss vom 21. Mai 2025 - XII ZB 486/24 - OLG Düsseldorf AG Moers ECLI:DE:BGH:2025:210525BXIIZB486.24.0 Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 21. Mai 2025 durch den Vorsitzenden Richter Guhling, die Richter Dr. Nedden-Boeger und Dr. Botur und die Richterinnen Dr. Pernice und Dr. Recknagel für Recht erkannt:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 3. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 27. September 2024 wird auf Kosten des Antragsgegners zurückgewiesen.
Von Rechts wegen Gründe: I.
Das antragstellende Land (im Folgenden: Antragsteller) macht als Träger der Unterhaltsvorschusskasse gegen den Antragsgegner Kindesunterhalt aus übergegangenem Recht geltend.
Der Antragsgegner ist der Vater dreier in den Jahren 2005, 2009 und 2014 geborener Kinder, die bei ihrer Mutter leben. Der Antragsteller erbrachte bzw. erbringt für die Kinder Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz. Im verfahrensgegenständlichen Zeitraum arbeitete der Antragsgegner im Umfang von 16 Wochenstunden in einem Restaurant und erzielte dadurch ein monatliches Nettoeinkommen in Höhe von rund 550 € in den Jahren 2019 und 2020, rund
€ im Jahr 2021 bzw. rund 636 € seit dem Jahr 2022. Darüber hinaus bezog er ergänzende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch.
Der Antragsteller hat beantragt, den Antragsgegner für die Zeit ab Juli 2019 zur Zahlung von Kindesunterhalt aus übergegangenem Recht in näher bezeichneter Höhe zu verpflichten. Das Amtsgericht hat den Antrag unter Hinweis auf § 7 a UVG abgewiesen. Auf die Beschwerde des Antragstellers hat das Oberlandesgericht den Antragsgegner unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels zur Zahlung von rückständigem Unterhalt für die drei Kinder in Höhe von 3.125 €, 10.369 € bzw. 10.500 € und ab Oktober 2024 zur Zahlung eines laufenden Unterhalts für das jüngste Kind in Höhe von 100 % des Mindestunterhalts der jeweiligen Altersstufe der Düsseldorfer Tabelle abzüglich des vollen gesetzlichen Kindergeldes verpflichtet. Hiergegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde des Antragsgegners, mit der dieser sein Abweisungsbegehren weiterverfolgt.
II.
Die zulässige Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.
1. Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, der Antragsgegner könne sich nicht darauf berufen, dass der Antragsteller die übergegangenen Unterhaltsansprüche nach § 7 a UVG nicht verfolgen dürfe. Denn diese Vorschrift sei nach ihrem Wortlaut nur dann anwendbar, wenn der Elternteil, bei dem der Berechtigte nicht lebe, Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch beziehe und über kein eigenes Einkommen im Sinne von
§ 11 Abs. 1 Satz 1 SGB Il verfüge. Diese beiden Voraussetzungen müssten kumulativ erfüllt sein, was vorliegend nicht der Fall sei, weil der Antragsgegner während des gesamten verfahrensgegenständlichen Zeitraums Einkünfte aus einer sozialversicherungspflichtigen Teilzeitbeschäftigung erzielt habe.
Den Antragsgegner treffe eine gesteigerte Erwerbsobliegenheit, so dass ihm fiktive Einkünfte aus einer schuldhaft unterlassenen Erwerbstätigkeit zuzurechnen seien. Er verfüge zwar nicht über eine abgeschlossene Berufsausbildung, sei aber langjährig berufserfahren, so dass es ihm möglich und zumutbar sei, etwa eine Tätigkeit im Reinigungsgewerbe auszuüben, für die ein besonderer Mindestlohn gezahlt werde, der über den gesetzlichen Mindestlohn hinausgehe. Der Ansatz eines noch höheren Stundenlohns erscheine hingegen nicht realistisch. Darüber hinaus seien ihm weitere fiktive Einkünfte aus einer Nebentätigkeit in einem Umfang von jedenfalls sechs Stunden pro Woche unter Zugrundelegung des jeweiligen gesetzlichen Mindestlohns zuzurechnen. Der Antragsgegner sei angesichts der bestehenden Möglichkeiten zur Fremdbetreuung auch nicht durch die Wahrnehmung von Umgangskontakten mit den Kindern von sonntagsabends bis dienstagsmorgens an der Ausübung der ihm zugerechneten Erwerbstätigkeit gehindert. Steuern und Sozialversicherungsabgaben seien von den fiktiven Einkünften ebenso in Abzug zu bringen wie pauschale berufsbedingte Aufwendungen. Eine Erhöhung des Selbstbehalts des Antragsgegners sei nicht veranlasst, weil dieser weder die konkrete Höhe seiner Wohnkosten noch die Unvermeidbarkeit etwaig erhöhter Kosten dargetan habe.
Das nach Abzug des Selbstbehalts verbleibende Einkommen des Antragsgegners sei überwiegend im Wege der Mangelfallberechnung auf die Kinder aufzuteilen. Für die Zeit ab Februar 2024, in der nur noch das jüngste Kind Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz erhalten habe, sei der Antragsgegner jedoch vollständig leistungsfähig.
2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung stand.
a) Die Vorschrift des § 7 a UVG steht einer gerichtlichen Geltendmachung der auf den Antragsteller übergegangenen Unterhaltsansprüche nicht entgegen. Für die nach dem 31. Dezember 2024 fällig gewordenen Ansprüche folgt dies bereits daraus, dass die genannte Vorschrift zum 1. Januar 2025 aufgehoben worden ist. Aber auch die Verfolgung derjenigen Ansprüche, die bis zum 31. Dezember 2024 fällig geworden sind, wird vorliegend durch § 7 a UVG nicht gehindert.
aa) Die zum 1. Juli 2017 in Kraft getretene Vorschrift des § 7 a UVG untersagte dem Träger der Unterhaltsvorschusskasse die Verfolgung des nach § 7 UVG übergegangenen Unterhaltsanspruchs, solange der Elternteil, bei dem der Berechtigte nicht lebte, Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch bezog und über kein eigenes Einkommen im Sinne von § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II verfügte. Nach der Rechtsprechung des Senats untersagte § 7 a UVG nicht nur die Vollstreckung, sondern bereits die gerichtliche Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs durch den Träger der Unterhaltsvorschusskasse für die Zeiträume, in denen die Voraussetzungen der Norm erfüllt waren (vgl. Senatsbeschluss vom 31. Mai 2023 - XII ZB 190/22 - FamRZ 2023, 1287 Rn. 12 ff.).
bb) Durch Art. 11 Nr. 2 iVm Art. 74 Abs. 1 des Vierten Bürokratieentlastungsgesetzes vom 23. Oktober 2024 (BGBl. 2024 I Nr. 323; im Folgenden: BEG IV) ist § 7 a UVG mit Wirkung zum 1. Januar 2025 aufgehoben worden. Eine Übergangsregelung ist zwar nicht geschaffen worden. Aber Art. 11 Nr. 2 BEG IV ist gleichwohl dahingehend auszulegen, dass die Aufhebung des § 7 a UVG nur für Unterhaltszeiträume ab dem 1. Januar 2025 Wirkung entfaltet, so dass § 7 a UVG auch weiterhin auf Unterhaltsansprüche anzuwenden ist, die bereits vor diesem Zeitpunkt fällig geworden und dann auf den Träger der Unterhaltsvorschusskasse übergegangen sind.
(1) Allerdings wird vereinzelt die Auffassung vertreten, dass auch bis zum 31. Dezember 2024 fällig gewordene Unterhaltsansprüche seit dem 1. Januar 2025 wieder uneingeschränkt durch den Träger der Unterhaltsvorschusskasse verfolgt werden könnten, weil § 7 a UVG kein Erlöschen dieser Ansprüche angeordnet habe. Mit der Aufhebung dieser Vorschrift sei lediglich eine unechte Rückwirkung verbunden, weil nur in bereits begonnene, aber noch nicht abgeschlossene Lebensvorgänge mit Wirkung für die Zukunft eingegriffen worden sei. Eine Erwartung, die „Rechtsausübungssperre“ werde auch künftig fortbestehen, sei mit Blick auf ihre stets nur temporäre Natur nicht schutzwürdig (vgl. Benner NZFam 2025, 92 und NZFam 2024, 320).
(2) Diese Auffassung vermag jedoch nicht zu überzeugen.
(a) In der Gesetzesbegründung zur Aufhebung des § 7 a UVG ist ausgeführt, das mit der Einführung der Vorschrift verfolgte Ziel der Verwaltungserleichterung sei nicht erreicht worden. Die Regelung sei beim Unterhaltsrückgriff nicht hilfreich und vermindere den Rückgriffserfolg bei der Gruppe der barunterhaltspflichtigen Elternteile, die Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetz beziehen. Werde eine fiktive unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit unterstellt und zugleich der Rückgriff reduziert, bestehe kein wirksames Druckmittel mehr. Die angestrebte Verwaltungserleichterung könne zudem durch eine Ermessensausübung im Einzelfall leichter erzielt werden (vgl. BT-Drucks. 20/11306 S. 95). Der Gesetzgeber wollte somit die Verfolgung übergegangener Unterhaltsansprüche auch gegenüber Empfängern von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch wieder ermöglichen, ohne sich ausdrücklich zur Frage der (späteren)
Verfolgbarkeit von bis zum 31. Dezember 2024 fällig gewordenen Ansprüchen zu äußern.
(b) Selbst wenn mit der Aufhebung des § 7 a UVG zum 1. Januar 2025 eine möglichst umfassende Inanspruchnahme von Leistungsempfängern (auch für zurückliegende Zeiträume) bezweckt worden sein sollte, gebieten jedenfalls Vertrauensschutzgesichtspunkte eine verfassungskonforme Auslegung des § 11 Nr. 2 BEG IV dahingehend, dass § 7 a UVG auch weiterhin auf Unterhaltsansprüche anzuwenden ist, die vor dem 1. Januar 2025 fällig geworden und dann auf den Träger der Unterhaltsvorschusskasse übergegangen sind.
Wie der Senat bereits entschieden hat, entfaltete die Vorschrift des § 7 a UVG schuldnerschützende Wirkung (vgl. Senatsbeschluss vom 31. Mai 2023 - XII ZB 190/22 - FamRZ 2023, 1287 Rn. 20). Eine gerichtliche Geltendmachung der Unterhaltsansprüche durch den Träger der Unterhaltsvorschusskasse war für Zeiträume ausgeschlossen, in denen die Voraussetzungen des § 7 a UVG erfüllt waren. Aufgrund des eindeutigen Willens des Gesetzgebers, den Rückgriff gänzlich entfallen zu lassen und nicht etwa nur aufzuschieben, hat der Senat zudem entschieden, dass auch nach einem Wegfall der Voraussetzungen des § 7 a UVG keine Nachforderung für die Vergangenheit stattfinden konnte (vgl. Senatsbeschluss vom 31. Mai 2023 - XII ZB 190/22 - FamRZ 2023, 1287 Rn. 16 und 19).
Nichts anderes kann für den nunmehr eingetretenen Fall der Aufhebung des § 7 a UVG zum 1. Januar 2025 gelten (ebenso Schürmann NZFam 2025, 146; FF 2025, 109, 110 und FamRZ 2025, 16). Wenn die Inanspruchnahme eines Unterhaltspflichtigen durch den Träger der Unterhaltsvorschusskasse für Unterhaltsräume bis einschließlich zum 31. Dezember 2024 schlechterdings ausgeschlossen war, weil die Voraussetzungen des § 7 a UVG vorlagen, kann der Gesetzgeber für dieselben Unterhaltszeiträume nicht rückwirkend doch wieder einen Rückgriff zulassen. Es käme einer grundsätzlich unzulässigen echten Rückwirkung im Sinne einer Rückbewirkung von Rechtsfolgen (vgl. dazu BVerfGE 165, 103 = NJW 2023, 1947 Rn. 98 mwN) gleich, wenn der Träger der Unterhaltsvorschusskasse übergegangene Unterhaltsansprüche, die er bis einschließlich zum 31. Dezember 2024 nicht hätte einklagen dürfen, ab dem 1. Januar 2025 rückwirkend gerichtlich geltend machen könnte. Der Umstand, dass § 7 a UVG kein Erlöschen dieser Ansprüche, sondern „nur“ ein Entfallen des Rückgriffs vorsah, vermag hieran nichts zu ändern, weil es aus der Sicht des Unterhaltspflichtigen keinen Unterschied macht, ob der übergegangene Anspruch lediglich nicht gerichtlich geltend gemacht werden konnte oder gänzlich erloschen ist. Im Übrigen stimmt diese Sichtweise auch mit dem im Unterhalts- wie im Sozialrecht geltenden Grundsatz der zeitlichen Kongruenz überein (vgl. dazu bereits Senatsbeschluss vom 31. Mai 2023 - XII ZB 190/22 - FamRZ 2023, 1287 Rn. 19).
cc) Daher hat die Aufhebung des § 7 a UVG zum 1. Januar 2025 nicht dazu geführt, dass bereits vor diesem Zeitpunkt fällig gewordene Ansprüche nunmehr ohne Weiteres vom Träger der Unterhaltsvorschusskasse gerichtlich geltend gemacht werden könnten. Vielmehr ist die Verfolgung dieser Ansprüche auch weiterhin für solche Zeiträume ausgeschlossen, in denen die Voraussetzungen der genannten Norm erfüllt waren. Indes waren hier - wie das Beschwerdegericht zutreffend erkannt hat - hinsichtlich der vor dem 1. Januar 2025 fällig gewordenen Unterhaltsansprüche nicht alle Voraussetzungen des § 7 a UVG erfüllt, weil der Antragsgegner durchgehend über eigenes Einkommen im Sinne von § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II verfügte.
(1) Die Frage der Anwendbarkeit des § 7 a UVG auf Fälle, in denen der Unterhaltspflichtige eigenes Einkommen erzielte und ergänzende Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch bezog, ist allerdings umstritten.
(a) So wird § 7 a UVG teilweise auch dann für anwendbar gehalten, wenn der Unterhaltspflichtige eigenes Einkommen erzielte, solange dieses den Bezug von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch nicht hinderte (OLG Brandenburg Beschluss vom 27. November 2024 - 9 WF 182/24 - juris Rn. 11; OLG Frankfurt NJW 2023, 3657, 3658; jurisPK-SGB/Buchheister [Stand: 4. Januar 2024] § 7 a UhVorschG Rn. 13) bzw. den Leistungsanspruch nicht vollständig ausschloss (AG Lüdinghausen Beschluss vom 16. Januar 2024 - 31 F 34/23 - BeckRS 2024, 902 Rn. 48; Born/Born Unterhaltsrecht [Stand: Mai 2024] 22. Kap. Rn. 51a).
(b) Nach abweichender Ansicht ließ eigenes Einkommen den Schutz des § 7 a UVG auch dann entfallen, wenn die Einnahmen nicht ausreichten, um den sozialrechtlichen Bedarf oder den unterhaltsrechtlichen Selbstbehalt des Unterhaltspflichtigen abzudecken (vgl. OLG Bamberg Beschluss vom 18. November 2024 - 7 UF 128/24 - juris Rn. 35 ff.; BeckOK Sozialrecht/Engel-Boland [Stand: 1. Dezember 2024] UnterhVG § 7 a Rn. 8; Wendl/Dose/Klinkhammer Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 10. Aufl. § 8 Rn. 275a; Schürmann NZFam 2023, 1043; FamRB 2023, 356, 357 und FF 2023, 365, 366; Götsche jurisPR-FamR 23/2023 Anm. 2 unter C. 1.).
(2) Die zuletzt genannte Auffassung ist zutreffend.
(a) Nach dem Wortlaut des § 7 a UVG ist Voraussetzung für die Anwendbarkeit der Norm, dass der Unterhaltspflichtige zum einen Leistungen nach dem zweiten Buch Sozialgesetzbuch bezieht und zum anderen über kein eigenes Einkommen im Sinne von § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II verfügt (vgl. Senatsbeschluss vom 31. Mai 2023 - XII ZB 190/22 - FamRZ 2023, 1287 Rn. 18). Einkommen in diesem Sinne sind alle Einnahmen in Geld abzüglich der gemäß § 11 b SGB II abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11 a SGB II genannten Einnahmen sowie der Einnahmen, die nach anderen Vorschriften des Bundesrechts nicht als Einkommen im Sinne dieses Buches zu berücksichtigen sind (vgl. etwa OLG Bamberg FamRZ 2024, 1788, 1789 zur Nichtberücksichtigung von Zahlungen für die Erbringung häuslicher Pflegeleistungen). Erwerbseinkünfte unterfallen keinem der Ausnahmetatbestände und sind somit grundsätzlich als Einkommen zu berücksichtigen, sofern nach Abzug der in § 11 b SGB II genannten Positionen noch ein positiver Betrag verbleibt. Erzielt ein erwerbstätiger Unterhaltspflichtiger beispielsweise monatliche Nettoerwerbseinkünfte in Höhe von lediglich 100 €, verbleibt schon aufgrund des Grundfreibetrags nach § 11 b Abs. 2 SGB II kein positiver Betrag und somit auch kein berücksichtigungsfähiges Einkommen (vgl. AG Wuppertal Beschluss vom 14. August 2024 - 67 F 22/23 - juris Rn. 11 und 15). Sind die Einkünfte hingegen höher als die nach § 11 b SGB II abzusetzenden Beträge, ist ein berücksichtigungsfähiger Rest vorhanden, so dass der Unterhaltspflichtige über eigenes Einkommen verfügt. In einem solchen Fall liegen die Voraussetzungen des § 7 a UVG nicht vor, so dass die übergegangenen Unterhaltsansprüche gerichtlich geltend gemacht werden können.
(b) Die Vorschrift des § 7 a UVG kann nicht erweiternd dahingehend ausgelegt werden, dass der Unterhaltspflichtige auch dann nicht über eigenes Einkommen verfügt, wenn er zwar die Absetzbeträge des § 11 b SGB II übersteigende Erwerbseinkünfte erzielt, diese den Bezug von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch aber nicht hindern oder vollständig ausschließen. Eine solche Auslegung scheitert bereits am insoweit eindeutigen Wortlaut des § 7 a UVG (ebenso OLG Bamberg Beschluss vom 18. November 2024 - 7 UF 128/24 - juris Rn. 36). Denn des Halbsatzes „und über kein eigenes Ein- kommen im Sinne von § 11 Absatz 1 Satz 1 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch verfügt“ hätte es nicht bedurft, wenn die Verfolgung übergegangener Unterhaltsansprüche in allen Fällen hätte ausgeschlossen werden sollen, in denen der Unterhaltspflichtige (gegebenenfalls auch nur ergänzende) Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch bezog.
Auch der Zweck des § 7 a UVG rechtfertigt keine erweiternde Auslegung. Mit der Einführung dieser Vorschrift hatte der Gesetzgeber verwaltungsaufwändige und unwirtschaftliche Rückgriffsbemühungen vermeiden wollen, die er ausdrücklich nur für diejenigen Fälle annahm, in denen der Unterhaltspflichtige kein eigenes Einkommen erwirtschaftete, weil dann kein Unterhalt beigetrieben werden konnte (BT-Drucks. 18/11135 S. 163; BT-Drucks. 18/12589 S. 157 f.). Ein Rückgriff war jedoch nicht von vornherein unwirtschaftlich oder aussichtlos, wenn der Unterhaltspflichtige ein die Absetzbeträge des § 11 b SGB II übersteigendes Einkommen erzielte. Denn in solchen Fällen blieb nur derjenige Teil des Erwerbseinkommens pfändungsfrei, der zusammen mit den Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch zur Sicherung des Existenzminimums des Unterhaltspflichtigen erforderlich war, während ein etwaig darüber hinausgehender Teil des Einkommens zur Beitreibung des Unterhalts gepfändet werden konnte (vgl. BGHZ 224, 218 = FamRZ 2020, 532 Rn. 11 ff., insbesondere Rn. 22; vgl. auch AG Lüdinghausen Beschluss vom 16. Januar 2024 - 31 F 34/23 BeckRS 2024, 902 Rn. 51). In derartigen Fällen konnte ein Rückgriff (jedenfalls teilweise) zum Erfolg führen, so dass Unterhaltspflichtige, die über Einkommen im Sinne von § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II verfügten, nach dem Sinn und Zweck des § 7 a UVG gerade nicht von dieser Regelung profitieren sollten (ähnlich OLG Bamberg Beschluss vom 18. November 2024 - 7 UF 128/24 - juris Rn. 36 f.).
Das vom Amtsgericht angeführte Argument, ein solches Verständnis des § 7 a UVG könne einem Unterhaltspflichtigen jede Motivation nehmen, seine Erwerbstätigkeit fortzuführen, vermag eine Erweiterung des Anwendungsbereichs dieser Vorschrift ebenfalls nicht zu rechtfertigen. Denn wie das Beschwerdegericht zutreffend ausgeführt hat, kann auch eine möglicherweise unerwünschte Wirkung einer Vorschrift die Rechtsprechung nicht dazu veranlassen, den Anwendungsbereich der Norm entgegen ihrem eindeutigen Wortlaut und Zweck auszudehnen (vgl. auch OLG Bamberg Beschluss vom 18. November 2024 - 7 UF 128/24 - juris Rn. 38). Im Übrigen dürften die Sanktionsvorschriften der §§ 31 ff. SGB II jedenfalls eine gewisse Motivation zur Fortführung einer bereits ausgeübten Erwerbstätigkeit vermitteln, weil im Falle der pflichtwidrigen Beendigung einer zumutbaren Erwerbstätigkeit Leistungsminderungen drohen. Soweit darüber hinaus argumentiert wird, dass die vom Sozialrecht gewünschte nachhaltige Eingliederung in den Arbeitsmarkt erst dann erreicht sei, wenn der Unterhaltspflichtige ein Einkommen beziehe, welches den Bezug von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch ausschließe, so dass auch erst in diesem Moment die sozialrechtlichen Grundsätze des Förderns und Forderns nicht mehr eingriffen und die unterhaltsrechtlichen Obliegenheiten wieder einsetzten (vgl. AG Lüdinghausen Beschluss vom 16. Januar 2024 - 31 F 34/23 - BeckRS 2024, 902 Rn. 52), ist dem entgegenzuhalten, dass die Vorschrift des § 7 a UVG trotz ihrer schuldnerschützenden Wirkung die unterhaltsrechtlichen Obliegenheiten des Leistungsempfängers nicht modifiziert. Ein Unterhaltsanspruch kann eben auch dann bestehen, wenn der Unterhaltspflichtige kein Einkommen erzielt und Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch bezieht (vgl. Senatsbeschluss vom 31. Mai 2023 - XII ZB 190/22 - FamRZ 2023, 1287 Rn. 11).
dd) Nach alledem steht § 7 a UVG einer gerichtlichen Geltendmachung der vor dem 1. Januar 2025 fällig gewordenen Unterhaltsansprüche nicht entgegen, weil der Antragsgegner durchgehend über eigenes Einkommen im Sinne von § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II verfügte. Denn er erzielte Erwerbseinkünfte, die deutlich über den Absetzbeträgen des § 11 b SGB II lagen.
b) Es begegnet ferner keinen Rechtsbedenken, dass das Beschwerdegericht den Antragsgegner im ausgesprochenen Umfang bis einschließlich Januar 2024 überwiegend für teilweise und seit Februar 2024 für vollständig leistungsfähig gehalten hat. Auch die Rechtsbeschwerde erinnert hiergegen nichts.
Das Beschwerdegericht hat dem Antragsgegner ohne Rechtsfehler unter Berücksichtigung der Senatsrechtsprechung (vgl. Senatsbeschluss vom 24. September 2014 - XII ZB 111/13 - FamRZ 2014, 1992 Rn. 18 f. mwN) fiktive Einkünfte - auch aus einer Nebentätigkeit - zugerechnet, die dieser realistischerweise unter Berücksichtigung seiner Kinderbetreuungszeiten und der bestehenden Möglichkeiten zur Fremdbetreuung hätte erzielen können. Zudem hat es die erforderlichen Abzüge vorgenommen und eine Erhöhung des Selbstbehalts mit der tragfähigen Begründung abgelehnt, der Antragsgegner habe weder die konkrete Höhe seiner Wohnkosten noch die Unvermeidbarkeit etwaig erhöhter Kosten dargetan. Auch die vom Beschwerdegericht vorgenommene (Mangelfall-)Berechnung der jeweiligen Unterhaltsansprüche ist nach den getroffenen Feststellungen nicht zu beanstanden.
Guhling Pernice Nedden-Boeger RiBGH Dr. Botur ist wegen Urlaubs an der Signatur gehindert.
Recknagel Guhling Vorinstanzen: AG Moers, Entscheidung vom 08.08.2023 - 487 F 43/23 OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 27.09.2024 - II-3 UF 126/23 - Verkündet am: 21. Mai 2025 Pfirrmann, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle