RiZ (R) 3/20
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES RiZ(R) 3/20 URTEIL Zugestellt an Verkündungs statt dem Antragsteller am 20.11.2020 dem Antragsgegner am 20.11.2020 Heinekamp Amtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Prüfungsverfahren wegen Anfechtung einer Maßnahme der Dienstaufsicht ECLI:DE:BGH:2020:271020URIZ.R.3.20.0 Der Bundesgerichtshof - Dienstgericht des Bundes - hat ohne mündliche Verhandlung am 27. Oktober 2020 durch die Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof Mayen, den Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Karczewski, die Richterinnen am Bundesgerichtshof Dr. Menges, Harsdorf-Gebhardt und den Richter am Bundesgerichtshof Gericke für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des Dienstgerichts für Richter beim Landgericht Leipzig vom 17. März 2020 wird auf Kosten des Antragstellers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen Tatbestand:
Der Antragsteller ist Richter am Amtsgericht Z. . Die Beteiligten streiten darüber, ob der Antragsteller durch einen Bescheid des Präsidenten des Landgerichts G.
(im Folgenden: Präsident des Landgerichts)
vom 19. Oktober 2015, mit dem dieser eine Formulierung in einem Urteil des Antragstellers als dienstpflichtwidrig bezeichnete, in seiner richterlichen Unabhängigkeit beeinträchtigt wird.
Der Antragsteller war im Jahr 2015 am Amtsgericht Z. tätig und mit Straf-, Jugend- und Bußgeldsachen befasst. Mit Urteil vom 23. Juni 2015 verurteilte er einen Angeklagten wegen verschiedener Straftaten zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Monaten sowie wegen eines weiteren Delikts zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten. Nach der Bemessung der Einzelstrafen und der Gesamtstrafe führte er auf Seite zwölf der Urteilsgründe aus:
"Nach Ansicht des Gerichts konnten die verhängten Freiheitsstrafen nicht zur Bewährung ausgesetzt werden, da nicht ersichtlich ist, dass der Angeklagte in Zukunft ein straffreies Leben führen wird.
Die Anzahl der Taten über einen längeren Zeitraum zeigt, dass der Angeklagte nicht in der Lage ist, ein straffreies Leben führen zu können.
Es ist allerdings davon auszugehen, das (sic!) dieses vermutlich durch das LG G.
- Berufungskammer - unter besonderer Berücksichtigung des Pensenschlüssels anders gesehen wird." Der Vorsitzende der zuständigen Berufungsstrafkammer beim Landgericht G.
(im Folgenden: Landgericht) legte mit Schreiben vom
4. September 2015 eine Kopie des Urteils dem Präsidenten des Landgerichts vor und erhob Dienstaufsichtsbeschwerde gegen den Antragsteller,
weil der letzte Satz der zitierten Passage aus dem dem Angeklagten und seinem Verteidiger zugestellten Urteil "eine für das Ansehen der hiesigen Justiz sehr abträgliche Außenwirkung" habe.
Der Antragsteller gab mit Schreiben vom 18. September 2015 die angeforderte dienstliche Äußerung ab, in der er ausführte, es sei für ihn nicht nachvollziehbar, wie die beanstandete Passage eine abträgliche Außenwirkung entfalten könne. Er legte seinerseits zwei von ihm verfasste Urteile betreffend andere Angeklagte und die zugehörigen Berufungsentscheidungen des Landgerichts vor. Das Urteil des Landgerichts vom 30. Juni 2015, das von dem Beschwerdeführer der Dienstaufsichtsbeschwerde stammt, sei ihm vor Abfassung der beanstandeten Urteilspassage zur Kenntnis gelangt. In diesem war auf die Berufung der dortigen Angeklagten das von dem Antragsteller verfasste amtsgerichtliche Urteil im Rechtsfolgenausspruch aufgehoben und die Strafen herabgesetzt worden. Nach der Bemessung der Strafen wird in jenem Urteil ausgeführt:
"Mit dieser Strafzumessung weicht das Landgericht bewusst von der angefochtenen Entscheidung ab. Denn die seitens des Amtsgerichts Z. festgesetzten Strafen sind nach Auffassung der Kammer nicht nur unverhältnismäßig, sondern schon exzessiv überhöht." Der Antragsteller vertrat die Auffassung, durch diese Formulierung werde das Ansehen der Justiz beschädigt, "da dem Amtsgericht quasi Rechtsbeugung vorgeworfen" werde, und bat, den geschilderten Sachverhalt ebenfalls als Dienstaufsichtsbeschwerde zu behandeln. Mit Schreiben vom 15. Oktober 2015 an den Antragsteller teilte der Präsident des Landgerichts dazu mit, er sehe keine Veranlassung für dienstaufsichtliche Maßnahmen, weil sich die beanstandete Äußerung in einem Berufungsurteil finde und damit dem richterlichen Kernbereich zuzuordnen sei; pointierte Äußerungen bis hin zu verbalen Entgleisungen seien einer dienstaufsichtlichen Überprüfung nicht zugänglich, wenn sie den sachlichen Inhalt einer Entscheidung mitbestimmten. Hier sei die "Grenze für eine dienstaufsichtliche Überprüfung […] ersichtlich nicht überschritten", zumal sich die beanstandete Äußerung "einkleidet in weitere Ausführungen zur Strafzumessung".
Unter dem 19. Oktober 2015 erließ der Präsident des Landgerichts den angefochtenen Bescheid, mit dem er die Dienstaufsichtsbeschwerde des Vorsitzenden der Berufungsstrafkammer für begründet erklärte und die Formulierung aus dem vom Antragsteller verfassten Urteil
"Es ist allerdings davon auszugehen, dass dieses vermutlich durch das LG G.
- Berufungskammer - unter besonderer Berücksichtigung des Pensenschlüssels anders gesehen wird."
"im Rahmen eines Vorhalts gem. § 26 Abs. 2 DRiG als dienstpflichtwidrig" beanstandete. Die Formulierung finde sich zwar in einem Strafurteil und weise auch einen sachlichen Bezug zum Inhalt der Entscheidung auf; solche Äußerungen unterlägen jedoch gleichwohl der Dienstaufsicht, wenn sie mit einer offensichtlich fehlerhaften Amtsführung verbunden seien. Die von dem Antragsteller verwendete Formulierung sei nicht mehr tatsachenadäquat, weil damit zum Ausdruck gebracht werde, dass das Berufungsgericht bei der Entscheidung über die Strafaussetzung zur Bewährung "gänzlich sachfremde Gesichtspunkte 'besonders berücksichtigt'" habe.
Dagegen legte der Antragsteller Widerspruch ein, den er damit begründete, der Bescheid verletze ihn in seiner richterlichen Unabhängigkeit. Mit Bescheid vom 8. Dezember 2015 half der Präsident des Landgerichts dem Widerspruch unter Wiederholung und Vertiefung seiner Argumentation nicht ab und legte die Sache dem Präsidenten des Oberlandesgerichts D.
(im Folgenden: Präsident des Oberlandesgerichts) vor,
der den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 29. März 2017 zurückwies. Zur Begründung führte er aus, in dem angefochtenen Bescheid des Präsidenten des Landgerichts liege als Kundgabe einer objektiven Feststellung zur Sache ein Vorhalt und damit eine zulässige Maßnahme der Dienstaufsicht im Sinne von § 26 Abs. 2 DRiG. Diese beeinträchtige den Antragsteller in seiner richterlichen Unabhängigkeit nicht. Zwar betreffe der Vorhalt eine Passage in den schriftlichen Gründen eines Urteils; er sei aber zulässig, weil die beanstandete Formulierung "gänzlich ungeeignet [sei], den sachlichen Inhalt der Entscheidung auch nur denkmöglich mitbestimmen zu können." Der Antragsteller hat daraufhin bei dem Dienstgericht für Richter beim Landgericht L.
(im Folgenden: Dienstgericht) die Durchführung eines Prüfungsverfahrens beantragt. Durch den angefochtenen Bescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheides werde in unzulässiger Weise in seine richterliche Unabhängigkeit eingegriffen. Die beanstandete Passage finde sich in den Gründen eines Strafrichterurteils und unterliege, weil Urteile zum Kernbereich der richterlichen Tätigkeiten gehörten, nur unter engen Einschränkungen überhaupt der Dienstaufsicht. In dem verfahrensgegenständlichen Urteil seien Ausführungen zur Frage der Strafaussetzung zur Bewährung gemacht worden und dabei habe "sich das Gericht im Rahmen seiner Unabhängigkeit in den Urteilsgründen natürlich auch mit der Rechtsprechung der Berufungskammer auseinandergesetzt und Ausführungen dazu gemacht, dass von der zu erwartenden Entscheidung des Landgerichts bewusst abgewichen werden" solle. Insoweit sei die Sachlage mit derjenigen vergleichbar, die der vom Antragsteller gegen den Vorsitzenden der Berufungskammer erhobenen Dienstaufsichtsbeschwerde zugrunde gelegen habe. In jenem Verfahren habe der Präsident des Landgerichts indes keine Veranlassung zu dienstaufsichtsrechtlichen Maßnahmen gesehen, obwohl ihm, dem Antragsteller, dort "quasi Rechtsbeugung" vorgeworfen worden sei, ohne dass die dort genannte Urteilspassage nä- here Ausführungen dazu enthalte, warum die vom Amtsgericht verhängten Strafen exzessiv überhöht gewesen sein sollten. Mit diesem Sachverhalt befasse sich der Widerspruchsbescheid nicht, obwohl er ihn bereits im Widerspruchsschreiben angeführt habe. Schließlich könne der ihm unterstellte Vorwurf der Rechtsbeugung gegenüber der Berufungskammer nur dann Gegenstand eines Dienstvergehens sein, wenn eine solche Behauptung oder ein solcher Verdacht jeglicher Grundlage entbehren würde,
wozu sich der angefochtene Bescheid und der Widerspruchsbescheid jedoch nicht verhielten.
Der Antragsteller hat beantragt,
ein Prüfungsverfahren bezüglich des Bescheides des Präsidenten des Landgerichts G.
vom 19. Oktober 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Präsidenten des Oberlandesgerichts D. vom 29. März 2017 durchzuführen.
Der Antragsgegner hat beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Das Dienstgericht hat den Prüfungsantrag des Antragstellers mit Urteil vom 17. März 2020 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Bescheid des Präsidenten des Landgerichts in der maßgeblichen Fassung des Widerspruchsbescheids des Präsidenten des Oberlandesgerichts stelle keinen unzulässigen Eingriff in die richterliche Unabhängigkeit des Antragstellers dar.
Es handele sich formal um eine zulässige Maßnahme im Sinne von § 26 Abs. 2 DRiG. Zwar habe der Präsident des Landgerichts im Bescheid vom 19. Oktober 2015 ausgeführt, er "beanstande" die Formulierung "im Rahmen eines Vorhalts gemäß § 26 Abs. 2 DRiG als dienstpflichtwidrig". Schon aus dem Wortlaut ergebe sich aber, dass tatsächlich keine Beanstandung ausgesprochen werden, sondern lediglich ein Vorhalt gemacht werden sollte; zudem habe der Präsident des Landgerichts allein sachbezogene Feststellungen getroffen, wie sie bei einem Vorhalt zulässig seien. Jedenfalls in dem Widerspruchsbescheid, der eine eigene Sachentscheidung der Widerspruchsbehörde darstelle und dessen Formulierung maßgeblich sei, werde die Maßnahme ausschließlich als Vorhalt bezeichnet.
Die dem Antragsteller vorgehaltene Äußerung finde sich zwar in den Urteilsgründen, die grundsätzlich der Dienstaufsicht entzogen seien; sie hebe sich aber bei objektiver Betrachtung ihrem Inhalt nach derart von den die Entscheidung tragenden Gründen ab, dass sie dem äußeren Ordnungsbereich der richterlichen Tätigkeit zugewiesen werden könne und folglich der Dienstaufsicht unterliege. Denn der beanstandete Satz sei für die Entscheidung über die Strafaussetzung zur Bewährung völlig belanglos und sei auch nach seiner inhaltlichen Aussage nicht geeignet, den Inhalt der vom Antragsteller verfassten Entscheidung mitzubestimmen. Die bloße Mutmaßung, die Berufungskammer werde die Frage der Strafaussetzung unter besonderer Berücksichtigung des Pensenschlüssels anders beurteilen, sei schon nach Art und Zielrichtung nicht geeignet, die eigene Rechtsauffassung weiter zu begründen oder eine rechtliche Auseinandersetzung mit einer widerstreitenden Rechtauffassung der nächsten Instanz zu führen. Sie diene dem Antragsteller vielmehr dazu, den Richtern des Berufungsgerichts schon vorab eine sachfremde Motivation für die vermutete Abänderung der Bewährungsentscheidung zu unterstellen. Denn mit dem Hinweis auf den Pensenschlüssel solle offenbar suggeriert werden, dass die Spruchpraxis des Berufungsgerichts jedenfalls nicht am Gesetz orientiert sei, sondern mehr an der schnellen Erledigung entsprechender Verfahren. Mit dieser unsachlichen Äußerung habe sich der Antragsteller so weit vom Kernbereich der Rechtsprechungstätigkeit entfernt, dass dieser von den übrigen Entscheidungsgründen loszulösende Teil dem Schutz der richterlichen Unabhängigkeit nicht mehr unterfalle, sondern dem äußeren, der Dienstaufsicht unterliegenden Bereich der richterlichen Tätigkeit zuzuordnen sei. Somit stelle der Vorhalt dieser Aussage keinen Eingriff in die richterliche Unabhängigkeit dar. Die Rechtmäßigkeit des Vorhalts im Übrigen sei nicht Gegenstand des Prüfungsverfahrens; soweit der Antragsteller seinerseits eine Äußerung in einem Urteil der Berufungskammer für beanstandungswürdig halte, verkenne er, dass nur der Vorhalt der von ihm in seinem Strafurteil getätigten Äußerung Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens sei.
Gegen das Urteil des Dienstgerichts wendet sich die Revision des Antragstellers. Er vertritt die Auffassung, das Dienstgericht habe nicht darauf abstellen dürfen, mit welchem Satz die Urteilsbegründung abgeschlossen gewesen sei; auch die Feststellung, dass der vorgehaltene Satz nicht geeignet gewesen sei, den Inhalt der Entscheidung mitzubestimmen, sei unzulässig. Denn Inhalt und Umfang der Urteilsgründe bestimme der Tatrichter. Dazu gehöre auch die Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des Rechtsmittelgerichts und mit der Frage, ob und inwieweit eine Strafaussetzung zur Bewährung dort Bestand haben wird. Soweit das Dienstgericht darauf abgestellt habe, er habe den Richtern des Berufungsgerichts eine sachfremde Motivation unterstellen wollen, hätte schon vor Erlass des angefochtenen Bescheids geprüft werden müssen, inwieweit die Rechtsprechung der Berufungskammer Anlass für die Ausführungen in dem beanstandeten Urteil hätte geben können.
Im Übrigen sei in eklatanter Weise gegen § 4 des Sächsischen Disziplinargesetzes verstoßen worden, weil das erstinstanzliche Urteil erst fast fünf Jahre nach dem Urteil ergangen sei, das Gegenstand des angefochtenen Bescheids vom 19. Oktober 2015 gewesen sei; allein beim Dienstgericht habe das Verfahren fast drei Jahre gedauert. Eine derart lange Verfahrensdauer mache die Entscheidung verfassungswidrig, weil sie unverhältnismäßig sei und dem erzieherischen Zweck des Disziplinarverfahrens zuwiderlaufe.
Der Antragsteller beantragt,
1. das Urteil des Landgerichts Leipzig - Dienstgericht für Richter - vom 17. März 2020 (Az. 66 DG 1/17) aufzuheben und festzustellen, dass der Vorhalt des Präsidenten des Landgerichts G.
vom 19. Oktober 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Präsidenten des Oberlandesgerichts D.
vom 29. März unzulässig sei;
2. hilfsweise, das Verfahren wegen überlanger Verfahrensdauer einzustellen.
Der Antragsgegner beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 80 Abs. 1 Satz 1 DRiG i.V.m. § 101 Abs. 2 VwGO).
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 45 Abs. 2 SächsRiG, § 80 Abs. 2 DRiG zulässige Revision ist nicht begründet.
I. Der Hauptantrag hat keinen Erfolg.
1. Ohne Rechtsfehler hat das Dienstgericht angenommen, dass es sich bei der angefochtenen Maßnahme lediglich um einen nach § 26 Abs. 2 DRiG zulässigen Vorhalt handelt, nicht aber um eine über diese Vorschrift hinausgehende Maßnahme wie etwa eine Beanstandung (vgl. BGH, Urteil vom 30. Oktober 2017 - RiZ(R) 1/17, juris Rn. 22 m.w.N.).
Soweit das Dienstgericht trotz der im Bescheid des Präsidenten des Landgerichts vom 19. Oktober 2015 verwendeten Formulierung, dass die verfahrensgegenständliche Urteilspassage "beanstandet" werde, nicht von einer unzulässigen missbilligenden Äußerung, sondern lediglich von einer schwächeren dienstaufsichtlichen Maßnahme in Form eines Vorhalts ausgegangen ist, ist dies aus revisionsrechtlichen Gründen nicht zu beanstanden. Die Feststellung des Inhalts einer dienstaufsichtlichen Maßnahme und die Würdigung der darin im Einzelfall verwendeten Formulierungen ist grundsätzlich Sache der Tatsachengerichte und unterliegt im Revisionsverfahren nur einer eingeschränkten Prüfung (§ 80 Abs. 1 Satz 1 DRiG i.V.m. § 137 Abs. 2 VwGO). Das Revisionsgericht ist grundsätzlich an die im Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, sofern in Bezug auf diese Feststellungen keine zulässigen und begründeten Revisionsgründe vorgebracht werden. Die tatrichterliche Würdigung einer Äußerung ist nur darauf zu überprüfen, ob sie gegen anerkannte Auslegungsregeln, Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstößt, ob wesentlicher Tatsachenstoff, der für die Auslegung von Bedeutung sein kann, außer Betracht gelassen wurde, oder ob sie sonst auf Rechtsfehlern beruht (vgl. BGH, Urteile vom 26. Juli 2017 - RiZ(R) 3/16, juris Rn. 25, m.w.N. [zu dienstlichen Beurteilungen]; vom 30. Oktober 2017 - RiZ(R) 1/17, DRiZ 2018, 184 Rn. 20 [zu dienstlichen Äußerungen]).
Solche revisionsrechtlich beachtlichen Rechtsfehler sind hier weder vorgebracht noch erkennbar. Dies gilt insbesondere für die Auffassung des Dienstgerichts, schon aus dem Bescheid des Präsidenten des Landgerichts ergebe sich, dass tatsächlich keine Beanstandung ausgesprochen, sondern ein bloßer Vorhalt erklärt worden sei, weil nach dem Wortlaut des Schreibens die Äußerung des Antragstellers "im Rahmen eines Vorhalts" beanstandet werde. Rechtsfehlerfrei ist zudem die Würdigung, aus der gemäß § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO maßgeblichen Formulierung des Widerspruchsbescheids ergebe sich, dass dort die Maßnahme ausschließlich als Vorhalt bezeichnet wird. Weder im Ausgangsbescheid noch in dem Widerspruchsbescheid finden sich zudem personenbezogene Wertungen, die einen persönlichen Schuldvorwurf gegenüber dem Antragsteller zum Gegenstand haben und bei deren Vorliegen von einer - dienstaufsichtsrechtlich unzulässigen - Missbilligung auszugehen wäre (vgl. BGH, Urteil vom 14. April 1997 - RiZ(R) 1/96, DRiZ 1997, 467 unter II 1 b [juris Rn. 47 m.w.N.]). Letztlich ist auch der Antragsteller stets nur von einem (formal zulässigen) Vorhalt, nicht aber von einer Beanstandung oder einer Missbilligung ausgegangen.
2. Rechtlich zutreffend hat das Dienstgericht weiter angenommen, dass im Verfahren nach § 34 Nr. 4 Buchst. f) SächsRiG die Überprüfung einer Maßnahme der Dienstaufsicht darauf beschränkt ist, ob sie in die richterliche Unabhängigkeit aus Art. 97 Abs. 1 GG eingreift. Nach der ständigen Rechtsprechung des Dienstgerichts des Bundes befinden die Richterdienstgerichte nach § 26 Abs. 3 DRiG nicht darüber, ob eine Maßnahme der Dienstaufsicht auch aus anderen Gründen rechtswidrig und damit unzulässig ist; insoweit ist der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten eröffnet (vgl. BGH, Urteil vom 14. April 1997 - RiZ(R) 1/96, DRiZ 1997, 467 unter II 1 [juris Rn. 29 f. m.w.N.]). Aus diesem Grund hat es das Dienstgericht zu Recht abgelehnt, dem Einwand des Antragstellers, für die Beurteilung des ihm erteilten Vorhalts sei zu berücksichtigen, dass der Präsident des Landgerichts auf seine - des Antragsstellers - erhobene Dienstaufsichtsbeschwerde gegen den Vorsitzenden der Berufungskammer keine dienstaufsichtlichen Maßnahmen ergriffen hat, nachzugehen. Denn dies betrifft nicht die Frage eines - von den Dienstgerichten allein zu prüfenden - Eingriffs in die richterliche Unabhängigkeit des Antragsstellers durch den ihm erteilten Vorhalt, sondern allenfalls Fragen der Verhältnismäßigkeit der Maßnahme; solche unterliegen hingegen nicht der Beurteilung der Dienstgerichte, sondern sind den Verwaltungsgerichten vorbehalten (vgl. BGH, Urteil vom 8. November 2006 - RiZ(R) 2/05, NJW-RR 2007, 281 Rn. 24 f. m.w.N.). Soweit der Senat bislang offengelassen hat, ob allein der Verstoß einer Dienstaufsichtsmaßnahme gegen das verfassungsrechtlich verankerte Willkürverbot einen Eingriff in die richterliche Unabhängigkeit darstellen könne (vgl. BGH, Urteil vom 8. November 2006 aaO Rn. 26), muss das auch hier nicht entschieden werden, da Anhaltspunkte für eine willkürliche Entscheidung im Streitfall nicht bestehen. Auch die vom Antragsteller vermisste Prüfung, ob die Rechtsprechung des Berufungsgerichts Anlass für seine Äußerung hätte geben können, fiele in den den Richterdienstgerichten entzogenen Bereich der allgemeinen Rechtmäßigkeit der dienstaufsichtlichen Maßnahme. Soweit also der Antragsteller auch im Revisionsverfahren darauf abstellt, ihm habe aufgrund fehlender Feststellungen zur Berechtigung seiner Äußerung ein Vorhalt nicht gemacht werden dürfen, kann er damit im Prüfungsverfahren nicht durchdringen.
3. Ebenfalls rechtsfehlerfrei hat das Dienstgericht verneint, dass der Vorhalt der verfahrensgegenständlichen Urteilspassage den Antragsteller in seiner richterlichen Unabhängigkeit beeinträchtigt.
Nach der vom Dienstgericht zutreffend wiedergegebenen und seiner Entscheidung zugrunde gelegten ständigen Rechtsprechung des Dienstgerichts des Bundes gehören zum Schutzbereich der sachlichen richterlichen Unabhängigkeit in erster Linie die eigentliche Rechtsfindung sowie die ihr mittelbar dienenden Sach- und Verfahrensentscheidungen einschließlich der dem Interesse der Rechtsuchenden dienenden richterlichen Handlungen, die in einem konkreten Verfahren mit der Aufgabe des Richters, Recht zu finden und den Rechtsfrieden zu sichern, in Zusammenhang stehen (sogenannter Kernbereich). Sie sind dienstaufsichtlichen Maßnahmen grundsätzlich entzogen, es sei denn, es liegt ein offensichtlicher, jedem Zweifel entrückter Fehlgriff vor. Dagegen unterliegt die richterliche Amtsführung insoweit der Dienstaufsicht, als es um die Sicherung eines ordnungsgemäßen Geschäftsablaufs, die äußere Form der Erledigung eines Dienstgeschäfts oder um solche Fragen geht, die dem Kernbereich der Rechtsprechungstätigkeit so weit entrückt sind, dass sie nur noch als zur äußeren Ordnung gehörig angesehen werden können (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteile vom 30. Oktober 2017 - RiZ(R) 1/17, DRiZ 2018, 184 Rn. 18; vom 26. Juli 2017 - RiZ(R) 3/16, juris Rn. 21; vom 4. März 2015 - RiZ(R) 4/14, NVwZ-RR 2015, 826 Rn. 21).
Mit Blick auf Formulierungen in Entscheidungsgründen gilt danach: Eine den Inhalt einer richterlichen Entscheidung betreffende dienstaufsichtliche Maßnahme ist grundsätzlich unzulässig, soweit es nicht ausnahmsweise lediglich um Fragen geht, die dem Bereich der äußeren Ordnung angehören, das heißt dem Kernbereich der Rechtsfindung so weit entrückt sind, dass für sie die Unabhängigkeitsgarantie des Art. 97 Abs. 1 GG vernünftigerweise nicht mehr in Anspruch genommen werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 24. Juni 1991 - RiZ(R) 3/91, DRiZ 1991, 410 unter 1 [juris Rn. 8 m.w.N.]). Insoweit ist es zwar nicht unmöglich, auch bei richterlichen Entscheidungen in der Ausdrucksweise ein Formelement zu sehen, das sich vielfach vom Inhalt abheben lässt, und auf der Grundlage dieser Unterscheidung "verbale Exzesse" dem äußeren Ordnungsbereich mit der Folge zuzuweisen, dass sie der Dienstaufsicht unterfallen (vgl. BGH, Urteil vom 17. Oktober 1977 - RiZ(R) 2/77, NJW 1978, 824 unter II 3 a [juris Rn. 26 m.w.N.]). Ihre Grenze findet eine solche Differenzierung aber, wo die Ausdrucksweise oder eine Formulierung Eingang in den sachlichen Inhalt der Entscheidung gefunden hat. Diese Voraussetzung liegt nicht erst dann vor, wenn die fragliche Passage der Entscheidung zur Rechtfertigung ihres Ergebnisses unerlässlich ist, es genügt, dass sie die Entscheidung mitbestimmt (BGH, Urteil vom 24. Juni 1991 - RiZ(R) 3/91, DRiZ 1991, 410 unter 2 a [juris Rn. 10 m.w.N.]). In einem solchen Fall sind Maßnahmen der Dienstaufsicht nur bei einer offensichtlich fehlerhaften Amtsausübung möglich (BGH, Urteil vom 17. Oktober 1977 - RiZ(R) 2/77 aaO). Im Zweifelsfall ist die richterliche Unabhängigkeit zu respektieren (BGH, Urteil vom 24. Juni 1991 - RiZ(R) 3/91, DRiZ 1991, 410 unter 1 [juris Rn. 8 m.w.N.]). Aus den genannten Grundsätzen ist in der Rechtsprechung des Dienstgerichts des Bundes gefolgert worden, dass richterliche Äußerungen, die mit der eigentlichen Rechtsfindung in keinem Zusammenhang stehen, sich vielmehr in der Herabwürdigung von Verfahrensbeteiligten oder Kollegen erschöpfen, der Dienstaufsicht zugänglich sein können (vgl. BGH, Urteile vom 22. Februar 2006 - RiZ(R) 3/05, NJW 2006, 1674 Rn. 27; vom 30. Oktober 2017 - RiZ(R) 1/17, DRiZ 2018, 184 Rn. 21).
So verhält es sich hier. Der Satz
"Es ist allerdings davon auszugehen, dass dieses vermutlich durch das LG G.
- Berufungskammer - unter besonderer Berücksichtigung des Pensenschlüssels anders gesehen wird." findet sich zwar in den Gründen eines Strafurteils, in dem er sich an die Begründung der Ablehnung der Strafaussetzung zur Bewährung anschließt. Wie auch das Dienstgericht ausgeführt hat, handelt es sich bei der verfahrensgegenständlichen Urteilspassage aber um einen von den übrigen Urteilsgründen ablösbaren Teil, der mit der sachlichen Rechtsfindung in keinem Zusammenhang steht.
Denn der vorgehaltene Satz erschöpft sich nach der revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden und damit im Revisionsverfahren maßgeblichen Auslegung durch das Dienstgericht darin, den Richtern des Berufungsgerichts schon vorab eine sachfremde Motivation für die vermutete Abänderung der Bewährungsentscheidung zu unterstellen. Mit diesem In- halt steht der Satz mit der eigentlichen Rechtsfindung in keinem Zusammenhang, sondern erschöpft sich in der Herabwürdigung von Kollegen. Entgegen dem Revisionsvorbringen ist damit in der Urteilspassage auch gerade keine mit der Entscheidung, ob die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung ausgesetzt werden kann, im Zusammenhang stehende Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des Rechtsmittelgerichts zu erkennen.
II. Auch mit dem Hilfsantrag hat die Revision keinen Erfolg.
1. Der Hilfsantrag ist unzulässig.
Das Begehren des Antragstellers erweist sich als im Prüfungsverfahren nicht statthaft. Es handelt sich vorliegend nicht um ein Disziplinarverfahren. Unbeschadet des Umstands, dass schon deshalb das Revisionsvorbringen zur Anwendbarkeit von § 4 des Sächsischen Disziplinargesetzes (SächsDG) und zum erzieherischen Zweck des Disziplinarverfahrens fehl geht, folgt daraus, dass das Dienstgericht des Bundes gemäß § 67 Abs. 4 DRiG entweder die Unzulässigkeit der Maßnahme feststellt oder den Antrag zurückweist. Die Einstellung des Verfahrens wegen überlanger Verfahrensdauer ist im Prüfungsverfahren hingegen nicht vorgesehen. Auch nach den Regelungen des Gerichtsverfassungsgesetzes ist für Gerichtsverfahren, durch die ein Beteiligter wegen unangemessener Dauer einen Nachteil erleidet, die Einstellung des Verfahrens nicht vorgesehen. Er kann allenfalls unter den - hier nicht dargetanen - Voraussetzungen des § 198 GVG eine Entschädigung oder eine anderweitige Wiedergutmachung erhalten.
2. Der Hilfsantrag wäre im Übrigen auch unbegründet, insbesondere ist nicht ansatzweise dargelegt oder erkennbar, dass die Verfahrensdauer zur Unverhältnismäßigkeit und damit zur Verfassungswidrigkeit der Entscheidung führen könnte.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 80 Abs. 1 DRiG, § 154 Abs. 2 VwGO.
Mayen Prof. Dr. Karczewski Dr. Menges Harsdorf-Gebhardt Gericke Vorinstanz: LG Leipzig, Entscheidung vom 17.03.2020 - 66 DG 1/17 -