19 W (pat) 46/13
BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 46/13 Verkündet am 2. März 2015
…
BESCHLUSS In der Beschwerdesache …
betreffend die Patentanmeldung 10 2010 022 740.4 hat der 19. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 2. März 2015 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Phys. Dr. Hartung, der Richterin Kirschneck sowie der Richter Dipl.-Phys. Arnoldi und Dipl.-Ing. Matter BPatG 154 05.11 beschlossen:
Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse H 02 J des Deutschen Patent- und Markenamts vom 16. Mai 2013 aufgehoben und das Patent mit der Nummer 10 2010 022 740 erteilt:
Bezeichnung:
Übertragungssystem zum Laden der Traktionsbatterien eines elektrisch angetriebenen Kraftfahrzeugs Anmeldetag:
4. Juni 2010.
Innere Priorität: 10 2010 011 235.6, 12. März 2010.
Der Patenterteilung liegen folgende Unterlagen zugrunde:
Patentansprüche 1 bis 10, überreicht in der mündlichen Verhandlung,
Beschreibung, Seiten 1, 2 und 2a, überreicht in der mündlichen Verhandlung, Seiten 3 bis 5, vom 4. Juni 2010,
Blatt Zeichnung, Figur 1, vom 4. Juni 2010.
Gründe I.
Das Deutsche Patent- und Markenamt - Prüfungsstelle für Klasse H 02 J - hat die am 4. Juni 2010 eingereichte Anmeldung mit Beschluss vom 16. Mai 2013 zurückgewiesen. In der schriftlichen Begründung ist ausgeführt, dass der Gegenstand des mit Schriftsatz vom 28. Juni 2011, eingegangen am 1. Juli 2011, eingereichten Patentanspruchs 1 mangels erfinderischer Tätigkeit nicht gewährbar sei.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin vom 22. Mai 2013, eingegangen am 24. Mai 2013. Sie hat in der mündlichen Verhandlung am 2. März 2015 neue Unterlagen eingereicht und stellt den Antrag:
den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse H 02 J des Deutschen Patent- und Markenamts vom 16. Mai 2013 aufzuheben und das nachgesuchte Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:
Patentansprüche 1 bis 10 sowie Beschreibung, Seiten 1, 2 und 2a, überreicht in der mündlichen Verhandlung, Seiten 3 bis 5, vom 4. Juni 2010, 1 Blatt Zeichnung, Figur 1, vom 4. Juni 2010,
hilfsweise,
Patentansprüche 1 bis 8 gemäß Hilfsantrag 1, überreicht in der mündlichen Verhandlung,
Patentansprüche 1 bis 7 gemäß Hilfsantrag 2, überreicht in der mündlichen Verhandlung,
Patentansprüche 1 bis 7 gemäß Hilfsantrag 3, überreicht in der mündlichen Verhandlung,
Patentansprüche 1 bis 6 gemäß Hilfsantrag 4, überreicht in der mündlichen Verhandlung,
übrige Unterlagen zu den Hilfsanträgen 1 bis 4 jeweils wie Hauptantrag.
Der in der mündlichen Verhandlung überreichte Anspruch 1 nach Hauptantrag, der dem Anspruch 1 vom 28. Juni 2011 entspricht, lautet mit einer eingefügten Gliederung:
M1 Übertragungssystem zum Laden der Traktionsbatterien eines elektrisch angetriebenen Kraftfahrzeugs an einer Ladestation,
M1.1 die eine an das Kraftfahrzeug anfügbare Ankoppelvorrichtung mit mindestens einem Transformatorteil aufweist, durch das elektrische Energie auf ein Transformatorteil am Kraftfahrzeug übertragen werden kann,
M1.2 wobei das fahrzeugseitige Transformatorteil hinter einem Kennzeichenschild (3) des Kraftfahrzeugs angeordnet ist,
dadurch gekennzeichnet,
M1.3 dass bei zusammengefügten Transformatorteilen der Ladestation und des Kraftfahrzeugs sich das Kennzeichenschild (3) zwischen den Transformatorteilen befindet.
Im Prüfungsverfahren wurden die folgenden Entgegenhaltungen genannt:
E (1) DE 10 2009 023 409 A1 (nachveröffentlicht, aber älterer Zeitrang)
E (2) DE 20 2009 007 394 U1 E (3) EP 0 788 211 B1 E (4) HowStuffWorks, Inc.: How Electric Cars Work. 1998-
2005, Fotos von Jon Mauney. http://science.howstuffworks.com/electric-car.htm/printable [online]. E (5) DE 24 34 890 B1 (von der Anmelderin selbst genannt) E (6) DE 36 22 483 A1 E (7) Kfz-Kennzeichen. 25. Februar 2010, Wikipedia [online]. In: http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Kfz-Kennzeichen_(Deutschland)&oldid=71127554.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die statthafte und auch sonst zulässige Beschwerde hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Patenterteilung gemäß Hauptantrag.
1. Die Anmeldung betrifft ein Übertragungssystem zum Laden der Traktionsbatterien eines elektrisch angetriebenen Kraftfahrzeugs an einer Ladestation, die eine an das Kraftfahrzeug anfügbare Ankoppelvorrichtung mit mindestens einem Transformatorteil aufweist, durch das elektrische Energie auf ein Transformatorteil am Kraftfahrzeug übertragen werden kann, wobei das fahrzeugseitige Transformatorteil hinter einem Kennzeichenschild des Kraftfahrzeugs angeordnet ist (Beschreibung, S. 1, Abs. 1).
In der Beschreibungseinleitung wird das aus der E (5) (= DE 24 34 890 B1) bekannte induktive Ladesystem für elektrisch angetriebene Kraftfahrzeuge als Beispiel für den Stand der Technik genannt (S. 1, Abs. 2). In der E (5) werde ein Übertragungssystem gezeigt, das aus zwei Transformatorteilen bestehe. Das eine Teil befinde sich in einer horizontalen Ladeplanke der Ladestation, das andere Transformatorteil in der vorderen Stoßstange des Kraftfahrzeuges. Sobald die beiden Transformatorteile miteinander verbunden seien, werde elektrische Energie auf induktivem Weg auf das Kraftfahrzeug übertragen. Um eine luftspaltfreie Ankopplung der Transformatorteile zu erreichen, seien die beiden Transformatorteile jeweils federnd gelagert (S. 1, Abs. 2). Dieses bekannte Übertragungssystem setze voraus, dass die Form, die Abmessungen und die räumliche Anordnung der zu verbindenden Transformatorteile an der Ladestation und am Kraftfahrzeug in zueinander passender Weise ausgebildet seien. Dies sei in der Praxis schwierig zu erfüllen, weil es sehr unterschiedliche Kraftfahrzeuge mit entsprechend unterschiedlichen Karosserieformen gebe und zudem die vordere Stoßstange oftmals durch Karosserieteile (z. B. die Frontschürze) verdeckt sei (seitenübergreifender Abs. auf S. 1, 2).
Daher stelle sich die Aufgabe, ein Ladesystem für Elektroautos so auszubilden, dass es möglichst einfach, universell und komfortabel verwendbar sei (S. 2a, Abs. 2).
Die Anmeldung löse dieses Problem, indem bei zusammengefügten Transformatorteilen der Ladestation und des Kraftfahrzeugs sich das Kennzeichenschild zwischen den Transformatorteilen befände (S. 2a, Abs. 3). Dies biete den Vorteil, dass amtliche Kennzeichenschilder im Allgemeinen an standardisierten Anbauorten angeordnet seien (z. B. mittig an der Fahrzeugfront mit einer Mindestanbauhöhe). Selbst bei einer abweichenden Positionierung des Nummernschildes sei dieses immer leicht auffindbar (S. 2a, Abs. 4).
2. Bei dieser Sachlage sieht der Senat ein Team bestehend aus einem Diplom-Ingenieur der Fachrichtung Fahrzeugtechnik und einem Diplom-Ingenieur der Fachrichtung Elektrotechnik als zuständigen Fachmann an (vgl. BGH v. 6. März 2012, X ZR 78/09 = GRUR 2012, 482 - Pfeffersäckchen). Beide verfügen über eine mehrjährige Erfahrung in der Entwicklung von elektrisch angetriebenen Fahrzeugen und den dafür nötigen Ladesystemen.
3. Die Patentansprüche gemäß Hauptantrag sind zulässig, da sie den Gegenstand der Anmeldung nicht erweitern (§ 38 PatG).
Die Merkmale des Gegenstands des Anspruchs 1 nach Hauptantrag sind wie folgt ursprünglich offenbart:
M1 bis M1.2 (vgl. Offenlegungsschrift, Anspruch 1) M1.3 (vgl.
o Offenlegungsschrift, Absatz [0009]: „Da die Transformatorteile dann nur durch das relativ dünnwandige Kennzeichenschild getrennt sind“; o Absatz [0013]: „Endabschnitte beider Joche 1, 2 liegen an einander gegenüberliegenden Flächen eines im Schnitt dargestellten Kennzeichenschildes 3 an, so dass die Jochenden beider Transformatorteile, getrennt durch das Kennzeichenschild 3, einander gegenüberstehen.“ i. V. m. Absatz [0012], in dem definiert ist: „Unter einem Transformatorteil soll hier jeweils ein mit mindestens einer Wicklung versehenes Joch 1, 2 verstanden werden.“
o Figur 1, welche das Kennzeichenschild 3 zwischen den beiden Jochen (= Transformatorteilen) 1 und 2 zeigt).
Die Unteransprüche 2 bis 10 gemäß Hauptantrag entsprechen den ursprünglichen Unteransprüchen 2 bis 10.
4. Das im Anspruch 1 gemäß Hauptantrag angegebene Übertragungssystem ist neu (§ 3 PatG).
4.1 Die Entgegenhaltung E (1) zeigt die Merkmale
M1 (vgl. Anspruch 1 und in der Figur 1 das Übertragungssystem 1),
M1.1 (vgl. in der Figur 1 die Ankoppelvorrichtung 2 mit dem ladestationsseitigem Transformatorteil 23 sowie das Transformatorteil 124 im Fahrzeug) und
M1.2 (vgl. in der Figur 1 das Transformatorteil 124, das hinter der Schutzklappe 117 mit darauf angebrachtem Kennzeichenschild angeordnet ist).
Bei dem Übertragungssystem der E (1) wird vor dem Zusammenfügen der beiden Transformatorteile die Schutzklappe 117 mit dem Kennzeichenschild heruntergeklappt (vgl. Figuren 2 und 3). Damit ist das Merkmal M1.3 aus der E (1) nicht bekannt.
Somit ist das im Anspruch 1 gemäß Hauptantrag angegebene Übertragungssystem neu gegenüber dem in der E (1) gezeigten Übertragungssystem.
4.2 Aus der Entgegenhaltung E (2) sind die Merkmale
M1 (vgl. Ansprüche 1, 3 und 9), teilweise M1.1 (bekannt hinsichtlich der Ankoppelvorrichtung,
vgl. den Roboterarm gemäß Anspruch 9 und hinsichtlich der Übertragung elektrischer Energie, vgl. den Anspruch 3; nicht bekannt bezüglich der beiden Transformatorteile) und
teilweise M1.2 (bekannt hinsichtlich der Anordnung der fahrzeugseitigen Teils des Anschlusssystems hinter dem Kennzeichenschild, vgl. Anspruch 1; nicht bekannt hinsichtlich des Transformatorteils)
bekannt. Bei dem Übertragungssystem der E (2) wird vor dem Anschließen des externen Energieträgerzuführungsanschlusses das Kennzeichenschild weggeklappt oder verschoben oder verdreht (vgl. Ansprüche 1 und 2). Damit ist das Merkmal M1.3 aus der E (2) nicht bekannt.
Somit ist das im Anspruch 1 gemäß Hauptantrag angegebene Übertragungssystem neu gegenüber dem in der E (2) gezeigten Übertragungssystem.
4.3 Aus der Entgegenhaltung E (3) sind die Merkmale
M1 (vgl. Übersetzung des Anspruchs 1: „Verbindungssystem bzw. Anschlusssystem zum Laden eines Akkumulators … eines elektrischen Kraftfahrzeugs (E) ... Wandfläche (W) einer Parkfläche“; Figuren 5 und 15) und
M1.1 (vgl. Absatz [0103]: „coil positioning apparatus 80“, Absatz [0113]: „primary coil 31“; [0110]: “the vehicle E is provided with a secondary coil 14 at its front surface. The electromagnetic connection surface of the secondary coil 14 is orientated in conformity with a contact surface of the bumper B with the coil positioning apparatus 80.”; Figuren 14 bis 18)
bekannt. Von einem Kennzeichenschild ist in der E (3) nicht die Rede und ein solches ist auch in den Figuren nicht gezeigt. Die Merkmale M1.2 und M1.3, d. h. dass das fahrzeugseitige Transformatorteil hinter einem Kennzeichenschild angeordnet ist und dass bei zusammengefügten Transformatorteilen der Ladestation und des Kraftfahrzeugs sich das Kennzeichenschild zwischen den Transformatorteilen befindet, sind daher aus der E (3) nicht bekannt.
Somit ist das im Anspruch 1 gemäß Hauptantrag angegebene Übertragungssystem neu gegenüber dem in der E (3) gezeigten Übertragungssystem.
4.4 Aus der E (4) sind die Merkmale
M1 (vgl. Seite 4: „A charger was added so that the batteries could be recharged. This particular car actually has two charging systems -- one from a normal 120-volt or 240-volt wall outlet, and the other from a magna-charge inductive charging paddle.”; Foto der Ladestation auf Seite 15),
M1.1 (Foto der Ladestation mit Ankoppelvorrichtung auf Seite 15; Foto des fahrzeugseitigen Transformatorteils im Kofferraum des Kraftfahrzeugs auf Seite 15; Fotos auf der Seite 16, die das manuelle Anfügen der ladestationsseitigen Ankoppelvorrichtung an das Kfz zeigen; Seite 16, Absatz 1: „The paddle acts as one half of a transformer. The other half is inside the car, positioned around the slot behind the license plate. When you insert the paddle, it forms a complete transformer with the slot, and power transfers to the car.”) und
M1.2 (zweites Foto auf Seite 16, das die fahrzeugseitige Buchse hinter dem hinteren Kennzeichenschild des Kfz zeigt und zweites Foto auf der Seite 15, das das fahrzeugseitige Transformatorteil im Inneren des Kofferraums zeigt)
bekannt. Bei dem aus der E (4) bekannten induktiven Übertragungssystem wird das Kennzeichen vor dem Zusammenfügen der beiden Transformatorteile heruntergeklappt. Das Merkmal M1.3 ist damit aus der E (4) nicht bekannt.
Somit ist das im Anspruch 1 gemäß Hauptantrag angegebene Übertragungssystem neu gegenüber dem in der E (4) gezeigten Übertragungssystem.
4.5 Aus der E (5) sind die Merkmale
M1 (vgl. Anspruch 1) und M1.1 (vgl. Anspruch 1: „in zwei Teile (8, 10) geteilten Transformator (6)“ und die Figuren 1 und 4)
bekannt. In der E (5) ist von einem Kennzeichenschild nicht die Rede und ein solches wird auch in den Figuren nicht gezeigt. Die Merkmale M1.2 und M1.3 sind daher aus der E (5) nicht bekannt.
Somit ist das im Anspruch 1 gemäß Hauptantrag angegebene Übertragungssystem neu gegenüber dem in der E (5) gezeigten Übertragungssystem.
4.6 Aus der E (6) ist keines der Merkmale M1 bis M1.3 bekannt. Die E (6) beschäftigt sich mit der konstruktiven Ausgestaltung eines Stoßfängers für Fahrzeuge. Dieser ist in der Weise ausgebildet, dass er kostengünstig verschiedene Ländervarianten realisieren kann, die sich durch unterschiedliche gesetzliche Anforderungen an die Kennzeichenschildgröße und an den Anbringungsort des Kennzeichenschildes ergeben (vgl. Spalte 2, Zeilen 49 – 58; Spalte 3, Zeilen 4 – 8; Spalte 3, Zeilen 13 – 17; Spalte 5, Zeilen 19 – 22).
4.7 Aus der E (7), dem Wikipedia-Eintrag zu dem Begriff „Kfz-Kennzeichen (Deutschland)“, ist keines der Merkmale M1 bis M1.3 bekannt. In der E (7) sind u. a. Kennzeichenschilder aus Kunststoff genannt (vgl. dort Seiten 6 und 7).
5. Das im Anspruch 1 gemäß Hauptantrag angegebene Übertragungssystem beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit (§ 4 PatG).
5.1 Die Entgegenhaltung E (1) hat zwar einen älteren Zeitrang als die hier vorliegende Anmeldung, sie ist aber nachveröffentlicht. Daher wird sie gemäß § 4 Satz 2 PatG bei der Prüfung auf erfinderische Tätigkeit nicht in Betracht gezogen.
5.2 Aus der Entgegenhaltung E (2) sind – wie vorstehend dargelegt – das Merkmal M1 sowie teilweise die Merkmale M1.1 und M1.2 bekannt. Die E (2) liefert dem Fachmann keine Anregung, das Übertragungssystem als induktives Übertragungssystem mit zwei Transformatorteilen auszugestalten.
5.3 Aus der Entgegenhaltung E (3) sind – wie vorstehend dargelegt – die Merkmale M1 und M1.1 bekannt, d. h. die E (3) zeigt ein induktives Übertragungssystem für elektrische Energie zwischen einer Ladestation und einem Fahrzeug. Der für die induktive Energieübertragung notwendige Transformator ist in einen ladestationsseitigen und einen fahrzeugseitigen Transformatorteil aufteilt. In der E (3) werden zwei verschiedene Kopplungsvarianten der beiden Transformatorteile beschrieben. In der ersten Variante weist die Stoßstange des Fahrzeugs eine Öffnung mit integriertem Transformatorteil auf. In diese Öffnung wird das Transformatorteil der Ladestation eingeführt und so die gewünschte induktive Kopplung zwischen den beiden Transformatorteilen hergestellt (vgl. die Figuren 1 – 4).
In der zweiten Variante befindet sich das fahrzeugseitige Transformatorteil 14 im Inneren der vorderen Stoßstange bzw. Frontschürze (vgl. die Figuren 10, 11, 15, 16, 17, 18). Das entsprechend geformte ladestationsseitige Transformatorteil 31 wird von außen an die Stoßstange angelegt, um die gewünschte induktive Kopplung zu erzielen. Nach dem Parken des Fahrzeugs vor der Ladestation erfolgt eine automatische Ausrichtung des ladestationsseitigen Transformatorteils 31 in Bezug auf das fahrzeugseitige Transformatorteil 14. Hierzu ist eine Positionierhilfe vorgesehen. Diese besteht aus Signalquellen 43a (z. B. Lichtquellen oder Ultraschallsender) in der Stoßstange des Fahrzeugs und entsprechenden Detektoren 43 in der Ladestation (vgl. die Figuren 10, 11, 17; Absätze [0091], [0117]). An der Ladestation sorgen Verstelleinrichtungen 50, 80 für das Transformatorteil 31 stets für eine optimale Ausrichtung der beiden Transformatorteile 31, 14 zueinander und damit eine gute magnetische Kopplung (vgl. Figuren 8, 10, 11, 14, 15, 16, 17; Absatz [0085] ff.). Wie der Figur 16 zu entnehmen ist, toleriert das aus der E (3) bekannte Übertragungssystem sogar ein gewisses Maß an „Schrägparken“ des Kraftfahrzeugs (vgl. Absätze [0112], [0113]).
Das fahrzeugseitige Transformatorteil 14 ist bei den verschiedenen Ausführungsformen der E (3) stets außermittig in der vorderen Frontschürze bzw. Stoßstange des Kraftfahrzeugs untergebracht (vgl. die Figuren 10, 11, 15, 16, 17 und 26). Das Problem einer möglichst exakten Positionierung des ladestationsseitigen Transformatorteils in Bezug auf das fahrzeugseitige Transformatorteil ist in der E (3) mit Hilfe der beschriebenen Positionierhilfe ersichtlich zufriedenstellend gelöst. Der Fachmann kann der E (3) keinen Hinweis entnehmen und bekommt auch keine Anregung, von der außermittigen Positionierung des fahrzeugseitigen Transformatorteils abzugehen und eine mittige Positionierung in Betracht zu ziehen.
Selbst wenn er eine solche mittige Positionierung in Betracht zöge, hätte er keine Veranlassung, das fahrzeugseitige Transformatorteil hinter dem Kennzeichenschild anzuordnen. Zunächst ist festzustellen, dass in der E (3) ein Kennzeichenschild weder in der Beschreibung genannt noch in den Figuren dargestellt ist. Sodann stellt das Kennzeichenschild für den Fachmann ein Hindernis bzw. einen Fremdkörper für das induktive Übertragungssystem der E (3) dar, welches die Energieübertragung stören würde. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Form und Größe eines Kennzeichenschilds und insbesondere sein genauer Anbringungsort am Kraftfahrzeug nicht alleine von technischen Vorgaben des Fahrzeugherstellers, sondern auch von sich unterscheidenden länderspezifischen Anforderungen abhängt (vgl. z. B. die E (6), Spalte 2, Zeilen 49 – 58). Damit müsste ein hinter dem Kennzeichenschild angebrachtes fahrzeugseitiges Transformatorteil je nach Ländervariante unter Umständen unterschiedlich gestaltet und an unterschiedlichen Orten am Fahrzeug vorgesehen werden. Dies hätte für die fahrzeug- seitigen Komponenten des induktiven Übertragungssystems einen erheblichen Zusatzaufwand in der Entwicklung, Fertigung und Zulassung zur Folge.
Hier liefert auch die Zusammenschau mit der Entgegenhaltung E (4) dem Fachmann keine Anregung dafür, das aus der E (3) bekannte induktive Übertragungssystem so zu verändern, dass das fahrzeugseitige Transformatorteil hinter dem Kennzeichenschild angeordnet ist. Die E (4) zeigt exemplarisch, wie ein herkömmliches Kraftfahrzeug mit Verbrennungsmotor zu einem Elektroauto umgebaut werden kann (vgl. dort Seite 2, Abschnitt „A sample car“). Dabei sind zwei Ladesysteme für die Traktionsbatterien des Elektroautos vorgesehen; ein galvanisches, dessen Buchse zur Aufnahme eines ladestationsseitigen Steckers sich hinter dem Tankdeckel verbirgt und ein induktives, dessen Aufnahmeschlitz hinter dem hinteren Kennzeichenträger im Kofferraum des Fahrzeugs eingerichtet ist (vgl. die beiden Fotos auf der Seite 5). Das induktive Ladesystem besteht aus einer Ladestation mit Kabel und daran angeschlossenem Transformatorteil, welches nach Herunterklappen des hinteren Kennzeichenschildes in den dazu passenden Aufnahmeschlitz des Fahrzeugs eingeführt wird (vgl. die vier Fotos auf den Seiten 15 und 16). Dieses induktive Übertragungssystem wird – im Gegensatz zu dem aus der E (3) bekannten System – manuell von dem Benutzer bedient. Die Ausführung der beiden Transformatorteile ähnelt der ersten Variante der E (3) (vgl. dort die Figuren 1 bis 4). Die E (4) beschreibt eine Nachrüstlösung, bei der für die fahrzeugseitigen Komponenten des induktiven Übertragungssystems der Kofferraum als für eine Nachrüstung geeigneter Einbauort bestimmt wurde. Auch wenn die E (4) für sich genommen das Merkmal M1.2 zeigt, würde ein Fachmann ausgehend von der E (3) die aus der E (4) bekannte Anordnung des fahrzeugseitigen Transformatorteils hinter dem hinteren Kennzeichenschild im Kofferraum für einen Großserieneinsatz nicht in Betracht ziehen, da eine solche Lösung ersichtlich den verfügbaren Platz im Kofferraum verkleinert. Für das Merkmal M1.3 liefert die E (4) dem Fachmann ohnehin keine Anregung.
Auch die Zusammenschau mit der Entgegenhaltung E (2) vermag dem Fachmann keine Anregung geben, das aus der E (3) bekannte Übertragungssystem so zu verändern, dass es die Merkmale M1.2 und M1.3 aufweist. Zum Einen zeigt die E (2) kein induktives Ladesystem, zum Anderen wird bei der E (2) wie bei dem System gemäß der E (4) das Kennzeichenschild zum Laden so weggeklappt oder verschoben, dass es einem externen Ladeanschluss nicht im Wege ist.
Das in der Entgegenhaltung E (5) gezeigte induktive Übertragungssystem weist ebenso wie das aus der Entgegenhaltung E (3) bekannte System die Merkmale M1.2 und M1.3 nicht auf und vermag dem Fachmann auch keine Hinweise in diese Richtung zu geben.
Damit ergibt sich der Gegenstand des Anspruchs 1 ausgehend von der E (3) für den Fachmann nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik.
5.4 Auf die Entgegenhaltung E (4) wurde bereits vorstehend im Zusammenhang mit der E (3) eingegangen. Aus ihr ist ein Übertragungssystem zum Laden der Traktionsbatterien eines elektrisch angetriebenen Kraftfahrzeugs gemäß M1 bekannt, dass zudem die Merkmale M1.1 und M1.2 umfasst.
Soweit stimmt der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hauptantrag mit dem aus der E (4) bekannten Übertragungssystem überein. Als Unterschied verbleibt das Merkmal M1.3, d. h. dass sich bei zusammengefügten Transformatorteilen der Ladestation und des Kraftfahrzeugs das Kennzeichenschild zwischen den Transformatorteilen befindet.
Wie zur E (3) dargelegt, handelt es sich bei dem aus der E (4) bekannten Übertragungssystem um eine Nachrüstlösung, mit der ein herkömmliches Kraftfahrzeug mit Verbrennungsmotor zu Versuchszwecken zu einem Elektroauto umgebaut wurde. Hinter dem hinteren Kennzeichenträger mit Kennzeichenschild befindet sich ein Aufnahmeschlitz mit dem fahrzeugseitigen Transformatorteil. In seiner Normalstellung verdeckt der Kennzeichenträger mit dem Kennzeichenschild den Aufnahmeschlitz. Nur zum Laden wird der Kennzeichenträger heruntergeklappt und das flache ladestationsseitige „paddle“, also das ladestationsseitige Transformatorteil, wird vom Benutzer manuell in den Aufnahmeschlitz eingeführt, wodurch offensichtlich eine gute magnetische Kopplung der beiden Transformatorteile gewährleistet ist. Für den Fachmann ergibt sich keine Motivation, das Kennzeichenschild während des Ladevorgangs stehen zu lassen und eine Energieübertragung durch das Schild hindurch vorzusehen, denn hierdurch würde sich die magnetische Kopplung ersichtlich verschlechtern.
Damit ergibt sich der Gegenstand des Anspruchs 1 auch ausgehend von der E (4) für den Fachmann nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik.
5.5 Die von der Anmelderin selbst genannte E (5) umfasst wie die E (3) die Merkmale M1 und M1.1 (vgl. den Anspruch 1 und die Figuren 1 und 4) des Gegenstands des Anspruchs 1 nach Hauptantrag, nicht jedoch die Merkmale M1.2 und M1.3. Die E (5) adressiert – wie auch die E (3) – das Problem einer einfachen und möglichst selbsttätigen Positionierung der beiden Transformatorteile eines induktiven Übertagungssystems zur Erzielung einer möglichst guten induktiven Kopplung der beiden Transformatorteile (vgl. Spalte 2, Zeilen 58 – 61; Figuren 1 und 4). Zur Lösung dieses Problems werden in der E (5) zwei Vorgehensweisen beschrieben: Zum Einen die im Vergleich zum fahrzeugseitigen Transformatorteil größere Abmessung des ladestationsseitigen Transformatorteils (vgl. Anspruch 1 und Figur 4), zum Anderen das Vorsehen einer Positionierhilfe für den Fahrer des Kraftfahrzeugs beim Parken vor der Ladestation in Form von optischen Markierungen bzw. einer Räderführung (vgl. Anspruch 3). Eine Motivation für den Fachmann, von dem in der E (5) beschriebenen Lösungen abzugehen und eine Anbringung des fahrzeugseitigen Transformatorteils hinter dem Kennzeichenschild vorzusehen, ist nicht gegeben. Des Weiteren ist es aus der E (5) bekannt, zum Schutz der beiden Transformatorteile diese jeweils mit einer Kunststoffummantelung zu versehen bzw. das fahrzeugseitige Transformatorteil in eine Kunststoffstoßstange einzugießen. Dabei wird in der E (5) darauf hingewiesen, dass die Kunststoffummantelung im Bereich der Kuppelfläche möglichst dünnwandig auszuführen ist, um den Luftspalt und die Magnetfeldstreuung möglichst klein zu halten (vgl. Spalte 4, Zeilen 20 – 32). Auch dieser Hinweis gibt dem Fachmann keine Veranlassung dazu, das fahrzeugseitige Transformatorteil hinter dem Kennzeichenschild anzuordnen und die induktive Energieübertragung durch das Schild hindurch vorzunehmen, sondern hält ihn vielmehr davon ab, denn durch diese Maßnahme würde sich der Luftspalt erheblich vergrößern und die magnetische Kopplung wäre entsprechend geringer.
Damit ergibt sich der Gegenstand des Anspruchs 1 auch ausgehend von der E (5) für den Fachmann nicht in naheliegender Weise.
6. Die Unteransprüche 2 bis 10, sowie die Beschreibung und die Zeichnung erfüllen die an sie zu stellenden Anforderungen.
7. Das Patent war daher gemäß Hauptantrag zu erteilen.
8. Auf die angefügte Rechtsmittelbelehrung wird hingewiesen.
Dr. Hartung Kirschneck Arnoldi Matter Pü Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss steht den an dem Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu, wenn der Beschwerdesenat sie in dem Beschluss zugelassen hat (§§ 99 Abs. 2, 100 Abs. 1, 101 Abs. 1 Patentgesetz (PatG)).
Hat der Beschwerdesenat in dem Beschluss die Einlegung der Rechtsbeschwerde nicht zugelassen, ist die Rechtsbeschwerde nur statthaft, wenn einer der nachfolgenden Verfahrensmängel durch substanziierten Vortrag gerügt wird (§ 100 Abs. 3 PatG): 1. Das beschließende Gericht war nicht vorschriftsmäßig besetzt. 2. Bei dem Beschluss hat ein Richter mitgewirkt, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war. 3. Einem Beteiligten war das rechtliche Gehör versagt. 4. Ein Beteiligter war im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat. 5. Der Beschluss ist aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind. 6. Der Beschluss ist nicht mit Gründen versehen. Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe, schriftlich einzulegen (§ 102 Abs. 1 PatG).
Die Rechtsbeschwerde kann auch als elektronisches Dokument, das mit einer qualifizierten oder fortgeschrittenen elektronischen Signatur zu versehen ist, durch Übertragung in die elektronische Poststelle des Bundesgerichtshofes eingelegt werden (§ 125a Abs. 3 Nr. 1 PatG i. V. m. § 1, § 2 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, Abs. 2a, Anlage (zu § 1) Nr. 6 der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesgerichtshof und Bundespatentgericht (BGH/BPatGERVV)). Die elektronische Poststelle ist über die auf der Internetseite des Bundesgerichtshofes www.bundesgerichtshof.de/erv.html bezeichneten Kommunikationswege erreichbar (§ 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGH/BPatGERVV). Dort sind auch die Einzelheiten zu den Betriebsvoraussetzungen bekanntgegeben (§ 3 BGH/BPatGERVV).
Die Rechtsbeschwerde muss durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten des Rechtsbeschwerdeführers eingelegt werden (§ 102 Abs. 5 Satz 1 PatG).