I ZB 4/18
BUNDESGERICHTSHOF I ZB 4/18 BESCHLUSS vom 13. September 2018 in der Rechtsbeschwerdesache ECLI:DE:BGH:2018:130918BIZB4.18.0 Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. September 2018 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Koch, den Richter Prof. Dr. Kirchhoff, die Richterin Dr. Schwonke, den Richter Feddersen und die Richterin Dr. Schmaltz beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 14. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 18. Dezember 2017 wird auf Kosten des Klägers als unzulässig verworfen (§ 577 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Wert des Beschwerdegegenstands: 259,79 €.
Gründe:
I. Der Kläger begehrt, die Vollstreckung aus zwei Kostenfestsetzungsbeschlüssen des Landgerichts Leipzig vom 20. August 2012 für unzulässig zu erklären. Er macht geltend, dass die titulierten Forderungen vollständig getilgt seien.
Der Kläger hat in der Klagebegründung vorgetragen, die angebliche Restforderung der Beklagten aus der als Anlage A 12 vorgelegten Forderungsaufstellung vom 23. November 2015 sei unbegründet und die Zwangsvollstreckung daher unzulässig. Mit Schriftsatz vom 1. August 2016 hat die Beklagte unter Beifügung einer entsprechenden Forderungsaufstellung mitgeteilt, dass sich ihre Restforderung noch auf 142,94 € belaufe und sie den Zwangsvollstreckungsauftrag an den Gerichtsvollzieher entsprechend beschränkt habe.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 1 ZPO als unzulässig verworfen.
II. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Wert des Beschwerdegegenstands übersteige nicht 600 € (§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Dazu hat es ausgeführt:
Die Beschwer entspreche im Streitfall nicht den in den Kostenfestsetzungsbeschlüssen vom 20. August 2012 titulierten Forderungen im Gesamtbetrag von 4.367,13 €. Vielmehr fließe der unstreitig erledigte Teil der Gesamtforderung nicht in die Wertfestsetzung ein. Zwar sei für den Wert der Vollstreckungsabwehrklage grundsätzlich der Betrag der Hauptforderung ohne Zinsen und Kosten des Vorprozesses maßgeblich. Eine Ausnahme gelte jedoch, wenn sich aus den Anträgen oder der Klagebegründung ergebe, dass die Zwangsvollstreckung wegen eines Teilbetrags oder eines Restbetrags für unzulässig erklärt werden solle. Hier spreche bereits einiges dafür, dass der Wert sich lediglich aus dem noch streitigen Restbetrag ergebe. Der Kläger habe bereits in der Klagebegründung darauf hingewiesen, dass es vorliegend nur noch um die streitige Restforderung gehe, und die Beklagte habe in der Klageerwiderung und ihrem Schriftsatz vom 1. August 2016 ausdrücklich erklärt, die Forderung sei bis auf einen Restbetrag von 142,93 € erfüllt worden.
Selbst wenn dies für die Festsetzung eines entsprechend geringeren Werts nicht genügen sollte, weil der Kläger in der Berufungsinstanz ausdrücklich seinen Klageantrag weiterverfolge, die Zwangsvollstreckung insgesamt für unzulässig zu erklären, sei vorliegend jedenfalls nicht die gesamte Hauptforderung für die Wertbestimmung maßgeblich. Trügen die Parteien übereinstimmend eine teilweise Erfüllung des Zahlungstitels vor, beantrage der Titelschuldner aber dennoch uneingeschränkt, die Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung zu erklären, dann sei der unstreitig erfüllte Teilbetrag nur mit einem geringeren Titulierungsinteresse zu bewerten. Der Wert der Beseitigung des Titels über den unstreitig erfüllten Teilbetrag sei danach im Streitfall mit 200 €, also etwa 5% des Nennwerts, ausreichend bemessen. Der Streitwert und die Beschwer für die Berufungsinstanz beliefen sich unter Berücksichtigung der noch streitigen Restforderung von 142,93 € somit auf lediglich 342,93 €.
III. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO). Sie ist aber unzulässig, weil weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erfordert (§ 574 Abs. 2 ZPO). Die Beschwer des Klägers übersteigt jedenfalls nicht 600 €, so dass die Berufung als unzulässig zu verwerfen war.
1. Die Rechtsbeschwerde ist nicht zulässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).
a) Allerdings steht der vom Berufungsgericht unter Hinweis auf ältere Entscheidungen des OLG Koblenz (Beschluss vom 18. März 1988 - 5 U 1743/87, juris) und OLG Hamm (Beschluss vom 23. September 1997 - 21 W 1/96, juris) angewandte Rechtssatz, bei einer Vollstreckungsabwehrklage sei der nach übereinstimmendem Vortrag der Parteien erfüllte Teilbetrag bei der Wertbestimmung mit einem geringeren Titulierungsinteresse zu berücksichtigen, mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht in Einklang.
Danach bemisst sich der Wert einer Vollstreckungsabwehrklage nach dem Umfang der erstrebten Ausschließung der Zwangsvollstreckung, wobei grundsätzlich der Nennbetrag des vollstreckbaren Anspruchs ohne Rücksicht auf seine Realisierbarkeit anzusetzen ist. Da der Streitgegenstand ausschließlich vom Kläger der Vollstreckungsgegenklage bestimmt wird, kommt es nicht darauf an, ob die titulierte Forderung in Wahrheit ganz oder teilweise getilgt ist und ob dies ganz oder teilweise im Verlauf des Prozesses unstreitig wird. Eine Ausnahme gilt nur für den Fall, dass sich aus den Anträgen oder der Klagebegründung ergibt, dass die Zwangsvollstreckung wegen eines Teilbetrags oder eines Restbetrags für unzulässig erklärt werden soll; dann ist dieser Betrag der Wertbestimmung zugrunde zu legen (BGH, Beschluss vom 9. Februar 2006 - IX ZB 310/04, NJW-RR 2006, 1146 Rn. 9).
Nach diesen Grundsätzen ist entweder der Nennbetrag des vollstreckbaren Anspruchs als Wert der Vollstreckungsabwehrklage maßgeblich oder im Ausnahmefall der nach den Anträgen oder der Klagebegründung allein noch erhebliche Restbetrag (BGH, NJW-RR 2006, 1146 Rn. 9; BGH, Beschluss vom 2. Februar 1962 - V ZR 70/60, NJW 1962, 806). Kommt es danach im Ausnahmefall auf einen Teil- oder Restbetrag für den Wert an, so hat es dabei sein Bewenden. Für die Beseitigung des unstreitig erfüllten Teilbetrags ist in diesem Fall kein zusätzlicher Wert anzusetzen, und zwar entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts auch nicht in geringer Höhe wie etwa 5% des erfüllten Teilbetrags.
b) Das Berufungsgericht hat festgestellt, der Kläger habe bereits in der Klagebegründung darauf hingewiesen, dass es vorliegend nur noch um eine streitige Restforderung gehe. Aus dem in das Berufungsurteil aufgenommenen Verweis auf Blatt 4 der Klagebegründung und der dort als Anlage A 12 in Bezug genommenen Forderungsaufstellung der Beklagten vom 23. November 2015 ergibt sich die Höhe dieser streitigen Restforderung mit 259,79 €. Anliegen des Klägers war es nach der Klagebegründung also allein, die Zwangsvollstreckung wegen dieses Restbetrags für unzulässig erklären zu lassen, ein weitergehendes wirtschaftliches oder sonstiges berechtigtes Interesse des Klägers ist weder dargetan noch ersichtlich. Damit sind die Voraussetzungen erfüllt, die der Bundesgerichtshof für eine Ausnahme von der Maßgeblichkeit des Nennbetrags bei der Wertberechnung für eine Vollstreckungsabwehrklage entwickelt hat. Dagegen kommt es für die Wertberechnung nicht darauf an, dass die Beklagte mitgeteilt hat, ihre Restforderung belaufe sich noch auf 142,93 € und sie habe den Zwangsvollstreckungsauftrag entsprechend beschränkt. Der Streitgegenstand wird ausschließlich vom Kläger der Vollstreckungsgegenklage bestimmt.
Ist der Wert im Streitfall mit lediglich 259,79 € zu bemessen, so hat das Berufungsgericht die Berufung zu Recht als unzulässig verworfen. Der von der Beschwerde beanstandeten Abweichung des Berufungsgerichts von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs fehlt damit die Entscheidungserheblichkeit.
c) Mangels Entscheidungserheblichkeit gibt der Streitfall auch keinen Anlass zur Fortbildung des Rechts im Hinblick auf die Frage, ob dann, wenn beide Parteien übereinstimmend eine zumindest teilweise Erfüllung des Zahlungstitels vortragen, der unstreitig erfüllte Teilbetrag allenfalls mit einem geringeren Titulierungsinteresse zu bewerten ist, selbst wenn der Titelschuldner uneingeschränkt beantragt, die Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung festzustellen.
2. Der Senat hat die von der Rechtsbeschwerde erhobenen Rügen von Verfahrensmängeln geprüft, jedoch nicht für durchgreifend erachtet (§ 577 Abs. 6, § 564 ZPO).
IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Koch Feddersen Kirchhoff Schwonke Schmaltz Vorinstanzen: LG Leipzig, Entscheidung vom 21.12.2016 - 5 O 965/16 OLG Dresden, Entscheidung vom 18.12.2017 - 14 U 200/17 -