Paragraphen in 11 W (pat) 374/06
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3 | 147 | PatG |
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BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 374/06 Verkündet am 17. Juni 2013
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BESCHLUSS In der Einspruchssache betreffend das Patent 103 37 502 …
BPatG 154 05.11
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hat der 11. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 17. Juni 2013 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Ing. Dr. Höchst sowie der Richter Dipl.-Ing. Dr. Fritze, Dipl.-Ing. Univ. Fetterroll und der Richterin Grote-Bittner beschlossen:
Auf den Einspruch wird das deutsche Patent 103 37 502 widerrufen.
Gründe I.
Das am 14. August 2003 angemeldete Patent 103 37 502, dessen Erteilung am 30. März 2006 veröffentlicht wurde, trägt die Bezeichnung „Verfahren zum Betrieb einer Durchlauf-Wärmebehandlungsanlage für Warenbahnen und Bänder mit überwiegend konvektiver Wärmeübertragung“.
Gegen das Patent ist am 29. Juni 2006 Einspruch erhoben worden. Die Einsprechende macht mangelnde Patentfähigkeit geltend. Sie verweist u. a. auf folgendes Dokument:
D1 N.N.: „Moderne Bandanlage mit innovativer Software für Locsa in Spanien“, Artikel in der Onlinezeitschrift „JUNKER News“ der Otto Junker GmbH, www.otto-junker.de, Ausgabe 03/November 2002, S. 6 Die Einsprechende beantragt,
das angegriffene Patent in vollem Umfang zu widerrufen.
Der Patentinhaber beantragt,
den Einspruch zurückzuweisen und das Patent aufrechtzuerhalten,
hilfsweise das Patent mit dem Patentanspruch 1 nach dem Hilfsantrag vom 17. Juni 2013 und den erteilten Ansprüchen 2 bis 9 sowie mit einer gegebenenfalls anzupassenden Beschreibung und der Zeichnung gemäß Patentschrift beschränkt aufrechtzuerhalten.
Der erteilte Anspruch 1 lautet:
„1. Verfahren zum Betrieb einer Durchlauf-Wärmebehandlungsanlage für Warenbahnen und Bänder (1) mit im Laufe des Anlagenbetriebes wechselnden Massendurchsätzen, Querschnitten und/oder Oberflächen, insbesondere Stahl- und Metallbänder (1), mit überwiegend konvektiver Wärmeübertragung auf die Warenbahn oder das Band (1) durch mindestens einen in einem Erwärmungsteil (8) umgewälzten beheizten Gasstrom a) mit Einrichtungen zur Regelung und/oder Steuerung der Beheizungseinrichtung für den Gasstrom und den Antrieb eines jeden Umwälzventilators,
gekennzeichnet durch die folgenden Merkmale:
b) die im Erwärmungsteil (8) auf Warenbahn oder Band (1) übertragene Wärme wird von der Prozesssteuerung der Anlage bei sich veränderndem Gutdurchsatz b1) durch Veränderung des Leistungsstellgrades der Beheizungseinrichtung und/oder b2) durch Veränderung der konvektiven Wärmeübertragung dem jeweiligen Oberflächendurchsatz des Gutes unter Berücksichtigung des jeweiligen Gutquerschnittes bei Beachtung der thermischen Eigenschaften des Gutmaterials angepasst, und c) von der Prozesssteuerung wird zusätzlich der Einfluss der Wärmeträgheit der in der Anlage enthaltenen Massen in Beziehung zu den Warenbahn- oder Banddurchsatzparametern durch entsprechende Veränderung des Leistungsstellgrades der Beheizungseinrichtung und des konvektiven Wärmeüberganges kompensiert.“
Zum Wortlaut der erteilten abhängigen Ansprüche 2 bis 10 wird auf die Patentschrift Bezug genommen.
Der Anspruch 1 nach dem Hilfsantrag lautet mit hier durch Kursivschrift kenntlich gemachten Änderungen gegenüber dem erteilten Anspruch 1:
„1. Verfahren zum Betrieb einer Durchlauf-Wärmebehandlungsanlage für Warenbahnen und Bänder (1) mit im Laufe des Anlagenbetriebes wechselnden Massendurchsätzen, Querschnitten und/oder Oberflächen, insbesondere Stahl- und Metallbänder (1), mit überwiegend konvektiver Wärmeübertragung auf die Warenbahn oder das Band (1) durch mindestens einen in einem Erwärmungsteil (8) umgewälzten beheizten Gasstrom a) mit Einrichtungen zur (gestrichen: Regelung und/oder) Steuerung der Beheizungseinrichtung für den Gasstrom und den Antrieb eines jeden Umwälzventilators,
gekennzeichnet durch die folgenden Merkmale:
b) die im Erwärmungsteil (8) auf Warenbahn oder Band (1) übertragene Wärme wird von der Prozesssteuerung der Anlage bei sich veränderndem Gutdurchsatz automatisch b1) durch Veränderung des Leistungsstellgrades der Beheizungseinrichtung und/oder b2) durch Veränderung der konvektiven Wärmeübertragung über die Ventilatordrehzahlen dem jeweiligen Oberflächendurchsatz des Gutes unter Berücksichtigung des jeweiligen Gutquerschnittes bei Beachtung der thermischen Eigenschaften des Gutmaterials angepasst, b3) wobei die Bestimmung der notwendigen, automatisch durchgeführten Veränderung der Anlagenbetriebsparameter nämlich Leistungsstellgrad und Ventilatordrehzahlen in Abhängigkeit von den in hinreichend kurzen Intervallen erhaltenen Durchsatzparametern, nämlich Bandbreite, Banddicke, Bandgeschwindigkeit, Angaben über die Glühbedingungen und Informationen aus einer Bandverfolgung, mit Hilfe eines mathematischen Modells erfolgt, und c) von der Prozesssteuerung wird zusätzlich der Einfluss der Wärmeträgheit der in der Anlage enthaltenen Massen in Beziehung zu den Warenbahn- oder Banddurchsatzparametern durch entsprechende Veränderung des Leistungsstellgrades der Beheizungseinrichtung und des konvektiven Wärmeüberganges kompensiert.“
Zum Wortlaut der nach dem Hilfsantrag geltenden abhängigen Ansprüche 2 bis 9 und zu den weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte verwiesen.
II.
Der form- und fristgerecht eingelegte Einspruch ist zulässig. Es handelt sich bei dem vorliegenden Einspruchsverfahren um ein sog. Altverfahren gemäß § 147 Abs. 3 PatG a. F. (gültig vom 1. Januar 2002 bis einschließlich 30. Juni 2006), für das die Zuständigkeit des Bundespatentgerichts, Beschwerdesenat, gegeben ist, die auch nach Aufhebung des § 147 Abs. 3 PatG a. F. fortbesteht (vgl. BGH GRUR 2009, 184 - Ventilsteuerung). Der Einspruch ist am 29. Juni 2006 und damit im Gültigkeitszeitraum der Zuständigkeitsregelung des § 147 Abs. 3 PatG a. F. eingelegt worden.
Der Einspruch ist auch begründet.
A. Das angegriffene Patent betrifft ein Verfahren zum Betrieb einer DurchlaufWärmebehandlungsanlage für Warenbahnen und Bänder mit überwiegend konvektiver Wärmeübertragung (vgl. Abs. [0001] in der Patentschrift).
In der Beschreibung des Patents wird - hier als Zusammenfassung der Absätze [0002] bis [0009] wiedergegeben - ausgeführt, in derartigen Durchlaufwärmebehandlungsanlagen werde üblicherweise zur Kontrolle der Heizleistung eine Temperaturregelung für die Beheizungseinrichtung für den Gasstrom eingesetzt. Werde eine Anlage angefahren oder die Durchsatzgeschwindigkeit der Warenbahn oder der Warenbahndurchsatz verändert, z. B. durch Veränderung des Warenbahnquerschnitts, so ergäben sich bei bekannten Bandbehandlungsanlagen Temperaturschwankungen außerhalb der zulässigen Toleranzen. Die Folge sei, dass beträchtliche Bandstücke am Anfang eines Bandes nicht verwendet werden könnten. Um die Nachteile zu vermeiden, seien aufwendige Bandspeicher auf der Einlauf- und Auslaufseite der Anlage erforderlich. Nach dem Stand der Technik werde für eine Durchlaufglühanlage für Metallbänder die Einstellung der Ofenparameter mit Hilfe eines Expertensystems vorgenommen. Doch diene dieses nur der Auswahl der Parameter für den stationären Anlagenbetrieb und könne den generellen Nachteil nicht beheben, dass bei sich veränderndem Durchsatz erhebliche Veränderungen der Glühbedingungen stattfänden, die zu nicht spezifikationskonform geglühten Bandmateriallängen führten.
Aufgabe ist, die beschriebenen Nachteile der Anlagen nach dem Stand der Technik zu vermeiden und stets Wärmeübergangsbedingungen und Heizleistungen bereit zu stellen, die für die jeweilige Guterwärmung erforderlich sind und gleichzeitig auch die Wärmeträgheit der Einbauteile in der Erwärmungsanlage kompensieren (vgl. Abs. [0013]).
Der mit der Lösung dieser Aufgabe befasste Fachmann ist ein Dipl.-Ing. der Verfahrenstechnik, der mehrjährige Erfahrung in der Entwicklung von Wärmebehandlungsanlagen hat.
Die Lösung sieht der Patentinhaber in einem Verfahren mit den im Anspruch 1 angegebenen Merkmalen.
B. Die Zulässigkeit des Anspruchs 1 nach dem Hauptantrag und des nach dem Hilfsantrag geltenden Anspruchs 1 wird hier unterstellt, denn die jeweiligen Anspruchsgegenstände sind nicht patentfähig.
1. Die Neuheit des Verfahrens gemäß dem erteilten Patentanspruch 1 in der nach dem Hauptantrag geltenden Fassung wird hier ebenfalls unterstellt, denn ihm liegt jedenfalls keine erfinderische Tätigkeit zugrunde.
Das Verfahren gemäß dem erteilten Patentanspruch 1 ist dem Fachmann ausgehend von dem Stand der Technik, der sich aus der Druckschrift D1 ergibt, nahegelegt.
Der Patentinhaber hat die Auffassung vertreten, die Druckschrift D1 gehe mit keinem Wort darauf ein, dass bei sich veränderndem Gutdurchsatz, wie er auch bei kontinuierlichem Banddurchsatz möglich sei, eine Anpassung der Durchlauf-Wärmebehandlungsanlage durch Verändern des Leistungsstellgrades der Beheizungseinrichtung und/oder der konvektiven Wärmeübertragung erfolgen könne. Dagegen berücksichtige das von ihm beanspruchte Verfahren, wenn sich bei kontinuierlich betriebener Anlage die Gutdurchsatzmengen rasch ändern, weil Bänder mit unterschiedlichen Gutabmessungen aufeinander folgend durch die Anlage gezogen werden oder die Durchzuggeschwindigkeit des Gutes z. B. beim Anfahren der Anlage variiert werde. Das Patent setze dafür eine Steuerung ein, wo gerechnet und vorausschauend entsprechend der Bandbewegung die Ofeneinstellung vorgenommen werde, wogegen der Stand der Technik auf Verfahren beruhe, wo gemessen, verglichen und nachgeregelt werde.
Dem ist zu entgegnen, dass im Anspruch 1, dessen Wortlaut für den Schutzbereich des angegriffenen Patents maßgeblich ist, von einem kontinuierlichen Banddurchsatz nicht die Rede ist. Der Ausdruck „…mit im Laufe des Anlagenbetriebes wechselnden Massendurchsätzen, Querschnitten und/oder Oberflächen…“ lässt eine dahingehende Eingrenzung zumindest nicht in der gebotenen Klarheit und Eindeutigkeit erkennen. Eine mit den Worten des Patentinhabers „vorausschauende Steuerung“ ist ebenfalls nicht ausdrücklich Merkmal des Verfahrens gemäß dem erteilten Anspruch 1. Vielmehr sieht dieser „Einrichtungen zur Regelung und/oder Steuerung der Beheizungseinrichtung…“ vor (vgl. Merkmal a)). Er lässt dem das patentgemäße Verfahren Nacharbeitenden demnach die Wahl zwischen entweder einer Prozesssteuerung oder -regelung oder einer Kombination aus beidem. Der Patentinhaber hat zudem im Verlauf der mündlichen Verhandlung von sich aus angegeben, dass er ebenfalls eine Messung der Ofentemperatur vornehme, weil die Anlage Wärmeverluste habe, wie jede andere auch. Dem Senat ist nicht vorstellbar, dass diese Temperaturmessung lediglich informell erfolgt, ohne in einen Vergleich mit Sollwerten und eine Nachregelung des Aggregats Eingang zu finden.
Davon abgesehen kommt der Senat zu dem Ergebnis, dass der entgegengehaltene Fachartikel in der Druckschrift D1 bereits ein Verfahren offenbart, das sowohl die vom Patentinhaber in den Vordergrund gestellte Steuerung im Sinne des angegriffenen Patents umfasst, als auch einen kontinuierlichen Durchsatz wechselnder, aufeinander folgender Bandquerschnitte vorsieht.
Die in Druckschrift D1 offenbarte Banddurchlauf-Glühanlage ist zum Behandeln von Bändern aus Kupfer und Kupferlegierungen für Bandbreiten von 600 bis 1030 mm und Banddicken von 0,1 bis 1,5 mm ausgelegt (vgl. linke Spalte, erster Absatz), womit ein breites Spektrum möglicher Durchsatzgutquerschnitte abgedeckt ist. Die Anlage weist zudem alle zu einem kontinuierlichen Durchsatz wechselnder, aufeinander folgender Bandquerschnitte erforderlichen Aggregate auf, u. a. eine Ablaufgruppe mit zwei Ablaufhaspeln, hydraulisch betätigte Schopfschere sowie Spezial-Schweißmaschine zum Verbinden der Bänder, zwei Bandvorratstürme, eine Schopfschere zum Herausschneiden der Bandverbindungsstelle, …und Steuerpulte (vgl. linke Sp., Mitte). Ein weiterer wesentlicher Bestandteil der in der Druckschrift D1 offenbarten Anlage ist ein indirekt gasbeheizter Bandschwebeofen mit Kühlzonen sowie Temperaturschalt- und Regelanlage (vgl. linke Spalte, vierter Absatz von unten). Öfen dieser Bauart übertragen bekanntlich die Wärme überwiegend konvektiv auf das Band, so, wie es auch das angegriffene Patent vorsieht. Ausdrücklich aufgrund der sehr unterschiedlichen Querschnittsflächen der zu behandelnden Bänder wird dort eine Ofen- und Kühlkonzeption mit je zwei Umwälzventilatoren pro Regelzone eingesetzt, wodurch die Einstellparameter dem zu behandelndem Band optimal angepasst werden (vgl. mittlere Spalte, zweiter vollständiger Abs., erster und dritter Satz). Demnach wird dort die Wärmeübertragung - wiederum in Übereinstimmung mit dem Verfahren gemäß dem Anspruch 1 des angegriffenen Patents - durch mindestens einen im Erwärmungsteil umgewälzten beheizten Gasstrom übertragen. Die Benutzerführung erfolgt über zwei Bedienmasken eines Visualisierungs-PCs (vgl. mittlere Spalte, letzter Abs.). Über die zweite dieser Bedienmasken wird der Ofen bedient und die Banddaten und die gewünschte Endhärte werden eingegeben. Daraus ermittelt ein Expertensystem einen im Hinblick auf den Durchsatz optimierten Vorschlag für Ofeneinstellungen wie Ofentemperatur, Ventilatordrehzahlen und Anlagengeschwindigkeit (vgl. rechte Spalte, erster Absatz, zweiter Satz). Druckschrift D1 offenbart damit eindeutig ein Verfahren zum Betrieb einer DurchlaufWärmebehandlungsanlage mit Einrichtungen zur Steuerung der Beheizungseinrichtung für den Gasstrom und den Antrieb eines jeden Umwälzventilators (Merkmal a)). Es weist demnach sämtliche den Oberbegriff des erteilten Anspruchs 1 des angegriffenen Patents bildenden Merkmale auf. Zumindest nahegelegt ist aufgrund des aufgezeigten Offenbarungsumfang der Druckschrift D1 auch bereits das im kennzeichnenden Teil des erteilten Anspruchs mit b) benannte Merkmal, wonach die im Erwärmungsteil auf Warenbahn oder Band übertragene Wärme von der Prozesssteuerung der Anlage bei sich veränderndem Gutdurchsatz dem jeweiligen Oberflächendurchsatz des Gutes unter Berücksichtigung des jeweiligen Gutquerschnittes angepasst wird. Da besagtes Expertensystem der bekannten Wärmebehandlungsanlage auf einem Rekristallisationsmodell basiert, bei dem - wie oben bereits dargelegt - nach Eingabe der gewünschten Korngröße die Einstellung der Ofenparameter vorgenommen wird (vgl. mittlere Spalte, vorletzter Abs.)., müssen aus Sicht des Fachmanns zudem bei dem bekannten Verfahren auch die thermischen Eigenschaften des Gutmaterials bereits berücksichtigt sein, da deren Kenntnis die Voraussetzung für die Schaffung eines Rekristallisationsmodells bildet. Erfüllt sind außerdem offensichtlich die Merkmale b1) und b2), wonach die auf das Band übertragene Wärme durch Veränderung des Leistungsstellgrades der Beheizungseinrichtung - dort über die Ofentemperatur - und durch Veränderung der konvektiven Wärmeübertragung - dort über die Ventilatordrehzahlen - angepasst wird (vgl. rechte Sp., erster Abs., letzter Satz).
Eine unmittelbare, neuheitsschädliche Offenbarung des verbleibenden Merkmals c) des Verfahrens gemäß dem erteilten Anspruch 1, wonach von der Prozesssteuerung zusätzlich der Einfluss der Wärmeträgheit der in der Anlage enthaltenen Massen in Beziehung zu den Warenbahn- oder Banddurchsatzparametern durch entsprechende Veränderung des Leistungsstellgrades der Beheizungseinrichtung und des konvektiven Wärmeüberganges kompensiert wird, ist zwar nicht in der gebotenen Deutlichkeit gegeben. Die Darlegung in Druckschrift D1, wonach das Expertensystem bei der Ermittlung eines im Hinblick auf den Durchsatz optimierten Vorschlag für Ofeneinstellungen wie Ofentemperatur, Ventilatordrehzahlen und Anlagengeschwindigkeit auch typische Betriebsgrenzen des Ofens und Randbedingungen des Materials berücksichtigt (rechte Spalte, erster Abs., letzter Satz), ist jedoch ein deutlicher Hinweis an den Fachmann, dass sowohl Eigenheiten der Wärmebehandlungsanlage als auch der sie durchlaufenden Warenbahn zwangsläufig Einfluss auf das Ergebnis der Wärmebehandlung haben werden und daher zu berücksichtigen sind. Der Fachmann zählt dazu zweifellos die Wärmeträgheit der in der Anlage selbst enthaltenen Massen, deren Einfluss durch entsprechende Veränderung des Leistungsstellgrades der Beheizungseinrichtung und des konvektiven Wärmeübergangs in Beziehung zu den Warenbahndurchsatzparametern selbstverständlich kompensiert werden muss. Es spricht für sich, dass der Patentinhaber in der mündlichen Verhandlung sinngemäß selbst ausgeführt hat, dass das Merkmal c) gemäß dem erteilten Anspruch 1 soweit dem Fachwissen zuzurechnen ist, dass dessen Anwendung naheliegt.
2. Auch die Neuheit des Verfahrens gemäß Patentanspruch 1 in der nach dem Hilfsantrag geltenden Fassung wird hier unterstellt; da ihm jedenfalls keine erfinderische Tätigkeit zugrunde liegt. Das Verfahren gemäß Anspruch 1 nach dem Hilfsantrag ist dem Fachmann ausgehend von dem sich aus der Druckschrift D1 ergebenden Stand der Technik nahegelegt.
Den nach dem ersten Hilfsantrag geltenden Anspruch 1 hat der Patentinhaber gegenüber der Fassung des Hauptantrags zunächst dadurch eingeschränkt, dass gemäß dem geänderten Merkmal a) das Verfahren nunmehr zum Betrieb einer Durchlauf-Wärmebehandlungsanlage für Warenbahnen und Bänder mit Einrichtungen - ausschließlich - zur Steuerung der Beheizungseinrichtung für den Gasstrom und des Antriebs eines jeden Umwälzventilators vorgesehen ist und nicht zur Regelung. Des Weiteren ist das Verfahren nunmehr gemäß dem geänderten Merkmal b) dadurch näher gekennzeichnet, dass die im Erwärmungsteil auf Warenbahn oder Band übertragene Wärme von der Prozesssteuerung der Anlage bei sich veränderndem Gutdurchsatz - explizit - automatisch angepasst wird. Ferner soll die im Erwärmungsteil auf Warenbahn oder Band übertragene Wärme von der Prozesssteuerung der Anlage bei sich veränderndem Gutdurchsatz gemäß dem neu formulierten Merkmal b2) durch Veränderung der konvektiven Wärmeübertragung - ausdrücklich - über die Ventilatordrehzahlen dem jeweiligen Oberflächendurchsatz des Gutes unter Berücksichtigung des jeweiligen Gutquerschnittes bei Beachtung der thermischen Eigenschaften des Gutmaterials angepasst werden.
Hinsichtlich dieser Änderungen unterscheidet sich das patentgemäße Verfahren auch weiterhin nicht von dem aus der Druckschrift D1 hervorgehenden Verfahren, das - wie oben bereits ausgeführt wurde - zum einen ebenfalls zum Betrieb einer Durchlauf-Wärmebehandlungsanlage mit Einrichtungen zur Steuerung der Beheizungseinrichtung für den Gasstrom und den Antrieb eines jeden Umwälzventilators vorgesehen ist, und das zum anderen ausdrücklich die Einstellung der Ofenparameter automatisch vornimmt. Zudem ist aus Druckschrift D1 bereits bekannt, dass das Expertensystem aus den Vorgaben des Bedieners über die Banddaten und die gewünschte Endhärte einen im Hinblick auf den Durchsatz optimierten Vorschlag für Ofeneinstellungen ermittelt. In diesem Zusammenhang sind die Ventilatordrehzahlen als eine der Stellgrößen ausdrücklich in der Druckschrift D1 benannt. Um Wiederholungen zu vermeiden, wird auf die oben bereits angegebenen Fundstellen zu den Merkmalen a), b) und b2) des Anspruchs 1 nach dem Hauptantrag verwiesen.
Letztlich wurde in den Anspruch 1 nach Hilfsantrag das Merkmal b3) eingefügt, wonach die Bestimmung der notwendigen, automatisch durchgeführten Veränderungen der Anlagenbetriebsparameter nämlich Leistungsstellgrad und Ventilatordrehzahlen in Abhängigkeit von den in hinreichend kurzen Intervallen erhaltenen Durchsatzparametern, nämlich Bandbreite, Banddicke, Bandgeschwindigkeit, Angaben über die Glühbedingungen und Informationen aus einer Bandverfolgung, mit Hilfe eines mathematischen Modells erfolgt.
In dem zusätzlichen Merkmal b3) werden Teile aus den voranstehend genannten Merkmalen b), b1) und b2) wiederholt (automatisch, Leistungsstellgrad, Ventilatordrehzahlen). Zusammen mit dem Teilmerkmal, wonach die Veränderung der Anlagenbetriebsparameter in Abhängigkeit von den in hinreichend kurzen Intervallen erhaltenen Durchsatzparametern, nämlich Bandbreite, Banddicke, Bandgeschwindigkeit, Angaben über die Glühbedingungen und Informationen aus einer Bandverfolgung erfolgt, erschöpfen sich diese Ergänzungen in der Eingrenzung des Schutzumfangs durch präzisierende Benennungen der Bezugsgrößen und eines technischen Mittels. Davon abgesehen betreffen die zusätzlichen Merkmale Maßnahmen, die das aus der Druckschrift D1 hervorgehende Verfahren bereits aufweist oder nahelegt. Dort werden aus der Datenbasisverwaltung einer ersten Bedienmaske des Expertensystems Informationen wie Bandabmessungen und Anlagengeschwindigkeit vom Bediener in eine zweite Bedienmaske eingegeben. Die Ofeneinstellungen sollen dort ebenfalls automatisch vorgenommen werden, wofür die erforderliche Software vorhanden ist (vgl. mittlere Spalte, vorletzter Absatz), und zwar nachdem das Expertensystem nach Eingabe der gewünschten Korngröße basierend auf einem Rekristallisationsmodell einen Vorschlag für die Ofeneinstellungen ermittelt hat (vgl. mittlere Spalte, vorletzter Absatz, in Verbindung mit dem letzten Satz im ersten Absatz der rechten Spalte). Mit anderen Worten: Aus der Druckschrift D1 ist nichts anderes zu entnehmen, als dass auch bei dem Verfahren zum Betrieb der dortigen Anlage vor der automatischen Neueinstellung von Ofenbetriebsgrößen zunächst eine Berechnung auf der Grundlage bekannter Werte aus dem Expertensystem und eingegebener Banddaten und Zielgrößen vorgenommen wird. Die Bestimmung der notwendigen Veränderungen der Betriebsparameter mit Hilfe eines mathematischen Modells ist somit bereits an sich bekannt und folglich eine dem Fachmann nahegelegte Maßnahme.
Eine Bandverfolgung, die in hinreichend kurzen Intervallen an den das mathematische Modell betreibenden Rechner Informationen über die Bandbeschaffenheit übermittelt, der daraus den erforderlichen Stellgrad etc. bestimmen kann, ist aus der Druckschrift D1 zwar nicht zu entnehmen. Diese Ausgestaltung der Anlage ist jedoch gleichfalls naheliegend, denn der Fachmann strebt gerade bei den in Rede stehenden komplexen Wärmebehandlungsanlagen, wo eine Vielzahl von Parametern zu berücksichtigen und im Sinne der hier zugrunde liegenden Aufgabe im laufenden Betrieb an wechselnde Bedingungen anzupassen sind, immer eine weitest gehende Automatisierung an. Als dazu geeignetes Mittel - gegebenenfalls anstelle einer bis dahin durch einen Bediener vorgenommenen Steuerung - bietet sich dem Fachmann die laut Beschreibung, Abs. [0018], vorletzter Satz, des angegriffenen Patents ohnehin aus dem Stand der Technik bekannte Anwendung einer Bandverfolgung förmlich an.
C. Da die nach dem Hauptantrag und dem Hilfsantrag geltenden ersten Ansprüche des angegriffenen Patents sich als nicht rechtsbeständig erweisen, fehlt den hierauf jeweils rückbezogenen Unteransprüchen 2 bis 10 und 2 bis 9 die Grundlage. Selbständig ein Patent begründende Merkmale sind darin ohnehin nicht enthalten.
Dr. Höchst Grote-Bittner Dr. Fritze Fetterroll Fa
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