AnwZ (Brfg) 27/17
BUNDESGERICHTSHOF AnwZ (Brfg) 27/17 BESCHLUSS vom
18. September 2017 in der verwaltungsrechtlichen Anwaltssache wegen Widerrufs der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft ECLI:DE:BGH:2017:180917BANWZ.BRFG.27.17.0 Der Bundesgerichtshof, Senat für Anwaltssachen, hat durch die Präsidentin des Bundesgerichtshofs Limperg, die Richter Seiters und Bellay sowie die Rechtsanwälte Dr. Braeuer und Dr. Lauer am 18. September 2017 beschlossen:
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das ihm am 10. Mai 2017 an Verkündungs statt zugestellte Urteil des II. Senats des Anwaltsgerichtshofs Baden-Württemberg wird abgelehnt.
Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
Der Wert des Zulassungsverfahrens wird auf 50.000 € festgesetzt.
Gründe:
I.
Der Kläger wendet sich gegen den Widerruf seiner Zulassung zur Rechtsanwaltschaft wegen Vermögensverfalls (§ 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO). Der Anwaltsgerichtshof hat die Klage abgewiesen. Der Kläger beantragt nunmehr die Zulassung der Berufung.
II.
Der Antrag des Klägers ist nach § 112e Satz 2 BRAO, § 124a Abs. 4 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Er bleibt jedoch ohne Erfolg.
Der Zulassungsgrund ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 112e Satz 2 BRAO, § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) setzt voraus, dass ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird (vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 13. Juli 2015 - AnwZ (Brfg) 17/15, juris Rn. 3 und vom 19. Oktober 2016 - AnwZ (Brfg) 37/16, juris Rn. 2; jeweils mwN). Entsprechende Zweifel vermag der Kläger mit seiner nur fünf Sätze umfassenden Antragsbegründung nicht darzulegen.
Die Auffassung des Klägers, die Beklagte hätte, statt die Zulassung zu entziehen, als milderes Mittel die Zulassung mit der Maßgabe aufrechterhalten müssen, dass es ihm erlaubt sei, Beratungsmandate wahrzunehmen, bei denen mit Ausnahme eigener Honorare kein Geld von Mandanten entgegengenommen werde, beruht auf einer grundsätzlichen Verkennung des § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO und der hierzu ergangenen Senatsrechtsprechung.
Nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zwingend zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind. Hierbei ist nach der in dieser Norm zum Ausdruck kommenden Wertung des Gesetzgebers mit dem Vermögensverfall grundsätzlich eine Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden verbunden. Auch wenn diese Regelung nicht im Sinne eines Automatismus zu verstehen ist, die Gefährdung daher nicht zwangsläufig und ausnahmslos schon aus dem Vorliegen eines Vermö- gensverfalls folgt, kann die Gefährdung im nach der gesetzlichen Wertung vorrangigen Interesse der Rechtsuchenden nur in seltenen Ausnahmefällen verneint werden, wobei den Rechtsanwalt die Feststellungslast trifft. Die Annahme einer derartigen Sondersituation setzt jedoch zumindest voraus, dass der Rechtsanwalt seine anwaltliche Tätigkeit nur noch für eine Rechtsanwaltssozietät ausübt und mit dieser rechtlich abgesicherte Maßnahmen verabredet hat, die eine Gefährdung der Mandanten effektiv verhindern. Demgegenüber reichen selbst auferlegte Beschränkungen des in Vermögensverfall befindlichen und weiter als Einzelanwalt tätigen Rechtsanwalts nicht aus. Eine ausreichende Überwachung der notwendigen Sicherungsmaßnahmen ist in einer Einzelkanzlei nicht gewährleistet (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. nur Beschlüsse vom 8. Dezember 2014 - AnwZ (Brfg) 45/14, juris Rn. 23; vom 13. Juli 2015 aaO Rn. 6 und 9; vom 24. September 2015 - AnwZ (Brfg) 14/15, juris Rn. 4 und vom 19. Oktober 2016 aaO Rn. 3 und 7; jeweils mwN). Es ist insoweit Sache des in Vermögensverfall befindlichen Rechtsanwalts, durch geeignete Maßnahmen (s.o.) eine Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden auszuschließen. Tut er dies nicht, ist die Zulassung zu widerrufen. Für eine Aufrechterhaltung der Zulassung mit Auflagen oder eine Teilzulassung besteht kein Raum (Senat, Beschlüsse vom 13. Juli 2015 aaO Rn. 10 und vom 24. September 2015 aaO Rn. 10; siehe auch Beschluss vom 8. Dezember 2014 aaO Rn. 20 ff.).
Der Einwand des Klägers, eine nachträgliche Besserung der Vermögensverhältnisse müsse im Gerichtsverfahren berücksichtigt werden, widerspricht der ständigen Senatsrechtsprechung. Danach (vgl. nur Beschlüsse vom 13. Juli 2015 aaO Rn. 4 und vom 19. Oktober 2016 aaO Rn. 8; jeweils mwN) ist für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Widerrufs allein auf den Zeitpunkt des Abschlusses des behördlichen Widerrufsverfahrens, also auf den Erlass des Widerspruchsbescheids oder - wenn das nach neuem Recht grundsätzlich vorgeschriebene Vorverfahren entbehrlich ist - auf den Ausspruch der Widerrufsverfügung abzustellen; die Beurteilung danach eingetretener Entwicklungen ist einem Wiederzulassungsverfahren vorbehalten. Lediglich ergänzend ist anzumerken, dass der Kläger eine nachträgliche Besserung seiner Vermögensverhältnisse nicht ansatzweise substantiiert dargelegt hat. Vielmehr haben sich nach den Feststellungen des Anwaltsgerichtshofs seine Verhältnisse, wie weitere Eintragungen im Schuldnerverzeichnis zeigen, weiter verschlechtert.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 194 Abs. 2 Satz 1 BRAO.
Limperg Braeuer Seiters Lauer Bellay Vorinstanzen: AGH Stuttgart, Entscheidung vom 10.05.2017 - AGH 10/16 II -