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VIa ZR 1700/22

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES VIa ZR 1700/22 URTEIL in dem Rechtsstreit ECLI:DE:BGH:2025:230725UVIAZR1700.22.0 Der VIa. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat im schriftlichen Verfahren gemäß § 128 Abs. 2 ZPO, in dem Schriftsätze bis zum 1. Juli 2025 eingereicht werden konnten, durch die Richterin am Bundesgerichtshof Dr. C. Fischer als Vorsitzende, die Richterinnen Möhring, Dr. Brenneisen, die Richter Dr. Katzenstein und Dr. Tausch für Recht erkannt:

Auf die Revision des Klägers wird der Beschluss des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 14. Dezember 2022 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Der Streitwert für die Revision wird auf bis 50.000 € festgesetzt.

Von Rechts wegen Tatbestand: 1 Der Kläger nimmt die Beklagte wegen der Verwendung unzulässiger Abschalteinrichtungen in einem Kraftfahrzeug auf Schadensersatz in Anspruch. 2 Er erwarb im April 2017 von dritter Seite einen von der Beklagten hergestellten gebrauchten Audi A8, der mit einem 4,2-Liter-V8-Turbodieselmotor ausgerüstet ist. Das Fahrzeug ist von einem amtlichen Rückruf des Kraftfahrt-Bundesamts wegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung betroffen.

ECLI:DE:BGH:2025:230725UVIAZR1700.22.0 Der Kläger verlangt im Wesentlichen, ihn im Wege des Schadensersatzes so zu stellen, als habe er den Kaufvertrag nicht abgeschlossen. Das Landgericht hat - nach Erlass eines Versäumnisurteils - dieses aufgehoben und die Klage abgewiesen. Die Berufung, mit welcher der Kläger die Zahlung von nur noch 45.821,27 € (Kaufpreis abzüglich Nutzungsentschädigung) nebst Prozesszinsen Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs und die Feststellung des Annahmeverzugs begehrt hat, ist erfolglos geblieben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Berufungsanträge weiter.

Entscheidungsgründe: A.

Der VIa. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs ist entgegen den Ausführungen der Revision zuständig und ordnungsgemäß besetzt. Er wurde durch Beschluss des Präsidiums des Bundesgerichtshofs vom 21. Juli 2021 mit Wirkung zum 1. August 2021 "vorübergehend als Hilfsspruchkörper" eingerichtet und ihm wurde für die ab diesem Zeitpunkt neu eingehenden Verfahren die Zuständigkeit für Rechtsstreitigkeiten über Schadensersatzansprüche aus unerlaubten Handlungen zugewiesen, die den Vorwurf einer unzulässigen Abschalteinrichtung bei einem Kraftfahrzeug mit Dieselmotor zum Gegenstand haben. Sein Vorsitz ist - dem Präsidiumsbeschluss vom 21. Juli 2021 sowie den Geschäftsverteilungsplänen für die nachfolgenden Jahre entsprechend - mit einer Richterin am Bundesgerichtshof besetzt. Rechtliche Bedenken sieht der Senat insoweit nicht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29. April 2025 - 2 BvR 1440/23, juris Rn. 46 ff.).

ECLI:DE:BGH:2025:230725UVIAZR1700.22.0 B. 5 Die Revision hat Erfolg.

I. 6 Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung - soweit für das Revisionsverfahren von Interesse - im Wesentlichen wie folgt begründet: 7 Ein Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB bestehe nicht. Dafür, dass im streitgegenständlichen Fahrzeug von der Beklagten eine sogenannte Prüfstandserkennungssoftware verbaut worden sei, die bewusst und gewollt von der Beklagten so programmiert worden wäre, dass die gesetzlichen Abgasgrenzwerte nur auf dem Prüfstand beachtet, im normalen Fahrbetrieb hingegen überschritten würden (Umschaltlogik), und die damit unmittelbar auf die arglistige Täuschung der Typgenehmigungsbehörde abgezielt hätte, fehlten sowohl schlüssiger Vortrag der Klagepartei als auch hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte. Deswegen müssten weitere Umstände gegeben sein, welche den Vorwurf der Sittenwidrigkeit begründen könnten. Solche seien nicht ersichtlich. 8 Ein Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV komme nicht in Betracht, da es sich nicht um drittschützende Normen handele, auf die ein entsprechender deliktischer Anspruch gestützt werden könne.

II. 9 Diese Erwägungen halten der Überprüfung im Revisionsverfahren nicht in allen Punkten stand.

ECLI:DE:BGH:2025:230725UVIAZR1700.22.0

1. Allerdings begegnet es keinen revisionsrechtlichen Bedenken, dass das Berufungsgericht eine Haftung der Beklagten aus §§ 826, 31 BGB verneint hat. Die Revision erhebt insoweit auch keine Einwände.

2. Die Revision wendet sich jedoch mit Erfolg dagegen, dass das Berufungsgericht eine Haftung der Beklagten nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV aus Rechtsgründen abgelehnt hat. Wie der Senat nach Erlass des angefochtenen Beschlusses entschieden hat, sind die Bestimmungen der § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB, die das Interesse des Fahrzeugkäufers gegenüber dem Fahrzeughersteller wahren, nicht durch den Kaufvertragsabschluss eine Vermögenseinbuße im Sinne der Differenzhypothese zu erleiden, weil das Fahrzeug entgegen der Übereinstimmungsbescheinigung eine unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne des Art. 5 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 aufweist (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juni 2023 - VIa ZR 335/21, BGHZ 237, 245 Rn. 29 bis 32).

Das Berufungsgericht hat daher zwar zu Recht einen Anspruch des Klägers auf die Gewährung sogenannten "großen" Schadensersatzes verneint (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juni 2023 - VIa ZR 335/21, BGHZ 237, 245 Rn. 22 bis 27). Es hat jedoch nicht berücksichtigt, dass dem Kläger nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV ein Anspruch auf Ersatz eines erlittenen Differenzschadens zustehen kann (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juni 2023, aaO, Rn. 28 bis 32; ebenso BGH, Urteile vom 20. Juli 2023 - III ZR 267/20, NJW 2024, 361 Rn. 21 ff.; - III ZR 303/20, juris Rn. 16 f.; Urteil vom 12. Oktober 2023 - VII ZR 412/21, juris Rn. 20). Demzufolge hat das Berufungsgericht - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - weder dem Kläger Gelegenheit zur Darlegung eines solchen Schadens gegeben, noch hat es Feststellungen zu einer deliktischen Haftung der Beklagten wegen des zumindest fahrlässigen Einbaus einer unzulässigen Abschalteinrichtung getroffen.

ECLI:DE:BGH:2025:230725UVIAZR1700.22.0

3. Der Senat hält an seinen im Urteil vom 26. Juni 2023 (VIa ZR 335/21, BGHZ 237, 245) geäußerten Rechtsansichten zur Verneinung des "großen" Schadensersatzes auf der Grundlage des § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV und zur Berechnung des Differenzschadens trotz der Einwände der Revision fest. Eine Aussetzung des Verfahrens oder eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union ist aus den Gründen der Entscheidung des Senats vom 26. Juni 2023 (aaO Rn. 22 ff., 35 ff., 73 bis 75) nicht veranlasst (vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 2021 - C-561/19, NJW 2021, 3303 Rn. 33 und 39 ff.; Urteil vom 15. Oktober 2024 - C-144/23, juris Rn. 65; BVerfG, NVwZ 2016, 378 Rn. 13; NJW 2022, 3413 Rn. 49 und 52). III.

Die angefochtene Entscheidung ist demnach aufzuheben, § 562 Abs. 1 ZPO, weil sie sich nicht aus anderen Gründen als richtig darstellt, § 561 ZPO. Der Senat kann nicht in der Sache selbst entscheiden, weil diese nicht zur Endentscheidung reif ist, § 563 Abs. 3 ZPO. Sie ist daher zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

Im wiedereröffneten Berufungsverfahren wird der Kläger Gelegenheit haben, einen Differenzschaden darzulegen. Das Berufungsgericht wird sodann nach den näheren Maßgaben des Urteils des Senats vom 26. Juni 2023 (VIa ZR 335/21, BGHZ 237, 245) die erforderlichen Feststellungen zu der Ver- ECLI:DE:BGH:2025:230725UVIAZR1700.22.0 wendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung sowie zu den weiteren Voraussetzungen und zum Umfang einer Haftung der Beklagten nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV zu treffen haben.

C. Fischer Katzenstein Möhring Brenneisen Tausch Vorinstanzen: LG Passau, Entscheidung vom 24.09.2021 - 4 O 29/21 OLG München, Entscheidung vom 14.12.2022 - 8 U 7968/21 - ECLI:DE:BGH:2025:230725UVIAZR1700.22.0

-8Verkündet am: 23. Juli 2025 Breit, Justizfachangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle ECLI:DE:BGH:2025:230725UVIAZR1700.22.0

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