35 W (pat) 420/17
BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 420/17
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(Aktenzeichen)
BESCHLUSS In der Beschwerdesache …
ECLI:DE:BPatG:2019:290719B35Wpat420.17.0 betreffend das Gebrauchsmuster 20 2010 006 851.7 (hier: Teil-Löschungsantrag)
hat der 35. Senat (Gebrauchsmuster-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 29. Juli 2019 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Metternich, der Richterin Dipl.-Ing. Univ. Schenk und des Richters Dr.-Ing. Krüger beschlossen:
1. Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss der Gebrauchsmusterabteilung des Deutschen Patent- und Markenamts vom 27. Juni 2017 abgeändert. Die angegriffenen Schutzansprüche 1 – 9 und 12 – 13, letztere soweit sie sich auf die Schutzansprüche 1 – 9 rückbeziehen, des Streitgebrauchsmuster 20 2010 006 851.7 werden unter Zurückweisung des Löschungsantrags im Übrigen nur in dem Umfang gelöscht, in welchem sie über den Gegenstand der mit Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 18. Juli 2019 eingereichten und als Hauptantrag bezeichneten Schutzansprüche 1 – 8 und 12 – 13 hinausgehen.
2. Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Antragstellerin 1/3 und die Antragsgegnerin 2/3. Ziff. 2 des Beschlusses der Gebrauchsmusterabteilung des Deutschen Patent- und Markenamts vom 27. Juni 2017 bleibt unberührt.
Gründe I.
Das am 17. Mai 2010 angemeldete Streitgebrauchsmuster ist, nachdem die Antragsgegnerin und Inhaberin des Streitgebrauchsmusters die Aussetzung der Eintragung und Bekanntmachung über 15 Monate mit Anmeldung beantragt hatte, am 1. September 2011 unter der Nummer 20 2010 006 851.7 und mit der Bezeichnung „Dichtung für Förderrollenantriebseinheit“ sowie den Schutzansprüchen 1 – 14 eingetragen worden.
Das Streitgebrauchsmuster ist in Kraft; die Schutzdauer ist bis Ende Mai 2020 verlängert worden.
Die gebrauchsmustergemäße Erfindung betrifft eine Förderrollenantriebseinheit mit einem sich axial erstreckenden Gehäuse mit einer äußeren Gehäuseoberfläche, die zur Übertragung einer Förderkraft auf ein zu förderndes Gut dient, wobei ihr die Aufgabe zugrunde liegt, eine Förderrollenantriebseinheit bereitzustellen, die eine Dichtung mit besseren hygienischen Eigenschaften als bekannte Förderrollenantriebseinheiten aufweist (vgl. Abs. [0001, 0009] der Gebrauchsmusterschrift).
Auf den mit Einreichung der Anmeldung gestellten Rechercheantrag hat das DPMA gemäß Recherchebericht vom 8. Februar 2011 folgende Druckschriften ermittelt:
- DD 216 213 A1 (im Verfahren als E1); - DE 196 15 709 A1 (im Verfahren als D3/E2); - DE 26 04 280 A1 (im Verfahren als E3); - DE 25 59 319 A1 (im Verfahren als E4); - DE 10 2008 039 809 A1 (im Verfahren als D5/E5); - DE 36 12 295 C1 (im Verfahren als E6); - DE 23 39 353 A1 (im Verfahren als E7).
Mit Schriftsatz vom 11. November 2015 hat die Antragstellerin gegen das Streitgebrauchsmuster Teillöschungsantrag gestellt, und zwar dahingehend, dass das Streitgebrauchsmuster im Umfang seiner Schutzansprüche 1 – 9 sowie 12 und 13, soweit diese auf den Schutzanspruch 1 rückbezogen sind, gelöscht werden solle.
Sie hat den Löschungsgrund fehlender Schutzfähigkeit geltend gemacht und zu dem aus ihrer Sicht maßgebenden Stand der Technik die nachfolgend genannten Entgegenhaltungen benannt:
- DE 641 789 A (D1); - DE 882 373 B (D2); - DE 196 15 709 A1 (D3); - CH 398 219 A (D4); - DE 10 2008 039 809 A1 (D5); - EP 1 731 804 A1 (D6); - DE 35 38 173 C1 (D7); - GB 2 104 164 A (D8); - Auszug aus „Garlock Gesamtprogramm“ mit Angabe 2/93 Deckblatt unten rechts (D9); - Datenblatt „Ulman Dichtungstechnik GmbH“ betr. „Radial-Wellendichtringe“
mit Angabe „9/2004“ auf S.2 (D10).
Insbesondere hat die Antragstellerin die Auffassung vertreten, der Gegenstand des Schutzanspruchs 1 werde durch die D1, D5 oder D6 neuheitsschädlich vorweggenommen, weise aber auch keinen erfinderischen Schritt auf. Auch die Gegenstände der weiteren angegriffenen Schutzansprüche seien nicht schutzfähig.
Der Löschungsantrag ist der Antragsgegnerin am 30. November 2015 zugestellt worden. Sie hat dem Löschungsantrag mit Schriftsatz vom 22. Dezember 2015, eingereicht per Fax am selben Tag, widersprochen und die Auffassung vertreten, der Gegenstand des Streitgebrauchsmusters im angegriffenen Umfang sei weder durch den im Verfahren befindlichen Stand der Technik vorweggenommen noch durch diesen nahegelegt.
Nachdem die Gebrauchsmusterabteilung mit Zwischenbescheid vom 20. Februar 2017 den Beteiligten als vorläufige Auffassung mitgeteilt hatte, dass der Löschungsantrag voraussichtlich Erfolg haben werde, hat die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 6. Juni 2017 geänderte Anspruchsfassungen als Hilfsanträge 1 – 4 eingereicht.
In der mündlichen Verhandlung vom 27. Juni 2017 hat die Antragstellerin weiterhin die Löschung des Streitgebrauchsmusters im Umfang der angegriffenen Schutzansprüche 1 – 9, 12 und 13 beantragt. Die Antragsgegnerin hat als Hauptantrag beantragt, den Löschungsantrag zurückzuweisen. Hilfsweise hat sie das Streitgebrauchsmuster, soweit angegriffen, im Umfang der – in der mündlichen Verhandlung handschriftlich modifizierten - Hilfsanträge 3 und 4 verteidigt.
Schutzanspruch 1 nach Hilfsantrag 3 hat die nachfolgend genannte Fassung (mit einer von der Gebrauchsmusterabteilung verwendeten Merkmalsgliederung und Hervorhebungen der Änderungen gegenüber der eingetragenen Fassung durch Unterstreichung):
F1 Förderrollenantriebseinheit mit F2 einem sich axial erstreckenden Gehäuse (15) mit einer äußeren Gehäuseoberfläche, die zur Übertragung einer Förderkraft auf ein zu förderndes Gut dient, F3 zumindest einem Achsende (33), welches an einer Stirnseite aus dem Gehäuse (15) vorsteht, F4 einem Elektromotor, der innerhalb des Gehäuses (15) angeordnet ist und solcherart mit zumindest einem Achsende (33) und dem Gehäuse (15) mechanisch gekoppelt ist, dass er ein Drehmoment zwischen dem Achsende (33) und dem Gehäuse (15) erzeugen kann, gekennzeichnet durch F5 eine ringscheibenförmige Dichtung (19) aus elastischem Material F6 mit einem ersten Abschnitt, welcher mit einer Oberfläche zumindest eines Abschnitts des zumindest einen Achsendes (33) in Reibungskontakt steht,
F7 und mit einem zweiten Abschnitt, der in radialer Richtung an den ersten Abschnitt anschließt,
F8 wobei der erste und der zweite Abschnitt einen L-förmigen Querschnitt der ringscheibenförmigen Dichtung (19) definieren, und mit F9 mindestens einer Tellerfeder (18), F10 welche innerhalb des Gehäuses (15) angeordnet ist und den zweiten Abschnitt der ringscheibenförmigen Dichtung (19) in axialer Richtung gegen eine Gehäuseoberfläche drückt, F11 wobei die Tellerfeder (18) eine Kraft von mindestens 100 N, insbesondere von mindestens 200 N, insbesondere von mindestens 270 N in axialer Richtung auf die ringscheibenförmige Dichtung (19) ausübt.
Mit in der mündlichen Verhandlung vom 27. Juni 2017 verkündetem Beschluss hat die Gebrauchsmusterabteilung das Streitgebrauchsmuster im Umfang der angegriffenen Schutzansprüche 1 – 9, 12 und 13 gelöscht, soweit diese über die Fassung nach Hilfsantrag 3 hinausgehen, den Löschungsantrag im Übrigen zurückgewiesen und von den Kosten des Verfahrens 1/3 der Antragstellerin und 2/3 der Antragsgegnerin auferlegt. Sie begründet diese Entscheidung im Wesentlichen wie folgt:
Der Gegenstand des eingetragenen Schutzanspruchs 1 sei gegenüber dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik, insbesondere gegenüber der D3 und der D4 neu. Er sei jedoch in einer Zusammenschau von D3 und D4 nahegelegt. Damit würden auch die weiteren angegriffenen Schutzansprüche, die die Antragsgegnerin zusammen mit Schutzanspruch 1 als Ganzes verteidigt habe, fallen.
Schutzanspruch 1 nach Hilfsantrag 3 sei zulässig. Insbesondere habe der Begriff „Tellerfeder“ den Begriff „Federscheibenelement“ zulässigerweise ersetzt. Der Gegenstand des Schutzanspruchs 1 nach Hilfsantrag 3 sei mit Blick auf das Merkmal F9 ferner neu und weise insoweit auch einen erfinderischen Schritt auf.
Gegen diesen, ihr am 10. Juli 2017 zugestellten Beschluss richtet sich die von der Antragsgegnerin am 10. August 2017 per Fax eingereichte Beschwerde.
In dem Beschwerdeschriftsatz vom 10. August 2017 kündigte die Antragsgegnerin (sinngemäß) an, das Streitgebrauchsmuster in der Beschwerdeinstanz im Umfang einer „beiliegenden Fassung“ verteidigen zu wollen. Ein Anspruchssatz war der Beschwerdeschrift jedoch nicht beigefügt. In der Begründung des Beschwerdeschriftsatzes führte die Antragsgegnerin aus, dass sich diese Fassung des Schutzanspruchs 1 durch die Streichung des Merkmals „F11“ von der Fassung gemäß dem angefochtenen Beschluss unterscheide und diese durch den im Verfahren befindlichen Stand der Technik nicht nahegelegt sei.
Nachdem der Vorsitzende des erkennenden Senats die Antragsgegnerin auf das Fehlen des von ihr in Bezug genommenen Anspruchssatzes hingewiesen hat, hat die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 8. April 2019 mit „Hilfsantrag 3“ überschriebene, geänderte Schutzansprüche 1 – 11 eingereicht.
Nachdem der Senat die Beteiligten mit weiterem Hinweis vom 18. April 2019 u. a. auf Bedenken aufmerksam gemacht hat, dass die Anspruchsfassung vom 8. April 2019 auch nicht-angegriffene Schutzansprüche möglicherweise modifiziere, hat die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 5. Juni 2019 erneut einen geänderten Anspruchssatz mit neuen Schutzansprüchen 1 – 18 als Hauptantrag sowie einen Hilfsantrag mit weiter geänderten Schutzansprüchen 1- 17 eingereicht. Sie hat die Auffassung vertreten, dass das Streitgebrauchsmuster in der Fassung nach vorgenanntem Hauptantrag schutzfähig sei, insbesondere durch die Entgegenhaltungen D1 – D3 weder neuheitsschädlich getroffen noch nahegelegt sei.
Der Senat hat mit weiterem Hinweis vom 4. Juli 2019 auch in Bezug auf die Zulässigkeit dieser Anspruchsfassung Bedenken geäußert.
Die Antragsgegnerin hat daraufhin mit Schriftsatz vom 17. Juli 2019 einen erneut geänderten Anspruchssatz mit Schutzansprüchen 1 – 10 eingereicht, diesen zum Gegenstand ihres Hauptantrags gemacht und erklärt, auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu verzichten.
Nachdem der Vorsitzende des erkennenden Senats den Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin wie auch den Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin telefonisch darauf aufmerksam gemacht hat, dass auch die Anspruchsfassung vom 17. Juli 2019 Zulässigkeitsbedenken begegnet, hat die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 18. Juli 2019 einen nochmals geänderten Anspruchssatz mit Schutzansprüchen 1 – 8 und 12 – 13 eingereicht.
Schutzanspruch 1 vom 18. Juli 2019 lautet (unter Übernahme der von der Gebrauchsmusterabteilung verwendeten Merkmalsgliederung):
F1 Förderrollenantriebseinheit mit F2 einem sich axial erstreckenden Gehäuse (15) mit einer äußeren Gehäuseoberfläche, die zur Übertragung einer Förderkraft auf ein zu förderndes Gut dient, F3 zumindest einem Achsende (33), welches an einer Stirnseite aus dem Gehäuse (15) vorsteht, F4 einem Elektromotor, der innerhalb des Gehäuses (15) angeordnet ist und solcherart mit zumindest einem Achsende (33) und dem Gehäuse (15) mechanisch gekoppelt ist, dass er ein Drehmoment zwischen dem Achsende (33) und dem Gehäuse (15) erzeugen kann, gekennzeichnet durch F5 eine ringscheibenförmige Dichtung (19) aus elastischem Material F6 mit einem ersten Abschnitt, welcher mit einer Oberfläche zumindest eines Abschnitts des zumindest einen Achsendes (33) in Reibungskontakt steht,
F7 und mit einem zweiten Abschnitt, der in radialer Richtung an den ersten Abschnitt anschließt,
F8 wobei der erste und der zweite Abschnitt einen L-förmigen Querschnitt der ringscheibenförmigen Dichtung (19) definieren, und F9 mit mindestens einer Tellerfeder (18), F10 welche innerhalb des Gehäuses (15) angeordnet ist und den zweiten Abschnitt der ringscheibenförmigen Dichtung (19) in axialer Richtung gegen eine Gehäuseoberfläche drückt.
Die Schutzansprüche 2 – 8 sowie 12 – 13 vom 18. Juli 2019 entsprechen den eingetragenen und angegriffenen Schutzansprüchen 3 – 9 bzw. 12 und 13.
Die Antragsgegnerin beantragt nach alledem (sinngemäß),
den Beschluss der Gebrauchsmusterabteilung des Deutschen Patent- und Markenamts vom 27. Juni 2017 aufzuheben und die angegriffenen Schutzansprüche 1 – 9 und 12 – 13, letztere soweit sie sich auf die Schutzansprüche 1 – 9 rückbeziehen, des Streitgebrauchsmusters 20 2010 006 851.7 nur in dem Umfang zu löschen, in welchem sie über den Gegenstand der mit Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 18. Juli 2019 eingereichten und als Hauptantrag bezeichneten Schutzansprüche 1 – 8 und 12 – 13 hinausgehen, sowie, den Löschungsantrag im Übrigen zurückzuweisen.
Die Antragstellerin hat in ihrer Erwiderung vom 6. April 2018 auf die Beschwerde der Antragsgegnerin schriftsätzlich beantragt, dass die Beschwerde der Antragsgegnerin abzuweisen sei.
Im weiteren Verfahren hat die Antragstellerin zu den verschiedenen, von der Antragsgegnerin eingereichten Anspruchsfassungen nicht konkret Stellung genommen. Mit Schriftsatz vom 18. Juli 2019 hat sie erklärt, mit dem Anspruchssatz der Antragstellerin vom 17. Juli 2019 „einverstanden zu sein“, den von ihr hilfsweise mit Schriftsatz vom 4. Juli 2019 eingereichten Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurückzuziehen und ihre übrigen Anträge aufrecht zu erhalten.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Gebrauchsmusterabteilung, die Schriftsätze der Beteiligten und den übrigen Akteninhalt verwiesen.
II.
Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist zulässig und nunmehr, nämlich im Umfang der mit Schriftsatz vom 18. Juli 2019 eingereichten Schutzansprüche 1 – 8 und 12 – 13 auch begründet.
1. Soweit die Antragsgegnerin mit Einlegung der Beschwerde auf eine „beiliegende Anspruchsfassung“ verweist, diese aber nicht eingereicht hat, ergeben sich hieraus keine Bedenken in Bezug auf die Zulässigkeit der Beschwerde. Zwar genügt es zur Bestimmung des Umfangs der Beschwerde nicht, dass mittelbar aus der Beschwerdebegründung eine bestimmte Fassung des Schutzanspruchs 1 als maßgebende Fassung vorstellbar ist. Solange – obwohl angekündigt – eine konkret ausformulierte Anspruchsfassung insbesondere des Schutzanspruchs 1 nicht vorliegt, kann auch nicht im Einzelnen beurteilt werden, worin das Rechtsschutzziel der Antragsgegnerin besteht, in welchem Umfang sie sich konkret beschwert fühlt und ob und in welchem Umfang nicht-angegriffene Schutzansprüche möglicherweise von ihr einbezogen wurden. Dann aber ist vorliegend von einer zunächst uneingeschränkt erhobenen Beschwerde gegen den Beschluss der Gebrauchsmusterabteilung vom 27. Juni 2017 auszugehen.
2. Die Antragsgegnerin hat dem Teil-Löschungsantrag vorliegend rechtzeitig widersprochen, so dass eine Löschung des Streitgebrauchsmusters ohne Sachprüfung nach § 17 Abs. 1 Satz 2 GebrMG ausscheidet.
3. Die Antragsgegnerin hat ihren Widerspruch gegen den Teil-Löschungsantrag aber mit der Einreichung der geänderten Schutzansprüche 1 – 8 und 12 – 13 vom 18. Juli 2019 insoweit teilweise zurückgenommen, als sie das Streitgebrauchsmuster, soweit es hinsichtlich seiner eingetragenen Schutzansprüche 1 – 9 und 12 – 13 angegriffen wurde, eindeutig und abschließend nur noch in dem vorgenannten Umfang verteidigt hat.
a) Die Antragsgegnerin hat im erstinstanzlichen Löschungsverfahren ihren Widerspruch gegen den streitgegenständlichen Teil-Löschungsantrag nicht, auch nicht teilweise zurückgenommen. Insbesondere hat sie die angegriffenen Schutzansprüche in der mündlichen Verhandlung vom 27. Juni 2017 in ihrem eingetragenen Umfang verteidigt, indem sie dort als Hauptantrag die Zurückweisung des Teil-Löschungsantrags beantragt hatte.
b) Mit Einlegung der Beschwerde war keine auch nur teilweise Rücknahme des Widerspruchs gegen den Löschungsantrag seitens der Antragsgegnerin verbunden, weil mangels der Einreichung des mit dem Beschwerdeschriftsatz vom 10. August 2017 in Bezug genommenen Anspruchssatzes überhaupt nicht abgesehen werden konnte, ob dieser Anspruchssatz zulässig war und in welchem Umfang eine Teil-Rücknahme des Widerspruchs gegen den Löschungsantrag in Betracht gekommen wäre.
c) Eine teilweise Rücknahme des Widerspruchs gegen den Löschungsantrag hat die Antragsgegnerin auch nicht mit der Einreichung des Anspruchssatzes gemäß Hauptantrag vom 8. April 2019 erklärt. Zwar kann in der Einreichung eines geänderten Anspruchssatzes durch den jeweiligen Antragsgegner im Löschungs- oder Löschungsbeschwerdeverfahren eine teilweise Rücknahme des Widerspruchs gegen einen Löschungsantrag gesehen werden. Da aber zum damaligen Zeitpunkt noch ein Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt war, handelt es sich insoweit lediglich um eine Antragsankündigung, da für die (Sach-)Antragstellung das entscheidend ist, was die Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung letztlich beantragt (§§ 18 Abs. 2 Satz 1 GebrMG, 90 Abs. 3 PatG). Zum anderen kann ein geänderter Anspruchssatz nur dann eine teilweise Rücknahme des Widerspruchs gegen den Löschungsantrag beinhalten, wenn diese Anspruchsfassung selbst zulässig ist. Bezüglich der geänderten Schutzansprüche 1 – 11 vom 8. April 2019 war dies jedoch deswegen nicht der Fall, weil in dem dort eingereichten Schutzanspruch 9 Merkmale der angegriffenen Schutzansprüche 1 und 9 mit den Merkmalen des nicht angegriffenen Schutzanspruchs 10 kombiniert wurden (vgl. BGH GRUR 2017, 604, Ls. und insbes. Tz. 27 ff. – Ankopplungssystem) und die nicht angegriffenen Schutzansprüche 10 und 11 inhaltlich durch eine andere Anspruchsfassung ersetzt worden sind.
d) Auch die Anspruchsfassung gemäß Hauptantrag vom 6. Juni 2019 konnte eine teilweise Rücknahme des Widerspruchs gegen den Löschungsantrag schon deswegen nicht bewirken, weil auch diese Fassung unzulässig war. Denn Schutzanspruch 14 vom 6. Juni 2019 kombiniert die Merkmale der angegriffenen Schutzansprüche 1 und 9 mit denjenigen des nicht angegriffenen Schutzanspruchs 10 und Schutzanspruch 17 die Merkmale des angegriffenen Schutzanspruchs 1 mit denjenigen des nicht angegriffenen Schutzanspruchs 14.
e) Auch die mit weiterem Schriftsatz vom 17. Juli 2019 eingereichten, erneut geänderten Schutzansprüche 1 - 10 konnten eine Teil-Rücknahme des Widerspruchs gegen den Löschungsantrag nicht bewirken, da der nicht-angegriffene Schutzanspruch 10 inhaltlich die Merkmale des Schutzanspruchs 13 ersetzt, und diese Fassung daher ebenfalls als unzulässig anzusehen ist.
f) Anderes gilt jedoch in Bezug auf die nach nochmaligem Hinweis mit Schriftsatz vom 18. Juli 2019 eingereichten Schutzansprüche 1 – 8 und 12 – 13. Diese Fassung lässt die nicht angegriffenen Schutzansprüche 10 – 11 und 14 der eingetragenen Fassung des Streitgebrauchsmusters unberührt. Auch im Übrigen sind angegriffene Schutzansprüche nicht mit Merkmalen nicht angegriffener Schutzansprüche kombiniert worden.
Der geänderte Schutzanspruch 1 vom 18. Juli 2019 stellt vielmehr eine Kombination der Merkmale des eingetragenen und angegriffenen Schutzanspruchs 1 mit denjenigen des eingetragenen und angegriffenen Schutzanspruchs 2 dar, allerdings mit der Maßgabe, dass das Teilmerkmal „Federscheibenelement“ durch den Begriff „Tellerfeder“ ersetzt wird. Gemäß Abs. [0015] der Beschreibung kann unter einer gebrauchsmustergemäßen Federscheibe insbesondere eine Tellerfeder verstanden werden, so dass die Fassung des Schutzanspruchs 1 vom 18. Juli 2019 auch nicht über die technische Lehre hinaus geht, welche bei der Anmeldung des Streitgebrauchsmusters ursprünglich offenbart wurde.
Da ferner die Schutzansprüche 2 – 8 sowie 12 – 13 vom 18. Juli 2019 den eingetragenen und angegriffenen Schutzansprüchen 3 – 9 bzw. 12 und 13 entsprechen, ist die Anspruchsfassung vom 18. Juli 2019 insgesamt als zulässig zu erachten.
Nachdem die Antragsgegnerin nunmehr unter ausdrücklichem Verzicht auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung das Streitgebrauchsmuster, soweit es mit dem verfahrensgegenständlichen Löschungsantrag angegriffen wurde, nur noch im Umfang des Anspruchssatzes vom 18. Juli 2019 verteidigt, hat sie zugleich erklärt, ihren ursprünglich in Bezug auf die eingetragenen und angegriffenen Schutzansprüche uneingeschränkt erklärten Widerspruch gegen den Löschungsantrag teilweise zurückzunehmen, nämlich in dem Umfang, in welchem die eingetragenen und angegriffenen Schutzansprüche 1 – 9 und 12 – 13 über die Anspruchsfassung vom 18. Juli 2019 hinausgehen. Das Streitgebrauchsmuster ist daher in diesem Umfang entsprechend § 17 Abs. 1 Satz 2 GebrMG ohne weitere Sachprüfung zu löschen.
4. Die Antragstellerin hat den Teil-Löschungsantrag ihrerseits nicht, insbesondere nicht teilweise zurückgenommen. Zwar könnte in der Erklärung gemäß Schriftsatz vom 4. Juli 2019, mit der von der Antragsgegnerin eingereichten Anspruchsfassung vom 17. Juli 2019 „einverstanden zu sein“ eine Teil-Rücknahme des Löschungsantrags gesehen werden. Diese würde sich allerdings, wie bereits ausführt, auf eine unzulässige Änderung des Streitgebrauchsmusters beziehen. Zum anderen sind an die Klarheit und Eindeutigkeit einer solchen Erklärung strenge Anforderungen zu stellen. Nachdem die Antragstellerin zugleich erklärt hat, ihre übrigen Anträge aufrechtzuerhalten und nur ihren hilfsweise eingereichten (Verfahrens-)Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurückgenommen hat, ist zweifelhaft, ob mit dem vorgenannten „Einverständnis“ auch vom Empfängerhorizont her eine Teil-Rücknahme als gewollt anzusehen ist. Vielmehr spricht einiges dafür, dass die Antragstellerin zwar keine Argumente gegen die Schutzfähigkeit der modifizierten Anspruchsfassung vom 17. Juli 2019 vorbringen wollte, diese jedoch nicht einer weiteren Überprüfung durch den Senat hinsichtlich der Schutzfähigkeit entziehen wollte.
5. Prüfungsgegenstand ist daher der von der Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 18. Juli 2019 eingereichte Anspruchssatz mit geänderten Schutzansprüchen 1 – 8 und 12 – 13.
In diesem Umfang greift der Löschungsgrund fehlender Schutzfähigkeit (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 GebrMG) nicht ein. Der Gegenstand des Schutzanspruchs 1 vom 18. Juli 2019 ist insoweit neu und beruht insoweit auch auf einem erfinderischen Schritt (§ 1 Abs. 1 GebrMG).
a) Bei dem heranzuziehenden Fachmann handelt es sich um einen DiplomIngenieur der Fachrichtung Maschinenbau mit mehrjähriger Erfahrung in der Konstruktion und Entwicklung von Förderrollenantriebseinheiten.
b) Gegenstand des Schutzanspruchs 1 ist eine in den Merkmalen F1 bis F4 beschriebene Förderrollenantriebseinheit mit einem Gehäuse und mit einer in den Merkmalen F5 bis F8 beschriebenen ringscheibenförmigen Dichtung. Gemäß dem Merkmal F9 ist weiterhin mindestens eine Tellerfeder vorgesehen, die gemäß Merkmal F10 innerhalb des Gehäuses der Förderrollenantriebseinheit angeordnet ist und einen zweiten Abschnitt der ringscheibenförmigen Dichtung in axialer Richtung gegen eine Gehäuseoberfläche drückt.
c) Keine der im Verfahren befindlichen Druckschriften offenbart eine Tellerfeder entsprechend den Merkmalen F9 und F10.
Es kann daher dahinstehen, ob die in D1, D2, D3, D7 und E1 jeweils offenbarten Förderrollenantriebseinheiten den Merkmalen F1 bis F4 entsprechen, ob die in D4 Fig. 1, E3 Fig. 2 und E4 Fig. 2 jeweils offenbarten Dichtungen den Merkmalen F5 bis F8 entsprechen, und ob der Einsatz einer dieser Dichtungen an einer der Förderrollenantriebseinheiten nach D1, D2, D3, D7 bzw. E1 für den Fachmann nahegelegt war. Es kann weiter auch dahinstehen, ob die Gummilochscheibe 12 der D4 Fig. 1, die Flachdichtung 22 der E3 Fig.2, die Flachdichtung 56 der E4 Fig. 2 und/oder die elastomeren Auflageringe 9 der E6 Fig. 1-9 bzw. der radial geklemmte Federring 7 der E6 Fig. 4 dem Merkmal F10 entsprechen. Denn jedenfalls wird durch die genannten Druckschriften weder offenbart noch dem Fachmann nahegelegt, anstelle eines dieser Elemente eine Tellerfeder einzusetzen.
Dies gilt auch, wenn unterstellt werden sollte, dass dem Fachmann sich die im Gebrauchsmuster genannte Aufgabe stellte, die hygienischen Eigenschaften der Dichtung eines Förderrollenantriebs zu verbessern, da der im Verfahren befindli- che Stand der Technik keinen Hinweis darauf geben kann, dass dies mit dem Einsatz einer Tellerfeder entsprechend den Merkmalen F9 und F10 zu erreichen sei.
Die auf den Schutzanspruch 1 rückbezogenen Ansprüche 2 bis 8 sowie 12 und 13 werden vom Anspruch 1 getragen.
6. Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden. Die Antragsgegnerin hat mit Schriftsatz vom 17. Juli 2019 ausdrücklich auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet. Die Antragstellerin hat mit Schriftsatz vom 18. Juli 2019 erklärt, ihren (hilfsweise gestellten) Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurückzuziehen, was zugleich als konkludenter Verzicht auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu erachten ist. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist daher auch nach § 17 Abs. 3 Satz 1 GebrMG nicht geboten. Der Senat hat eine mündliche Verhandlung auch nicht für sachdienlich erachtet (§§ 18 Abs. 4 Satz 1 GebrMG, 78 Nr. 3 PatG).
7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 18 Abs. 2 Satz 2 GebrMG i.V.m. §§ 84 Abs. 2 PatG, 92 Abs. 1 ZPO. Insbesondere ist, ausgehend von einer jedenfalls zunächst uneingeschränkt erhobenen Beschwerde der Antragsgegnerin (s.o. Ziff. 1. und 3.b), zu berücksichtigen, dass der Umfang, in welchem die angegriffenen Schutzansprüche als schutzfähig zu erachten sind (s.o. Ziff. 5.), gegenüber der eingetragenen Fassung in erheblichem Umfang eingeschränkt wurde. Hiernach ist eine Kostenquotelung, wie sie bereits im angefochtenen Beschluss ausgesprochen wurde, angemessen, dies insbesondere auch unter Berücksichtigung von Billigkeitsgesichtspunkten.
III.
Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass
1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, 2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, 3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, 4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat, 5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder 6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses durch einen bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt zu unterzeichnen und beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe, einzureichen. Die Frist ist nur gewahrt, wenn die Rechtsbeschwerde vor Fristablauf beim Bundesgerichtshof eingeht. Die Frist kann nicht verlängert werden.
Metternich Schenk Dr. Krüger Ko