AnwZ (Brfg) 71/19
BUNDESGERICHTSHOF AnwZ (Brfg) 71/19 BESCHLUSS vom 10. Juli 2020 in der verwaltungsrechtlichen Anwaltssache wegen Widerrufs der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft ECLI:DE:BGH:2020:100720BANWZ.BRFG.71.19.0 Der Bundesgerichtshof, Senat für Anwaltssachen, hat durch die Präsidentin des Bundesgerichtshofs Limperg, die Richterin Lohmann, den Richter Dr. Paul sowie die Rechtsanwältin Schäfer und den Rechtsanwalt Prof. Dr. Schmittmann am 10. Juli 2020 beschlossen:
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das ihm am 10. Oktober 2019 an Verkündungs statt zugestellte Urteil des II. Senats des Anwaltsgerichtshofs Hamburg wird abgelehnt. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Der Wert des Zulassungsverfahrens wird auf 50.000 € festgesetzt. Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe wird zurückgewiesen.
Gründe:
I.
Der 1945 geborene Kläger ist seit 1976 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Mit Schreiben vom 30. April 2015 verzichtete der Kläger gegenüber der Beklagten auf seine Zulassung zur Rechtsanwaltschaft und beantragte, die Bezeichnung "Rechtsanwalt" auch ohne Berufstätigkeit führen zu dürfen. Mit Bescheid vom 8. Mai 2015 widerrief die Beklagte die Zulassung des Klägers zur Rechtsanwaltschaft im Hinblick auf dessen Verzichtserklärung (§ 14 Abs. 2 Nr. 4 BRAO). Den Antrag, die Bezeichnung "Rechtsanwalt" auch ohne Berufstätigkeit führen zu dürfen, nahm der Kläger mit Schreiben vom 24. August 2015 ebenso zurück wie die Verzichtserklärung hinsichtlich seiner Zulassung zur Rechtsanwaltschaft und legte zugleich "gegen einen etwaigen dahingehenden Bescheid Widerspruch bzw. Beschwerde ein". Mit Widerspruchsbescheid vom 18. Dezember 2015 wies die Beklagte den seitens des Klägers erhobenen Widerspruch zurück. Die hiergegen erhobene Klage, gerichtet auf Aufhebung des Widerspruchsbescheids vom 18. Dezember 2015 und hilfsweise auf Verpflichtung der Beklagten, die Führung der Bezeichnung "Rechtsanwalt" zu gestatten, hat der Anwaltsgerichtshof abgewiesen. Nunmehr beantragt der Kläger die Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Anwaltsgerichtshofs und die Gewährung von Prozesskostenhilfe.
II.
Der Antrag des Klägers ist nach § 112e Satz 2 BRAO, § 124a Abs. 4 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Er bleibt in der Sache jedoch ohne Erfolg.
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung (§ 112e Satz 2 BRAO, § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen nicht. Dieser Zulassungsgrund setzt voraus, dass ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird (BGH, Beschlüsse vom 29. Dezember 2016 - AnwZ (Brfg) 36/16, juris Rn. 3 mwN; vom 15. Dezember 2017 - AnwZ (Brfg) 11/17, juris Rn. 3). Daran fehlt es hier.
a) Dies gilt zunächst im Hinblick auf das Anfechtungsbegehren des Klägers. Weder der am 7. November 2019 beim Anwaltsgerichtshof eingegangene undatierte Zulassungsantrag des Klägers noch sein am 10. Dezember 2019 eingegangener Begründungsschriftsatz vom 8. Dezember 2019 befassen sich inhaltlich in irgendeiner Weise mit dem Widerruf seiner Zulassung zur Rechtsanwaltschaft.
b) Aber auch die Abweisung des auf Verpflichtung der Beklagten gerichteten Hilfsantrags die Führung der Bezeichnung "Rechtsanwalt" betreffend,
lässt einen Rechtsfehler nicht erkennen. Mit Recht hat der Anwaltsgerichtshof nach Verlegung des Kanzleisitzes des Klägers in den Zuständigkeitsbereich der Rechtsanwaltskammer S.
zum 15. November 2017 mit Rücksicht auf § 112d Abs. 1 Nr. 1 BRAO die Passivlegitimation der Beklagten verneint.
2. Dem Anwaltsgerichtshof ist auch kein Verfahrensfehler unterlaufen, auf welchem sein Urteil beruhen kann (§ 112e Satz 2 BRAO, § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO).
Mit dem Vorbringen, die Zurückweisung eines die Vorsitzende Richterin des Anwaltsgerichtshofs betreffenden Ablehnungsgesuchs sei ihm gegenüber nicht bekannt gegeben worden, weswegen der Termin zur mündlichen Verhandlung in seiner Abwesenheit stattgefunden habe, rügt der Kläger eine Verletzung seines Rechts auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO. Die Rüge ist indessen nicht hinreichend ausgeführt. Denn es fehlt bereits an einer konkreten Bezeichnung tatsächlicher oder rechtlicher Ausführungen des Urteils, zu denen sich zu äußern der Kläger aufgrund der Verletzung rechtlichen Gehörs gehindert war. Auch muss dargelegt werden, was der Kläger dazu vorgetragen hätte und weshalb dies entscheidungserheblich gewesen wäre (vgl. BGH, Beschluss vom 21. November 2011 - NotZ (Brfg) 6/11, NJW-RR 2012, 121; BVerwG, Beschluss vom 16. Februar 1998 - 4 B 2/98, NVwZ 1998, 1066; VGH Kassel, Beschluss vom 17. Juli 1998 - 8 UZ 2071/98, juris Rn. 4; Kopp/Schenke, VwGO, 25. Aufl., § 124a Rn. 57).
3. Weitere Zulassungsgründe hat der Kläger weder behauptet noch vorgetragen.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 194 Abs. 2 Satz 1 BRAO.
IV.
Mangels Erfolgsaussicht des klägerischen Antrags auf Zulassung der Berufung kam die Gewährung von Prozesskostenhilfe nicht in Betracht (§ 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO, § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Limperg Lohmann Paul Schäfer Schmittmann Vorinstanzen: AGH Hamburg, Entscheidung vom 10.10.2019 - AGH II ZU 2/16 (II-1) -