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V ZR 121/24

BUNDESGERICHTSHOF V ZR 121/24 IM NAMEN DES VOLKES URTEIL in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ:

nein BGHR:

ja JNEU:

nein BGB § 226, § 242 D, § 912 Abs. 1 Ein Überbau muss nur unter den Voraussetzungen des § 912 Abs. 1 BGB geduldet werden; liegen diese nicht vor, kann eine Pflicht zur dauerhaften Duldung des Überbaus weder aus dem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis noch aus dem Schikaneverbot hergeleitet werden.

BGH, Urteil vom 7. November 2025 - V ZR 121/24 - OLG Saarbrücken LG Saarbrücken ECLI:DE:BGH:2025:071125UVZR121.24.0 Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 7. November 2025 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Brückner, die Richter Dr. Göbel, Dr. Hamdorf und Dr. Malik und die Richterin Dr. Grau für Recht erkannt:

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 13. Juni 2024 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung des Klägers gegen die Abweisung des Klageantrags zu 1 im Hinblick auf die begehrte Beseitigung der von dem Beklagten auf dem Grundstück des Klägers, eingetragen im Grundbuch von B.

, Gemarkung K. , Flur 11/231, errichteten Teile eines Gebäudes zur Rinderhaltung, des dem mit einer Photovoltaikanlage versehenen Gebäudes gegenüberliegenden Gebäudes, der von dem Beklagten im Grundstück des Klägers im Hinblick auf die Photovoltaikanlage verlegten Leitung und der auf dem Grundstück des Klägers errichteten Einfriedung sowie gegen die Abweisung des Klageantrags zu 4 zurückgewiesen worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen Tatbestand:

Die Parteien sind benachbarte Landwirte. Der Beklagte betreibt auf seinen Parzellen eine Außenstelle seines landwirtschaftlichen Betriebs. Er baute zu diesem Zweck im Jahr 2000 einen Rinderstall und verschloss später dessen zunächst offene Ostseite durch ein Schleppdach und ein Windschutznetz. Ferner errichtete er u.a. eine Lagerhalle und verlegte eine unterirdische Stromleitung. Das gesamte Betriebsgelände des Beklagten ist aufgrund einer Auflage des Veterinäramts zur Vermeidung der Wildschweinpest eingezäunt. Der Kläger erwarb 2015 das Eigentum an einem zwischen den Parzellen des Beklagten liegenden schmalen, ca. 11,56 Ar großen Grundstücksstreifen, der seit jeher von dem Beklagten als Hof- und Wegfläche für seinen Betrieb mitgenutzt worden ist. Die Parzelle des Klägers durchschneidet die Betriebsfläche des Beklagten zwischen den Gebäuden. Der Rinderstall bzw. dessen Dachüberstand befindet sich im Umfang einer Fläche von 117,03 m² auf dem Grundstück des Klägers. Das Dach der Lagerhalle ragt mit einer Fläche von 5,7 m² in das Grundstück des Klägers hinein. Das unterirdisch verlegte Stromkabel verläuft ebenfalls über das Grundstück des Klägers. Im Streit steht, ob die Einfriedung jedenfalls zum Teil auf dem Grundstück des Klägers errichtet wurde.

Der Kläger begehrt von dem Beklagten - soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse - die Beseitigung der überbauten Gebäudeteile, der in seinem Grundstück verlegten Stromleitung und der Einfriedung, soweit sie auf seinem Grundstück errichtet ist, sowie die Erstattung anteiliger vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der Beklagte beantragt, verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht meint, der Kläger sei aufgrund der konkreten Umstände des Falls ausnahmsweise unter dem Gesichtspunkt des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses verpflichtet, den Überbau von Rinderstall und Lagerhalle zu dulden. Das Flurstück des Klägers habe sich bereits im Zeitpunkt seines Erwerbs als wirtschaftlich praktisch wertlos erwiesen, weil es als schmales Inselgrundstück inmitten des seit Jahren geführten landwirtschaftlichen Betriebs des Beklagten nicht in sinnvoller Weise isoliert bewirtschaftet werden könne. Der Kläger habe seine Parzelle von Anfang an nicht über eigene Flurstücke oder öffentliche Wege anfahren können. Dem stehe die herausragende Bedeutung der Parzellennutzung für den Beklagten gegenüber, die aus agrarökonomischer Sicht einen integralen und substantiellen Bestandteil des Innenhofs der Teilaussiedlung darstelle. Ohne die Inanspruchnahme des Flurstücks sei eine rentable Bewirtschaftung der Hofstelle nahezu unmöglich. Der Erwerb der von Anfang an wirtschaftlich nicht nutzbaren Parzelle führe zu einer gesteigerten Rücksichtnahmepflicht des Klägers gegenüber den Interessen des Beklagten. Daher müsse der Kläger die überbauten Gebäudeteile dauerhaft dulden.

Dem Kläger stehe auch kein Anspruch gemäß § 1004 Abs. 1 BGB auf Beseitigung des Zauns zu. Ungeachtet dessen, ob der Zaun überhaupt (teilweise) auf der Parzelle des Klägers stehe, sei der Kläger gemäß § 1004 Abs. 2 BGB zur Duldung verpflichtet, denn die behördliche Anordnung der Umzäunung zur Vermeidung der Wildschweinpest lasse die Rechtswidrigkeit einer etwaigen Eigentumsbeeinträchtigung entfallen. Zudem habe der Kläger eine spürbare Eigentumsbeeinträchtigung durch den Zaun nicht nachvollziehbar dargelegt. Einem Beseitigungsanspruch stehe außerdem entgegen, dass die Parzelle auch im Hinblick auf die vorhandene Tierhaltung einen integralen und substantiellen Bestandteil des Betriebs des Beklagten darstelle. Aus den gleichen Gründen sei der Kläger auch zur Duldung der von dem Beklagten unterirdisch verlegten Stromleitung verpflichtet.

Mangels Anspruchs in der Hauptsache könne der Kläger Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten nicht verlangen.

II.

Die Erwägungen des Berufungsgerichts, mit denen es den Kläger für verpflichtet hält, die von dem Beklagten über die Grenze gebauten Gebäude- und Anlagenteile nach § 1004 Abs. 2 BGB zu dulden, halten rechtlicher Prüfung nicht stand.

1. Im Ausgangspunkt sind die Tatbestandsvoraussetzungen des § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB infolge der Überbauten erfüllt. Die für einen Abwehranspruch erforderliche Eigentumsbeeinträchtigung im Sinne der Norm ist bei einem dem Inhalt des Eigentums (§ 903 BGB) widersprechenden Zustand gegeben (vgl. Senat, Urteil vom 4. Februar 2005 - V ZR 142/04, NJW 2005, 1366, 1367 mwN). Ein solcher Zustand ist nach den Feststellungen des Berufungsgerichts jedenfalls durch die überbauten Gebäudeteile und das unterirdisch (auch) auf dem Grundstück des Klägers verlegte Stromkabel verwirklicht. Hinsichtlich des Zauns hat das Berufungsgericht insoweit keine Feststellungen getroffen. Für das Revisionsverfahren ist deshalb zugunsten des Klägers davon auszugehen, dass die Einfriedung jedenfalls in Teilen auch auf seinem Grundstück errichtet wurde.

2. Rechtsfehlerhaft ist dagegen die Annahme des Berufungsgerichts, eine auf die Gebäude bezogene Duldungspflicht nach § 1004 Abs. 2 BGB ergebe sich aus dem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis.

a) Die Rechte und Pflichten von Grundstücksnachbarn haben insbesondere durch die Vorschriften der §§ 905 ff. BGB und die Bestimmungen der Nachbarrechtsgesetze der Länder eine ins Einzelne gehende Sonderregelung erfahren. Auch auf sie ist zwar der allgemeine Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) anzuwenden; daraus folgt für die Nachbarn eine Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme, deren Auswirkungen auf den konkreten Fall unter dem Begriff des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses zusammengefasst werden (vgl. Senat, Urteil vom 31. Januar 2003 - V ZR 143/02, NJW 2003, 1392 mwN). In der Regel begründet der Gedanke von Treu und Glauben aber im Rahmen eines nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses keine selbstständigen Ansprüche, sondern wirkt sich hauptsächlich als bloße Schranke der Rechtsausübung aus (vgl. Senat, Urteil vom 13. Juli 2018 - V ZR 308/17, NJW-RR 2019, 78 Rn. 11; Urteil vom 21. Oktober 1983 - V ZR 166/82, BGHZ 88, 344, 351). Es entspricht insbesondere ständiger Rechtsprechung, dass das Rechtsinstitut nicht dazu dienen darf, die nachbarrechtlichen Regelungen in ihr Gegenteil zu verkehren (vgl. Senat, Urteil vom 29. Juni 2012 - V ZR 97/11, NJW-RR 2012, 1160 Rn. 20 mwN).

b) Anders als das Berufungsgericht meint, kann danach im Hinblick auf die überbauten Gebäude keine Duldungspflicht des Klägers bejaht werden. Ein Überbau muss nur unter den Voraussetzungen des § 912 Abs. 1 BGB geduldet werden; liegen diese nicht vor, kann eine Pflicht zur dauerhaften Duldung des Überbaus nicht aus dem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis hergeleitet werden.

aa) Inwieweit ein Grundstückseigentümer einen Überbau dauerhaft zu dulden hat, ist in § 912 Abs. 1 BGB, zu dessen Voraussetzungen das Berufungsgericht - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - keine Feststellungen getroffen hat, eingehend geregelt. Danach hat der Nachbar einen Überbau nur dann zu dulden, wenn der Eigentümer eines Nachbargrundstücks bei der Errichtung eines Gebäudes über die Grenze gebaut hat, ohne dass ihm Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit zur Last fällt, es sei denn, dass der Nachbar vor oder sofort nach der Grenzüberschreitung Widerspruch erhoben hat. Diese Vorschrift enthält im Hinblick auf die nicht durch dingliche Rechte oder schuldrechtliche Verträge begründete Pflicht zur dauerhaften Duldung von Überbauten eine abschließende Regelung und schließt insoweit die Annahme einer solchen aus anderen Rechtsgründen aus. Sind die tatbestandlichen Voraussetzungen der Norm nicht erfüllt, können sie insbesondere nicht dadurch umgangen oder erweitert werden, dass über § 912 Abs. 1 BGB hinaus aus dem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis eine dauerhafte Duldungspflicht des Grundstückeigentümers abgeleitet wird, weil sonst die nachbarrechtlichen Regelungen in ihr Gegenteil verkehrt würden.

bb) Anders als das Berufungsgericht meint, kommt es insoweit auch nicht auf eine Abwägung der gegenseitigen Interessen an. Zwar kann der Gedanke von Treu und Glauben im Rahmen des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses in eng begrenzten Ausnahmefällen sogar zu positivem Handeln oder Unterlassen verpflichten, wenn ein über die gesetzliche Regelung hinausgehender billiger Ausgleich der widerstreitenden Interessen zwingend geboten erscheint (vgl. Senat, Urteil vom 13. Juli 2018 - V ZR 308/17, NJW-RR 2019, 78 Rn. 11; Urteil vom 8. Februar 2013 - V ZR 56/12, NJW-RR 2013, 650 Rn. 6; Urteil vom 29. April 1977 - V ZR 71/75, BGHZ 68, 350, 354). Aber abschließende gesetzliche Regelungen wie diejenige über die Duldung eines Überbaus in § 912 BGB können durch vermeintlich zwingende Gründe auf Seiten des Überbauenden nicht umgangen oder erweitert werden. Es verhält sich nicht anders als bei einem Notwegrecht, dessen Voraussetzungen in § 917 BGB abschließend geregelt werden (dazu Senat, Urteil vom 24. Januar 2020 - V ZR 155/18, NJW 2020, 1360 Rn. 19; Urteil vom 6. Mai 2022 - V ZR 50/21, NJW-RR 2022, 1381 Rn. 17). Im Falle einer Beeinträchtigung durch einen nicht nach § 912 Abs. 1 BGB zu duldenden Überbau kann das nachbarliche Gemeinschaftsverhältnis allenfalls eine zeitlich beschränkte Duldungspflicht begründen, die es dem Überbauenden ermöglicht, auf dem eigenen Grund für Abhilfe zu sorgen (vgl. Senat, Urteil vom 29. Juni 2012 - V ZR 97/11, NJW-RR 2012, 1160 Rn. 22).

cc) Für die Annahme einer Duldungspflicht ist schließlich ohne Belang, in welcher Weise der Eigentümer sein Grundstück wirtschaftlich nutzen kann oder möchte und warum er nicht bereit ist, die Eigentumsbeeinträchtigung zu dulden. Daher muss der Kläger nicht begründen, weshalb er von seinem in § 903 Satz 1 BGB verankerten Ausschließungsrecht Gebrauch macht.

3. Im Hinblick auf den Zaun, für den revisionsrechtlich zu unterstellen ist, dass er in Teilen auf dem Grundstück des Klägers steht (oben Rn. 7), lässt sich mit der Begründung des Berufungsgerichts ebenfalls keine Duldungspflicht des Klägers herleiten.

a) Zu Unrecht bejaht das Berufungsgericht eine Duldungspflicht des Klägers aus dem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis. Ob eine dauerhafte Pflicht zur Duldung eines Überbaus besteht, richtet sich wegen der abschließenden Regelung in § 912 Abs. 1 BGB (vgl. oben Rn. 11) allein nach dieser Norm. Danach kann eine Duldungspflicht nur dann entstehen, wenn bei der Errichtung eines Gebäudes über die Grenze gebaut wird. Im Wege teleologischer Erweiterung wird die Norm lediglich auf solche Bauwerke ausgedehnt, die zwar keine Gebäude im engeren Sinn sind, aber letzteren im wirtschaftlichen Wert gleichkommen (vgl. Senat, Urteil vom 27. März 2015 - V ZR 216/13, BGHZ 204, 364 Rn. 29 f.). Hierzu zählt ein Zaun - wie das Berufungsgericht noch zutreffend sieht - aber offenkundig nicht (vgl. für eine Mauer Senat, Urteil vom 22. September 1972 - V ZR 8/71, MDR 1973, 39). Ist nach § 912 Abs. 1 BGB - wie hier - eine Duldungspflicht zu verneinen, kommt auch insoweit kein Rückgriff auf das nachbarliche Gemeinschaftsverhältnis zur Begründung einer solchen in Betracht. Denn im Umkehrschluss folgt aus der Regelung des § 912 BGB, dass ein Überbau durch Baulichkeiten, die - wie ein Zaun - keine Gebäude sind und diesen auch nicht gleichgesetzt werden können, nicht dauerhaft geduldet werden muss.

b) Die Revision wendet sich ferner mit Erfolg gegen die Annahme des Berufungsgerichts, der Kläger sei zur Duldung des Zauns auch deshalb verpflichtet, weil die Einfriedung aufgrund einer Auflage des Veterinäramts zur Vermeidung der Wildschweinpest erfolgt sei. Zwar können grundsätzlich behördliche Erlaubnisse und Anordnungen im Einzelfall Ansprüche aus § 1004 Abs. 1 BGB ausschließen (vgl. MüKoBGB/Raff, 9. Aufl., § 1004 Rn. 211 ff.). Es erscheint allerdings bereits zweifelhaft, ob eine gegenüber dem Beklagten ergangene behördliche Anordnung ohne weiteres eine Duldungspflicht des Klägers zu begründen vermag oder ob hierfür nicht zudem eine an den Kläger als Grundstückseigentümer gerichtete behördliche Duldungsverfügung erforderlich wäre (so etwa BeckOGK/Spohnheimer, BGB [1.8.2025], § 1004 Rn. 227; MüKoBGB/Raff, 9. Aufl., § 1004 Rn. 211). Jedenfalls ist bislang nicht festgestellt, dass die Erfüllung der Auflage des Veterinäramts zum Schutz der von dem Beklagten gehaltenen Schweine eine Einfriedung unter Inanspruchnahme auch des klägerischen Grundstücks erfordert.

c) Rechtsfehlerhaft ist schließlich die Auffassung des Berufungsgerichts, eine Duldungspflicht bestehe außerdem, weil der Kläger angesichts der Insellage seines Flurstücks und der damit verbundenen fehlenden Erreichbarkeit über einen öffentlichen Weg eine spürbare Eigentumsbeeinträchtigung nicht nachvollziehbar dargelegt habe. Der von dem Beklagten errichtete Zaun beeinträchtigt das Eigentum des Klägers unabhängig von der Lage des Grundstücks, denn er führt einen dem Inhalt des Eigentums (§ 903 BGB) widersprechenden Zustand herbei. Eine fehlende Erreichbarkeit des Grundstücks über öffentliche Verkehrsflächen schließt eine Eigentumsbeeinträchtigung i.S.v. § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht aus und begründet für sich keine Duldungspflicht i.S.v. § 1004 Abs. 2 BGB, zumal das Berufungsgericht keine Feststellungen dazu getroffen hat, ob nicht eine Anbindung des Grundstücks an einen öffentlichen Weg durch ein Notwegrecht nach § 917 Abs. 1 Satz 1 BGB besteht.

4. Mit der von dem Berufungsgericht gegebenen Begründung kann der Kläger auch nicht bezogen auf die sein Grundstück unterirdisch querende Stromleitung zur Duldung verpflichtet sein. Ein Recht, Versorgungsleitungen über ein anderes, fremdes Grundstück zu führen, um diese mit den öffentlichen Versorgungsnetzen zu verbinden, kann nur unter den Voraussetzungen eines Notleitungsrechts entstehen. Dieses kann aus landesrechtlichen Regelungen oder - in Ermangelung solcher - aus einer entsprechenden Anwendung des § 917 Abs. 1 BGB folgen (vgl. Senat, Urteil vom 13. Juli 2018 - V ZR 308/17, NJW-RR 2019, 78 Rn. 8 f. mwN), nicht aber aus dem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis (vgl. Senat, Urteil vom 6. Mai 2022 - V ZR 50/21, NJW-RR 2022, 1381 Rn. 16 f.). Es fehlt bislang an Feststellungen des Berufungsgerichts dazu, ob eine Duldungspflicht des Klägers nach dem Landesrecht des Saarlandes bzw. entsprechend § 917 Abs. 1 BGB besteht. Die Parteien hatten bislang auch noch keine Gelegenheit zur Stellungnahme zu dieser Frage.

5. Nach alledem hat die Revision ebenfalls Erfolg, soweit das Berufungsgericht die Berufung des Klägers gegen die Abweisung des auf Ersatz weiterer anteiliger vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen gerichteten Klageantrags zu 4 zurückgewiesen hat.

6. Das Berufungsurteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Eine Pflicht des Klägers zur Duldung der Eigentumsbeeinträchtigungen kann sich entgegen der von dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geäußerten Ansicht insbesondere nicht aus dem Schikaneverbot des § 226 BGB ergeben. Wie bereits ausgeführt, ist ein Überbau dauerhaft allein unter den Voraussetzungen des § 912 Abs. 1 BGB zu dulden (s.o. Rn. 11); liegen diese nicht vor, kann eine Pflicht zur dauerhaften Duldung des Überbaus auch nicht aus dem Schikaneverbot hergeleitet werden. Als Grundlage eines Notleitungsrechts kommt nur eine landesrechtliche Regelung bzw. § 917 Abs. 1 BGB in entsprechender Anwendung in Betracht (s.o. Rn. 18). Ist danach ein unrechtmäßiger, aber entschuldigter Überbau bzw. ein Notleitungsrecht gegeben, hat der Eigentümer die damit verbundene Eigentumsstörung gemäß § 1004 Abs. 2 BGB zu dulden. Ist eine Duldungspflicht hingegen zu verneinen, besteht ein Beseitigungsanspruch aus § 1004 Abs. 1 BGB. Ein Rückgriff auf § 226 BGB kommt weder im einen noch im anderen Fall in Betracht. Dies gilt selbst dann, wenn der Kläger - wie von dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geltend gemacht - seine Parzelle nur zu dem Zweck erworben haben sollte, um von dem Beklagten die Beseitigung der Eigentumsstörung zu verlangen. Denn der Vorwurf schikanöser Rechtsausübung nach § 226 BGB kann weder eine Pflicht zur Duldung eines Überbaus noch ein Notwegrecht begründen. Welche Einschränkungen der Eigentümer eines Grundstücks im Verhältnis zu seinen Nachbarn hinzunehmen hat, bestimmt sich nach den §§ 903 ff. BGB und ggf. ergänzenden landesrechtlichen Vorschriften. Deshalb handelt der Eigentümer nicht schikanös, wenn er gesetzlich nicht vorgesehene Einschränkungen nicht hinnehmen, sondern von der aus seinem Eigentum folgenden Ausschließungsbefugnis

(§ 903 Satz 1 BGB) Gebrauch machen will (vgl. zum Notwegrecht Senat, Urteil vom 6. Mai 2022 - V ZR 50/21, NJW-RR 2022, 1381 Rn. 17 f.).

III.

Das angefochtene Urteil kann somit keinen Bestand haben. Es ist im Umfang der Anfechtung aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden, weil noch weitere Feststellungen zu treffen sind. Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

Brückner Malik Göbel Grau Hamdorf Vorinstanzen:

LG Saarbrücken, Entscheidung vom 10.05.2022 - 4 O 138/17 OLG Saarbrücken, Entscheidung vom 13.06.2024 - 4 U 37/22 - Verkündet am: 7. November 2025 Rinke, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

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Paragraphen in V ZR 121/24

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Häufigkeit Paragraph
10 912 BGB
10 1004 BGB
5 903 BGB
5 917 BGB
3 226 BGB
1 242 BGB
1 905 BGB
1 561 ZPO
1 562 ZPO
1 563 ZPO

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