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6 StR 574/24

BUNDESGERICHTSHOF StR 574/24 BESCHLUSS vom 19. August 2025 in der Strafsache gegen

1. 2. 3.

wegen zu 1.: Betrugs u.a. zu 2.: Beihilfe zum Betrug u.a. zu 3.: unerlaubten Erbringens von Finanzdienstleistungen ECLI:DE:BGH:2025:190825B6STR574.24.0 Der 6. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 19. August 2025 beschlossen:

1. Auf die Revisionen der Angeklagten B. und K.

wird das Urteil des Landgerichts Braunschweig vom 18. Januar 2024,

soweit es sie betrifft,

a) in den Schuldsprüchen dahin geändert, dass schuldig sind aa) der Angeklagte B. des Betrugs in Tateinheit mit unerlaubtem Erbringen von Wertpapierdienstleistungen und des unerlaubten Erbringens von Finanzdienstleistungen in Tateinheit mit Kapitalanlagebetrug,

bb) der Angeklagte K.

der Beihilfe zum Betrug in Tateinheit mit unerlaubtem Erbringen von Wertpapierdienstleistungen und des unerlaubten Erbringens von Finanzdienstleistungen in Tateinheit mit Kapitalanlagebetrug,

b) dahin ergänzt, dass die in dieser Sache in Spanien erlittene Freiheitsentziehung im Verhältnis 1 : 1 auf die Gesamtfreiheitsstrafe angerechnet wird.

2. Die weitergehenden Revisionen der Angeklagten B.

und K. und die Revision des Angeklagten Br. werden verworfen.

3. Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1 Das Landgericht hat den Angeklagten B.

wegen Betrugs, wegen versuchten Betrugs und wegen unerlaubten Erbringens von Finanzdienstleistungen in Tateinheit mit Kapitalanlagebetrug zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Den Angeklagten K.

hat es wegen Beihilfe zum Betrug und wegen unerlaubten Erbringens von Finanzdienstleistungen in Tateinheit mit Kapitalanlagebetrug zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt und gegen ihn eine Einziehungsentscheidung getroffen. Den Angeklagten Br. hat das Landgericht wegen unerlaubten Erbringens von Finanzdienstleistungen zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen verurteilt. Dagegen richten sich die jeweils auf die Sachrüge gestützten Revisionen der Angeklagten; die Angeklagten K. und Br. beanstanden außerdem das Verfahren. Die Rechtsmittel der Angeklagten B.

und K.

haben jeweils in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen sind sie ebenso wie die Revision des Angeklagten Br.

unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

1. Nach den Feststellungen vertrieben die Angeklagten von Januar bis Juli 2017 Aktien der faktisch von dem gesondert verfolgten M. geführten E. Ltd. Seit Juli 2017 vertrieben die Angeklagten Aktien der von dem gesondert verfolgten C. geführten 4. Ltd.; der Angeklagte Br. war daran bis November 2019 beteiligt, die Angeklagten B. und K. setzten den Vertrieb bis Ende August 2021 fort.

Die Aktien beider Unternehmen wurden telefonisch vertrieben, wobei K. den Vertrieb über eigene Unternehmen oder Subunternehmer koordinierte und B. unter anderem für die Verteilung der Anlegergelder zuständig war.

Br. war Geschäftsführer und Mitgesellschafter einer der Vertriebsgesellschaften. Die für den Vertrieb der Aktien erforderliche Erlaubnis der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen hatten weder die Angeklagten noch die jeweiligen Unternehmen; das war den Angeklagten auch bewusst.

4 Die Angeklagten B.

und K.

verwendeten beim Vertrieb der Aktien Unterlagen, die – wie beide wussten – zahlreiche für die Anlageentscheidung erhebliche unwahre Angaben enthielten, insbesondere über den Zweck des Unternehmens, den Verkäufer, die Höhe der Provisionen und die Listung an Börsen. Tatsächlich handelte es sich sowohl bei der E.

Ltd. als auch bei der 4. Ltd. um Unternehmen, die lediglich dem Zweck dienten, Anlegergelder einzusammeln, nicht aber eine eigene wirtschaftliche Tätigkeit zu entfalten oder Gewinne zu erwirtschaften („Schwindelunternehmen“), und deren Aktien dementsprechend wertlos waren. Dies erkannten die Angeklagten in Bezug auf die E.

Ltd. indes bis zur Beendigung ihrer Vertriebstätigkeit für dieses Unternehmen nicht. Demgegenüber wurde den Angeklagten B.

und K.

im Laufe der Zeit bewusst, dass es sich bei der

4. Ltd. um ein Betrugssystem handelte; B. erkannte dies im Mai 2019,

K. im August 2020. Gleichwohl setzten sie den Vertrieb von Aktien der

4. Ltd. fort, um den gesondert Verfolgten C.

zu bereichern und mittelbar selbst weiter davon zu profitieren, insbesondere durch Provisionszahlungen.

5

2. Die Schuldsprüche gegen die Angeklagten B.

und K.

halten sachlich-rechtlicher Überprüfung nicht in jeder Hinsicht stand.

a) Dies gilt zunächst, soweit das Landgericht diese Angeklagten in Bezug auf den Vertrieb von Aktien der 4. Ltd. auf der Grundlage von § 54 Abs. 1 Nr. 3 KWG jeweils wegen unerlaubten Erbringens von Finanzdienstleistungen verurteilt hat. Der Generalbundesanwalt hat dazu in seinen die Angeklagten B.

und K.

betreffenden Antragsschriften ausgeführt:

„Der Strafbarkeit nach § 54 Abs. 1 Nr. 2 KWG steht das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/2034 über die Beaufsichtigung von Wertpapierinstituten vom 12. Mai 2021 – Wertpapierinstitutsgesetz (WpIG, BGBl. I 2021, S. 990) entgegen.

Durch das zum 26. Juni 2021 in Kraft getretene Regelwerk wurden Wertpapierinstitute aus dem Anwendungsbereich des Kreditwesengesetzes (KWG) herausgelöst und in das neu geschaffene Gesetz überführt (vgl. Lendermann/Nemeczek/Schroeter/Steffen, WpIG, 1. Aufl., § 15 Rn. 2). An der Erlaubnispflicht hat sich allerdings nichts geändert (…) Das Tätigwerden ohne eine solche Erlaubnis bleibt auch weiterhin – nach § 82 WpIG – strafbewehrt.

Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des WpIG war die Tat des Angeklagten noch nicht beendet. (…)

Der Angeklagte hat sich danach gemäß § 82 Abs. 1 WpIG i. V. m. § 15 Abs. 1 WpIG strafbar gemacht, weil er ohne Erlaubnis Wertpapierdienstleistungen im Sinne von § 2 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 5 Nr. 1 WpIG erbracht hat. (…)

§ 265 StPO steht der Neufassung des Schuldspruchs nicht entgegen, da sich der zumindest teilweise geständige Angeklagte nicht anders als geschehen hätte verteidigen können. Auf den Strafausspruch hat die Neufassung keinen Einfluss. Der Strafrahmen des § 82 Abs. 1 WpIG ist identisch zu jenem des § 54 Abs. 1 KWG. Das Unrecht der Tat ist zudem unverändert.“

Dem schließt sich der Senat an. Er ändert den Schuldspruch entsprechend § 354 Abs. 1 StPO.

b) Die Schuldsprüche gegen die Angeklagten B.

und K.

bedürfen der Ergänzung, soweit das Landgericht sie lediglich in Bezug auf den Vertrieb von Aktien der 4.

Ltd. wegen unerlaubten Erbringens von „Finanzdienstleistungen“ verurteilt hat. Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen fällt den Angeklagten B.

und K.

vielmehr auch im Zusammenhang mit dem Vertrieb von Aktien der E.

Ltd. in der Zeit von Januar bis Juli 2017 – und damit vor Inkrafttreten des WpIG – tateinheitlich zu dem insoweit jeweils ausgeurteilten Kapitalanlagebetrug (§ 264a Abs. 1 StGB) unerlaubtes Erbringen von Finanzdienstleistungen zur Last.

Der Senat ergänzt die Schuldsprüche in entsprechender Anwendung von

§ 354 Abs. 1 StPO. Die Vorschrift des § 265 Abs. 1 StPO steht nicht entgegen,

weil sich die Angeklagten B.

und K.

auch insoweit nicht wirksamer als geschehen hätten verteidigen können. Das Verschlechterungsverbot des

§ 358 Abs. 2 Satz 1 StPO hindert die Verböserung der Schuldsprüche ebenfalls nicht (vgl. BGH, Urteil vom 27. November 2024 – 6 StR 210/24, Rn. 23 mwN).

c) Der den Angeklagten B.

betreffende Schuldspruch kann nicht bestehen bleiben, soweit das Landgericht ihn in Bezug auf den Vertrieb von Aktien der 4. Ltd. nicht nur wegen Betrugs, sondern außerdem tatmehrheitlich wegen versuchten Betrugs verurteilt hat.

Das Landgericht hat die den Betrugstatbestand (§ 263 Abs. 1 StGB) verwirklichenden Tatbeiträge des Angeklagten B.

rechtsfehlerfrei unter dem Gesichtspunkt des uneigentlichen Organisationsdelikts als einheitliche Tat angesehen. Bei dieser Sachlage ist für die tatmehrheitliche Verurteilung wegen versuchten Betrugs kein Raum.

Der Wegfall des Schuldspruchs wegen versuchten Betrugs lässt die insoweit verhängte Freiheitsstrafe von sieben Monaten entfallen. Der Ausspruch über die Gesamtstrafe bleibt davon indes unberührt. Der Senat schließt aus, dass das Landgericht bei zutreffender rechtlicher Bewertung auf eine niedrigere Gesamtstrafe erkannt hätte. Denn der Unrechts- und Schuldgehalt der dem Angeklagten B. zur Last fallenden einheitlichen (vollendeten) Betrugstat bleibt ungeachtet der rechtsfehlerhaften Bewertung als Betrug und versuchter Betrug unverändert. Es ist davon auszugehen, dass das Landgericht die für den Betrug verhängte Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten ohne den Rechtsfehler deutlich höher bemessen hätte, der rechtsfehlerhafte Schuldspruch sich im Rahmen der Strafzumessung mithin allenfalls zugunsten des Angeklagten B. ausgewirkt hat.

3. Das Landgericht hat entgegen § 51 Abs. 4 Satz 2 StGB keine Bestimmung über den Maßstab getroffen, nach dem die von den Angeklagten B.

und K.

in Spanien erlittene Freiheitsentziehung auf die gegen sie erkannten Gesamtfreiheitsstrafen anzurechnen ist. Diese Entscheidung muss in der Urteilsformel zum Ausdruck kommen (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Oktober 1977 – 2 StR 410/77, BGHSt 27, 287, 288). Der Senat setzt den Anrechnungsmaßstab in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO selbst fest, weil hier nur eine Anrechnung im Verhältnis von 1 : 1 in Betracht kommt (vgl. BGH, Beschluss vom 20. September 2023 – 1 StR 164/23, Rn. 3).

4. Der Angeklagte Br. trägt die Kosten seines Rechtsmittels (§ 473 Abs. 1 StPO). Der geringfügige Erfolg der Revisionen der Angeklagten B.

und K.

lässt es nicht unbillig erscheinen, auch diese Beschwerdeführer mit den gesamten Kosten ihrer Rechtsmittel zu belasten (§ 473 Abs. 4 StPO).

Bartel Tiemann von Schmettau Dietsch Fritsche Vorinstanz: Landgericht Braunschweig, 18.01.2024 - 16 KLs 401 Js 10912/18 (84/22)

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