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5 Ni 27/16 (EP)

BUNDESPATENTGERICHT Ni 27/16 (EP) (Aktenzeichen)

…

IM NAMEN DES VOLKES URTEIL Verkündet am

14. März 2017 …

In der Patentnichtigkeitssache BPatG 253 08.05

…

betreffend das europäische Patent 1 315 585 (DE 601 15 061)

hat der 5. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 14. März 2017 durch den Vorsitzenden Richter Voit, den Richter Dr. agr. Huber, die Richterin Martens sowie die Richter Dipl.-Ing. Univ. Rippel und Dr.-Ing. Dorfschmidt für Recht erkannt:

I. Das europäische Patent 1 315 585 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt.

II. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits. Die Nebenintervenientin trägt ihre Kosten selbst.

III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand Die Beklagte war bei Klageerhebung am 1. März 2016 eingetragene Inhaberin des auch mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 1 315 585 (Streitpatent), das auf die PCT-Anmeldung US 2001/041707 vom 14. August 2001 zurückgeht und die Prioritäten zweier US- Anmeldungen vom 8. September 2000 (US 231108 P) und vom 10. August 2001 (US 927660) in Anspruch nimmt. Das Streitpatent trägt in der deutschen Übersetzung die Bezeichnung: „Verfahren zum Verringern und Maßwalzen von Eisenwarmwalzprodukten“ und wird beim Deutschen Patent- und Markenamt unter dem Aktenzeichen 601 15 061.9 geführt.

Anspruch 1 nach der Streitpatentschrift EP 1 315 585 B1 lautet in der englischen Verfahrenssprache wie folgt:

-4In deutscher Übersetzung nach der Streitpatentschrift lautet Anspruch 1 wie folgt:

Die ebenfalls mit der Nichtigkeitsklage angegriffenen Unteransprüche 2 bis 4 sind unmittelbar bzw. mittelbar auf Anspruch 1 rückbezogen. Wegen deren Wortlauts wird auf die Streitpatentschrift Bezug genommen.

Mit ihrer Nichtigkeitsklage macht die Klägerin geltend, die im Streitpatent beanspruchte Erfindung sei nicht nacharbeitbar. Somit liege der Nichtigkeitsgrund fehlender Ausführbarkeit nach Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 2 IntPatÜG i. V. m. Art. 138 Abs. 1 lit. b EPÜ vor. Zudem beruhe der Gegenstand des Streitpatents nicht auf einer erfinderischer Tätigkeit, da er dem Fachmann zum Prioritätszeitpunkt aufgrund des Standes der Technik nahegelegen habe (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG i. V. m. Art. 138 Abs. 1 lit. a EPÜ, Art. 56 EPÜ.

Zur fehlenden Patentfähigkeit beruft sich die Klägerin auf folgenden Unterlagen:

Anlage LS-IP 4: Anlage LS-IP 4a: Anlage LS-IP 5: Anlage LS-IP 5a: Anlage LS-IP 6:

Anlage LS-IP 8:

Anlage LS-IP 9: Anlage LS-IP 9a: Anlage LS-IP 10:

Anlage LS-IP 11:

Anlage LS-IP 11a:

Anlage LS-IP 12: Anlage LS-IP 13: Anlage LS-IP 14:

US 6 085 565 A (D1) DE 696 18 910 T2 US 5 325 697 A (D2) DE 696 01 993 T2 (D2A) Hein/Fabris - Precision Rolling System (PRS) – A new dimension in sizing systems (D3) Hein/Fabris - Precision Rolling System for Long Produkts (D4) US 6 216 517 B1 (D5) WO 99/25499 A1 Artikel KAWASAKI STEEL TECHNICAL REPORT No. 74 „Development of High Dimensional Accuracy Smaller Diameter Wire Rods and Square Coils Manufactured by 4-Roll Mill (D6) Bericht der Firma KAWASAKI mit dem Titel “Development of High Dimensional Accuracy Smaller Diameter Wire Rods and Bars” (D7) Bericht der Firma KAWASAKI mit englischen Übersetzungen in roter Schrift US 5 363 682 A (D8) US 6 405 573 B1 (D9) JP 05038501 A (D10)

Anlage LS-IP 15: Anlage LS-IP 16: Anlage LS-IP 16a: Anlage LS-IP 17: Anlage LS-IP 17a: Anlage LS-IP 18:

JP 09225502 A (D11) DE 199 19 778 A1 (D12) US 6 205 835 B1 DE 43 35 218 A1 (D13) CA 2 118 295 A1 DE 34 45 219 A1 (D14)

Die Klägerin beantragt,

das europäische Patent 1 315 585 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklären.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen, hilfsweise die Klage abzuweisen, soweit das Streitpatent mit den Hilfsanträgen 1 bis 4, eingereicht mit Schriftsatz vom 9. März 2017, verteidigt wird.

Die Klägerin beantragt auch insoweit die Nichtigerklärung; hilfsweise beantragt sie die Vertagung des Rechtsstreits und weiter hilfsweise die Gewährung einer Schriftsatzfrist zur Erwiderung auf den Schriftsatz der Beklagten vom 9. März 2017.

Im Laufe der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte einen weiteren Hilfsantrag überreicht (Hilfsantrag 5), mit dem sie das Streitpatent verteidigt. Die Klägerin rügt diesen als verspätet.

Der jeweilige Patentanspruch 1 nach den Hilfsanträgen 1 bis 5 lautet ergänzt um eine Merkmalsgliederung wie folgt:

Hilfsantrag 1

-7- Hilfsantrag 2

-8- Hilfsantrag 3

-9- Hilfsantrag 4

- 11 - Anspruch 1 nach Hilfsantrag 5 entspricht der Fassung nach Hilfsantrag 4, wobei jedoch das Merkmal 4.1.1 gestrichen und ein neues Merkmal 5.2.1 nach Merkmal 5.2 eingefügt ist. Merkmal 5.2.1 lautet wie folgt

„5.2.1 with from about 1.8 – 17% occuring in roll pass P3 and from about 1.2 – 10% occuring in roll pass P4”

Die Beklagte und die Nebenintervenientin treten den Ausführungen der Klägerin in allen Punkten entgegen. Die Lehre des Streitpatents sei für den Fachmann ausführbar. Jedenfalls in einer der verteidigten Fassungen sei der Gegenstand des Streitpatents auch patentfähig.

Zur Stützung ihres Vortrags verweist die Beklagte auf folgende Unterlagen NiB 2 NiB 9 NiB 10 NiB 11 Figuren 6-9 aus dem Fachbuch „Hot Rolling Steel“ von William L. Roberts Auszug aus Klaus Lochmann, Formelsammlung Fertigungstechnik (3. Aufl.) Auszug aus Leo Altig, Manufacturing Engineering Processes (2. Aufl.) ISO- Norm 16124 Der Senat hat den Parteien mit einem Hinweis nach § 83 Abs. 1 PatG vom 24. November 2016 die Gesichtspunkte mitgeteilt, die für die Entscheidung voraussichtlich von besonderer Bedeutung sind.

Entscheidungsgründe Die zulässige Klage ist in der Sache begründet, denn der mit ihr geltend gemachte Nichtigkeitsgrund der mangelnden Patentfähigkeit gemäß Artikel II § 6 Absatz 1 Nr. 1 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 Buchst. a) EPÜ i. V. m. Art. 56 EPÜ ist gegeben,

weil sowohl die erteilte Fassung des Streitpatents als auch die Fassungen nach den Hilfsanträgen 1 bis 5 sich als nicht patentfähig erweisen. Das Streitpatent ist daher insgesamt für nichtig zu erklären.

I. Zum Gegenstand des Streitpatents

1. Das Streitpatent betrifft ein Verfahren zum kontinuierlichen Fertigwalzen eines Eisenwerkstücks mit einem runden Querschnitt zu einem Fertigrundelement, wie es in den Figuren 1 bis 3 gezeigt und im Streitpatent beschrieben ist. Ein derartiges Verfahren wird gemäß den Ausführungen in Absatz [0002] der deutschen Übersetzung DE 601 15 061 T2 der Streitpatentschrift auch beim sog. Maßwalzen oder freien Maßwalzen angewendet.

Nach den Ausführungen in Absatz [0003] wurden bislang unterschiedliche Techniken zum Maßwalzen entwickelt. Jedoch würden bei den bekannten Verfahren zum Fertigwalzen eines Eisenwerkstücks mit einem runden Querschnitt zu einem Fertigrundelement nach den Ausführungen in den Absätzen [0005] bis [0010] doppelte Mikrostrukturen auftreten, wobei die Körnungen im Querschnitt des Produkts um mehr als etwa 2 ASTM Körnungsnummern variieren würden, was zum Aufreißen und zu Oberflächeneinrissen bei nachfolgenden Biege- und Kaltziehvorgängen führen könne. Andere Maßwalzverfahren, die drei und vier Walzdurchgänge durchführten, seien im Vergleich zu zwei Walzdurchgängen wesentlich weniger effizient, wenn es darum gehe, eine ausreichende Durchdringung der Verformung in der Mitte des Produkts und somit eine gleichförmige Körnungsstruktur von der Mitte zur Oberfläche des Produkts zu erreichen. Die Aufgabe der vorliegenden Erfindung besteht gemäß den Ausführungen in Absatz [0015] darin, ein verbessertes Verfahren zum Warmwalzen von Langerzeugnissen zu schaffen, das in der Lage ist, Maßwalztoleranzen und im Wesentlichen gleichförmige Mitte-Oberfläche-Körnungsstrukturen zu erreichen und das auch eine größere Bandbreite für freies Maßwalzen ermöglicht.

2. Das Streitpatent wendet sich an einen Diplom-Ingenieur auf dem Gebiet des Maschinen- und Anlagenbaus mit Spezialkenntnissen im Hüttenwesen und mehrjähriger einschlägiger Berufserfahrung.

3. Das Verfahren nach Anspruch 1 gemäß erteilter Fassung (Hauptantrag) lässt sich in deutscher Übersetzung in folgende Merkmale gliedern:

Verfahren zum kontinuierlichen Fertigwalzen eines Eisenwerkstücks zu einem Fertigrundelement, 1.1 wobei das Werkstück einen runden Querschnitt hat, umfassend:

Walzen des Werkstücks (10) 2.1 in aufeinanderfolgenden ersten und zweiten Walzdurchgängen (P1, P2) 2.2 bei erhöhter Temperatur zwischen 650 und 1000°C,

wobei die ersten und zweiten Walzdurchgänge (P1, P2) 3.1 jeweils von zwei Arbeitswalzen (12, 16) begrenzt werden 3.2 und so dimensioniert sind, dass sie eine kombinierte große Verringerung in der Querschnittfläche des Werkstücks von mindestens etwa 20 - 55% bewirken, 3.2.1 mit einer begleitenden effektiven Spannungsfigur, die durch eine Konzentration der maximalen effektiven Spannung in einem mittleren Bereich der Querschnittfläche gekennzeichnet ist; 3.3 und der erste und zweite Walzdurchgang (P1, P2) so konfiguriert sind, dass sie dem Werkstück zunehmend verringerte ovale und runde Querschnitte vermitteln, und das fortgesetzte Walzen des Werkstücks in mindestens dritten und vierten aufeinanderfolgenden Walzdurchgängen (P3, P4); 4.1 während die effektive Spannungsfigur durch eine Konzentration der maximalen effektiven Spannung in einem mittleren Bereich der Querschnittfläche bestimmt bleibt

4.2 wobei die dritten und vierten Walzdurchgänge (P3, P4) so konfiguriert sind, dass sie dem Werkstück einen weiteren zunehmend verringerten runden Querschnitt [mitteilen] vermitteln; dadurch gekennzeichnet, dass der dritte und der vierte Walzdurchgang (P3, P4) 5.1 durch mindestens drei Walzen (20, 24) definiert sind, und 5.2 so dimensioniert sind, dass eine weitere kombinierte Reduzierung der Querschnittfläche des Werkstücks bewirkt wird, die im Vergleich mit der großen Verringerung relativ klein ist und nicht mehr als 3 - 25% beträgt.

Nach dem mit Hilfsantrag 1 verteidigten Patentanspruch 1 ist gegenüber der Fassung nach Hauptantrag das Merkmal 3.2.2 ergänzt:

3.2.2 wobei etwa 11 bis 28% der kombinierten großen Verringerung in der Querschnittsfläche des Werkstücks in dem ersten Walzdurchgang stattfindet; Nach dem mit Hilfsantrag 2 verteidigten Patentanspruch 1 ist gegenüber der Fassung nach Hauptantrag das Merkmal 4.1.1 ergänzt:

4.1.1 wobei die kleinsten Korngrößen im innersten Bereich a4 des Querschnittes des Walzgutes und zunehmend größere Körnern in den umgebenden Bereichen des Querschnittes b4-f4 auftreten; Nach dem mit Hilfsantrag 3 verteidigten Patentanspruch 1 ist gegenüber der Fassung nach Hilfsantrag 2 das Merkmal 4.3 ergänzt:

4.3 wobei das Walzen in den dritten und vierten Walzdurchgängen (P3, P4) vor dem Auftreten mikrostruktureller Verände- rungen infolge von Rekristallisation und Erholung fortgesetzt wird; Nach dem mit Hilfsantrag 4 verteidigten Patentanspruch 1 ist gegenüber der Fassung nach Hilfsantrag 3 das Merkmal 5.3 ergänzt:

5.3 wobei nach dem Abkühlen zu einem Zustand des thermischen Gleichgewichts das Werkstuck eine Korngrößenvariation über seinen Querschnitt von nicht mehr als etwa 2 ASTM Korngrößennummern aufweist.

Nach dem mit Hilfsantrag 5 verteidigten Patentanspruch 1 ist gegenüber der Fassung nach Hilfsantrag 4 das Merkmal 5.3 ergänzt, jedoch das Merkmal 4.1.1 gestrichen:

5.2.1 wobei 1,8 – 17% im Walzdurchgang P3 und etwa 1,2% bis 10% im Walzdurchgang P4 stattfinden.

4. Der Fachmann geht bei der Auslegung des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag von folgendem Verständnis aus: Das Streitpatent betrifft ein Verfahren zum kontinuierlichen Fertigwalzen eines Eisenwerkstücks zu einem Fertigrundelement. Bei dem streitpatentgemäßen Verfahren hat das (Eisen-)Werkstück (10a) im Ausgangszustand zunächst einen runden Querschnitt, wie auch in Figur 1 gezeigt. Dementsprechend ist dieses auch in der Beschreibung im Absatz [0024] als Rundbearbeitungsabschnitt (10a) mit gleichem Bezugszeichen bezeichnet. Auch in Patentanspruch 1 ist es als Merkmal festgelegt, jedoch dort zwar abweichend von der vom Senat vorgenommenen Gliederung nicht gleich als Merkmal 1.1, sondern erst unmittelbar vor dem Kennzeichen. Weil jedoch bei allen Walzdurchgängen die jeweiligen Querschnittsformen gesondert durch eigens darauf gerichtete Merkmale festgelegt sind, kann sich dieses Merkmal somit nur auf das (Eisen)Werkstück (10a) im Ausgangszustand beziehen. Dieses zunächst runde Werkstück wird nach den Merkmalen 2, 2.1 und 2.2 bei erhöhter Temperatur zwischen und 1000°C in aufeinanderfolgenden ersten und zweiten Walzdurchgängen und anschließend entsprechend Merkmal 4 durch fortgesetztes Walzen in mindestens dritten und vierten aufeinanderfolgenden Walzdurchgängen gewalzt. Daraus erkennt der Fachmann, dass es sich vorliegend um ein Warmwalzen oberhalb der Rekristallisationstemperatur des Metallwerkstücks handelt, bei der innerhalb eines Kristalls Gefügeveränderungen infolge von Kornneubildungen stattfinden. Die Rekristallisierung findet im Gefüge statt, wenn eine Umformung, hier in Form des Walzdurchgangs, aufgebracht wird, die über dem kritischen Umformgrad liegt.

Hierbei werden nach Merkmal 3.1 die ersten und zweiten Walzdurchgänge (P1, P2), wie in den Figuren 1 und 2 ersichtlich, jeweils von zwei Arbeitswalzen (12, 16) begrenzt. Die ersten und zweiten Walzdurchgänge (P1, P2) sind so dimensioniert, dass sie nach Merkmal 3.2 eine kombinierte Verringerung in der Querschnittfläche des Werkstücks von mindestens etwa 20%-55% bewirken und sind nach Merkmal 3.3 so konfiguriert, dass sie dem Werkstück zunehmend verringerte ovale und runde Querschnitte vermitteln. Dies legt fest, dass das anfangs mit rundem Querschnitt vorliegende Werkstück (10a) nach dem ersten und dem zweiten Walzdurchgang jeweils immer nur entweder einen ovalen oder einen runden Querschnitt aufweist. Speziell Merkmal 3.2 bewirkt eine plastische Verformung des Werkstücks derart, dass die Querschnittfläche – unabhängig davon, ob oval oder rund – um die angegebene Prozentzahl verringert wird. Dies bedeutet nichts anderes als die Ausübung eines entsprechenden Drucks auf das zu walzende Material, so dass das restliche Material des Werkstücks (zwangsläufig) in Längsrichtung fließt und folglich zu einer Verlängerung des Werkstücks führt.

Nach Merkmal 3.2.1 sollen die ersten und zweiten Walzdurchgänge (P1, P2) so durchgeführt werden, dass jeweils eine sogenannte „Spannungsfigur“ im Querschnitt des gewalzten Eisenwerkstücks entsteht, bei der – gemäß der Übersetzung der Streitpatentschrift – eine Konzentration der „maximalen effektiven Spannung“ in einem mittleren Bereich der Querschnittfläche auftritt (u. a. [0031] der DE 601 15 061 T2).

Diese „Spannungsfigur“ (in der engl. Originalfassung „strain pattern“ bezeichnet) beschreibt eine Figur und somit ein Muster oder eine Verteilung der sogenannten „effektiven Spannungen“ bzw. „effektive plasic strain“, wie in den Figuren 2a bis 2d der Streitpatentschrift gezeigt, wobei der Fachmann nach dem Vortrag der Beklagten (s. a. Seiten 2 bis 4 des Schriftsatzes vom 9.3.2017 der Beklagten) unter Verweis auf die Anlage NiB 10 unter dem verwendeten Begriff der „effektiven Spannung“ bzw. „effektive plasic strain“ die Vergleichsformänderung versteht, deren Werte aus einer auf der Finite-Elemente-Methode (FEM) basierenden Simulation des Walzvorgangs numerisch berechnet werden können.

Die Finite-Elemente-Methode ist ein weitverbreitetes numerisches Simulationsverfahren, bei dem ein zu untersuchendes Bauteil, zunächst in ein Modell mit einer endlichen (finiten) Anzahl von Subbereichen (Elementen) unterteilt wird und über Ansatzfunktionen und Randbedingungen die kontinuumsmechanischen Zusammenhänge innerhalb der Subbereiche über Differentialgleichungen beschrieben werden. Durch entsprechende Algorithmen lässt sich das Gesamtverhalten der Struktur aus dem Verhalten der Subbereiche berechnen. Demnach ist das erzeugte Muster oder die erzeugte Verteilung von den aus einer Simulation ermittelten Werten der Vergleichsformänderung (im Streitpatent „effektive Spannung“ bzw. „effektive plasic strain“ genannt) derart, dass die maximalen Werte in einem mittleren Bereich der Querschnittfläche konzentriert sind, wie sie durch die Linien „a“ in den Figuren 2 und 3 gezeigt sind, während sie zu den Randbereichen der Werkstückquerschnittfläche hin abnehmen, wie auch in Absatz [0030] beschrieben.

Der im Merkmal 4 verwendete Begriff „fortgesetztes Walzen“ vermittelt dem Fachmann, dass die (mindestens) dritten und vierten Walzdurchgänge unmittelbar anschließend an die ersten und zweiten Walzdurchgänge stattfinden – also auch bei den erhöhten Temperaturen zwischen ca. 650 und 1000°C, wie dies auch im Absatz [0029] des Streitpatents beschrieben ist. Nach Merkmal 4.2 sind bei dem fortgesetzten Walzen des Werkstücks die dritten und vierten Walzdurchgänge (P3, P4) so konfiguriert, dass sie dem Werkstück einen weiteren zuneh- mend verringerten runden Querschnitt vermitteln. Nach Merkmal 4.1, das in der Anspruchsfassung unmittelbar nach Merkmal 3.2.1 folgt, soll nach den ersten und zweiten Walzdurchgängen (P1, P2) im Folgenden (was sich somit nur auf die dritten und vierten Walzdurchgänge beziehen kann) „die effektive Spannungsfigur durch eine Konzentration der maximalen effektiven Spannung in einem mittleren Bereich der Querschnittfläche“ bestimmt bleiben, so dass sich somit die „effektive Spannungsfigur“ gegenüber der im Merkmal 3.2.1 beschriebenen Anordnung durch die dritten und vierten Walzdurchgänge nicht (qualitativ) verändert.

Nach den kennzeichnenden Merkmalen 5.1 und 5.2 sind der dritte und der vierte Walzdurchgang (P3, P4) jeweils durch mindestens drei Walzen (20, 24) definiert, und diese sind nach Merkmal 5.2 so dimensioniert, dass eine weitere kombinierte Reduzierung der Querschnittfläche des Werkstücks bewirkt wird, die im Vergleich mit der großen Verringerung relativ klein ist (d. h. mit geringerem Druck arbeitet) und nicht mehr als 3 - 25% beträgt.

Nach der Lehre des Streitpatents treten doppelte Mikrostrukturen dann auf, wenn die Körnungen im Querschnitt des Produkts um mehr als etwa 2 ASTM Körnungsnummern variieren. Nach den Ausführungen im Absatz [0017] der Streitpatentschrift ist es eine wesentliche Erkenntnis des Streitpatents, dass zur Vermeidung dieser Korngrößenvariation um mehr als 2 ASTM Körnungsnummer zunächst in aufeinanderfolgenden ersten und zweiten Walzdurchgängen sog. „Starkverringerungen“, also hohe Umformgrade stattfinden sollen, mit denen beim Warmwalzen bekanntermaßen ein feinkörniges Gefüge erzeugt werden kann, während evtl. weitere Maßwalzdurchgänge mit geringen Umformgraden sofort anschließend stattfinden, „..bevor es zu mikrostrukturellen Änderungen im Gefüge infolge von Rekristallisation und Erholung kommt“.

II. Zum Nichtigkeitsgrund fehlender Patentfähigkeit

1. Die erteilte Fassung von Anspruch 1 war dem Fachmann am Prioritätstag nahegelegt.

Die in der Streitpatentschrift als Ausgangspunkt genannte Druckschrift US 5 325 697 A (im Folgenden als D2 gemäß Anlage LS-IP 5 bezeichnet) bildet – soweit auch zwischen den beiden Parteien unstrittig – den nächstliegender Stand der Technik, weil sie bereits auch schon nach Spalte 1, Zeilen 12 bis 16 ein Verfahren zum kontinuierlichen Warmwalzen (hot rolling) und insbesondere nach Spalte 3, Zeilen 53 bis 65 ein Verfahren zum (freien) Maßwalzen von Eisenstangen und –stäben und daher ein Verfahren zum kontinuierlichen Fertigwalzen eines Eisenwerkstücks zu einem Fertigrundelement gemäß Merkmal 1 betrifft und dabei – ähnlich wie das Streitpatent – ebenfalls doppelte Mikrostrukturen vermeiden will.

Zu diesem Zweck sieht die Druckschrift D2 gemäß Anlage LS-IP 5, entsprechend der Darstellung in Figur 4, eine Anordnung von mehreren Walzgerüsten vor, die auch einen sog. „Post-Finishing Block“ (20) umfasst. Dieser „Post-Finishing Block“ (20) weist zwei Reduktions-Gerüste (heavy reduction roll stands S28, S29) gefolgt von zwei Maßwalzgerüsten (lighter reduction sizing roll stands S30, S31) auf und ermöglicht daher auch entsprechend den Merkmalen 2, 2.1 und 4 das Walzen in ersten und zweiten, sowie unmittelbar anschließend ein fortgesetztes Walzen in dritten und vierten Walzdurchgängen, wobei das Werkstück entsprechend der Darstellung in Figur 3 nach Verlassen des vorgeschalteten Walzgerüsts (27) und somit unmittelbar vor dem Eingang in den „Post-Finishing Block“ (20) einen runden Querschnitt aufweist, so dass auch Merkmal 1.1 i. S. des Streitpatents verwirklicht ist. Die Reduktions-Gerüste (S28, S29) und somit die ersten und zweiten Walzdurchgänge werden von jeweils zwei Arbeitswalzen begrenzt (Figur 4) und sind nach den Ausführungen auf Spalte 4, Zeilen 46 bis 48 so dimensioniert, dass sie eine große kombinierte Gesamtquerschnittsreduktion des Werkstücks von etwa 20% bis 50% bewirken (Merkmale 3.1 und 3.2). Weiterhin haben die ersten und zweiten Walzdurchgänge nach den Ausführungen in Spalte 4, Zeilen 18 bis 22 vorteilhafterweise eine oval-runde Kalibersequenz, so dass die ersten und zweiten Walzdurchgänge entsprechend Merkmal 3.3 so konfiguriert sind, dass sie dem Werkstück zunehmend verringerte ovale und runde Querschnitte vermitteln.

Wie die Figur 4 mit Block 20 der D2 gemäß Anlage LS-IP 5 zeigt, findet nach den ersten und zweiten Walzdurchgängen (S28, S29) unmittelbar anschließend das fortgesetzte Walzen des Werkstücks in dritten und vierten aufeinanderfolgenden Walzdurchgängen (S30, S31) in einem Temperaturbereich von ca. 800°C statt, der vollständig in dem vom Streitpatent beanspruchten Bereich von 650° bis 1000°C liegt, so dass auch das Merkmal 2.2 bei dem bekannten Verfahren nach der D2 verwirklicht ist.

Die beiden Maßwalzgerüste (S30, S31) und somit die dritten und vierten Walzdurchgänge haben nach den Ausführungen auf Spalte 4, Zeilen 46 bis 48 eine rund-runde Kalibersequenz und sind deshalb so konfiguriert, dass sie dem Werkstück entsprechend Merkmal 4.2 einen weiteren zunehmend verringerten runden Querschnitt mitteilen. Dabei sind nach den Ausführungen in Spalte 4, Zeilen 46 bis 51 die dritten und vierten Walzdurchgänge bereits so dimensioniert, dass eine weitere kombinierte Reduzierung der Querschnittsfläche des Werkstücks bewirkt wird, die „etwa 2 bis 15%“ beträgt und deshalb im Vergleich mit der großen Verringerung (der ersten und zweiten Walzdurchgänge) relativ klein ist, so dass auch die Merkmale 5 und 5.2 bei dem bekannten Verfahren verwirklicht sind.

Es kann letztlich dahingestellt bleiben, ob die Merkmale 3.2.1 und 4.1 gemäß dem Vortrag der Klägerin schon deshalb unberücksichtigt bleiben müssen, weil sie keine Verfahrensmerkmale, sondern lediglich Ergebnisse einer im Streitpatent nicht näher beschriebenen Simulation zum Inhalt haben, da sich diese Merkmale auch bei dem Verfahren nach der D2 einstellen.

Ähnlich wie das Streitpatent hat bereits die D2 nach den Ausführungen Spalte 3, Zeilen 1 bis 36 erkannt, dass beim Warmwalzen oberhalb der Rekristallisationstemperatur eine feinkörnige Gefügestruktur im Werkstück durch hohe Umformungsgrade erreicht werden kann, wie sie beispielsweise mit den ersten und zweiten Walzdurchgängen bei dem Verfahren nach der D2 stattfinden, bei denen im Werkstück ein derart angestiegenes Energieniveau (increased energy level) erreicht wird, das ausreicht, eine gleichmäßige Verteilung feinen Korns zu errei- chen („to create a substantially uniform distribution of fine grains“), während abnormer Korngrößenwuchs dann auftritt, sofern nachfolgende Maßwalzvorgängen mit nur geringen Umformgraden nicht genügend rasch nach dem letzten Walzdurchgang mit hohem Umformungsgrad stattfinden (Spalte 3, Zeilen 30 bis 36).

Diese mit den ersten und zweiten Walzdurchgängen beim Warmwalzen erzeugten hohen Umformgrade bewirken – wie auch bereits das Streitpatent (Anlage LSIP 2) in den Absätzen [0008] und [0009] dem Verfahren nach der D2 ausdrücklich zugesteht – „ein Verformungsmuster, das mit hohen Spannungen in die Mitte des Produkts vordringt…“, so dass sich gemäß diesen Ausführungen im Streitpatent auch bei dem Verfahren nach der D2 der im Merkmal 3.2.1 beschriebene Effekt bei einer Simulation auf Basis der „Finiten-Elemente-Methode“ einstellt bzw. auch einstellen muss, weil die vorausgehenden Verfahrensschritte 1 bis 3.2 beim Verfahren nach der D2 identisch zum streitpatentgemäßen Verfahren ausgebildet sind.

Die dritten und vierten Walzdurchgänge (S30, S31) sind nach der Lehre der D2 sog. Leichtverringerungs-Walzen-Durchgänge („lighter reduction sizing roll stands“). Derartige „Leichtverringerungs-Walzen-Durchgänge“ verursachen bekanntlich keine ausreichende Deformation über den gesamten Produktquerschnitt und können daher die in den ersten und zweiten Walzdurchgängen (sog. „Starkreduktion-Walzen-Durchgänge“) erzeugte „Spannungsfigur“ bzw. „Verformungsmuster“ mit hohen „Spannungen“ in der Mitte des Produkts nicht verändern. Die zwangsläufige Folge daraus ist, dass auch bei dem bekannten Verfahren der D2 die Auswirkung der dritten und vierten Walzdurchgänge derart ist, dass „die effektive Spannungsfigur durch eine Konzentration der maximalen effektiven Spannung in einem mittleren Bereich der Querschnittfläche bestimmt bleibt“ und sich somit der im Merkmal 4.1.1 beschriebene Effekt bei einer Simulation auf Basis der Finiten-Elemente-Methode“ auch bei dem Verfahren nach der D2 einstellt.

Abweichend von der Lehre des streitpatentgemäßen Verfahrens nach Merkmal 5.1 werden beim Verfahren nach der D2 der dritte und der vierte Walzdurchgang (S30, S31) gemäß Figur 4 nicht durch mindestens drei Walzen definiert, sondern von lediglich jeweils zwei Arbeitswalzen.

Der Fachmann strebt stets nach der Verbesserung seiner Produkte und daher auch nach der Verbesserung der Herstellverfahren für seine Produkte, vorliegend eines Verfahrens zum kontinuierlichen Fertigwalzen eines Eisenwerkstücks zu einem Fertigrundelement. Insbesondere ist es bei dem bekannten Verfahren nach der D2 möglicherweise nachteilig, dass die Maßhaltigkeit nach dem vierten Walzdurchgang nicht ausreichend ist.

Aus seinem Fachwissen oder auch aus der als Anlage LS 11a eingereichten D7, insbesondere auf Seite 55 oder auf Seite 58, linke Spalte, in der ausführlich die Vorteile von Vierwalzengerüsten gegenüber Zweiwalzengerüsten beschrieben werden, ist es dem Fachmann bekannt, dass mit Mehrwalzengerüsten, insbesondere Vierwalzengerüsten, bei denen ein Walzdurchgang durch vier Walzen definiert ist, in einem Maß- oder Fertigwalzgerüst deutlich bessere Rundheits- und Maßhaltigkeitstoleranzen erreicht werden können, als mit Zweiwalzengerüsten. Aus diesem Grund sind bei Walzstraßen häufig die letzten beiden Maßwalzengerüste als 4-Walzengerüste ausgebildet, wie beispielsweise in der D7, in Figur 12b gezeigt. Auch in anderen Druckschriften, wie beispielsweise die als Anlage LS 8 eingereichte D4 (insbesondere auf Seite 188, Spalte 3) werden ausführlich die vielfältigen Vorteile beschrieben, wenn beim Maßwalzen die letzten zwei Walzdurchgänge mit vier Walzen anstelle von nur zwei Walzen erfolgen. Mit der aus der D2 gewonnenen Erkenntnis, dass es zur Vermeidung von doppelten Mikrostrukturen und abnormem Korngrößenwuchs nicht darauf ankommt, mit den Maßwalzgerüsten im dritten und vierten Walzdurchgang eine hohe Durchdringung bzw. einen hohen Umformgrad zu erzeugen, sondern dass es nur entscheidend ist, dass die dritten und vierten Walzdurchgänge, ( die wie in der D2 gelehrt nur geringe Umformgrade erzeugen sollen), genügend rasch nach den ersten und zweiten Walzdurchgängen mit hohen Umformungsgraden durchgeführt werden,

drängt es sich für den Fachmann geradezu auf, die dritten und vierten Walzdurchgänge mit Walzgerüsten auszustatten, die vier Walzen aufweisen, um entsprechende hohe Rundheits- und Maßhaltigkeitstoleranzen einhalten zu können.

Der Fachmann war deshalb in naheliegender Weise veranlasst, bei dem aus der D2 bekannten Verfahren zum kontinuierlichen Fertigwalzen eines Eisenwerkstücks zu einem Fertigrundelement mit den Merkmalen 1 bis 5 und 5.2 entsprechend dem Vorbild der D7 die dritten und vierten Walzdurchgänge mit vier Walzen auszubilden, um im Bedarfsfall die Rundheits- und Maßhaltigkeitstoleranzen zu verbessern.

Der Vortrag der Beklagten, wonach beim streitpatentgemäßen Verfahren der Verzicht auf eine Temperaturerniedrigung ein wesentlicher Unterschied zur Lehre der D2 sei, bei der in der Figur 4 mit Bezugszeichen 19 eine Kühlvorrichtung vorgesehen sei, kann schon deshalb nicht überzeugen, weil diese Kühlvorrichtung 19 ersichtlich vor dem ersten Walzdurchgang angeordnet ist und deshalb außerhalb des beanspruchten Verfahrens liegt. Vielmehr ist entscheidend, dass auch bei dem bekannten Verfahren nach der D2 ausweislich der Figur 4 sämtliche Walzdurchgänge eins bis vier bei ca. 800°C und somit vollständig in dem beanspruchten Temperaturbereich zwischen 650 und 1000°C durchgeführt werden.

Der Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag hat daher keinen Bestand.

2. Auch in der Fassung nach Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 kann der Gegenstand des Streitpatent keinen Bestand haben.

Wie bereits bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit des Verfahrens nach dem Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag ausgeführt ist, beruht das Verfahren zum kontinuierlichen Fertigwalzen eines Eisenwerkstücks zu einem Fertigrundelement mit dem im Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag aufgeführten Merkmalen nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Da der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 auch alle Merkmale aufweist, die in dem Patentanspruch 1 nach Hauptantrag aufgeführt sind, ist das mangelnde Vorliegen der erfinderischen Tätigkeit diesbezüglich übereinstimmend zu beurteilen. Auf die entsprechenden Ausführungen wird verwiesen.

Aber auch das im Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 ergänzte Merkmal 3.2.2, wonach etwa 11 bis 28% der kombinierten großen Verringerung in der Querschnittsfläche des Werkstücks in dem ersten Walzdurchgang stattfindet, kann eine erfinderische Tätigkeit nicht begründen, weil dieses Merkmal auch nahezu im gesamten Bereich bereits aus der D2 bekannt ist. Denn wie aus der Tabelle III der D2 zu entnehmen ist, findet auch bei dem bekannten Verfahren nach der D2 im Walzdurchgang S28, der dem ersten Walzdurchgang beim streitpatentgemäßen Verfahren entspricht, eine Verringerung der Querschnittsfläche des Werkstücks statt, die je nach Durchmesser des Zufuhrabschnitts zwischen 12,3% und 25,3% liegt und somit in allen aufgeführten Ausführungsbeispielen innerhalb des vom Streitpatent nach Merkmal 3.2.2 beanspruchten Bereichs von 11 bis 28% liegt.

Somit beruht das Verfahren des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 auch nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag hat daher auch keinen Bestand.

3. Auch in der Fassung nach Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 kann der Gegenstand des Streitpatent keinen Bestand haben.

Wie bereits bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit des Verfahrens nach dem Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag ausgeführt ist, beruht das Verfahren zum kontinuierlichen Fertigwalzen eines Eisenwerkstücks zu einem Fertigrundelement mit den im Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag aufgeführten Merkmalen nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Da der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 auch alle Merkmale aufweist, die in dem Patentanspruch 1 nach Hauptantrag aufgeführt sind, ist das mangelnde Vor- liegen der erfinderischen Tätigkeit diesbezüglich übereinstimmend zu beurteilen. Auf die entsprechenden Ausführungen wird verwiesen. Aber auch das im Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 gegenüber dem Hauptantrag ergänzte Merkmal 4.1.1, wonach die kleinsten Korngrößen im innersten Bereich a4 des Querschnittes des Walzgutes und zunehmend größere Körner in den umgebenden Bereichen des Querschnittes b4-f4 auftreten, kann eine erfinderische Tätigkeit nicht begründen, weil dieses Merkmal eine physikalische Auswirkung beschreibt, wie sie zwangsläufig bei jedem Walzverfahren mit hohem Umformgrad oberhalb der Rekristallisationstemperatur und somit auch bei dem Verfahren nach der D2 stattfindet. Denn auch das bekannte Warmwalzverfahren („hot rolling“) nach der D2 findet definitionsgemäß sowie nach den Ausführungen auf Spalte 3, Zeilen 5 bis 21 oberhalb der Rekristallisationstemperatur statt und ermöglicht daher, wie die D2 sogar wörtlich in Spalte 3, Zeilen 18 bis 21 beschreibt, eine im wesentlichen gleichmäßige Verteilung feinen Korns („…it retains a substantially uniform fine grained microstructure.“). Wenngleich der Vorgang der Rekristallisation sowie der begleitenden Umstände beispielsweise Keimbildung, Kornwachstum, etc. möglicherweise in der D2 (aber auch im Streitpatent) nicht vollständig und ausführlich beschrieben sind, so sind dem Fachmann diese Vorgänge jedoch bekannt. Insbesondere weiß der Fachmann, dass nach einer Rekristallisation und dem zugrunde gelegten ausreichend hohen Verformungsgrad aufgrund thermodynamischer Gesetzmäßigkeiten beim Erwärmen und Abkühlen von Werkstücken selbst bei einer „im Wesentlichen gleichmäßigen Verteilung feinen Korns“ die Körner am Rand tendenziell größer sind, während sie im Zentrum eines Werkstücks tendenziell kleiner sind.

Somit beruht das Verfahren des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 2 auch nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 hat daher auch keinen Bestand.

4. Fassung nach Hilfsantrag 3 Wie bereits bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit des Verfahrens nach dem Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 ausgeführt ist, beruht das Verfahren zum kontinuierlichen Fertigwalzen eines Eisenwerkstücks zu einem Fertigrundelement mit den im Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 aufgeführten Merkmalen nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Da der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 auch alle Merkmale aufweist, die in dem Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 aufgeführt sind, ist das mangelnde Vorliegen der erfinderischen Tätigkeit diesbezüglich übereinstimmend zu beurteilen. Auf die entsprechenden Ausführungen wird verwiesen.

Aber auch das im Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 gegenüber dem Hilfsantrag 2 ergänzte Merkmal 4.3, wonach das Walzen in den dritten und vierten Walzdurchgängen (P3, P4) vor dem Auftreten mikrostruktureller Veränderungen infolge von Rekristallisation und Erholung fortgesetzt wird, ist bereits aus der D2 bekannt und kann daher eine erfinderische Tätigkeit nicht begründen.

Wie bereits zum Hauptantrag begründet, hat bereits die D2 nach den Ausführungen in Spalte 3, Zeilen 1 bis 36 erkannt, dass abnormer Korngrößenwuchs dann auftritt, wenn nachfolgende Maßwalzvorgänge mit nur geringen Umformgraden nicht genügend rasch nach dem letzten Walzdurchgang mit hohem Umformungsgrad stattfinden. Aus diesem Grund lehrt die D2 nach den Ausführungen Spalte 4, Zeilen 51 bis 57, dass die Zeitspanne zwischen den ersten und zweiten Walzdurchgängen mit höheren Reduktionen und den folgenden Maßwalzdurchgängen (= dritte und vierte Walzdurchgänge) derart (klein) ist, dass die auf Spalte 3 a. a. O.. beschriebenen mikrostrukturellen Veränderungen, wie beispielsweise Rekristallisation und Kornwuchs, noch nicht maßgeblich auftreten.

Auch an anderer Stelle weist die D2 darauf hin, dass das Zeitintervall zwischen den Walzen bei starker Reduktion in den Walzgerüsten S28 und S29 und dem Maßwalzen bei geringerer Reduktion in den Walzgerüsten S30, S31 extrem klein sein soll („the time intervall…is extremely short“, Spalte 9, Zeilen 35 bis 37). Das Walzen durch die drei letzten drei Walzgerüste S29 bis S31 wird dabei mit einem Zeitintervall von lediglich 10,4 bis 16,0 Millisekunden abgeschätzt (Spalte 9, Zeilen 37 bis 43). Somit ist auch das Merkmal4.3 aus der D2 bekannt.

Somit beruht das Verfahren des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 3 auch nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 hat daher auch keinen Bestand.

5. Fassung nach Hilfsantrag 4 Wie bereits bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit des Verfahrens nach dem Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 ausgeführt ist, beruht das Verfahren zum kontinuierlichen Fertigwalzen eines Eisenwerkstücks zu einem Fertigrundelement mit den im Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 aufgeführten Merkmalen nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Da der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4 auch alle Merkmale aufweist, die in dem Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 3 aufgeführt sind, ist das mangelnde Vorliegen der erfinderischen Tätigkeit diesbezüglich übereinstimmend zu beurteilen. Auf die entsprechenden Ausführungen wird verwiesen. Aber auch das im Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4 gegenüber dem Hilfsantrag 3 ergänzte Merkmal 5.3, wonach nach dem Abkühlen zu einem Zustand des thermischen Gleichgewichts das Werkstuck eine Korngrößenvariation über seinen Querschnitt von nicht mehr als etwa 2 ASTM Korngrößennummern aufweist, ist bereits wörtlich aus der D2, Spalte 4, Zeilen 51 bis 57 vorbekannt.

Somit beruht das Verfahren des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 4 auch nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4 hat daher auch keinen Bestand.

6. Fassung nach Hilfsantrag 5 Der Senat hat diese hilfsweise Verteidigung der Beklagten zugelassen, da es sich bei Merkmal 5.2.1 lediglich um eine weitere Beschränkung des aus den bisherigen Hilfsanträgen bekannten Merkmals 5.2. handelt.

Wie bereits bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit des Verfahrens nach dem Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4 ausgeführt ist, beruht das Verfahren zum kontinuierlichen Fertigwalzen eines Eisenwerkstücks zu einem Fertigrundelement mit den im Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4 aufgeführten Merkmalen nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Da der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 5 auch alle Merkmale aufweist, die in dem Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 4 aufgeführt sind, ist das mangelnde Vorliegen der erfinderischen Tätigkeit diesbezüglich übereinstimmend zu beurteilen. Auf die entsprechenden Ausführungen wird verwiesen. Aber auch das im Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 5 gegenüber dem Hilfsantrag 4 ergänzte Merkmal 5.2.1, wonach 1,8 – 17% im Walzdurchgang P3 und etwa 1,2% bis 10% im Walzdurchgang P4 stattfinden, ist in weiten Bereichen bereits aus der D2 vorbekannt. Denn wie aus der Tabelle III der D2 zu entnehmen ist, findet auch bei dem bekannten Verfahren nach der D2 im Walzdurchgang S30, der dem dritten Walzdurchgang P3 beim streitpatentgemäßen Verfahren entspricht, eine Verringerung der Querschnittsfläche des Werkstücks statt, die zwischen 2,1% und 8,2% liegt und im Walzdurchgang S31, der dem dritten Walzdurchgang P4 beim streitpatentgemäßen Verfahren entspricht, eine Verringerung der Querschnittsfläche des Werkstücks statt, die zwischen 0,5% und 4% liegt und somit in vielen aufgeführten Ausführungsbeispielen innerhalb der beiden vom Streitpatent nach Merkmal 5.2.1 beanspruchten Bereiche liegt.

Somit beruht das Verfahren des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 5 auch nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 5 hat daher auch keinen Bestand.

7. Da Patentanspruch 1 somit weder in der erteilten Fassung noch in einer mit den Hilfsanträgen verteidigten Fassung patentfähig ist und ein eigenständig erfinderischer Gehalt der Unteransprüche von der Beklagten und der Nebenintervenientin ausdrücklich nicht geltend gemacht wird, war das Streitpatent insgesamt für nichtig zu erklären.

Vor diesem Hintergrund kann eine Entscheidung über den von der Klägerin darüber hinaus geltend gemachten Nichtigkeitsgrund fehlender Ausführbarkeit dahingestellt bleiben.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Soweit die Kosten der Nebenintervention betroffen sind, findet § 101 Abs. 1 ZPO Anwendung (vgl. BGH, Urteil vom 29. September 2011, X ZR 109/08 - Sensoranordnung, veröffentlicht in GRUR 2012, 149ff.). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 709 ZPO.

IV. Rechtsmittelbelehrung Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung gegeben.

Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung, durch einen Rechts- oder Patentanwalt als Bevollmächtigten schriftlich beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45a, 76133 Karlsruhe, einzulegen.

Voit Dr. Huber Martens Rippel Dr. Dorfschmidt Pr

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