• Suche
  • Impressum

caselaw.de²

  • caselaw.de²

  • Suche
  • Impressum

  • Suche
  • Filter
  • Ergebnis
  • Entscheidung
Entscheidung
Paragraphen
Original
Teilen

NotSt (Brfg) 1/13

BUNDESGERICHTSHOF NotSt(Brfg) 1/13 BESCHLUSS vom

17. März 2014 in dem Disziplinarverfahren Nachschlagewerk: ja BGHZ:

nein BGHR:

ja BNotO § 94 Abs. 1 Satz 1; BeurkG § 54b Abs. 2 Satz 3 Unter außergewöhnlichen Umständen kann auch bei einem Verstoß des Notars gegen § 54b Abs. 2 Satz 3 BeurkG und gegen Treuhandauflagen eine Missbilligung gemäß § 94 Abs. 1 Satz 1 BNotO als Sanktion ausreichen.

BGH, Beschluss vom 17. März 2014 - NotSt(Brfg) 1/13 - OLG Frankfurt am Main Der Senat für Notarsachen des Bundesgerichtshofs hat am 17. März 2014 durch den Vorsitzenden Richter Galke, die Richter Dr. Herrmann und Wöstmann, die Notarin Dr. Doyé sowie den Notar Dr. Strzyz beschlossen:

Der Antrag des Beklagten, die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des 1. Senats für Notarsachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 30. Juni 2013 zuzulassen, wird abgelehnt.

Die Kosten des Zulassungsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Streitwert: 3.000 €.

Gründe:

Der zulässige Antrag, die Berufung gegen den eingangs bezeichneten Gerichtsbescheid zuzulassen, ist unbegründet. Entgegen der Ansicht des Beklagten bestehen ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der anzufechtenden Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1, § 84 Abs. 2 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 3, § 64 Abs. 2 BDG und § 96 Abs. 1 Satz 1 BNotO) nicht.

Die Entscheidung des Oberlandesgerichts, die angefochtene Disziplinarverfügung aufzuheben und stattdessen dem disziplinarisch nicht vorbelasteten Kläger lediglich eine Missbilligung (§ 94 Abs. 1 Satz 1 BNotO) auszusprechen, ist bei der im Rahmen der Entscheidung über die Zulassung der Berufung gebotenen summarischen Prüfung (vgl. hierzu Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl., § 124 Rn. 7) nicht zu beanstanden.

Nach § 60 Abs. 3 BDG i.V.m. § 96 Abs. 1 Satz 1 BNotO hat das Gericht bei einer Klage gegen eine Disziplinarverfügung neben der Rechtmäßigkeit auch die Zweckmäßigkeit der angefochtenen Disziplinarentscheidung zu überprüfen. Es ist nicht auf die Prüfung beschränkt, ob die dem Kläger zum Vorwurf gemachte Verhaltensweise (Lebenssachverhalt) tatsächlich gegeben und disziplinarrechtlich als Dienstvergehen zu würdigen ist, sondern hat - bejahendenfalls - unter Beachtung des Verschlechterungsverbotes (vgl. § 88 VwGO i.V.m. § 3 BDG, § 96 Abs. 1 Satz 1 BNotO) im Interesse der Verfahrensbeschleunigung (§ 4 BDG i.V.m. § 96 Abs. 1 Satz 1 BNotO) auch darüber zu entscheiden, welches die angemessene Disziplinarmaßnahme ist. Anders als sonst bei einer Anfechtungsklage ist das Gericht danach nicht gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO darauf beschränkt, eine rechtswidrige Verfügung aufzuheben; es trifft in Anwendung der in § 13 Abs. 1 BDG i.V.m. § 96 Abs. 1 Satz 1 BNotO niedergelegten Grundsätze innerhalb der durch die Verfügung vorgegebenen Disziplinarmaßnahmenobergrenze vielmehr eine eigene "Ermessensentscheidung". Es kann die angefochtene Disziplinarverfügung zu Gunsten des Klägers abändern und an Stelle der verhängten eine mildere Disziplinarmaßnahme aussprechen (Senatsbeschluss vom 23. Juli 2012 - NotSt(Brfg) 5/11, ZNotP 2012, 359 Rn. 3 m.umfangr.w.N.). Dies umfasst auch die Befugnis, statt einer Disziplinarmaßnahme eine bloße Missbilligung gemäß § 94 Abs. 1 Satz 1 BNotO auszusprechen, die zwar einen Tadel beinhaltet, jedoch disziplinarischen Charakter nicht hat (Baumann in Eylmann/Vaasen, BNotO/BeurkG, 3. Aufl., § 94 Rn. 2; Herrmann in Schippel/Bracker, BNotO, § 94 Rn. 1; Lerch in Arndt/Lerch/Sandkühler,

BNotO, 7. Aufl., § 94 Rn. 2). Da sie aber ebenso wie eine Disziplinarmaßnahme die Reaktion der Aufsichtsbehörde auf ein Dienstvergehen des Notars ist (Baumann, Herrmann jew. aaO), ist auch das Disziplinargericht befugt, die Disziplinarverfügung durch eine Missbilligung zu ersetzen. Von dieser Möglichkeit hat das Oberlandesgericht in nicht zu beanstandender Weise Gebrauch gemacht.

Die Missbilligung kann bei ordnungswidrigem Verhalten und Pflichtverletzungen leichterer Art ausgesprochen werden (§ 94 Abs. 1 Satz 1 BNotO). Dies kommt unter anderem in Betracht, wenn der Notar innerdienstlichen Vorschriften nicht Rechnung trug, ohne dass bleibende Schäden eingetreten sind oder eine Außenwirkung eingetreten ist (Baumann aaO Rn. 5; Herrmann aaO Rn. 2; Lerch aaO Rn. 4). Aber auch bei einem Verhalten mit Außenwirkung kann eine Missbilligung ausgesprochen werden, wenn das Verschulden besonders leicht wiegt (Herrmann; Lerch jew. aaO). Eine Maßnahme nach § 94 Abs. 1 Satz 1 BNotO kann dann insbesondere ausreichen, wenn zu erwarten ist, dass der Notar den betreffenden Fall zum Anlass nehmen wird, künftige Verstöße gleicher oder ähnlicher Art nicht mehr zu begehen und in der Vergangenheit nicht schon schärfere Maßnahmen verhängt werden mussten (Lerch aaO).

Nach diesen Maßstäben und unter der gebotenen Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls ist die anzufechtende Entscheidung nicht in zulassungsrelevanter Weise zu beanstanden.

Der Beklagte meint, das Oberlandesgericht habe verkannt, dass der Kläger hinsichtlich des Verstoßes gegen § 54b Abs. 2 BeurkG zumindest grob fahrlässig gehandelt habe, da er sich über die eindeutige Regelung des Satzes 3 hinweg gesetzt habe. Es sei offensichtlich, dass diese Mussvorschrift nicht aus Praktikabilitätsgründen außer Acht gelassen werden dürfe. Im Übrigen zeige das Klagevorbringen, dass der Kläger uneinsichtig sei und einen Pflichtverstoß immer noch in Abrede stelle. Diese Rügen sind unbegründet. Aufgrund der vom Oberlandesgericht herausgestellten außergewöhnlichen Umstände, die den Kläger in dem vereinzelt gebliebenen Sonderfall zur Führung eines unzulässigen Sammelkontos veranlasst hatten, und der Tatsache, dass selbst die Notarkammer die Vorgehensweise des Klägers für vertretbar hielt, ist nur von einem geringfügigen Verschulden auszugehen. Unzutreffend ist, dass sich der Kläger uneinsichtig gezeigt hat. In der Klageschrift hat er ausdrücklich hervorgehoben, ein Sammelkonto in Zukunft nicht mehr zu führen. Die von ihm herausgestellten besonderen Umstände dienten nicht dazu, sein Verhalten zu rechtfertigen. Vielmehr hatten die Ausführungen den Zweck zu erklären, wie es zu dem Pflichtverstoß kam, und dass ihn aufgrund dessen nur ein leichter Schuldvorwurf trifft.

Unbegründet ist weiter die Rüge des Beklagten, der Kläger habe entgegen der Ansicht der Vorinstanz grob leichtfertig gehandelt, indem er eine Auszahlung aus dem Anderkonto vornahm, obgleich die vertraglichen Fälligkeitsvoraussetzungen nicht vorlagen. Zwar stellt ein solches Vorgehen in der Regel einen schwerwiegenden und groben Verstoß gegen die notariellen Amtspflichten dar, da peinliche Genauigkeit bei der Erfüllung von Treuhandauflagen für einen Notar eine grundlegende Pflicht ist (z.B. Senatsbeschluss vom 26. März 2007 - NotZ 37/06, juris Rn. 6; zu einseitigen Verwahrungsanweisungen siehe auch BGH, Urteil vom 10. Juli 2008 - III ZR 255/07, WM 2008, 1662 Rn. 8 mwN). Dies hat das Oberlandesgericht jedoch beachtet und wiederum unter Berücksichtigung der ungewöhnlichen Besonderheiten des Einzelfalls eine disziplinarische Ahndung des Pflichtverstoßes des Klägers ausnahmsweise nicht für erforderlich gehalten. Diese Würdigung lässt einen Grund zur Zulassung der Berufung nicht erkennen.

Soweit der Beklagte beanstandet, das Oberlandesgericht habe eine Gesamtwürdigung aller der Disziplinarverfügung zugrunde liegenden Dienstvergehen unterlassen, vermag sich der Senat dem ebenfalls nicht anzuschließen. Der anzufechtende Gerichtsbescheid enthält eine umfassende Würdigung aller Umstände. Insbesondere weil Schäden nicht entstanden sind und zu erwarten ist, dass der Kläger auch ohne eine disziplinarische Ahndung die ihm unterlaufenen, weitgehend kleinere formale Nachlässigkeiten beinhaltenden und im Übrigen durch außergewöhnliche Umstände veranlassten, vom Regelfall abweichenden Pflichtverstöße nicht wieder begehen wird, begegnet es nicht ernstlichen Zweifeln (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO i.V.m. § 111d Satz 2 BNotO), lediglich eine Missbilligung auszusprechen.

Auch vermag der Senat dem Beklagten nicht zu folgen, soweit er schließlich meint, selbst wenn der Verstoß gegen § 54b Abs. 2 Satz 3 BeurkG lediglich eine Missbilligung rechtfertigte, sei nicht einsichtig, weshalb die Hinzunahme der weiteren Pflichtverstöße, insbesondere die Abweichung von den vertraglichen Auszahlungsvoraussetzungen, demgegenüber nicht ins Gewicht fielen. Entgegen der Ansicht des Beklagten ist hieraus nicht zu schließen, dass nach Auffassung des Oberlandesgerichts für den letztgenannten Vorgang noch nicht einmal eine Missbilligung zu erteilen gewesen wäre. Auch mehrere Pflichtverstöße, die jeweils für sich genommen bereits ein Vorgehen nach § 94 Abs. 1 Satz 1 BNotO gebieten, führen nicht notwendig dazu, dass eine Disziplinarmaßnahme angezeigt ist. Bei der gebotenen Würdigung aller Umstände kann gleichwohl insgesamt lediglich eine Missbilligung gerechtfertigt sein.

Galke Herrmann Wöstmann Doyé

Strzyz Vorinstanz: OLG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 30.06.2013 - 1 Not 2/12 -

Wir stellen das Dokument etwas schmaler dar, um die Lesbarkeit zu erhöhen.

Bitte nutzen Sie nur das Original für den Druck des Dokuments.

Werbung

Urheber dieses Dokuments ist der Bundesgerichtshof. Nach § 5 UrhG geniessen Entscheidungen und Gesetze keinen urheberrechtlichen Schutz. Auflagen des Gerichts können aber die kommerzielle Verwertung einschränken. In Anlehnung an Creative Commons Lizenzen ist die Nutzung mit einer CC BY-NC-SA 3.0 DE Lizenz vergleichbar. Bitte beachten Sie, dass diese Entscheidung urheberrechtlich geschützte Abbildungen enthalten kann. Vor einer Nutzung - über die reine Wiedergabe der Entscheidung hinaus - sind in solchen Fällen entsprechende Nutzungsrechte bei den jeweiligen Rechteinhabern einzuholen.

▲ Anfang

Paragraphen in NotSt (Brfg) 1/13

Sortiert nach der Häufigkeit
Häufigkeit Paragraph
6 94 BNotO
5 96 BNotO
3 54 BeurkG
2 3 BDG
2 124 VwGO
1 4 BDG
1 13 BDG
1 60 BDG
1 64 BDG
1 111 BNotO
1 84 VwGO
1 88 VwGO
1 113 VwGO

Die aufgeführten Paragraphen wurden durch eine ausgeklügelte Software ermittelt.

Bitte haben Sie dafür Verständnis, dass dabei auch falsche Kombinationen aus Paragraph und Gesetz ermittelt werden können.

Sollte ein Gesetz in Gänze übersehen worden sein, dann teilen Sie uns diesen Umstand bitte mit.

Sortiert nach dem Alphabet
Häufigkeit Paragraph
2 3 BDG
1 4 BDG
1 13 BDG
1 60 BDG
1 64 BDG
3 54 BeurkG
6 94 BNotO
5 96 BNotO
1 111 BNotO
1 84 VwGO
1 88 VwGO
1 113 VwGO
2 124 VwGO

Original von NotSt (Brfg) 1/13

Der nachfolgende Link führt Sie zum originalen Dokument. Aufgrund der technischen Natur des Internets ist es möglich, dass der Link zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr gültig ist. Bitte haben Sie dafür Verständnis, dass wir nicht alle Links einer ständigen Prüfung unterziehen können.

Öffnen

Bitte nutzen Sie möglichst das Original für den Druck des Dokuments.

Teilen von NotSt (Brfg) 1/13

Wenn Sie in einer E-Mail auf diese Entscheidung hinweisen möchten, dann können Sie diese komfortabel erstellen lassen, wenn Ihr Mail-Programm diese Option unterstützt. Alternativ können Sie den nachfolgenden Link in Ihre E-Mails und Webseiten einbauen:

Bitte nutzen Sie den Link in sozialen Netzwerken wie Facebook oder Google+.

Das ist ein wirksames Mittel um mehr Menschen auf unsere Dienste aufmerksam zu machen.

Eine Dienstleistung von caselaw.de | Diese Datensammlung unterliegt der Creative Commons Lizenz CC BY-NC-SA 3.0 DE | Impressum