1 StR 65/25
BUNDESGERICHTSHOF StR 65/25 BESCHLUSS vom 1. April 2025 in der Strafsache gegen wegen Beihilfe zum Computerbetrug u.a.
ECLI:DE:BGH:2025:010425B1STR65.25.0 Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts – zu 2. und 4. auf dessen Antrag – am 1. April 2025 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO und analog § 354 Abs. 1 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Dresden vom 14. Juni 2024 dahin geändert, dass der Angeklagte wegen Beihilfe zum Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt in Tateinheit mit Beihilfe zur Steuerhinterziehung sowie mit Beihilfe zum Computerbetrug in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt wird. Die Einbeziehung der Einzelstrafen aus dem Urteil des Amtsgerichts Dresden vom 8. November 2017 entfällt.
2. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.
3. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen. Jedoch wird die Gebühr für die Revisionsinstanz um die Hälfte ermäßigt. Die Hälfte der insoweit entstandenen notwendigen Auslagen des Angeklagten hat die Staatskasse zu tragen.
4. Die sofortige Beschwerde des Angeklagten gegen die Kostenentscheidung des vorgenannten Urteils wird auf seine Kosten aus den zutreffenden Erwägungen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts als unbegründet verworfen.
Gründe:
Im ersten Rechtszug hatte das Landgericht den Angeklagten wegen Beihilfe zum Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt in Tateinheit mit Beihilfe zur Steuerhinterziehung sowie mit Beihilfe zum Computerbetrug zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Auf die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten hatte der Senat mit Urteil vom 6. September 2023 – 1 StR 57/23 – das angefochtene Urteil wegen fehlerhafter Beurteilung der Konkurrenzen aufgehoben, jedoch sämtliche Feststellungen bestehen lassen (BGH aaO Rn. 18; vgl. § 353 Abs. 2 StPO).
Nunmehr hat das Landgericht gegen den Angeklagten wegen Beihilfe zum Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt in Tateinheit mit Beihilfe zur Steuerhinterziehung sowie mit Beihilfe zum Computerbetrug in zwei Fällen unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus dem Urteil des Amtsgerichts Dresden vom 8. November 2017 eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verhängt. Daneben hat es aufgrund der Zäsurwirkung des amtsgerichtlichen Urteils gegen den Angeklagten wegen Beihilfe zum Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt in Tateinheit mit Beihilfe zur Steuerhinterziehung sowie mit Beihilfe zum Computerbetrug eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verhängt. Die gegen seine erneute Verurteilung gerichtete Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung sachlichen Rechts beanstandet, hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO). Im Übrigen ist sein Rechtsmittel unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
1. Die nachträgliche Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 55, 54, 53 StGB) verstößt gegen die Bindungswirkung der aufrechterhaltenen Feststellungen (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 10. November 2019 – 3 StR 370/19 Rn. 18 f.; Urteil vom 22. November 2018 – 4 StR 253/18 Rn. 8; jeweils mwN). Zu diesen gehört auch der Umstand, dass das Urteil des Amtsgerichts Dresden vom 29. Juni 2011 (iV mit dem Berufungsurteil des Landgerichts Dresden vom 3. Juli 2013, insoweit als ergänzende Feststellung rechtsfehlerfrei aufgeklärt) erst am 17. November 2017 erledigt war. An einer Korrektur dieser Feststellung durch Aufklären des Prozessgeschehens vom 8. November 2017 ist das Landgericht mithin gehindert gewesen. Damit bildet allein das Berufungsurteil vom 3. Juli 2013, mit welchem in der Sache zum Strafmaß entschieden wurde, eine Zäsur, und zwar auch bezüglich der bis zum Oktober 2011 begangenen Taten, die mit Urteil vom 8. November 2017 geahndet wurden (vgl. zum Ganzen BGH, Urteil vom 6. September 2023 – 1 StR 57/23 Rn. 15-17 mwN).
2. Im Übrigen ist das Urteil rechtsfehlerfrei.
a) Die Annahme dreier Beihilfefälle (§ 53 Abs. 1 StGB) hält sachlichrechtlicher Nachprüfung stand. Den ersten fortwirkenden Gehilfenbeitrag leistete der Angeklagte bei Gründung der Em.
GmbH im Oktober 2015, indem er dem vormals Mitangeklagten E.
zu „Schwarzlohnzahlungen“ riet und hierzu Abdeckrechnungen beschaffte, die sich allerdings – mit der nachfolgenden Ausnahme – nicht weiter aufklären ließen. Im August 2017 gab der Angeklagte der Lo. GmbH in einem „Bestellschreiben“ den Inhalt von zehn Abdeckrechnungen mit einem Gesamtbetrag von 162.000 € vor, die Baustellen aus dem Zeitraum Mai bis Juli 2017 betrafen. Diese Eingangsscheinrechnungen wurden zum Monatsübergang Juli auf August 2017 bei der Em.
GmbH verbucht. Dass sie sich damit nach den weiteren Feststellungen des Landgerichts auf die Abgabe unvollständiger Beitragsmeldungen gegenüber den Einzugsstellen und der SOKA-Bau sowie einer unvollständigen Lohnsteueranmeldung für den Monat August 2017 auswirkte, ist noch plausibel und vom Revisionsgericht mangels Angriffs mit einer Verfahrensrüge hinzunehmen. Zugleich wirkte sich dieser konkrete Beitrag des Angeklagten auf den gegenüber der BG-Bau erklärten Jahresetat 2017 zur Unfallversicherung aus. Aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe ergibt sich ebenfalls, dass der Angeklagte auch nach August 2017 seinen Neffen E.
weiterhin beim Schwarzlohnsystem bis zum Ende der Tatserie im August 2020 beriet. Dabei konnten die Ratschläge keinem bestimmten Anmeldezeitraum zugeordnet werden.
b) Die Einzelfreiheitsstrafen von einem Jahr sechs Monaten, neun Monaten und zwei Jahren sechs Monaten erweisen sich als rechtsfehlerfrei. Die Annahme des Regelbeispiels der Gewerbsmäßigkeit bei den unvollständigen Beitragsmeldungen gegenüber der SOKA-Bau (§ 263a Abs. 2, § 263 Abs. 3 Satz 1, 2 Nr. 1 StGB) begegnet keinen Bedenken. Dass der Angeklagte altruistisch handelte, liegt ersichtlich fern. Die Einziehung des Wertes von Tatlöhnen (§ 73 Abs. 1 Alternative 2, § 73c Satz 1 StGB) war allein daran gescheitert, dass konkrete Geldzuflüsse nicht nachweisbar waren (vgl. BGH, Urteil vom 6. September 2023 – 1 StR 57/23 Rn. 32). Ebenso birgt das Entkräften der Indizwirkung des genannten Regelbeispiels mittels Verbrauchs des vertypten Milderungsgrundes des § 27 Abs. 1 StGB keinen Rechtsfehler, sodass das Landgericht zutreffend einen Strafrahmen von Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren zugrunde gelegt hat.
c) Die Gesamtfreiheitsstrafe ist in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO und unter Beachtung des Verbots der Schlechterstellung (§ 358 Abs. 2 Satz 1 StPO) auf zwei Jahre und neun Monate festzusetzen. Es ist insbesondere angesichts eines Gesamtbetrags von über drei Millionen € an den öffentlichen Kassen vorenthaltenen Beträgen auszuschließen, dass das Landgericht, ausgehend von einer Einsatzfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten, die Einzelstrafen noch straffer zusammengezogen hätte.
Jäger Leplow Fischer Wimmer Welnhofer-Zeitler Vorinstanz: Landgericht Dresden, 14.06.2024 - 14 KLs 131 Js 26188/17 (3)