7 Ni 7/15 (EP)
BUNDESPATENTGERICHT Ni 7/15 (EP) (Aktenzeichen)
IM NAMEN DES VOLKES URTEIL An Verkündungs Statt zugestellt am
3. August 2016 …
In der Patentnichtigkeitssache …
BPatG 253 08.05 betreffend das europäische Patent 1 319 110 (DE 501 13 790)
hat der 7. Senat (Juristischer Beschwerdesenat und Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 2. Juni 2016 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Rauch, des Richters Dipl.-Ing. Küest, der Richterin Dr. Schnurr und der Richter Dr.-Ing. Großmann und Dipl.-Ing. Univ. Richter für Recht erkannt:
I. Das europäische Patent 1 319 110 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland dadurch teilweise für nichtig erklärt, dass seine Patentansprüche folgende Fassung erhalten:
1. Großmanipulator für Betonpumpen, mit einem auf einem Gestell (11) angeordneten, vorzugsweise um eine vertikale Drehachse (13) drehbaren Mastbock (21), mit einem aus mindestens drei Mastarmen (23 bis 27) zusammengesetzten, als Betonverteilermast ausgebildeten, eine Betonförderleitung tragenden Knickmast (22), welche Mastarme (23 bis 27) um jeweils horizontale, zueinander parallele Knickachsen (28 bis 32) paarweise gegenüber dem benachbarten Mastbock (21) oder Mastarm (28 bis 26) mittels je eines als Hydrozylinder ausgebildeten Antriebsaggregats 34 bis 38) begrenzt verschwenkbar sind, mit einer vorzugsweise fernbedienbaren Steuereinrichtung (50, 62, 52) für die Mastbewegung mit Hilfe von den einzelnen Antriebsaggregaten (34 bis 38) zugeordneten Stellgliedern (68 bis 76), und mit Mitteln (82, 84, 86) zur Dämpfung von mechanischen Schwingungen im Knickmast (22), dadurch gekennzeichnet, dass am bodenseitigen und stangenseitigen Ende eines jeden Antriebsaggregates (34 bis 38) ein Drucksensor (84, 86) zur Bestimmung einer von den mechanischen Schwingungen des betreffenden Mastarms (23 bis 27) abgeleiteten zeitabhängigen Messgröße (Δp) angeordnet ist und jedem Antriebsaggregat (34 bis 38) eine den Drucksensoren (84, 86) nachgeordnete, ausgangsseitig an das zugehörige Stellglied (68 bis 76) angeschlossene Auswerteeinheit (82) zur Erzeugung eines Dämpfungssignals zugeordnet ist, die jeweils einen analogen oder digitalen Hochpassfilter (90, 92) enthält, wobei jedem Hochpassfilter (90, 92) eine Bewertungs- und Sicherheitsschaltung oder –algorithmus (93) zur Einstellung des für die Schwingungsdämpfung notwendigen Verstärkungsgrads und zur Überwachung der Bewegungsgrenzwerte des jeweiligen Mastarms über eine Anschlagskontrolle nachgeordnet ist, die eingangsseitig mit den Ausgangssignalen, nämlich den absoluten Druckwerten ps und pb der beiden Drucksensoren (84, 86) beaufschlagt ist.
2. Großmanipulator nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass jedes Antriebsaggregat (34 bis 38) einen doppelt wirkenden Hydrozylinder aufweist, dass die Hydrozylinder über je ein das zugehörige Stellglied bildendes Proportionalwechselventil (68 bis 76) mit Drucköl beaufschlagbar sind und dass die Drucksensoren (84, 86) über einen Vergleicher (88) mit der Auswerteeinheit (82) verbunden sind.
3. Großmanipulator nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass jeder Hochpassfilter durch einen Tiefpassfilter (90) gebildet ist, dessen Eingang über einen Vergleicher (92) auf dessen Ausgang aufgeschaltet ist.
4. Großmanipulator nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass jeder Hochpassfilter (90, 92) eine aperiodische Übergangsfunktion bildet.
5. Großmanipulator nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass die Steuereinrichtung einen Mikrocontroller (52) mit einem Koordinatengeber (64) zur Ansteuerung der Stellglieder (68 bis 76) aufweist, der eingabeseitig über ein BUS-System (63) und eine Fernsteuereinrichtung (50, 64) mit Fahrdaten für die Mastbewegung beaufschlagbar ist, dass jedem Stellglied zusätzlich ein die Dämpfungseinheit (82) bildender Übertrager zugeordnet ist, der eingabeseitig mit der zum betreffenden Mastarm (23 bis 27) gehörenden Messgröße (Ap) beaufschlagbar ist.
6. Großmanipulator nach einem der Ansprüche 1 bis 5, gekennzeichnet durch eine Anordnung zur Driftkompensation des Knickmasts (22), die mindestens einen an einem der Mastarme (27) angeordneten Raumwinkelsensor (94) oder Abstandssensor, einen Sollwertspeicher (96) sowie einen mit dem Sollwertspeicher und dem Ausgang des Raumwinkel- oder Abstandsensors verbundenen Vergleicher zur Ansteuerung mindestens eines der Stellglieder (68 bis 76) aufweist.
7. Großmanipulator nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, dass der Raumwinkel- oder Abstandssensor am Endarm (27) des Knickmasts (22) angeordnet ist.
8. Großmanipulator nach Anspruch 5 oder 6, dadurch gekennzeichnet, dass der Sollwertspeicher (96) über eine Steuerroutine mit dem digitalen Ausgangssignal des Raumwinkel- oder Abstandssensors (94) beaufschlagbar ist.
II. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
III. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin 1/5, die Beklagte 4/5.
IV. Das Urteil ist im Kostenpunkt gegen Sicherheitsleistung von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand Die Klage richtet sich gegen das europäische Patent 1 319 110, das aus der internationalen Anmeldung WO 2002/025036 vom 4. Juli 2001 hervorgegangen ist und die Priorität der deutschen Voranmeldung 100 46 546 vom 19. September 2000 in Anspruch nimmt. Das Patent ist in deutscher Sprache u. a. für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erteilt worden und wird beim Deutschen Patent- und Markenamt unter dem Aktenzeichen 501 13 790 geführt. Es betrifft eine als „Großmanipulator mit Schwingungsdämpfer“ bezeichnete Erfindung und umfasst in der erteilten Fassung 19 Ansprüche, wobei die Ansprüche 2 bis 14 unmittelbar bzw. mittelbar auf den Erzeugnisanspruch 1 rückbezogen sind, während Anspruch 15 und die darauf unmittelbar bzw. mittelbar rückbezogenen Ansprüche 16 bis 19 ein Verfahren zum Gegenstand haben.
Die nebengeordneten Patentansprüche 1 und 15 haben in der erteilten Fassung folgenden Wortlaut:
1. Großmanipulator, insbesondere für Betonpumpen, mit einem auf einem Gestell (11) angeordneten, vorzugsweise um eine vertikale Drehachse (13) drehbaren Mastbock (21), mit einem aus mindestens drei Mastarmen (23 bis 27) zusammengesetzten, vorzugsweise als Betonverteilermast ausgebildeten Knickmast (22), welche Mastarme (23 bis 27) um jeweils horizontale, zueinander parallele Knickachsen (28 bis 32) paarweise gegenüber dem benachbarten Mastbock (21) oder Mastarm (28 bis 26) mittels je eines Antriebsaggregats (34 bis 38) begrenzt verschwenkbar sind, mit einer vorzugsweise fernbedienbaren Steuereinrichtung (50, 62, 52) für die Mastbewegung mit Hilfe von den einzelnen Antriebsaggregaten (34 bis 38) zugeordneten Stellgliedern (68 bis 76), und mit Mitteln (82, 84, 86) zur Dämpfung von mechanischen Schwingungen im Knickmast (22), dadurch gekennzeichnet, dass mindestens einem der Antriebsaggregate (34 bis 38) oder Mastarme (23 bis 27) mindestens ein Sensor (84, 86) zur Bestimmung einer von den mechanischen Schwingungen des betreffenden Mastarms (23 bis 27) abgeleiteten zeitabhängigen Messgröße (Δp) sowie eine dem mindestens einen Sensor (84, 86) nachgeordnete, ausgangsseitig an das zugehörige Stellglied (68 bis 76) angeschlossene Auswerteeinheit (82) zur Erzeugung eines Dämpfungssignals zugeordnet ist.
15. Verfahren zur Dämpfung mechanischer Schwingungen eines Knickmasts (22) in einem Großmanipulator, bei welchem die Mastarme (23 bis 27) des Knickmasts (22) mittels je eines Antriebsaggregats (34 bis 38) relativ zueinander verschwenkbar sind, dadurch gekennzeichnet, dass an mindestens einem der Antriebsaggregate (34 bis 38) oder am zugehörigen Mastarm (23 bis 27) eine von der mechanischen Schwingung des betreffenden Mastarms abgeleitete zeitabhängige Messgröße (Δp) bestimmt, in einer Auswerteeinheit (82) unter Bildung eines dynamischen Dämpfungssignals ausgewertet und einem das betreffende Antriebsaggregat ansteuernden Stellglied (68 bis 76) aufgeschaltet wird.
Wegen des Wortlauts der Unteransprüche 2 bis 14 und 16 bis 19 wird auf die Streitpatentschrift EP 1 319 110 B1 Bezug genommen.
Die Klägerin macht den Nichtigkeitsgrund der mangelnden Patentfähigkeit geltend und stützt sich hierfür auf folgende Publikationen:
NK1 NK2 NK3 NK4 NK5 NK6 NK7 Dr.-Ing. Hartmut Benckert: Rechnergesteuerte Betonverteilung, in: BMT Baumaschine + Bautechnik, Dezember 1992, Seiten 359-362 JP H05230999 A Werner Bernzen: Zur Regelung elastischer Roboter mit hydrostatischen Antrieben, Dissertation, in: Fortschritt-Berichte VDI, Reihe 8, Nr. 788, VDI Verlag GmbH, Düsseldorf, 1999 Dirk Nissing, Werner Bernzen, Torsten Wey: Initial Steps to Vibration Control of a Concrete Pump, 16th IAARC/IFAC/IEEE, International Symposium on Automation and Robotics in Construction, Madrid, 22. - 24. 9. 1999 DE 39 25 276 C2 DE 195 03 895 A1 DE 195 00 738 C1 NK8 NK9 NK10 NK11 NK12 Kuntze, H.-B.; Hirsch, U.; Jacubasch, A.; Eberle, F.; Göller, B.: On the dynamic control of a hydraulic large range roboter for construction applications, in: Automation in Construction 4, 1995, Seiten 61-73 Schumacher, H.; Braun, J.: Skywash: Innovative Steuerungsfunktionen für Großroboter, in: VDI-Berichte Nr. 1094, Seiten 97-109 JP 62-233811 A mit deutscher Übersetzung NK10a JP 63-65508 A mit deutscher Übersetzung NK11a Auszug aus „Vieweg Handbuch Elektrotechnik“ (1998), Friedr. Vieweg Verlagsgesellschaft mbH, 1998, Seiten 1015-1025 Die Klägerin beantragt,
das europäische Patent 1 319 110 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland im gesamten Umfang für nichtig zu erklären.
Die Beklagte hat zuletzt beantragt,
die Klage abzuweisen, soweit sie sich gegen die Patentansprüche 1 bis 11 in der Fassung des Hauptantrags (Anlage B4) richtet, hilfsweise, soweit sie sich gegen die Patentansprüche 1 bis 11 in der Fassung des ersten Hilfsantrags (Anlage B5) richtet, weiter hilfsweise, soweit sie sich gegen die Patentansprüche 1 bis 8 in der Fassung des zweiten Hilfsantrags (Anlage 1 zum Protokoll der mündlichen Verhandlung, Bl. 314 ff. d. A.) richtet, weiter hilfsweise, soweit sie sich gegen die Patentansprüche 1 bis 8 in der Fassung des dritten Hilfsantrags (Anlage B6) richtet,
wobei die Anlagen B4, B5 und B6 mit Schriftsatz vom 11. April 2016 (Bl. 248 ff. d. A.) eingereicht und der zweite Hilfsantrag in der mündlichen Verhandlung überreicht worden sind.
In der Fassung gemäß Hauptantrag lauten die dort nebengeordneten Ansprüche 1 und 11 wie folgt (Änderungen gegenüber den erteilten Ansprüchen 1 bzw. 15 durch Streichung bzw. Unterstreichung kenntlich gemacht):
1. Großmanipulator, insbesondere für Betonpumpen, mit einem auf einem Gestell (11) angeordneten, vorzugsweise um eine vertikale Drehachse (13) drehbaren Mastbock (21), mit einem aus mindestens drei Mastarmen (23 bis 27) zusammengesetzten, vorzugsweise als Betonverteilermast ausgebildeten, eine Betonförderleitung tragenden Knickmast (22), welche Mastarme (23 bis 27) um jeweils horizontale, zueinander parallele Knickachsen (28 bis 32) paarweise gegenüber dem benachbarten Mastbock (21) oder Mastarm (28 bis 26) mittels je eines als Hydrozylinder ausgebildeten Antriebsaggregats (34 bis 38) begrenzt verschwenkbar sind, mit einer vorzugsweise fernbedienbaren Steuereinrichtung (50, 62, 52) für die Mastbewegung mit Hilfe von den einzelnen Antriebsaggregaten (34 bis 38) zugeordneten Stellgliedern (68 bis 76), und mit Mitteln (82, 84, 86) zur Dämpfung von mechanischen Schwingungen im Knickmast (22), dadurch gekennzeichnet, dass am bodenseitigen und stangenseitigen Ende eines jeden mindestens einem der Antriebsaggregates (34 bis 38) oder Mastarme (23 bis 27) mindestens ein Drucksensor (84, 86) zur Bestimmung einer von den mechanischen Schwingungen des betreffenden Mastarms(23 bis 27) abgeleiteten zeitabhängigen Messgröße (Δp) angeordnet ist und jedem Antriebsaggregat (34 bis 38) sowie eine dem mindestens einen den DrucksSensoren (84, 86) nachgeordnete, ausgangsseitig an das zugehörige Stellglied (68 bis 76) angeschlossene Auswerteeinheit (82) zur Erzeugung eines Dämpfungssignals zugeordnet ist, die jeweils einen analogen oder digitalen Hochpassfilter (90, 92) enthält, wobei die Grenzfrequenzen der zu den einzelnen Mastarmen (23 bis 27) gehörenden Hochpassfilter (90, 92) unabhängig voneinander für jeden Mastarm (23 bis 27) getrennt eingestellt und etwas niedriger als dessen mechanische Eigenfrequenz gewählt sind.
11. Verfahren zur Dämpfung mechanischer Schwingungen eines Knickmasts (22) in einem Großmanipulator für Betonpumpen, bei welchem die Mastarme (23 bis 27) des eine Betonförderleitung tragenden Knickmasts (22) mittels je eines als Hydrozylinder ausgebildeten Antriebsaggregats (34 bis 38) relativ zueinander verschwenkbar sind, dadurch gekennzeichnet, dass in der Arbeitsposition an mindestens einem jedem der Antriebsaggregate (34 bis 38) oder am zugehörigen Mastarm (23 bis 27) eine von der mechanischen Schwingung des betreffenden Mastarms abgeleitete zeitabhängige Messgröße (Δp), welche die zeitabhängige Druckdifferenz Δp(t) zwischen Boden- und Stangenseite des Hydrozylinders ist, bestimmt, und jeweils in einer dem zugehörigen Mastarm (23 bis 27) zugeordneten Auswerteeinheit (82) unter Bildung eines dynamischen Dämpfungssignals ausgewertet und einem das betreffende Antriebsaggregat ansteuernden Stellglied (68 bis 76) aufgeschaltet wird, wobei in der einen digitalen Hochpassfilter enthaltenden Auswerteeinheit (82, 90, 92) der dynamische Anteil der Messgröße (Δp) oberhalb einer definierten Grenzfrequenz herausgefiltert und für die Bildung des Dämpfungssignals phasenverschoben und/oder verstärkt wird, sowie die Grenzfrequenzen der zu den einzelnen Mastarmen gehörenden Hochpassfilter (90, 92) unabhängig voneinander für jeden Mastarm (23 bis 27) getrennt eingestellt und etwas niedriger als die Eigenfrequenz des jeweiligen Mastarmes (23 bis 27) gewählt werden.
In der Fassung gemäß erstem Hilfsantrag lauten die dort nebengeordneten Ansprüche 1 und 11 wie folgt (Änderungen gegenüber den Fassungen der Ansprüche 1 bzw. 11 gemäß Hauptantrag durch Streichung bzw. Unterstreichung kenntlich gemacht):
1. Großmanipulator für Betonpumpen, mit einem auf einem Gestell (11) angeordneten, vorzugsweise um eine vertikale Drehachse (13) drehbaren Mastbock (21), mit einem aus mindestens drei Mastarmen (23 bis 27) zusammengesetzten, als Betonverteilermast ausgebildeten, eine Betonförderleitung tragenden Knickmast (22), welche Mastarme (23 bis 27) um jeweils horizontale, zueinander parallele Knickachsen (28 bis 32) paarweise gegenüber dem benachbarten Mastbock (21) oder Mastarm (28 bis 26) mittels je eines als Hydrozylinder ausgebildeten Antriebsaggregats (34 bis 38) begrenzt verschwenkbar sind, mit einer vorzugsweise fernbedienbaren Steuereinrichtung (50, 62, 52) für die Mastbewegung mit Hilfe von den einzelnen Antriebsaggregaten (34 bis 38) zugeordneten Stellgliedern (68 bis 76), und mit Mitteln (82, 84, 86) zur Dämpfung von mechanischen Schwingungen im Knickmast (22), dadurch gekennzeichnet, dass am bodenseitigen und stangenseitigen Ende eines jeden Antriebsaggregates (34 bis 38) ein Drucksensor (84, 86) zur Bestimmung einer von den mechanischen Schwingungen des betreffenden Mastarms (23 bis 27) abgeleiteten zeitab- hängigen Messgröße (Δp) angeordnet ist und jedem Antriebsaggregat (34 bis 38) eine den Drucksensoren (84, 86) nachgeordnete, ausgangsseitig an das zugehörige Stellglied (68 bis 76) angeschlossene Auswerteeinheit (82) zur Erzeugung eines Dämpfungssignals zugeordnet ist, die jeweils einen analogen oder digitalen Hochpassfilter (90, 92) enthält, wobei die Grenzfrequenzen der zu den einzelnen Mastarmen (23 bis 27) gehörenden Hochpassfilter (90, 92) unabhängig voneinander für jeden Mastarm (23 bis 27) getrennt eingestellt und etwas niedriger als dessen mechanische Eigenfrequenz gewählt sind, und wobei die Auswerteeinheiten (82) eingangsseitig mit der zeitabhängigen Messgröße Δp(t) beaufschlagt sind, welche die zeitabhängige Druckdifferenz Δp(t) zwischen Boden- und Stangenseite des Hydrozylinders ist, die in einem vorgegebenen Zeittakt dem Hochpassfilter (90, 92) zugeleitet wird.
11. Verfahren zur Dämpfung mechanischer Schwingungen eines Knickmasts (22) in einem Großmanipulator für Betonpumpen, bei welchem die Mastarme (23 bis 27) des eine Betonförderleitung tragenden Knickmasts (22) mittels je eines als Hydrozylinder ausgebildeten Antriebsaggregats (34 bis 38) relativ zueinander verschwenkbar sind, dadurch gekennzeichnet, dass in der Arbeitsposition an jedem der Antriebsaggregate (34 bis 38) eine von der mechanischen Schwingung des betreffenden Mastarms abgeleitete zeitabhängige Messgröße (Δp) bestimmt, welche die zeitabhängige Druckdifferenz Δp(t) zwischen Boden- und Stangenseite des Hydrozylinders ist, bestimmt, und jeweils in einer dem zugehörigen Mastarm (23 bis 27) zugeordneten Auswerteeinheit (82) unter Bildung eines dynamischen Dämpfungssignals ausgewertet und einem das betreffende Antriebsaggregat ansteuernden Stellglied (68 bis 76) aufgeschaltet wird, wobei die zeitabhängige Messgröße (Δp) in einem vorgegebenen Zeittakt einem in der Auswerteeinheit (82) enthaltenen einen analogen oder digitalen Hochpassfilter (90, 92) zugeleitet wird und in der einen digitalen Hochpassfilter enthaltenden Auswerteeinheit (82, 90, 92) der dynamische Anteil der Messgröße (Δp) oberhalb einer definierten Grenzfrequenz herausgefiltert und für die Bildung des Dämpfungssignals phasenverschoben und/oder verstärkt wird, und wobei sowie die Grenzfrequenzen der zu den einzelnen Mastarmen gehörenden Hochpassfilter (90, 92) unabhängig voneinander für jeden Mastarm (23 bis 27) getrennt und eingestellt und etwas niedriger als die Eigenfrequenz des jeweiligen Mastarmes (23 bis 27) gewählt eingestellt werden.
In der Fassung gemäß zweitem Hilfsantrag lautet der Hauptanspruch 1 wie folgt (Änderungen gegenüber der Fassung des Anspruchs 1 gemäß erstem Hilfsantrag durch Streichung bzw. Unterstreichung kenntlich gemacht):
1. Großmanipulator für Betonpumpen, mit einem auf einem Gestell (11) angeordneten, vorzugsweise um eine vertikale Drehachse (13) drehbaren Mastbock (21), mit einem aus mindestens drei Mastarmen (23 bis 27) zusammengesetzten, als Betonverteilermast ausgebildeten, eine Betonförderleitung tragenden Knickmast (22), welche Mastarme (23 bis 27) um jeweils horizontale, zueinander parallele Knickachsen (28 bis 32) paarweise gegenüber dem benachbarten Mastbock (21) oder Mastarm (28 bis 26) mittels je eines als Hydrozylinder ausgebildeten Antriebsaggregats (34 bis 38) begrenzt verschwenkbar sind, mit einer vorzugsweise fernbedienbaren Steuereinrichtung (50, 62, 52) für die Mastbewe- gung mit Hilfe von den einzelnen Antriebsaggregaten (34 bis 38) zugeordneten Stellgliedern (68 bis 76), und mit Mitteln (82, 84, 86) zur Dämpfung von mechanischen Schwingungen im Knickmast (22), dadurch gekennzeichnet, dass am bodenseitigen und stangenseitigen Ende eines jeden Antriebsaggregates (34 bis 38) ein Drucksensor (84, 86) zur Bestimmung einer von den mechanischen Schwingungen des betreffenden Mastarms (23 bis 27) abgeleiteten zeitabhängigen Messgröße (Δp) angeordnet ist und jedem Antriebsaggregat (34 bis 38) eine den Drucksensoren (84, 86) nachgeordnete, ausgangsseitig an das zugehörige Stellglied (68 bis 76) angeschlossene Auswerteeinheit (82) zur Erzeugung eines Dämpfungssignals zugeordnet ist, die jeweils einen analogen oder digitalen Hochpassfilter (90, 92) enthält, wobei die Grenzfrequenzen der zu den einzelnen Mastarmen (23 bis 27) gehörenden Hochpassfilter(90, 92) unabhängig voneinander für jeden Mastarm (23 bis 27) getrennt eingestellt und etwas niedriger als dessen mechanische Eigenfrequenz gewählt sind, und wobei die Auswerteeinheiten (82) eingangsseitig mit der zeitabhängigen Messgröße Δp (t) beaufschlagt sind, welche die zeitabhängige Druckdifferenz Δp (t) zwischen Boden- und Stangenseite des Hydrozylinders ist, die in einem vorgegebenen Zeittakt dem Hochpassfilter (90, 92) zugeleitet wird, und wobei jedem Hochpassfilter (90, 92) eine Bewertungs- und Sicherheitsschaltung oder –algorithmus (93) zur Einstellung des für die Schwingungsdämpfung notwendigen Verstärkungsgrads und zur Überwachung der Bewegungsgrenzwerte des jeweiligen Mastarms über eine Anschlagskontrolle nachgeordnet ist, die eingangsseitig mit den Ausgangssig- nalen, nämlich den absoluten Druckwerten ps und pb, der beiden Drucksensoren (84, 86) beaufschlagt ist.
Zum Wortlaut der Ansprüche nach dem dritten Hilfsantrag sowie der mit Hauptantrag, erstem und zweitem Hilfsantrag verteidigten, jeweils unmittelbar oder mittelbar auf Patentanspruch 1 rückbezogenen Ansprüche wird auf die Anlagen B4 bis B6 zum Schriftsatz vom 11. April 2016 sowie auf die Anlage 1 zum Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.
Die Klägerin hält die von der Beklagten in den verschiedenen Anspruchsfassungen vorgenommenen Änderungen für unzulässig, weil sie gegenüber der ursprünglichen Anmeldung unzulässig erweitert und teilweise auch unklar seien. Außerdem seien die Gegenstände der nebengeordneten Ansprüche 1 und 11 gemäß Hauptantrag der Beklagten dem Fachmann am Prioritätstag ausgehend von der Druckschrift NK6 in Kombination mit NK5 sowie ausgehend von NK11 (ggf. in Verbindung mit NK10) nahegelegt gewesen. Auch die übrigen Ansprüche enthielten nichts Patentfähiges. Entsprechendes gelte im Hinblick auf die hilfsweise verteidigten Anspruchsfassungen.
Die Beklagte hält die nebengeordneten Ansprüche 1 und 11 in der von ihr mit Hauptantrag und erstem Hilfsantrag und zumindest den Anspruch 1 nach zweitem und drittem Hilfsantrag für bestandsfähig; die Unteransprüche hätten auf Grund ihres Rückbezugs an dieser Bestandskraft teil.
Der Senat hat den Parteien mit Schreiben vom 25. Februar 2016 einen frühen gerichtlichen Hinweis gemäß § 83 Abs. 1 PatG zukommen lassen.
Wegen des Vorbringens der Parteien im Übrigen wird auf die beiderseits eingereichten Schriftsätze und auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
Entscheidungsgründe Die auf den Nichtigkeitsgrund der mangelnden Patentfähigkeit (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG i. V. m. Art. 138 Abs. 1 Buchst. a) EPÜ) gestützte Klage ist zulässig und in der Sache teilweise begründet. Soweit das Streitpatent über die von der Beklagten mit Hauptantrag verteidigte Fassung hinausgeht, ist es ohne Sachprüfung für nichtig zu erklären (Schulte/Voit, PatG, 9. Aufl., § 81 Rn. 127). Im Übrigen erweist sich das Streitpatent lediglich in der mit zweitem Hilfsantrag der Beklagten vorgelegten Fassung als bestandsfähig.
I.
1. In der Beschreibung der Streitpatentschrift (Absätze 1 und 2) wird von einem im Stand der Technik gemäß DE 195 20 166 A1 bekannten Großmanipulator ausgegangen, der alle im Oberbegriff des Anspruchs 1 des Streitpatents genannten Merkmale aufweise, bei dem allerdings keine Dämpfungsmittel vorgesehen seien. Der Knickmast eines solchen Großmanipulators sei seiner Konstruktion nach ein elastisch schwingungsfähiges System, das zu Eigenschwingungen angeregt werden könne. Eine resonante Anregung solcher Schwingungen könne dazu führen, dass die Mastspitze mit Amplituden von einem Meter und mehr schwinge. Eine Schwingungsanregung sei zum Beispiel durch den pulsierenden Betrieb einer Betonpumpe und durch die hieraus resultierende periodische Beschleunigung und Verzögerung der durch die Förderleitung gedrängten Betonsäule möglich. Dies habe zur Folge, dass der Beton nicht mehr gleichmäßig verteilt werden könne und der Arbeiter, der den Endschlauch führe, gefährdet werde. Um dies zu vermeiden, werde bei einer aus DE 195 03 895 A1 (= Entgegenhaltung NK6) bekannten Betonpumpe mit Knickmast die Verwendung eines Lageregelkreises vorgeschlagen, der innerhalb eines vorgebbaren Variationsbereichs das Niveau der Mastspitze bezüglich einer ortsfesten horizontalen Bezugsebene stabilisiere. Hierzu sei eine Sensoreinrichtung vorgesehen, über deren Ausgangssignale ein Koordinatenstellantrieb zur kompensatorischen Auslenkung der Mastspitze oder des Endschlauchs ansteuerbar sei. Es habe sich gezeigt, dass diese Maßnahmen recht aufwendig seien und nicht immer zu dem gewünschten Ergebnis führten. Die für die Regelung erforderliche Armbewegungssensorik spreche erst an, wenn die Bewegung bereits ausgeführt werde, wenn es also schon zu spät sei. Es lasse sich damit also keine ausreichende Regelgüte erzielen.
Ausgehend hiervon liege der Erfindung die Aufgabe zugrunde, Vorkehrungen und Verfahrensmaßnahmen zu treffen, um mit einfachen Mitteln eine optimale Mastbedämpfung zu ermöglichen (Beschreibung Absatz 3).
2. Diese Aufgabe will das Streitpatent durch ein Erzeugnis mit den Merkmalen gemäß Patentanspruch 1 lösen. Die Merkmale dieses Anspruchs in der von der Beklagten mit ihrem Hauptantrag verteidigten Fassung können - entsprechend einem Vorschlag der Beklagten - wie folgt gegliedert werden:
1. Großmanipulator für Betonpumpen mit 1.1 einem auf einem Gestell (11) angeordneten, vorzugsweise um eine vertikale Drehachse (13) drehbaren Mastbock (21), 1.2 einem aus mindestens drei Mastarmen (23 bis 27) zusammengesetzten, als Betonverteilermast ausgebildeten, eine Betonförderleitung tragenden Knickmast (22), 1.3 die Mastarme (23 bis 27) sind um jeweils horizontale, zueinander parallele Knickachsen (28 bis 32) paarweise gegenüber dem benachbarten Mastbock (21) oder Mastarm (28 bis 26) mittels je eines Antriebsaggregats (34 bis 38) begrenzt verschwenkbar, 1.4 einer vorzugsweise fernbedienbaren Steuereinrichtung (50, 62, 52) für die Mastbewegung mit Hilfe von den einzelnen Antriebsaggregaten (34 bis 38) zugeordneten Stellgliedern (68 bis 76), und 1.5 Mitteln (82, 84, 86) zur Dämpfung von mechanischen Schwingungen im Knickmast (22), 1.5.1 am bodenseitigen und stangenseitigen Ende eines jeden Antriebsaggregats (34 bis 38) ist ein Drucksensor (84, 86) zur Bestimmung einer von den mechanischen Schwingungen des betreffenden Mastarms (23 bis 27) abgeleiteten zeitabhängigen Messgröße (Δp) angeordnet,
1.5.2 jedem Antriebsaggregat (34 bis 38) ist eine den Drucksensoren (84, 86) nachgeordnete, ausgangsseitig an das zugehö- rige Stellglied (68 bis 76) angeschlossene Auswerteeinheit (82) zur Erzeugung eines Dämpfungssignals zugeordnet,
1.5.2.a die Auswerteeinheit (82) enthält einen analogen oder digitalen Hochpassfilter (90, 92),
1.5.2.b die Grenzfrequenzen der zu den einzelnen Mastarmen (23 bis 27) gehörenden Hochpassfilter (90, 92) sind unabhängig voneinander für jeden Mastarm (23 bis 27) getrennt eingestellt und etwas niedriger als dessen mechanische Eigenfrequenz gewählt.
3. Zuständiger Durchschnittsfachmann, auf dessen Wissen und Können es insbesondere für die Auslegung der Merkmale des Streitpatents und für die Interpretation des Standes der Technik ankommt, ist im vorliegenden Fall ein Diplomingenieur (TU) der Fachrichtung Maschinenbau mit mehrjähriger Erfahrung in der Konstruktion und Entwicklung von Antriebs- und Steuerungseinheiten bei Manipulatoren für Betonpumpen bzw. Verteilermasten für Autobetonpumpen, der entweder selbst über ausreichende regelungstechnische Kenntnisse verfügt oder hierfür einen entsprechend ausgebildeten Steuerungs- und Regelungstechniker zu Rate zieht.
4. Der Fachmann geht bei der Auslegung des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag von folgendem Verständnis aus:
Die Merkmale 1.1 bis 1.4 definieren einen Großmanipulator für Betonpumpen, der im Wesentlichen einen aus mindestens drei Mastarmen zusammengesetzten Knickmast sowie eine Steuereinrichtung für die Mastbewegung aufweist. Dabei sind die Mastarme über als Hydrozylinder ausgebildete Antriebsaggregate, denen entsprechende Stellglieder zugeordnet sind, um horizontale Knickachsen verschwenkbar.
Gemäß dem Merkmal 1.5 sind Mittel zur Dämpfung von mechanischen Schwingungen im Knickmast vorgesehen, wobei die zu dämpfenden Schwingungen des Knickmastes durch dessen konstruktive Gestaltung, die ihn als ein elastisch schwingungsfähiges System erscheinen lässt, bedingt sind (vgl. Streitpatentschrift, Beschreibung Spalte 1, Zeilen 20 bis 23).
Die Mittel zur Dämpfung umfassen Drucksensoren am bodenseitigen und am stangenseitigen Ende eines jeden Hydrozylinders entsprechend Merkmal 1.5.1. Da die mechanischen Schwingungen des Mastarms bzw. die hieraus resultierenden Kräfte zu Druckschwankungen im Hydrozylinder führen, kann aus diesen Druckschwankungen ein zeitabhängiges, für die Schwingung relevantes Signal abgeleitet werden.
Des Weiteren ist nach Merkmal 1.5.2 zwischen den Drucksensoren und dem Stellglied einer jeden Antriebseinheit eine Auswerteeinheit vorgesehen, die aus dem Signal der Drucksensoren ein Dämpfungssignal erzeugt. Hierzu weist die Auswerteeinheit einen Hochpassfilter gemäß Merkmal 1.5.2.a auf, dessen Grenzfrequenz nach Merkmal 1.5.2.b für jeden Mastarm getrennt so eingestellt ist, dass diese etwas niedriger als dessen mechanische Eigenfrequenz ist. Die Formulierung „etwas niedriger“ wird der Fachmann im vorliegenden Zusammenhang so verstehen, dass die Grenzfrequenz in einer Weise festgelegt wird, dass durch den Hochpassfilter Signale mit der Eigenfrequenz sowie mit „etwas“ unterhalb dieser Eigenfrequenz, noch im kritischen Bereich liegenden Frequenzen durchgelassen und bei der Bildung des Dämpfungssignals berücksichtigt werden (s. a. nachfolgend unter II.2).
Aus der letzten Merkmalsgruppe ergibt sich somit, dass speziell die aus den Eigenschwingungen der einzelnen Mastarme resultierenden Schwingungen gedämpft werden sollen (siehe auch Streitpatentschrift, Beschreibung, Spalte 6,
Zeilen 50 bis 54); in diesem Sinne ist auch das Merkmal 1.5, wonach Schwingungen im Knickmast zu dämpfen sind, zu verstehen.
II.
Die Fassung des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag der Beklagten ist zulässig.
1. Entgegen der von der Klägerin vertretenen Auffassung ist diese Anspruchsfassung gegenüber den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen (vgl. WO 2002/025036) nicht unzulässig erweitert.
Dem steht nicht entgegen, dass die Kombination der zusätzlichen Merkmale 1.5.1 (jedes Antriebsaggregat soll am bodenseitigen und am stangenseitigen Ende jeweils einen Drucksensor aufweisen), 1.5.2.a (zu jedem Mastarm soll ein Hochpassfilter gehören) und 1.5.2.b (die Hochpassfilter sollen unabhängig voneinander für jeden Mastarm getrennt eingestellt sein, und die Grenzfrequenzen der einzelnen Hochpassfilter sollen etwas niedriger als die mechanische Eigenfrequenz des zugehörigen Mastarms gewählt sein) in der ursprünglichen Anmeldung (Seite 8, Zeilen 9 bis 18), wie auch in den Absätzen 6 und 19 der Streitpatentschrift, in einem Ausführungsbeispiel im Kontext u. a. mit der Phasenverschiebung und/oder der Verstärkung bei der Bildung des Dämpfungssignals offenbart sind. Es ist nämlich nicht unzulässig, von mehreren Merkmalen eines Ausführungsbeispiels nur einzelne in den Patentanspruch aufzunehmen. Die beanspruchte Kombination muss lediglich in ihrer Gesamtheit eine technische Lehre darstellen, die der Fachmann den ursprünglichen Unterlagen als mögliche Ausgestaltung der Erfindung entnehmen kann, vgl. BGH BlPMZ 1990, 325 - Spleißkammer; BGH BlPMZ 2014, 363 - Kommunikationskanal (zur Beanspruchung der Priorität); BGH BlPMZ 2015, 315 - Schleifprodukt. Letzteres ist hier schon deshalb der Fall, weil es sich bei der Phasenverschiebung und bei der Signalverstärkung um übliche Maßnahmen handelt, die nicht darauf beschränkt sind, das dynamische Signal aus einer Druckdifferenz abzuleiten So weiß der Fachmann, dass er das charakteristische Schwingungssignal auch mit Hilfe anderer Sensoren ermitteln kann und die vorgenannten Merkmalsgruppen deshalb nicht untrennbar miteinander verknüpft sind.
2. Der Klägerin kann auch nicht darin gefolgt werden, dass die Formulierung in Merkmal 1.5.2.b, wonach die Grenzfrequenz „etwas niedriger als die mechanische Eigenfrequenz“ gewählt sein solle, unklar und deshalb unzulässig sei. Dies gilt unabhängig davon, dass diese Formulierung im konkreten Anwendungsfall der Auslegung bedarf (s. o. I.4). Feste Werte können hier nicht vorgegeben werden, da die geeignete Grenzfrequenz vom individuellen System abhängt. Die durch den Anspruch 1 vermittelte Lehre ist für einen Durchschnittsfachmann aufgrund seines Wissens und Könnens ausreichend, um ihn anzuleiten, die Grenzfrequenz so festzulegen, dass die Steuerung einerseits Schwingungen mit unerwünschten Amplituden unterdrückt, andererseits aber nicht auf Schwingungen niederer Frequenz, die für das betroffene System nur quasistatisch wirken, anspricht.
Unter Berücksichtigung des Hintergrundwissens eines Fachmanns ist die Formulierung somit weder unklar noch unbestimmt, sondern lehrt den Fachmann, wie er die Grenzfrequenz festzulegen hat, damit die Eigenschwingungen wirksam gedämpft werden. Dies gilt unabhängig davon, ob - wie die Beklagte meint - die Festlegung der Grenzfrequenz dazu dient, um den zu berücksichtigenden Frequenzbereich zur Reduzierung der Signalvielfalt bzw. des Rechenbedarfs möglichst klein zu halten, wofür sich in der Beschreibung des Streitpatents keine Stütze findet.
Die von der Klägerin vorgetragene Kritik, wonach die Angabe „etwas niedriger“ zu vage sei und keine klare Abgrenzung zum Stand der Technik ermögliche, vermag jedenfalls nicht durchzugreifen.
III.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag ist gegenüber dem von der Klägerin angeführten Stand der Technik als neu anzusehen.
1. Die Offenlegungsschrift NK6 mit dem Titel „Betonpumpe mit Verteilermast“ zeigt z. B. in den Figuren 1 und 2 einen gattungsgemäßen Großmanipulator mit den Merkmalen 1 bis 1.4. Dabei werden auch verschiedene Mittel zur Dämpfung bzw. Kompensation von Schwingungen des Knickmasts in Kombination mit einem schwingungsneutralisierenden Lageregelkreis angeführt (siehe Spalte 2, Zeilen 37 bis 40; Spalte 9, Zeilen 2 bis 8); zur alternativen Bedämpfung der einzelnen Mastarme werden außerdem in Spalte 9, Zeilen 46 bis 62, zusätzlich auch Schwingungstilger zur Schwingungsdämpfung der einzelnen Mastarme genannt (Merkmal 1.5). Der in NK6 offenbarte Gegenstand weist jedoch nicht die Dämpfungsmittel gemäß den Merkmalen 1.5.1 bis 15.2.b auf.
2. In der japanischen Offenlegungsschrift NK10/NK10a wird ein Steuergerät für einen Mehrgelenkarm vorgeschlagen, mit dem dessen Schwingungen unterdrückt werden sollen (NK10a, Seite 3, erster Absatz). Aus Figur 1 der Entgegenhaltung geht zwar eine Gelenkarm-Struktur hervor, die mit dem Knickmast einer Betonpumpe vergleichbar ist, jedoch wird eine derartige Anwendung nicht ausdrücklich genannt, d. h. es fehlen bei NK10/NK10a die anwendungsspezifischen Teilmerkmale 1 bis 1.4. Ansonsten können dieser Schrift nahezu alle Merkmale 1.5 bis 1.5.2.b entnommen werden.
So werden als Mittel zur Dämpfung der mechanischen Schwingungen der Arme i. S. d. Merkmalsgruppe 1.5 auf Seite 7, letzter Absatz, Schwingungsunterdrückungsmittel der Arme“, konkret eine Zylinderschubkraft-Berechnungsschaltung 16, eine Filterschaltung 17 und eine Vergleichsoperations-Steuerschaltung 18 angeführt. Dabei werden bei jedem Hydrozylinder die boden- und stangenseitigen Drücke gemäß Merkmal 1.5.1 gemessen und daraus eine zeitabhängige Messgröße, z. B. eine Schubkraft f1, ermittelt (vergleiche NK10a, Figur 2 i. V. m. Seite 6, mittleres Drittel, sowie Seite 8, erste Hälfte). Diese Messgröße wird über eine Filterschaltung 17 (vgl. Figur 3) an eine Steuereinheit 18 (vgl. Figur 4) ausgegeben, in der das gefilterte Signal mittels einer Koeffizienteneinheit gewichtet und anschließend als Dämpfungssignal auf die Servosteuerung zur Betätigung der Hydrozylinder aufgeschaltet wird (siehe NK10a, Seite 6, letztes Drit- tel, bis Seite 8, erstes Viertel). Hervorzuheben ist, dass auf Grundlage der als Zylinderschubkraft f1 ff. bezeichneten Signale die Schwingungen der einzelnen Arme entsprechend dem Merkmal 1.5.2 unterdrückt werden sollen (siehe insbesondere NK10a, Seite 7, Zeilen 1 bis 2).
Der in NK10, Figur 3, dargestellte Bandpassfilter 17 kann als Kombination von einem Hochpass- und einem Tiefpassfilter angesehen werden, wobei die linke Seite einem Hochpassfilter gemäß Merkmal 1.5.2.a entspricht. Bezüglich der Einstellung des Filters 17 wird in NK10a ab Seite 8, zweite Hälfte, ausgeführt, dass die untere Grenzfrequenz der Beseitigung der durch die Massenträgheit des System verursachten, quasistatischen Einflüsse dient. Die Einstellung der Tiefpass-Komponente wird so gewählt, dass zumindest Schwingungsanteile in der Größenordnung des ersten Modus, d. h. der (ersten) Eigenfrequenz, des Arms berücksichtigt werden (NK10a, Seite 9, zweiter Absatz). Hinsichtlich der Einstellungen der einzelnen, den jeweiligen Mastarmen zugeordneten Filter wird zudem erwähnt, dass deren Eckfrequenzen verschieden sein können (NK10a, Seite 8, zweiter Absatz, Mitte). Letzteres ergibt sich jedoch auch zwangsläufig aus der individuellen Abstimmung auf die Schwingungsmodi der jeweiligen Arme. Die Einstellung der Hochpassfilter unterscheidet sich somit vom anspruchsgemäßen Merkmal 1.5.2.b dadurch, dass in NK10a nicht ausdrücklich angegeben ist, die Grenzfrequenz des Filters etwas niedriger als die Eigenfrequenz des zugeordneten Mastarms einzustellen.
3. Anders als bei NK10/NK10a werden bei der ebenfalls japanischen Offenlegungsschrift NK11/NK11a Betonverteiler beispielhaft als Anwendungsgebiet angeführt, wobei die wesentlichen Merkmale 1.1 bis 1.4 der Figur1 entnehmbar sind. NK11 stellt sich die Aufgabe, bei einer mehrgelenkigen Arbeitsmaschine das Steuersystem so zu optimieren, dass dieses keine unerwünschte Schwingungen verursachenden Oszillationen hervorruft (NK11a, Seite 3, Kapitel C). Hierfür sind in einem untergeordneten Regelungssystem 57 gemäß Figur 3b Hochpassfilter 580, 581 und 582 zum Herausnehmen von hochfrequenten Schwingungsanteilen (vgl. NK11a, Seite 12, dritter Spiegelstrich) vorgesehen, und auch ansonsten sind die baulichen Merkmale gemäß den Merkmalen 1.5.1 bis 1.5.2.a offen- bart. Jedoch fehlen bei NK11/NK11a Hinweise in Richtung einer streitpatentgemäßen Bedämpfung der Mastarme, bei der die Einstellung der Hochpassfilter gemäß Merkmal 1.5.2.b erfolgt.
4. Die deutsche Patentschrift NK5 betrifft allgemein fluidangetriebene Manipulatoren und Roboter. Es werden dort zwar schwere und große Geräte erwähnt (siehe Spalte 1, Zeilen 34 bis 36); Großmanipulatoren für Betonpumpen gemäß den Merkmalen 1.1 bis 1.4 werden jedoch nicht ausdrücklich genannt. Das in NK5 beschriebene Verfahren weist zur aktiven Schwingungsbedämpfung zwar annähernd die in den Merkmalen 1.5 bis 1.5.2a vorgesehenen Mittel auf (vgl. Figur 2 i. V. m Patentanspruch 1 bzw. Spalte 2, Zeilen 29 bis 38), jedoch geht auch aus dieser Schrift die anspruchsgemäße Einstellung des Hochpassfilters nicht hervor (Merkmal 1.5.2.b).
5. Entsprechendes gilt für die weiteren im Verfahren befindlichen Schriften bzw. Veröffentlichungen NK1, NK2, NK3, NK4, NK7, NK8 und NK9. Diese unterscheiden sich vom Gegenstand des Anspruchs 1 in der verteidigten Fassung somit ebenfalls dadurch, dass sie keinen Großmanipulator für eine Betonpumpe mit Vorkehrungen zur Schwingungsdämpfung zeigen, bei dem zum Herausfiltern des Dämpfungssignals ein streitpatentgemäß eingestellter Hochpassfilter verwendet wird.
IV.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 nach dem Hauptantrag der Beklagten beruht jedoch nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
1. Als nächstkommender Stand der Technik ist die Offenlegungsschrift NK6 anzusehen, die, wie im Neuheitsvergleich unter III.1 ausgeführt, einen gattungsgemäßen Großmanipulator für Betonpumpen offenbart. Dieser Entgegenhaltung liegt ebenfalls das Problem zugrunde, dass der Mastarm einer derartigen Betonpumpe seiner Konstruktion nach ein schwingungsfähiges, zu Eigenschwingungen anregbares System ist (siehe NK6, Spalte 1, Zeilen 25 bis 30). Durch eine dynamische Beanspruchung kommt es zu Schwingungen mit unerwünschten Auslenkungen des Mastarms, die durch einen schwingungsneutralisierenden Lageregelkreis kompensiert werden sollen. Dazu wird eine Sensoreinrichtung, die (schwingungs-) kompensierende Ausgangssignale, d. h. Dämpfungssignale, erzeugt, mit einer Lageregelung, die das Niveau der Mastspitze bezüglich einer ortsfesten Ebene stabilisiert, kombiniert (siehe NK6, Spalte 1, Zeile 63, bis Spalte 2, Zeile 5, sowie z. B. Spalte 9, Zeilen 2 bis 8). Der Fachmann entnimmt NK6 weiterhin, dass die lediglich auf den letzten Mastarm bezogene Regelung bei resonant angeregten Schwingungen nicht ausreichend sein kann, und dass weitere Mastarme in die Regelung mit einbezogen werden müssen (siehe NK6, Spalte 9, Zeilen 29 bis 37). Als alternative Methode wird des Weiteren vorgeschlagen, dass zur Beruhigung von resonant anregbaren Schwingungen auch Schwingungstilger zur Schwingungsneutralisierung von Eigenschwingungen der jeweiligen Mast-Segmente vorgesehen werden können (siehe NK6, Spalte 9, Zeilen 46 bis 62).
2. Der Fachmann war auf Grund des in der Schrift NK6 enthaltenen Hinweises, wonach die dort beschriebene Schwingungsunterdrückung bei resonant angeregten Schwingungen des Mastarms nicht ausreichend sein kann, zur Suche nach weitergehenden Lösungen veranlasst, wobei er an die in dieser Entgegenhaltung aufgeführten Verbesserungsvorschläge nicht gebunden war. Vielmehr wird sich der Fachmann im Stand der Technik noch nach weiteren alternativen Möglichkeiten zur effektiven Dämpfung von strukturbedingten Schwingungen bei Manipulatoren umgesehen haben (vgl. auch BGH GRUR 2014, 647, Abs. 25 f. - Farbversorgungssystem).
Auf Grund der angesprochenen Problematik stellte hierbei die Entgegenhaltung NK10/NK10a, die sich ausdrücklich mit der Unterdrückung der Schwingung des Mehrgelenkarms einer mehrgelenkigen Maschine beschäftigt (siehe NK10a, Seite 3, erster Absatz), einen für den Fachmann beachtlichen Stand der Technik dar. Die hierdurch nahegelegte Übertragung der in NK10/NK10a beschriebenen Maßnahmen zur Schwingungsdämpfung, die, wie beim Neuheitsvergleich unter Punkt III.2 dargelegt, die Merkmale 1.5 bis 1.5.2.1 beinhalten, auf die in NK6 offenbarte Betonpumpe führt zu einem Gegenstand, dem im Vergleich mit dem von der Beklagten mit ihrem Hauptantrag verteidigten Anspruchsgegenstand lediglich die gezielte Einstellung der Grenzfrequenz des Hochpassfilters in Abhängigkeit von der Eigenfrequenz des zugeordneten Mastarms gemäß Merkmal 1.5.2.b fehlt.
3. Dieser Unterschied vermag nach Ansicht des Senats jedoch keine erfinderische Tätigkeit zu begründen. Zwar findet sich in den entgegengehaltenen Schriften kein diesbezüglicher unmittelbarer Hinweis. Vielmehr wird etwa in NK10/NK10a, Seite 8, zweiter Absatz, zweiter Satz, eine Einstellung des im Breitbandfilter enthaltenen Hochpassfilters (s. o. III.2) vorgeschlagen, die darauf abzielt, lediglich die quasistatischen Schwingungsanteile aus dem gemessenen Signal wegzufiltern. Jedoch wird in dieser Druckschrift darüber hinaus gelehrt, dass es für die erwünschte Dämpfung der Armschwingungen in erster Linie auf die Schwingungsanteile mit der (ersten) Eigenfrequenz des Arms ankomme bzw. dass diese essentiell für die Schwingungsdämpfung seien (siehe NK10a, Seite 8, letzter Satz, bis Seite 9, dritter Satz). Dem Fachmann ist somit bekannt, dass er die Grenzfrequenz einerseits so festzulegen hat, dass die unerwünschten quasistatischen Signale nicht durchgelassen werden. Andererseits darf die untere Grenzfrequenz aber nur so hoch angesetzt werden, dass die für die Schwingungsdämpfung charakteristischen Schwingungsanteile der (zumindest ersten) Eigenfrequenz noch sicher erfasst werden, d. h. dass diese etwas niedriger als die Eigenfrequenz sind. Insofern sind die beiden Grenzwerte, zwischen denen sich der Fachmann bewegen kann, vorgegeben, und die Auswahl der geeigneten Grenzfrequenz liegt in seinem Ermessen. Da in diesem Wertebereich absehbar keine überraschenden Effekte auftreten, liegt diese Auswahl im Rahmen der Maßnahmen, die zu ergreifen von einem Durchschnittsfachmann aufgrund seines Wissens und Könnens erwartet werden kann.
4. Damit gelangt der Fachmann in naheliegender Weise zum Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hauptantrag, so dass dessen Gegenstand nicht patentfähig ist.
Dem steht nicht entgegen, dass - wie die Beklagte meint - die Übertragung der aus NK10 bekannten Merkmale auf die Betonpumpe gemäß NK6 zu einem Gegenstand mit zwei konkurrierenden Systemen führt, weshalb der Fachmann auf Grund der zu erwartenden Wirkungsgradverschlechterung bzw. wegen des hohen Abstimmungsaufwands von einer Kombination der beiden Schriften Abstand nehmen würde. So wird der Fachmann nicht den in NK6 beschriebenen Regelkreis des letzten Mastarms beibehalten und das Regelungssystem der NK10 lediglich auf die weiteren Mastarme übertragen. Vielmehr wird er das Regelungssystem der Druckschrift NK10, mit dem das vorliegende Schwingungsproblem umfassender gelöst wird, in geeigneter Weise auf alle Mastarme bzw. den gesamten Knickmast anwenden und entsprechend den Anforderungen bei einer Betonpumpe anpassen. Damit kann es zu der von der Beklagten angeführten Problematik gar nicht kommen.
V.
Die Fassung des Anspruchs 1 gemäß erstem Hilfsantrag ist ebenso zulässig, jedoch ebenfalls nicht patentfähig.
1. In dieser Fassung wird den Merkmalen 1 bis 1.5.2.b der Anspruchsfassung gemäß Hauptantrag folgendes Merkmal hinzugefügt:
1.5.2.c die Auswerteeinheiten (82) sind eingangsseitig mit der zeitabhängigen Messgröße Δp(t) beaufschlagt, welche die zeitabhängige Druckdifferenz Δp(t) zwischen Boden- und Stangenseite des Hydrozylinders ist, die in einem vorgegebenen Zeittakt dem Hochpassfilter (90, 92) zugeleitet wird.
2. Nach Meinung der Klägerin folgt die Unzulässigkeit der Anspruchsfassung daraus, dass in der Streitpatentschrift (Beschreibungsabsatz 19) nur von einer Implementierung der Schwingungsdämpfung durch Software in einem Microcontroller mit digitalem Hochpassfilter die Rede ist, während Anspruch 1 gemäß ers- tem Hilfsantrag (im Zusammenhang mit Merkmal 1.5.2.a) ausdrücklich die Möglichkeit eröffne, dass es sich bei dem Hochpassfilter um einen analogen Hochpassfilter handele. Dem kann nicht zugestimmt werden, weil es für den Fachmann im vorliegenden Fall nicht von Bedeutung ist, ob die Steuerung bzw. Regelung in analoger oder digitaler Technik umgesetzt wird. Dies ergibt sich bereits im Falle des Hochpassfilters, der entsprechend dem ursprünglich eingereichten und entsprechend dem erteilten Patentanspruch 3 entweder analog oder digital ausgeführt sein kann. In diesem Sinne wird der Fachmann auch die im Ausführungsbeispiel nach Beschreibungsabsatz 19 konkret erwähnte Mikrocontrollersteuerung lediglich als eine mögliche, hier digitale, Ausgestaltungsvariante sehen, wohlwissend, dass auch andere Ausführungsformen möglich sind, ohne den vorliegenden Erfindungsgedanken zu verlassen.
3. Trotz der Hinzufügung des Merkmals 1.5.2.c beruht der Anspruchsgegenstand nicht auf erfinderischer Tätigkeit.
Das zusätzliche Merkmal bringt zum Ausdruck, dass die Messgröße ∆p unmittelbar aus der Druckdifferenz der gemessenen stangen- und bodenseitigen Drücke, d. h. ohne weitere Gewichtung, gebildet und in dieser Form der Auswerteeinheit 82, die auch den Hochpassfilter 90, 92 enthält (Merkmal 1.5.2.a), zugeleitet wird. Aus dem relevanten Schwingungsanteil wird dann über eine weitere Anpassung in Form einer Phasenverschiebung oder Verstärkung ein geeignetes Dämpfungssignal erzeugt (Spalte 2, Zeilen 14 bis 19).
Im Stand der Technik gemäß NK10a (vgl. dortige Figur 2 i. V. m. der Beschreibung auf Seite 8, erster Absatz) sowie z. B. auch gemäß NK5 oder NK11 werden die gemessenen Drücke zunächst mit den zugehörigen Kolbendruckflächen multipliziert. Hierdurch werden die Zylinderschubkräfte und damit auch die schwingungsbedingten Kräfte quantitativ exakt erfasst.
Da es bei der Ermittlung der auftretenden Schwingungsanteile jedoch in erster Linie auf die Zeitabhängigkeit des Signals ankommt und diese Information bereits aus den Drucksignalen hervorgeht, stellt die weitere Signalverarbeitung lediglich eine fachmännische, die praktische Umsetzung betreffende Maßnahme dar. Dies lässt sich an Hand der Entgegenhaltung NK5 belegen, aus der die wesentliche Erkenntnis hervorgeht, dass das Drucksignal die Grundlage für die weiteren Berechnungen darstellt (siehe NK5, Spalte 1, Zeilen 47 bis 49). So ist in NK5, Patentanspruch 1, von einem „auf Rückführung der hydraulischen Drucksignale beruhenden Dämpfungskreis“ die Rede; erst im nachfolgenden Anspruch 2 wird als vorteilhafte Ausgestaltung die Berechnung der Kräfte über die zugehörigen Kolbenflächen aufgeführt. Somit lehrt NK5 dem Fachmann, dass primär die Berücksichtigung der Drucksignale für die Ableitung eines Dämpfungssignals ausreichend ist. Dadurch ist das Merkmal 1.5.2.c dem Fachmann nahegelegt.
Zwar ist der Beklagten darin zuzustimmen, dass im Stand der Technik bzw. den dort beschriebenen Ausführungsbeispielen die Weiterverarbeitung des Drucksignals immer in Verbindung mit der Kraftberechnung offenbart ist, wogegen die patentgemäße direkte Verwendung des Drucksignals zu einer Vereinfachung und damit zu einer Einsparung von Rechenkapazität führt. Dieser Schritt bedeutet jedoch keine Abkehr vom physikalischen Grundansatz, vielmehr stellt er lediglich eine Vereinfachung dar, bei der es auf die exakte Berechnung der die Druckschwankungen verursachenden Kräfte nicht ankommt. Dieser Vorteil der Einsparung eines Berechnungsschritts erscheint jedoch - auch bezogen auf den hier relevanten Prioritätstag im Jahr 2000 - unwesentlich. Vergleichbare Multiplikationen waren bereits Mitte der achtziger Jahre in relevanten Reglern vorgesehen (vergleiche z. B. NK10a, Figur 2; Anmeldetag 4. April 1986) und haben offenbar schon damals hinsichtlich der Rechenkapazität keine Probleme verursacht. Angesichts des Fortschritts der Rechenleistung innerhalb eines Zeitraumes von ca. 15 Jahren bis zum Prioritätszeitpunkt dürfte der durch das Streitpatent erzielte Einsparungseffekt bzgl. der Rechenkapazität noch weniger bedeutsam bzw. sogar vernachlässigbar sein. Aus diesem Grunde sind die von der Beklagten vorgetragenen Vorteile, die im Übrigen in der Beschreibung des Streitpatents nicht angeführt sind, nicht entscheidungsrelevant.
VI.
Dagegen kann dem Anspruch 1 in der Fassung des zweiten Hilfsantrags die erforderliche Erfindungshöhe nicht abgesprochen werden.
1. Nach dieser Anspruchsfassung wird den Merkmalen 1. bis 1.5.2.a der mit Hauptantrag beanspruchten Fassung folgendes Merkmal hinzugefügt:
1.5.2.d jedem Hochpassfilter (90, 92) ist eine Bewertungs- und Sicherheitsschaltung oder –algorithmus (93) zur Einstellung des für die Schwingungsdämpfung notwendigen Verstärkungsgrads und zur Überwachung der Bewegungsgrenzwerte des jeweiligen Mastarms über eine Anschlagskontrolle nachgeordnet, die eingangsseitig mit den Ausgangssignalen, nämlich den absoluten Druckwerten ps und pb, der beiden Drucksensoren (84, 86) beaufschlagt ist.
2. Diese Fassung ist zulässig, wobei das Merkmal 1.5.2.d seine Stütze in den ursprünglichen und in den erteilten Ansprüchen 9 und 10 sowie in der Streitpatentschrift, Spalte 6, Zeilen 14 bis 23, bzw. der WO-Offenlegungsschrift, Seite 8, Zeilen 24 bis 31, findet.
3. Der durch das Merkmal 1.5.2.d ergänzte Anspruchsgegenstand war dem Fachmann am Prioritätstag durch den vorliegenden Stand der Technik nicht nahegelegt.
Der Klägerin ist zwar insoweit zuzustimmen, als das alleinige Vorsehen einer Bewertungs- und Sicherheitsschaltung bzw. eines entsprechenden Algorithmus bei einem Regelungssystem am Prioritätstag an sich bekannt war und keine erfinderische Tätigkeit begründen kann. Dabei ist selbstverständlich, dass eine Einstellung des für die Schwingungsdämpfung notwendigen Verstärkungsgrads vorgegeben sein muss und auch eine Überwachungseinrichtung im Allgemeinen eine fachmännische Maßnahme darstellt.
Weder vorbekannt noch naheliegend war es hingegen, im Rahmen einer Sicherheits-Überwachungsvorrichtung eine dem Hochpassfilter nachgeordnete Anschlagskontrolle vorzusehen, die eingangsseitig mit den Ausgangssignalen der beiden Drucksensoren, d. h. den absoluten Druckwerten ps und pb, beaufschlagt ist. Dabei werden die Drucksignale, die ursprünglich nur im Hinblick auf die Erzeugung eines Dämpfungssignals ermittelt worden sind, in kombinatorischer Weise auch zum Erkennen eines Anschlags verwendet.
Dieses Merkmal beruht auf der Erkenntnis, dass der absolute Druckwert beim bzw. kurz vor dem Anschlagen als Erkennungszeichen für das Anschlagen herangezogen werden kann, da er in dieser Phase signifikant ansteigt. Hierdurch wird eine Überwachung der Bewegungsgrenzwerte des jeweiligen Mastarms ermöglicht, wofür es im gesamten vorliegenden Stand der Technik weder einen Hinweis noch eine Anregung gegeben hat. Aus diesem Grund kann der Gegenstand mit den Merkmalen 1 bis 1.5.2.a in Verbindung mit Merkmal 1.5.2.d als auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend angesehen werden.
4. Somit erweist sich Anspruch 1 in der Fassung des zweiten Hilfsantrags der Beklagten als patentfähig. Die darauf rückbezogenen Unteransprüche 2 bis 8 werden von der Bestandskraft des Hauptanspruchs mitgetragen.
VII.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 709 ZPO VIII.
Rechtsmittelbelehrung Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung gegeben.
Die Berufungsschrift muss von einer in der Bundesrepublik Deutschland zugelassenen Rechtsanwältin oder Patentanwältin oder von einem in der Bundesrepublik Deutschland zugelassenen Rechtsanwalt oder Patentanwalt unterzeichnet und innerhalb eines Monats beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe eingereicht werden. Die Berufungsfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufungsfrist kann nicht verlängert werden.
Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung enthalten, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde. Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
Rauch Küest Dr. Schnurr Dr. Großmann Richter Pr