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IX ZR 136/14

BUNDESGERICHTSHOF IX ZR 136/14 BESCHLUSS vom 16. Juli 2015 in dem Rechtsstreit Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, die Richterin Lohmann, die Richter Dr. Pape, Grupp und die Richterin Möhring am 16. Juli 2015 beschlossen:

Die Gegenvorstellungen der Klägerin zu 2 und des Klägers zu 3 gegen den Beschluss über die Festsetzung des Gebührenstreitwerts vom 13. Mai 2015 werden mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Streitwert mehr als 30.000.000 € beträgt.

Gründe:

Die Gegenvorstellungen der Klägerin zu 2 und des Klägers zu 3 sind mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass der Gebührenstreitwert mehr als 30.000.000 € beträgt.

Gemäß § 47 Abs. 3 GKG bestimmt sich der Gebührenstreitwert im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels nach dem für das Rechtsmittelverfahren maßgebenden Wert. Da das Verfahren geendet hat, ohne dass die Kläger zu 2 und 3 als Rechtsmittelführer einen Antrag gestellt haben, ist nach § 47 Abs. 1 Satz 2 GKG die Beschwer maßgeblich. Abzustellen ist auf die formelle Beschwer, die sich danach richtet, in welchem Umfang die Vorinstanz von den Anträgen des Rechtsmittelführers abgewichen ist (BGH, Beschluss vom 27. Juli 2011 - IV ZR 31/11, nv). Gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 GKG ist der Streitwert allerdings durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs beschränkt. Dies gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird (§ 47 Abs. 2 Satz 2 GKG). Hiernach liegt der Gebührenstreitwert für das einheitliche Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde oberhalb des in § 39 Abs. 2 GKG geregelten Höchstwerts von 30.000.000 €.

1. Die Werte der Klage der Klägerin zu 2 und die der Klage des Klägers zu 3 sind zusammenzurechnen.

Nach § 39 Abs. 1 GKG werden in demselben Verfahren und in demselben Rechtszug die Werte mehrerer Streitgegenstände zusammengerechnet, soweit nichts anderes bestimmt ist. Der Grundsatz wird einerseits eingeschränkt durch die in den Wertvorschriften des Gerichtskostengesetzes geregelten - hier nicht einschlägigen - Additionsverbote (§§ 43 bis 45, 48 Abs. 3 GKG) und andererseits durch das allgemeine Additionsverbot bei Vorliegen wirtschaftlicher Identität (Dörndorfer in Binz/Dörndorfer/Petzold/Zimmermann, GKG, 3. Aufl., § 39 Rn. 2).

a) Von wirtschaftlicher Identität ist etwa auszugehen bei gegen Gesamtschuldner gerichteten gleichen Ansprüchen. Der Grund dafür liegt darin, dass der Kläger die von den mehreren Beklagten geforderte Leistung aus Gründen des materiellen Rechts insgesamt nur einmal verlangen kann; die mehreren in Anspruch genommenen Gesamtschuldner schulden im Falle der Verurteilung insgesamt nicht mehr als den eingeklagten Betrag (BGH, Beschluss vom 25. November 2003 - VI ZR

418/02, NJW-RR 2004, 638, 639 mwN). Auch im Falle einer Personenmehrheit auf Klägerseite kann von wirtschaftlicher Identität auszugehen sein. Klagen Streitgenossen soll eine Zusammenrechnung unterbleiben, wenn die von ihnen verfolgten Ansprüche wirtschaftlich identisch sind (BeckOK-Kostenrecht/Schindler, Stand 15. Mai 2015, § 39 GKG Rn. 22; vgl. auch Musielak/Voit/Heinrich, ZPO, 12. Aufl., § 5 Rn. 8; MünchKommZPO/Wöstmann, 4. Aufl., § 5 Rn. 19).

b) Wie der Fall zu beurteilen ist, wenn auf Klägerseite mehrere Parteien stehen, die Ansprüche unter Ausschluss des oder der jeweils anderen geltend machen, ist ungeklärt. Eine solche prozessuale Konstellation kann sich ergeben, wenn nach erfolgter Hauptintervention gemäß § 64 ZPO der Interventionsprozess und der Hauptprozess gemäß § 147 ZPO miteinander verbunden werden (vgl. BGH, Urteil vom 20. Januar 1988 - VIII ZR 296/86, NJW 1988, 1204).

aa) Hauptintervention ist die Klage eines Dritten (des Hauptintervenienten) gegen beide Parteien eines bereits anhängigen Rechtsstreits (Haupt- oder Erstprozess), durch die er den Gegenstand des Hauptprozesses für sich in Anspruch nimmt. Mit der Hauptintervention beteiligt sich der Dritte aber nicht am Hauptprozess; vielmehr eröffnet die Hauptintervention als selbständige Klage ein neues Urteilsverfahren. In diesem neuen Verfahren sind die Parteien des Erstprozesses Streitgenossen (Musielak/Voit/Weth, aaO § 65 Rn. 2). Die Frage der wirtschaftlichen Identität stellt sich dann nicht, weil zwei voneinander unabhängige Prozesse vorliegen.

bb) Kommt es zu einer Verbindung mehrerer Prozesse nach § 147 ZPO, ist allgemein anerkannt, dass die Gebührenstreitwerte der einzelnen Verfahren zusammenzurechnen sind (RGZ 30, 330, 335; BGH, Beschluss vom 14. April 2010 - IV ZB 6/09, VersR 2010, 1198 Rn. 15; MünchKomm-ZPO/Wöstmann, aaO § 5 Rn. 25; MünchKomm-ZPO/ Wagner, aaO § 147 Rn. 15; BeckOK-ZPO/Wendtland, Stand 1. März 2015, § 147 Rn. 15; Hk-ZPO/Wöstmann, 6. Aufl., § 147 Rn. 11). Allerdings kann der Gebührenstreitwert nach Verbindung nicht höher sein, als im Falle ursprünglich gemeinsamer Geltendmachung der verbundenen Ansprüche. Für den Fall der Verbindung mehrerer Anfechtungsklagen gegen denselben Hauptversammlungsbeschluss nach § 246 Abs. 3 Satz 6 AktG ist deshalb eine Zusammenrechnung der Einzelwerte unter dem Gesichtspunkt der wirtschaftlichen Identität verneint worden (OLG Stuttgart, DB 2001, 1549; vgl. auch BGH, Beschluss vom 10. Mai 2010 - II ZB 14/09, ZIP 2010, 1413).

cc) Zu einem Gleichlauf der (wirtschaftlichen) Interessen, wie im Falle der Verbindung mehrerer Anfechtungsklagen, kommt es bei der Verbindung von Haupt- und Interventionsprozess nicht. Auch eine Einsparung von Arbeitsaufwand durch das Gericht (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 6. Oktober 2004 - IV ZR 287/03, NJW-RR 2005, 506; vom 2. November 2005 - XII ZR 137/05, NJW-RR 2006, 378 Rn. 16) muss aus der Verbindung nicht folgen. Nach wie vor hat das Gericht sowohl das Verhältnis des Interventionsklägers zu den Parteien des Hauptprozesses zu beurteilen als auch das Verhältnis der Parteien des Hauptprozesses untereinander. Deshalb kann nicht nur darauf abgestellt werden, das geltend gemachte Recht könne nur einmal bestehen, also entweder dem Interventionskläger oder dem Kläger des Hauptprozesses zustehen. Aufgrund der gegenläufigen wirtschaftlichen Interessen ist es vielmehr gerechtfertigt, die Werte von Haupt- und Interventionsprozesses im verbundenen Verfahren zusammenzurechnen, wenn der Intervenient nicht einfach die Rechtsposition des Klägers des Hauptprozesses für sich in Anspruch nimmt, sondern sein Recht (auch) auf einen abweichenden Lebenssachverhalt stützt.

c) Nach diesen Grundsätzen ist auch der Streitfall zu beurteilen. Die prozessuale Lage entspricht der nach Verbindung von Haupt- und Interventionsprozess. Unter Ausschluss der Klägerin zu 2 verfolgt der Kläger zu 3 die von dieser geltend gemachten Rechte. Er nimmt dabei nicht einfach die Rechtsposition der Klägerin zu 2 für sich in Anspruch, sondern stützt sein Begehren auf die ihm als Insolvenzverwalter verliehene Rechtsmacht und rühmt sich dabei auch eigener Anfechtungsrechte. Insoweit decken sich nur die Ziele der Angriffe der Klägerin zu 2 und des Klägers zu 3 gegenüber den Beklagten, nicht jedoch der zu ihrer Begründung geltend gemachte Lebenssachverhalt.

2. Die mit den Stufenklagen der Klägerin zu 2 und des Klägers zu 3 geltend gemachten Ansprüche sind im Wesentlichen nicht als Nebenforderungen betroffen (§ 43 Abs. 1 GKG).

a) Zwar handelt es sich bei den Gewinnausschüttungen und sonstigen Zahlungen, die Gegenstand der Klagen sind, um Früchte des jeweiligen Geschäftsanteils (vgl. BGH, Urteil vom 30. Januar 1995 - II ZR 45/94, NJW 1995, 1027). Die Kläger haben die Stufenklagen jedoch nicht an die Anträge auf Herausgabe der jeweiligen Geschäftsanteile gekoppelt, sondern selbständig erhoben. Die Gewinnausschüttungen und sonstigen Zahlungen sind daher im Wesentlichen nicht als Nebenforderungen betroffen. Im Ausgangspunkt standen vielmehr nebeneinander die zunächst nur zu bescheidenden Hauptanträge und die Stufenklagen. Die Hauptanträge erfassten jedoch nur den ursprünglichen Geschäftsanteil und im Falle der Klägerin zu 2 auch noch die von den Beklagten zu 2 und 3 vormals gehaltenen Geschäftsanteile im Nennwert von 2.247.000 €. Als Nebenforderungen waren demnach die mit den Stufenklagen geltend gemachten Ansprüche nur betroffen, soweit es sich um Gewinnausschüttungen auf diese Anteile handelte. Nicht erfasst sind demnach jedenfalls alle den Beklagten zu 4 bis 12 bis zum Schluss der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung zugeflossenen Gewinnausschüttungen und sonstigen Zahlungen. Daran ändert nichts, dass die weiteren Geschäftsanteile Gegenstand von (später auch beschiedenen) Hilfsanträgen waren (§ 40 GKG). Es hätte den Klägern frei gestanden, die Stufenklagen an den jeweiligen (Hilfs-)Antrag zu binden. Sie haben jedoch unabhängig vom Erfolg ihrer Hauptanträge die Herausgabe von allen Gewinnausschüttungen und sonstigen Zahlungen verfolgt.

b) Der Senat ist von einem Wert der Stufenklagen von 6.502.806,90 € ausgegangen (im Falle des Klägers zu 3 mit einem Abschlag in Höhe von 20 v.H. für die nur begehrte Feststellung). Dies beruht auf einer von den Klägern zu 2 und 3 nicht bestrittenen Angabe eines Beklagtenvertreters nur für die Jahre 1996 bis 1998. Die Stufenklagen sind nicht auf diese Jahre beschränkt, sondern erstrecken sich auf den gesamten Zeitraum von 1996 bis zum Schluss der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung.

Kayser Lohmann Pape Grupp Möhring Vorinstanzen: LG Düsseldorf, Entscheidung vom 05.04.2012 - 3 O 374/05 OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 20.05.2014 - I-12 U 96/12 -

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