2 Ni 16/13 (EP)
BUNDESPATENTGERICHT Ni 16/13 (EP) (Aktenzeichen)
…
IM NAMEN DES VOLKES URTEIL Verkündet am
5. Februar 2015 …
In der Patentnichtigkeitssache BPatG 253 08.05 betreffend das europäische Patent 1 231 500 (DE 696 36 960)
hat der 2. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 5. Februar 2015 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Guth sowie der Richter Merzbach, Dipl.-Phys. Brandt, Dipl.-Phys. Dr. Friedrich und Dipl.-Phys. Dr. Zebisch für Recht erkannt:
I. Das europäische Patent 1 231 500 wird im Umfang seiner Ansprüche 1, 2 und 3 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt.
II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des europäischen Patents EP 1 231 500 B1 (Streitpatent) mit der Bezeichnung „Electronically addressable microencapsulated ink", das von der Anmeldung EP 0 912 913 abgeteilt wurde. Letztere wurde am 20. August 1996 international unter der Nummer PCT/US96/13469 angemeldet und mit der WO 98/03 896 A1 offengelegt. Diese internationale Anmeldung nimmt die US-amerikanische Priorität mit dem Aktenzeichen US 60/022 222 vom 19. Juli 1996 in Anspruch. Das in der Verfahrenssprache Englisch am 7. März 2007 veröffentlichte Patent wird vom DPMA unter der Nummer 696 36 960.5 mit der Bezeichnung „Elektronisch adressierbare mikroverkapselte Tinte“ geführt und umfasst einen selbständigen und sechs auf diesen selbständigen Anspruch rückbezogene Patentansprüche.
Die Klägerin wendet sich mit ihrer Nichtigkeitsklage allein gegen die erteilten Patentansprüche 1, 2 und 3. Patentanspruch 1 hat in der Verfahrenssprache Englisch folgenden Wortlaut:
1. An electrically addressable ink comprising microcapsules (120), each microcapsule comprising: first particles of one colour having a first charge (210); and second particles of another colour having a second charge of opposite polarity (220); wherein applying an electric field having a first polarity to said microcapsules effects a perceived color change by causing one of said first and second particles to migrate in a direction responsive to said field.
In der deutschen Übersetzung lautet der Patentanspruch 1:
1. Elektrisch adressierbare Tinte mit Mikrokapseln (120), von denen jede folgendes umfasst: erste Partikel (210) einer Farbe mit einer ersten Ladung, und zweite Partikel (220) einer anderen Farbe mit einer zweiten Ladung entgegengesetzter Polarität; wobei durch Anlegen eines elektrischen Feldes mit einer ersten Polarität an die Mikrokapseln eine wahrnehmbare Farbänderung bewirkt wird, indem die ersten oder zweiten Partikel in einer Richtung gemäß dem Feld wandern.
Die weiterhin angegriffenen, auf den erteilten Patentanspruch 1 direkt oder indirekt rückbezogenen Unteransprüche 2 und 3 lauten in der Verfahrenssprache Englisch:
2. An electrically addressable ink as claimed in claim 1, wherein said first (210) and said second (220) particles move in response to said electric field.
3. An electrically addressable ink as claimed in claim 1 or 2, wherein each of said first particles (210) comprises a dye (230).
sowie in deutscher Übersetzung:
2. Elektrisch adressierbare Tinte nach Anspruch 1, bei welcher sich die ersten Partikel (210) und die zweiten Partikel (220) gemäß dem elektrischen Feld bewegen.
3. Elektrisch adressierbare Tinte nach Anspruch 1 oder 2, bei welcher jeder erste Partikel (210) einen Farbstoff (230) aufweist.
Die Klage stützt sich auf den Nichtigkeitsgrund der unzulässigen Erweiterung gegenüber der ursprünglichen Offenbarung gemäß Art. II § 6 (1) Nr. 3 IntPatÜG, Art. 138 (1) (c) EPÜ und den Nichtigkeitsgrund der mangelnden Patentfähigkeit mit Blick auf Art. 54 (fehlende Neuheit) und 56 (fehlende erfinderische Tätigkeit) EPÜ, beide i. V. m. Art. II § 6 (1) Nr. 1 IntPatÜG und Art. 138 (1) (a) EPÜ.
Zur Stützung ihres Vorbringens hat die Klägerin auf die Dokumente N1 EP 1 231 500 B1 (Streitpatent), N1a DE 696 36 960 T2 (Übersetzung der Streitpatentschrift),
N2 WO 98/03 896 A1 (Offenlegungsschrift zum Streitpatent), N3 Registerauszug des DPMA zum Aktenzeichen
36 960.5 vom 4. Februar 2013, N4 Klageschrift der Verletzungsklage vor dem LG Mannheim
(Az. 2 O 262/12) auf Basis des Streitpatents, N5 Merkmalsanalyse des Anspruchs 1 des Streitpatents, N6 Beschluss des Landgerichts Mannheim vom
27. August 2013 (Az. 2 O 262/12), N7 Protokoll und Beschluss des Landgerichts Mannheim vom
2. Juli 2013 (Az. 2 O 262/12), N8 Beschluss des Landgerichts Mannheim vom
18. November 2013 (Az. 2 O 26212) und N9 Beschluss des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom
20. Februar 2014 (Az. 6 W 88/13)
verwiesen und die folgenden Druckschriften genannt:
NK1 US 3 612 758, NK2 DE 2 020 733 A, NK3 US 3 668 106, NK4 JP 64-86116 A, NK4a JP 1-86 116 A, Patent Abstracts of Japan
(Abstract zu NK4), NK4b Übersetzung der NK4, NK5 WO 94/28 202 A1, NK6 US 5 057 363.
Die Klägerin macht in ihrem Klageschriftsatz geltend, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents gegenüber den Druckschriften NK1, NK2, und NK3 nicht neu sei; der Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents gegenüber der Druckschrift NK4a oder der Druckschrift NK6 jeweils in Kombination mit der Druckschrift NK5 auf keiner erfinderischen Tätigkeit des Fachmanns beruhe; die Gegenstände der Unteransprüche 2 und 3 wegen fehlender Neuheit gegenüber genannten Druckschriften NK1 und NK2 ebenfalls nicht patentfähig seien; der Gegenstand des Anspruchs 1 gegenüber der in der N2 offengelegten ursprünglichen Offenbarung unzulässig erweitert sei.
Die Klägerin beantragt,
das europäische Patent 1 231 500 im Umfang seiner Patentansprüche 1, 2 und 3 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklären.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen, hilfsweise die Klage mit der Maßgabe abzuweisen, dass das Streitpatent im Umfang seiner Ansprüche 1, 2 und 3 die Fassung der Hilfsanträge 1 bis 4, eingereicht in der mündlichen Verhandlung erhält.
Hilfsantrag 1 Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 ist zu dem erteilten Patentanspruch 1 identisch. In Patentanspruch 2 gemäß Hilfsantrag 1 wurde „move“ durch „migrate“ ersetzt. Der erteilte Patentanspruch 3 wurde gestrichen Patentanspruch 2 gemäß Hilfsantrag 1 lautet dementsprechend (Änderungen sind hervorgehoben):
2. An electrically addressable ink as claimed in claim 1, wherein said first (210) and said second (220) particles move migrate in response to said electric field.
Hilfsantrag 2 Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 kombiniert den erteilten Patentanspruch 1 mit den Merkmalen des Patentanspruchs 2 gemäß Hilfsantrag 1 und lautet (Änderungen gegenüber dem erteilten Patentanspruch 1 sind hervorgehoben):
1. An electrically addressable ink comprising microcapsules (120), each microcapsule comprising: first particles of one colour having a first charge (210); and second particles of another colour having a second charge of opposite polarity (220); wherein applying an electric field having a first polarity to said microcapsules effects a perceived color change by causing one of said first and second particles to migrate in a direction responsive to said field and wherein said first (210) and said second (220) particles migrate in response to said electric field.
Die Patentansprüche 2 und 3 wurden gestrichen.
Hilfsantrag 3 Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 lautet (Änderungen gegenüber dem erteilten Patentanspruch 1 sind hervorgehoben):
1. An electrically addressable ink comprising microcapsules (120), each microcapsule comprising:
first particles of one colour having a first charge (210); and second particles of another colour having a second charge of opposite polarity (220); wherein applying an electric field having a first polarity to said microcapsules effects a perceived color change by causing one of said the first and or the second particles to migrate in a direction responsive to said field, and toward the surface of the microcapsule depending on the polarity of the field.
Die Patentansprüche 2 und 3 wurden gestrichen.
Hilfsantrag 4 Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4 lautet (Änderungen gegenüber dem Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 sind hervorgehoben):
1. An electrically addressable ink comprising microcapsules (120), each microcapsule comprising: first particles of one colour having a first positive charg (210); and second particles of another colour having a second negative charge of opposite polarity (220); wherein applying an electric field having a first polarity to said microcapsules effects a perceived color change by causing the first or the second particles to migrate toward the surface of the microcapsule depending on the polarity of the field.
Die Patentansprüche 2 und 3 wurden gestrichen.
Die Beklagte tritt den Ausführungen der Klägerin in allen Punkten entgegen. Sie hält den Gegenstand des Streitpatents im angegriffenen Umfang für patentfähig; jedenfalls in einer der Fassungen der Hilfsanträge. Sie ist der Ansicht, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents gegenüber den von der Klägerin genannten Druckschriften sowohl neu sei als auch auf einer erfinderischen Tätigkeit des Fachmanns beruhe, so dass er patentfähig sei. Außerdem sei der Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents ursprünglich in der WO 98/03 896 A1 offenbart. Die Beklagte gibt zur Unterstützung ihrer Argumentation die folgenden Dokumente an:
HE1 Stellungnahme von Dr. Helmut Appel, IP-Management des Fraunhofer IAO Stuttgart vom 23. Juli 2013; HE1a Stellungnahme von Dr. Helmut Appel, IP-Management des Fraunhofer IAO Stuttgart, und Claus Pecha, Leiter Verwaltung IAO Stuttgart vom 23. Juli 2013; HE2 Ch. A. Finch and R. Bodmeier: „Microencapsulation“. Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim, 2005, S. 1 bis 16; HE3 Erwiderung der Klägerin vor dem Landgericht Mannheim (Az. 2 O 262/12) vom 24. Juni 2013; HE4 Klageerwiderung der Klägerin vor dem Landgericht Mannheim (Az. 2 O 262/12) vom 4. Februar 2013.
Die Klägerin hat gegenüber den in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Hilfsanträgen Verspätung gerügt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
Entscheidungsgründe Die Klage, mit der die Nichtigkeitsgründe der fehlenden Patentfähigkeit nach Artikel II § 6 Absatz 1 Nr. 1 IntPatÜG, Artikel 138 Abs. 1 lit a) EPÜ i. V. m. Artikel 54 Absatz 1, 2 und Artikel 56 EPÜ sowie der unzulässigen Erweiterung (Artikel II § 6 Absatz 1 Nr. 3 IntPatÜG i. V. m. Artikel 138 Absatz 1 lit. c) EPÜ) geltend gemacht werden, ist zulässig. Sie ist auch begründet. Denn das Streitpatent hat weder in der erteilten Fassung noch in der Fassung einer der Hilfsanträge Bestand, da ihm der vorgenannte Nichtigkeitsgrund der fehlenden Patentfähigkeit entgegensteht. Es bedarf daher keiner abschließenden Entscheidung, ob dem Streitpatent auch der weiterhin geltend gemachte Nichtigkeitsgrund der unzulässigen Erweiterung (Artikel II § 6 Absatz 1 Nr. 3 IntPatÜG i. V. m. Artikel 138 Absatz 1 lit. c) EPÜ) entgegensteht.
I.
Die in der mündlichen Verhandlung von der Beklagten vorgelegten und den fristgerecht mit Schriftsatz vom 12. Dezember 2014 eingereichten Hilfsantrag (Bl. 282 d.A.) ersetzenden (neuen) Hilfsanträge 1 bis 4 waren trotz der Rüge der Klägerin nicht als verspätet zurückzuweisen.
Die durch das 2009 in Kraft getretene Patentrechtsmodernisierungsgesetz (PatRModG) erfolgte Neufassung des § 83 PatG und die damit in das Nichtigkeitsverfahren eingeführten Präklusionsregeln sehen zwar grundsätzlich die Möglichkeit vor, verspätetes Vorbringen zurückzuweisen. Hierfür ist es aber stets erforderlich, dass dieser Vortrag tatsächliche oder rechtliche Fragen aufkommen lässt, die in der mündlichen Verhandlung nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand zu klären sind (vgl. Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Vereinfachung und Modernisierung des Patentrechts, BlPMZ 2009, 307, 315). Kann das an sich verspätete Vorbringen dagegen noch ohne weiteres in die mündliche Verhandlung einbezogen werden, ohne dass es zu einer Verfahrensverzögerung kommt, liegen die Voraussetzungen für eine Zurückweisung nach § 83 Abs. 4 PatG nicht vor. So liegt der Fall hier. Das Streitpatent ist auch in den beschränkt verteidigten Anspruchsfassungen nach sämtlichen in der mündlichen Verhandlung gestellten Hilfsanträgen auf Grundlage des von der Klägerin in das Verfahren eingeführten Standes der Technik für nichtig zu erklären, so dass bereits aus diesem Grunde eine Vertagung nicht erforderlich war. Zudem enthalten die Ansprüche gemäß den vorgenannten Hilfsanträgen keine grundlegenden Änderungen gegenüber dem bis dahin geltenden, fristgerecht eingereichten Hilfsantrag, so dass sie ohne weiteres in die mündliche Verhandlung einbezogen werden konnten. Dementsprechend hat sich die Klägerin bezüglich der Hilfsanträge der Beklagten zur Sache eingelassen und zu deren ihrer Auffassung nach fehlenden Patentfähigkeit ausdrücklich vorgetragen.
1. Das Streitpatent betrifft eine elektrisch adressierbare Tinte mit Mikrokapseln (vgl. Abs. [0009] der deutschen Übersetzung der Streitpatentschrift).
Auf dem Gebiet elektronisch adressierbarer Kontrastmedien, die benutzt werden können, um ein flaches Display herzustellen, ist es bekannt, Licht emittierende und reflektierende elektronisch aktive Filme zu benutzen, beispielsweise elektrolumineszente und elektrochrome Filme oder mit Polymer dispergierte Flüssigkristallfilme oder zweifarbige elastomere Mikrokugelanordnungen. Kein derartiges direkt elektronisch adressierbares Kontrastmedium ist jedoch in der Lage, auf einer willkürlichen Oberfläche aufgedruckt zu werden (vgl. Abs. [0004] der deutschen Übersetzung der Streitpatentschrift).
Die US 5 057 363 (= NK6) beschreibt ein aufdruckbares Kontrastmedium in Form einer magnetisch adressierbaren Tinte, bestehend aus Mikrokapseln mit magnetischen und nicht magnetischen Partikeln unterschiedlicher Einfärbung. Indem ein Magnetfeld an die Mikrokapseln angelegt wird, wandern die Partikel, wodurch eine wahrnehmbare Farbänderung erfolgt (vgl. Abs. [0005] der deutschen Übersetzung der Streitpatentschrift). Dieses Kontrastmedium lässt sich jedoch nicht direkt elektrisch adressieren, da ein Magnetfeld zur Adressierung notwendig ist.
2. Vor diesem Hintergrund liegt dem Streitpatent als technisches Problem die Aufgabe zugrunde, die Nachteile des Standes der Technik auf dem Bereich druckbarer Logikdisplays zu vermeiden (vgl. Abs. [0007] der deutschen Übersetzung der Streitpatentschrift). Dies bedeutet, dass ein direkt elektronisch adressierbares Kontrastmedium geschaffen werden soll, welches auf eine beliebige Oberfläche aufgedruckt werden kann.
3. Diese Aufgabe wird durch eine elektrisch adressierbare Tinte mit Mikrokapseln mit den Merkmalen des erteilten Anspruchs 1 gelöst. Unter Anlehnung an die Anlage N5 der Klägerin mit Gliederungspunkten versehen, ansonsten aber wörtlich wiedergegeben, lautet die deutsche Übersetzung dieses Anspruchs 1 folgendermaßen:
1.1 1.2
1.3.1
1.3.2
1.4 Elektrisch adressierbare Tinte mit Mikrokapseln (120), von denen jede folgendes umfasst: erste Partikel (210) einer Farbe mit einer ersten Ladung, und zweite Partikel (220) einer anderen Farbe mit einer zweiten Ladung entgegengesetzter Polarität; wobei durch Anlegen eines elektrischen Feldes mit einer ersten Polarität an die Mikrokapseln eine wahrnehmbare Farbänderung bewirkt wird, indem die ersten oder zweiten Partikel in einer Richtung gemäß dem Feld wandern.
Bei dem beanspruchten Gegenstand handelt es sich um eine elektrisch adressierbare Tinte. Dabei ist unter einer elektrisch adressierbaren Tinte eine solche Tinte zu verstehen, welche auf ein elektrisches Feld reagiert. Wesentlich für die beanspruchte, elektrisch adressierbare Tinte ist, dass diese mit Mikrokapseln ausgebildet ist, welche bestimmte Bestandteile umfassen. Dies kann zum einen bedeuten, dass die Tinte - unter einer solchen ist im Sinne des Streitpatents eine Suspension von Partikeln in einer farbigen oder farblosen Flüssigkeit zu verstehen - sich innerhalb der Kapseln befindet, oder aber auch, dass die Kapseln die Partikel der Tinte darstellen. Eine eindeutige Einschränkung auf eine der Möglichkeiten ist aus dem Streitpatent nicht ersichtlich.
Unter einer Mikrokapsel ist ein Gebilde zu verstehen, das in alle Raumrichtungen eine Abmessung von unter einem Millimeter aufweist und aus einer dichten Hülle, der eigentlichen Kapsel und einem in der Hülle eingeschlossenen Inhalt, welcher gasförmig, flüssig oder fest sein kann, besteht. Für das Material der Hülle bestehen keine Beschränkungen, solange es geeignet ist, den Inhalt oder einen Bestandteil des Inhalts von der Umgebung räumlich abzutrennen, also „abzukapseln“.
Den Darlegungen der Streitpatentschrift zufolge bezieht sich das Streitpatent wohl auch auf weitere Ausbildungen von Mikroverkapselungen, denn sie beschreibt den Vorgang einer Mikroverkapselung, an deren Ende üblicherweise Mikrokapseln stehen, auch in Zusammenhang mit einem Gebilde, bei dem die einzelnen Hohlräume nicht unabhängig voneinander verkapselt sind, sondern die Hülle des einen Hohlraums gleichzeitig die Hülle eines benachbarten Hohlraums bildet und demnach eine Zwischenwand zwischen den beiden darstellt. Dies wird beispielhaft in Fig. 2C des Streitpatents gezeigt, die in Abs. [0039] der Beschreibung als eine weitere alternative Methode der Mikroverkapselung („microencapsulation“) beschrieben ist, ohne dass dort explizit das Wort „Mikrokapsel“ („microcapsule“) verwendet wird.
In jeder der Mikrokapseln sind zwei Typen von Partikeln enthalten, nämlich erste mit einer ersten Farbe und einer ersten Ladung und zweite mit einer gegenüber der ersten Farbe anderen Farbe und einer zweiten Ladung entgegengesetzter Polarität zur ersten Ladung. Letzteres bedeutet, dass die ersten Partikel entweder positiv geladen sind und die zweiten damit negativ oder dass die ersten Partikel negativ und damit die zweiten Partikel positiv geladen sind. Ein Verständnis, dass einer der Partikeltypen auch ungeladen sein könnte, kann nicht vertreten werden, da die Partikel damit keine Ladung aufweisen würden, was aber von den Merkmalen 1.3.1 und 1.3.2 gefordert wird. Dies kann auch nicht bedeuten, dass neutrale Partikel sowohl positive als auch negative, sich gegenseitig aufhebende (Teil-)Ladungen aufweisen, so dass sie sowohl eine positive als auch eine negative Ladung besitzen, da dies bei jeglicher Materie immer der Fall ist, so dass als Folge der die Ladungen betreffende Teil der Merkmale 1.3.1 und 1.3.2 platt selbstverständlich würde. So weist jegliche Materie Atome oder Ionen mit positiv geladenen Kernen und negativ geladenen Elektronen auf. Die Merkmale 1.3.1 und
1.3.2 sind demnach so zu verstehen, dass resultierende Ladungen vorhanden sind, und diese bei den beiden Typen von Partikeln entgegengesetzter Polarität sind.
Als Folge der unterschiedlich geladenen Partikel bewirkt das Anlegen eines elektrischen Feldes eine Farbänderung, indem die ersten oder zweiten Partikel in einer Richtung gemäß dem Feld wandern. Diese Angabe macht keine Aussage über die spezielle Richtung oder Form des angelegten elektrischen Feldes, denn die Elektroden, die für die Erzeugung eines elektrischen Feldes verantwortlich sein können, sind nicht Bestandteil der Tinte. Sie macht jedoch die Aussage, dass die Partikel in den Mikrokapseln so beweglich sind, dass ein Anlegen eines elektrischen Feldes zumindest einen der Typen von Partikeln dazu veranlasst, sich auf Grund des elektrischen Feldes zu bewegen.
4. Der ebenfalls angegriffene Anspruch 2 lautet in deutscher Übersetzung:
„2. Elektrisch adressierbare Tinte nach Anspruch 1, bei welcher sich die ersten Partikel (210) und die zweiten Partikel (220) gemäß dem elektrischen Feld bewegen.“
Damit stellt dieser Anspruch 2 eine Einschränkung dahingehend dar, dass sich nunmehr zwingend beide Typen von Partikeln im elektrischen Feld bewegen.
Der zudem noch angegriffene Anspruch 3 lautet in deutscher Übersetzung:
„3. Elektrisch adressierbare Tinte nach Anspruch 1 oder 2, bei welcher jeder erste Partikel (210) einen Farbstoff (230) aufweist.“
Dieser Anspruch schränkt den Gegenstand dahingehend ein, dass die Farbe des ersten Partikels bspw. nicht durch Interferenzeffekte in ansonsten farblosen Materialien entsteht, sondern durch ein farbiges Material verursacht wird.
5. Als hier zuständiger Fachmann ist ein berufserfahrener Diplom-Physiker oder Diplom-Ingenieur der Fachrichtung Elektrotechnik mit mehrjähriger Berufserfahrung auf dem Gebiet der Anzeigetechnik und dabei insbesondere der elektrophoretischen Anzeigetechnik anzusehen.
II.
1. Der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 ist nicht patentfähig, da er sich für den Fachmann in naheliegender Weise bei der Zusammenschau der Druckschriften NK4 und NK3 ergibt, so dass er auf keiner erfinderischen Tätigkeit des Fachmanns beruht (Artikel II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG i. V. m. Artikel 56 EPÜ).
So ist aus der Druckschrift NK4 in Übereinstimmung mit dem weiter oben aufgeführten gegliederten Anspruch 1 eine
1.1 elektrisch adressierbare Tinte (vgl. S. 4, letzter Abs. der deutschen Übersetzung NK4b: „Nachfolgend wird diese Erfindung unter Betrachtung eines Anwendungsbeispiels wie in Darstellung 1 gezeigt noch detaillierter erläutert. In dieser Darstellung erfolgt der Aufbau so, dass zwischen den transparenten Elektroden 2, die an den jeweils gegenüberliegenden Flächen der transparenten Komponenten 1 aus einem Satz Glasplatten etc. gebildet werden, eine Vielzahl von Mikrokapseln 3 untergebracht sind, in welche zuvor mit einem Verkapselungsverfahren die Dispersionssysteme 5 einzeln eingeschlossen wurden, wobei diese die elektrophoretischen Partikel im Dispergiermittel dispergieren ließen.“) bekannt
1.2 mit Mikrokapseln (Mikrokapseln 3), von denen jede folgendes umfasst:
1.3.1 erste Partikel einer Farbe mit einer ersten Ladung (vgl. S. 4, 2. Abs. der deutschen Übersetzung NK4b: „…eine Vielzahl von Mikrokapseln im gefärbten Dispergiermittel gebildet werden, in die Dispersionssysteme eingeschlossen sind, welche mindestens eine Art von elektrophoretischen Partikeln dispergieren lässt, die sich in den optischen Eigenschaften vom besagten Dispergiermittel unter- scheiden…“ und S. 4 letzter Abs. der deutschen Übersetzung NK4b: „Als elektrophoretische Partikel 4 der Dispersionssysteme 5, die in die Mikrokapseln 3 einzufügen sind, können hier neben den allgemein bekannten Kolloidpartikeln Feinpulver wie verschiedene organische und anorganische Pigmente, Farbstoffe, Metallpulver, Glas oder Harze etc. gut Verwendung finden.“ sowie S. 5, 1. Abs. der deutschen Übersetzung 4b: „Des Weiteren ist es möglich, die elektrische Ladung der phoretischen Partikel 4, die die Elektrophorese vornehmen, positiv oder negativ zu vereinheitlichen,…“),
1.4 wobei durch Anlegen eines elektrischen Feldes mit einer ersten Polarität an die Mikrokapseln eine wahrnehmbare Farbänderung bewirkt wird, indem die ersten oder zweiten Partikel in einer Richtung gemäß dem Feld wandern (vgl. S. 4, 2. Abs. der deutschen Übersetzung NK4b: „Um diesen Zweck zu erreichen handelt es sich bei den elektrophoretischen Anzeigegeräten gemäß dieser Erfindung um solche, bei denen zwischen einem Paar einander gegenüberliegender Elektrodenplatten, von welchen mindestens eine der Platten transparent ist, Dispersionssysteme eingefügt sind, welche elektrophoretische Partikel enthalten, und bei denen durch die Veränderung der Verteilungssituation der elektrophoretischen Partikel innerhalb des Dispersionssystems unter Einwirkung der für die Anzeigesteuerung dienenden Stromspannung, welche zwischen den Elektroden herrscht, eine Veränderung der optischen Reflexionseigenschaften bewirkt wird und so zum erforderlichen Anzeigeverhalten führt,…“).
Zudem ist auch das Merkmal, dass die Mikrokapseln aufdruckbar sind, welches sie nach der von der Patentinhaberin geäußerten Ansicht erst zu einer Tinte macht, in Druckschrift NK4 erwähnt, indem dort angegeben wird, dass die Mikrokapseln durch Verfahren wie Siebdruck oder Walzendruck auf die transparenten Elektroden der elektrophoretischen Anzeige aufgebracht werden können (vgl. S. 5, 3. Abs. der deutschen Übersetzung NK4b: „Nachdem die auf diese Weise gewonnenen Mikrokapseln 3 durch Verfahren wie Siebdruck, Walzendruck oder im Sprayverfahren etc. auf einer der transparenten Elektroden 2 angeordnet wurden, werden diese durch das Zusammenfügen mit der anderen transparenten Elekt- rode zwischen den beiden Elektroden 2 eingefügt.“). Somit handelt es sich auch nach der Definition der Patentinhaberin, welche aber im erteilten Anspruch 1 nicht enthalten ist, um eine Tinte im Sinne des Streitpatents.
Damit ist lediglich das Merkmal 1.3.2, dass zweite Partikel einer anderen Farbe und entgegengesetzter Ladung vorhanden sind, nicht unmittelbar und eindeutig in Druckschrift NK4 offenbart, auch wenn dort von mindestens einer Art von elektrophoretischen Partikeln die Rede ist (vgl. die zitierte Stelle auf S. 4, 2. Abs. der deutschen Übersetzung NK4b).
Druckschrift NK4 zeigt in den Fig. 2 und 3 den Stand der Technik, von dem sie ausgeht (vgl. die Figurenbeschreibungen auf S. 6 der deutschen Übersetzung NK4b: „Darstellung 2 ist eine abstrakte Konstruktionsdarstellung im Querschnitt mit den wichtigen Teilen eines elektrophoretischen Anzeigegerätes entsprechend der herkömmlichen Konstruktion, ausgestattet mit porösen Abstandshaltern und Darstellung 3 ist eine Teilschrägansicht zur Erläuterung des Konstruktionsbeispiels der porösen Abstandshalter.“). Dieser Stand der Technik stimmt mit dem aus den Fig. 12 und 13 der Druckschrift NK3 bekannten weitgehend überein, so dass Druckschrift NK4 als eine Weiterbildung des in Druckschrift NK3 gezeigten Standes der Technik anzusehen ist. Diese Weiterbildung besteht nicht in einer Abänderung der üblicherweise verwendeten elektrophoretischen Suspensionen, sondern in einer anderen, vorteilhaften Form der Mikroverkapselung (vgl. S. 3, letzter Abs. der deutschen Übersetzung NK4b). Darum besteht für den Fachmann kein Anlass, andere als die im Stand der Technik offenbarten, so beispielsweise die aus der Druckschrift NK3 bekannten elektrophoretischen Suspensionen einzusetzen.
Aus Druckschrift NK3 sind elektrophoretischen Suspensionen bekannt, die zwei Typen von Partikeln mit unterschiedlichen Farben und Ladungen entgegengesetzter Polarität aufweisen (vgl. Sp. 4, Z. 9 bis 23: „Referring to FIGS. 3a, wherein similar reference numbers designate components similar to those of the foregoing figures, a suspending medium 15 which is colored or colorless includes at least two kinds of electrophoretic materials 16 and 17 in a finely divided powder form. The suspending medium 15 and the materials 16 and 17 together make up the electrophoretic suspension layer 18. Said two kinds of electrophoretic materials 16 and 17 are different from each other with respect to the charge polarity and the optical reflective property. The device of FIG. 3a displays at the opposite sides a color which is a mixture of the colors of said two kinds of electrophoretic materials 16 and 17, and the color of the suspending medium 15.” sowie Sp. 11, Z. 43 bis 52: „Titanium dioxide: 10g (a brand R-680 commercially available from the Ishihara Industrial Company in Japan, of rutile type having a particle size 0.15 0.3µ. black toner particles: 20g (Type-10 manufactured for electrophotography by the Rank Xerox Company in England). When a D.C. voltage of 25V is applied between the two electrodes, the suspension layer is changed in color; it is black at the anode and white at the cathode. The black color at the anode or the white color at the cathode remains stable even after the D.C. voltage is cut off.”). Die Beispiele zeigen, dass die Partikel unterschiedliche Farben aufweisen, dabei werden neben den Farben Schwarz und Weiß, auch andere, echte Farben, wie Blau und Gelb in Druckschrift NK3 genannt (vgl. Sp. 12, Z. 32 bis 41: „Ten grams of Heliogen blue LBGT particles, which are phtalocyanine blue supplied by the BASF Company in Germany, is added to 100 ml of olive oil and blended well in a ball mill so as to produce a blue paste. Fifteen grams of hansa yellow G particles, which are an azo type organic pigment supplied by the Kanto Chemical Company in Japan, is added to 100 ml of olive oil and blended well in a ball mill so as to produce a yellow paste. Equal amounts of the two pastes are mixed well to produce a green paste.”).
Da der Fachmann die in Druckschrift NK3 verwendeten elektrophoretischen Systeme, wie bereits dargestellt, auch in den Kapseln der Druckschrift NK4 einsetzen wird, ergibt sich für ihn auch das Merkmal 1.3.2 und damit insgesamt der Gegenstand des Anspruchs 1 in naheliegender Weise, so dass er nicht patentfähig ist.
2. Da Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 identisch mit dem erteilten Anspruch 1 des Streitpatents ist, ist sein Gegenstand wie der des erteilten Anspruchs 1 zu beur- teilen. Dies bedeutet, dass auch er sich aus der Zusammenschau der Druckschriften NK4 und NK3 in einer für den Fachmann naheliegenden Weise ergibt, so dass er ebenfalls nicht patentfähig ist.
3. In den Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 wurde zusätzlich zu den Merkmalen des erteilten Anspruchs 1 noch das Merkmal des Anspruchs 2 des Hilfsantrags 1 aufgenommen, das besagt, dass beide Teilchenarten gemäß dem elektrischen Feld wandern. Auch dieses zusätzliche Merkmal kann die Patentfähigkeit nicht begründen, weshalb auch der Gegenstand dieses Anspruchs 1 auf keiner erfinderischen Tätigkeit des Fachmanns beruht und damit nicht patentfähig ist.
So zeigt Druckschrift NK 3 beispielsweise in Fig. 3 eine Suspension, bei der beide Teilchenarten beim Anlegen eines elektrischen Feldes in unterschiedliche Richtungen wandern (vgl. Sp. 4, Z. 10 bis 37: „Referring to FIGS. 3a, wherein similar reference numbers designate components similar to those of the foregoing figures, a suspending medium 15 which is colored or colorless includes at least two kinds of electrophoretic materials 16 and 17 in a finely divided powder form. The suspending medium 15 and the materials 16 and 17 together make up the electrophoretic suspension layer 18. Said two kinds of electrophoretic materials 16 and 17 are different from each other with respect to the charge polarity and the optical reflective property. The device of FIG. 3a displays at the opposite sides a color which is a mixture of the colors of said two kinds of electrophoretic materials 16 and 17, and the color of the suspending medium 15. When a D.C. electric field is applied to the electrophoretic suspension layer 18, said two kinds of electrophoretic materials 16 and 17 are caused to move electrophoretically in directions opposite to each other. One material, that with a positive polarity, moves toward the cathode and is deposited on the cathode, and the other, that with a negative polarity, moves to and is deposited on the anode, as shown in FIG. 3b. When one of said electrophoretic materials 16 with positive polarity is, for example, yellow, and the other of said electrophoretic materials 17 with negative polarity is, for example, cyan, the device produces a spatial distribution of electrophoretic materials 16 and 17 as shown in FIG. 3b and it is colored yellow at the cathode side and cyan at the anode side.“). Wie bereits ausgeführt liegt es für den Fachmann nahe, diese Suspension auch in den in Druckschrift NK4 offenbarten Mikrokapseln einzusetzen. Damit ergibt sich für den Fachmann in naheliegender Weise der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 2, weshalb auch dieser nicht patentfähig ist.
4. Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 spezifiziert ausgehend vom erteilten Anspruch 1 die Wanderung der Teilchen näher, indem er angibt, dass die ersten oder die zweiten Teilchen abhängig von der Polarität des elektrischen Feldes an die Oberfläche der Mikrokapseln wandern. Auch diese Spezifizierung kann eine erfinderische Tätigkeit nicht begründen, so dass auch der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 3 mangels erfinderischer Tätigkeit des Fachmanns nicht patentfähig ist.
Wie bereits Fig. 3 der Druckschrift NK3 zeigt und mit dieser beschrieben wird (vgl. die bereits zitierte Stelle Sp. 4, Z. 10 bis 37), wandern die Partikel solange entsprechend dem elektrischen Feld, bis sie auf ein Hindernis, dort die Elektroden, stoßen. Bei Verwendung der in Druckschrift NK3 beschriebenen elektrophoretischen Suspension in den Mikrokapseln der Druckschrift NK4 werden auch dort die Teilchen entsprechend dem angelegten elektrischen Feld wandern, bis sie auf ein Hindernis stoßen. Dieses Hindernis stellt dort die Wand bzw. Oberfläche der Mikrokapsel dar. Damit ergibt sich die in Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 näher spezifizierte Art der Wanderung der Teilchen bei der Zusammenschau der Druckschriften NK4 und NK3 von selbst, so dass auch der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 3 auf keiner erfinderischen Tätigkeit des Fachmanns beruht und damit nicht patentfähig ist.
5. Anspruch 1 des Hilfsantrags 4 spezifiziert ausgehend vom Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 die beiden Ladungen als positiv und negativ. Da es keine anderen Möglichkeiten der elektrischen Ladung gibt, ändert sich durch diese Spezifizierung der Sinngehalt des Anspruchs nicht. Damit ist der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 4 wie der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 3 zu be- urteilen. Dies heißt, dass auch er wegen fehlender erfinderischer Tätigkeit nicht patentfähig ist.
Da die Gegenstände der Ansprüche 1 aller Anträge zumindest durch die Zusammenschau der Druckschriften NK4 und NK3 für den Fachmann nahegelegt werden und somit nicht patentfähig sind, kann dahingestellt bleiben, ob es sich bei den Zellen in Fig. 12 und 13 der Druckschrift NK3 nicht bereits um Mikrokapseln im Sinne der Ausbildung gemäß der Fig. 2C des Streitpatents handelt, und damit ob die Gegenstände der Ansprüche 1 der verschiedenen Anträge gegenüber dieser Schrift neu sind.
III.
Mit den jeweiligen Ansprüchen 1 fallen auch die auf sie rückbezogenen Unteransprüche 2 und 3 des erteilten Patents und 2 des Hilfsantrags 1. Da die Beklagte eine Reihe von Hilfsanträgen gestellt hat, hat sie abschließend zum Ausdruck gebracht, in welcher Form sie den angegriffenen Teil des Streitpatents aufrechterhalten möchte. Weil keinem der gestellten Anträge entsprochen werden konnte, war das Patent im Umfang der von der Klägerin angegriffenen Ansprüche für nichtig zu erklären (vgl. BGH GRUR 2007, 862 - „Informations-übermittlungsverfahren II“; BPatG GRUR 2009, 46 - „Ionenaustauschverfahren“).
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 99 Abs. 1 PatG, § 709 Satz 1 und 2 ZPO.
V.
Rechtsmittelbelehrung Gegen dieses Urteil kann das Rechtsmittel der Berufung gemäß § 110 PatG eingelegt werden.
Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils - spätestens nach Ablauf von fünf Monaten nach Verkündung durch einen in der Bundesrepublik Deutschland zugelassenen Rechtsanwalt oder Patentanwalt schriftlich beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe, einzulegen.
Die Berufungsschrift muss
- die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet ist, sowie - die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde,
enthalten. Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
Auf die Möglichkeit, die Berufung nach § 125a PatG in Verbindung mit § 2 der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesgerichtshof und Bundespatentgericht (BGH/BPatGERVV) auf elektronischem Weg beim Bundesgerichtshof einzulegen, wird hingewiesen (www. bundesgerichtshof.de/erv.html).
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