19 W (pat) 9/19
BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 9/19 Verkündet am 9. Dezember 2019
…
BESCHLUSS In der Beschwerdesache betreffend das Patent 10 2011 106 591 …
ECLI:DE:BPatG:2019:091219B19Wpat9.19.0 hat der 19. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 9. Dezember 2019 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Ing. Kleinschmidt, der Richterin Kirschneck sowie der Richter Dipl.-Phys. Dipl.-Wirtsch.-Phys. Arnoldi und Dipl.-Phys. Dr. Haupt beschlossen:
Die Beschwerde der Patentinhaberin wird zurückgewiesen.
Gründe I.
Auf die am 16. Juni 2011 eingereichte Anmeldung ist mit Beschluss vom 29. Januar 2015 das Patent 10 2011 106 591 mit der Bezeichnung „Verfahren und System zum Ermitteln der Position eines in einem Kraftfahrzeug angeordneten GNSSEmpfängers“ erteilt worden (Streitpatent). Die Veröffentlichung der Patenterteilung ist am 13. Mai 2015 erfolgt.
Gegen das Patent hat die Einsprechende mit Schriftsatz vom 11. Februar 2016 Einspruch erhoben und beantragt, das Patent in vollem Umfang zu widerrufen. Die Einsprechende macht geltend, dass der Gegenstand des Patents nach den §§ 1 bis 5 PatG nicht patentfähig sei (§ 21 Abs. 1 Nummer 1 PatG) und dass das Patent die Erfindung nicht so deutlich und vollständig offenbare, dass ein Fachmann sie ausführen könne (§ 21 Abs. 1 Nummer 2 PatG).
Sie verweist u. a. auf folgende Schrift:
D10 „Navigation: As the uses of satellite-positioning technology continue to grow, what can be done to stop deliberate and dangerous jamming of the signals?“, 10. März 2010, aufrufbar über http://www.economist.com/node/18304246.
Die Patentinhaberin widerspricht und verteidigt das Patent im Einspruchsverfahren in der erteilten, hilfsweise in beschränkten Fassungen.
Mit am Ende der Anhörung vom 12. Januar 2017 verkündetem Beschluss hat die Patentabteilung 1.56 des Deutschen Patent- und Markenamts das Patent widerrufen.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Patentinhaberin vom 27. Februar 2017.
Die Patentinhaberin beantragt:
den Beschluss der Patentabteilung 1.56 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 12. Januar 2017 aufzuheben und das Patent in der erteilten Fassung aufrechtzuerhalten,
hilfsweise mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrechtzuerhalten: Patentansprüche 1 bis 10 gemäß Hilfsantrag I vom 30. März 2017,
weiter hilfsweise, Patentansprüche 1 bis 9 gemäß Hilfsantrag II vom 30. März 2017,
weiter hilfsweise, Patentansprüche 1 bis 9 gemäß Hilfsantrag III vom 30. März 2017,
Beschreibung und Zeichnungen zu den Hilfsanträgen jeweils gemäß Patentschrift.
Die Einsprechende beantragt:
die Beschwerde der Patentinhaberin zurückzuweisen.
Die erteilten nebengeordneten Ansprüche 1 und 10 lauten gemäß Patentschrift:
„1.Verfahren zum Ermitteln der Position eines in einem Kraftfahrzeug (10) angeordneten GNSS-Empfängers (11), dessen bestimmungsgemäße Funktion von einer Störquelle (12) in dem Kraftfahrzeug (10) gezielt beeinträchtigt ist, mittels eines Sensornetzwerks, das eine jeweilige Sensoreinheit (21) zur Störquellendetektion an vorgegebenen Verkehrswegepunkten (20) umfasst, bei dem: - beim Passieren des Kraftfahrzeugs eines der Verkehrswegepunkte durch die Sensoreinheit (21) des Verkehrswegepunkts (20) ein von der Störquelle (12) abgegebenes Störsignal und/oder ein von der Störquelle (12) beeinträchtigtes Empfangssignal des GNSS-Empfängers detektiert werden; - die detektierten Signale verarbeitet werden, um das Vorhandensein der Störquelle (12) in dem Kraftfahrzeug (10) festzustellen; und - beim Vorhandensein der Störquelle (12) eine Information erzeugt wird, welche zumindest den Ort des Verkehrswegepunkts (20) und die Störquelle (12) in dem Kraftfahrzeug (10) signalisiert, wobei aus dem Ort des Verkehrswegepunkts (20) die Position des Kraftfahrzeugs (10) ermittelt wird.“
„10. System zum Ermitteln der Position eines in einem Kraftfahrzeug (10) angeordneten GNSS-Empfängers (11), dessen bestimmungsgemäße Funktion von einer Störquelle (12) in dem Kraftfahrzeug (10) gezielt beeinträchtigt ist, bei dem - eine jeweilige Sensoreinheit (21) an vorgegebenen Verkehrswegepunkten (20) angeordnet ist, wobei die Sensoreinheit (21) dazu ausgebildet ist, beim Passieren des Kraftfahrzeugs (10) eines der Verkehrswegepunkte ein von der Störquelle (12) abgegebenes Störsignal und/oder ein von der Störquelle (12) beeinträchtigtes Empfangssignal des GNSS-Empfängers (11) zu detektieren;
- eine Recheneinheit vorgesehen ist zur Verarbeitung der detektierten Signale, um das Vorhandensein der Störquelle (12) in dem Kraftfahrzeug (10) festzustellen; und - beim Vorhandensein der Störquelle (12) eine Information erzeugbar ist, welche zumindest den Ort des Verkehrswegepunkts (20) und die Störquelle (12) in dem Kraftfahrzeug (10) signalisiert, wobei aus dem Ort des Verkehrswegepunkts (20) die Position des Kraftfahrzeugs (10) ermittelbar ist.“
In der Fassung nach Hilfsantrag I vom 30. März 2017 lauten die nebengeordneten Ansprüche 1 und 10:
„1.Verfahren zum Ermitteln der Position eines in einem Kraftfahrzeug (10) angeordneten GNSS-Empfängers (11), dessen bestimmungsgemäße Funktion von einer Störquelle (12) in dem Kraftfahrzeug (10) gezielt beeinträchtigt ist, mittels eines Sensornetzwerks, das eine jeweilige Sensoreinheit (21) zur Störquellendetektion an vorgegebenen Verkehrswegepunkten (20) umfasst, bei dem: - beim Passieren des Kraftfahrzeugs eines einzigen der Verkehrswegepunkte durch die Sensoreinheit (21) des einzigen Verkehrswegepunkts (20) ein von der Störquelle (12) abgegebenes Störsignal und/oder ein von der Störquelle (12) beeinträchtigtes Empfangssignal des GNSS-Empfängers detektiert werden; - die detektierten Signale verarbeitet werden, um das Vorhandensein der Störquelle (12) in dem Kraftfahrzeug (10) festzustellen; und - beim Vorhandensein der Störquelle (12) eine Information erzeugt wird, welche zumindest den Ort des einzigen Verkehrswegepunkts (20) und die Störquelle (12) in dem Kraftfahrzeug (10) signalisiert, wobei aus dem Ort des einzigen Verkehrswegepunkts (20) die Position des Kraftfahrzeugs (10) ermittelt wird.“
„10. System zum Ermitteln der Position eines in einem Kraftfahrzeug (10) angeordneten GNSS-Empfängers (11), dessen bestimmungsgemäße Funktion von einer Störquelle (12) in dem Kraftfahrzeug (10) gezielt beeinträchtigt ist, bei dem - eine jeweilige Sensoreinheit (21) an vorgegebenen Verkehrswegepunkten (20) angeordnet ist, wobei die Sensoreinheit (21) dazu ausgebildet ist, beim Passieren des Kraftfahrzeugs (10) eines einzigen der Verkehrswegepunkte ein von der Störquelle (12) abgegebenes Störsignal und/oder ein von der Störquelle (12) beeinträchtigtes Empfangssignal des GNSS-Empfängers (11) zu detektieren; - eine Recheneinheit vorgesehen ist zur Verarbeitung der detektierten Signale, um das Vorhandensein der Störquelle (12) in dem Kraftfahrzeug (10) festzustellen; und - beim Vorhandensein der Störquelle (12) eine Information erzeugbar ist, welche zumindest den Ort des einzigen Verkehrswegepunkts (20) und die Störquelle (12) in dem Kraftfahrzeug (10) signalisiert, wobei aus dem Ort des einzigen Verkehrswegepunkts (20) die Position des Kraftfahrzeugs (10) ermittelbar ist.“
In der Fassung nach Hilfsantrag II vom 30. März 2017 lauten die nebengeordneten Ansprüche 1 und 9:
„1.Verfahren zum Ermitteln der Position eines in einem Kraftfahrzeug (10) angeordneten GNSS-Empfängers (11), dessen bestimmungsgemäße Funktion von einer Störquelle (12) in dem Kraftfahrzeug (10) gezielt beeinträchtigt ist, mittels eines Sensornetzwerks, das eine jeweilige Sensoreinheit (21) zur Störquellendetektion an vorgegebenen Verkehrswegepunkten (20) umfasst, bei dem: - beim Passieren des Kraftfahrzeugs eines der Verkehrswegepunkte durch die Sensoreinheit (21) des Verkehrswegepunkts (20) ein von der Störquelle (12) abgegebenes Störsignal und/oder ein von der Störquelle (12) beeinträchtigtes Empfangssignal des GNSS-Empfängers detektiert werden;
- die detektierten Signale verarbeitet werden, um das Vorhandensein der Störquelle (12) in dem Kraftfahrzeug (10) festzustellen; und - beim Vorhandensein der Störquelle (12) eine Information erzeugt wird, welche zumindest den Ort des Verkehrswegepunkts (20), die Störquelle (12) in dem Kraftfahrzeug (10) und die Zeit der Detektion der Störquelle (12) signalisiert, wobei aus der Kombination der Zeit der Detektion der Störquelle (12) mit dem Ort des Verkehrswegepunkts (20) eine Information über den Aufenthaltsort des Kraftfahrzeugs (10) ermittelt wird.“
„9.System zum Ermitteln der Position eines in einem Kraftfahrzeug (10) angeordneten GNSS-Empfängers (11), dessen bestimmungsgemäße Funktion von einer Störquelle (12) in dem Kraftfahrzeug (10) gezielt beeinträchtigt ist, bei dem - eine jeweilige Sensoreinheit (21) an vorgegebenen Verkehrswegepunkten (20) angeordnet ist, wobei die Sensoreinheit (21) dazu ausgebildet ist, beim Passieren des Kraftfahrzeugs (10) eines der Verkehrswegepunkte ein von der Störquelle (12) abgegebenes Störsignal und/oder ein von der Störquelle (12) beeinträchtigtes Empfangssignal des GNSS-Empfängers (11) zu detektieren; - eine Recheneinheit vorgesehen ist zur Verarbeitung der detektierten Signale, um das Vorhandensein der Störquelle (12) in dem Kraftfahrzeug (10) festzustellen; und - beim Vorhandensein der Störquelle (12) eine Information erzeugbar ist, welche zumindest den Ort des Verkehrswegepunkts (20), die Störquelle (12) in dem Kraftfahrzeug (10) und die Zeit der Detektion der Störquelle (12) signalisiert, wobei aus der Kombination der Zeit der Detektion der Störquelle (12) mit dem Ort des Verkehrswegepunkts (20) eine Information über den Aufenthaltsort des Kraftfahrzeugs (10) ermittelbar ist.“
In der Fassung nach Hilfsantrag III vom 30. März 2017 lauten die nebengeordneten Ansprüche 1 und 9:
„1.Verfahren zum Ermitteln der Position eines in einem Kraftfahrzeug (10) angeordneten GNSS-Empfängers (11), dessen bestimmungsgemäße Funktion von einer Störquelle (12) in dem Kraftfahrzeug (10) gezielt beeinträchtigt ist, mittels eines Sensornetzwerks, das eine jeweilige Sensoreinheit (21) zur Störquellendetektion an vorgegebenen Verkehrswegepunkten (20) umfasst, bei dem: - beim Passieren des Kraftfahrzeugs eines der Verkehrswegepunkte durch die Sensoreinheit (21) des Verkehrswegepunkts (20) ein von der Störquelle (12) abgegebenes Störsignal und/oder ein von der Störquelle (12) beeinträchtigtes Empfangssignal des GNSS-Empfängers detektiert werden; - die detektierten Signale verarbeitet werden, um das Vorhandensein der Störquelle (12) in dem Kraftfahrzeug (10) festzustellen; und - beim Vorhandensein der Störquelle (12) eine Information erzeugt wird, welche zumindest den Ort des Verkehrswegepunkts (20), die Störquelle (12) in dem Kraftfahrzeug (10) und die Zeit der Detektion der Störquelle (12) signalisiert, wobei aus der Kombination der Zeit der Detektion der Störquelle (12) mit dem Ort des Verkehrswegepunkts (20) eine Information über den Aufenthaltsort des Kraftfahrzeugs (10) ermittelt wird und wobei, wenn das Kraftfahrzeug (10) die Verkehrswegepunkte (20) passiert hat, aus der Kombination der jeweiligen Zeit der Detektion der Störquelle (12) mit dem jeweiligen Ort des Verkehrswegepunkts (20) ein Bewegungsprofil des Kraftfahrzeugs (10) ermittelt wird.“
„9.System zum Ermitteln der Position eines in einem Kraftfahrzeug (10) angeordneten GNSS-Empfängers (11), dessen bestimmungsgemäße Funktion von einer Störquelle (12) in dem Kraftfahrzeug (10) gezielt beeinträchtigt ist, bei dem - eine jeweilige Sensoreinheit (21) an vorgegebenen Verkehrswegepunkten (20) angeordnet ist, wobei die Sensoreinheit (21) dazu ausgebildet ist, beim Passieren des Kraftfahrzeugs (10) eines der Verkehrswegepunkte ein von der Störquelle (12)
abgegebenes Störsignal und/oder ein von der Störquelle (12) beeinträchtigtes Empfangssignal des GNSS-Empfängers (11) zu detektieren; - eine Recheneinheit vorgesehen ist zur Verarbeitung der detektierten Signale, um das Vorhandensein der Störquelle (12) in dem Kraftfahrzeug (10) festzustellen; und - beim Vorhandensein der Störquelle (12) eine Information erzeugbar ist, welche zumindest den Ort des Verkehrswegepunkts (20), die Störquelle (12) in dem Kraftfahrzeug (10) und die Zeit der Detektion der Störquelle (12) signalisiert, wobei aus der Kombination der Zeit der Detektion der Störquelle (12) mit dem Ort des Verkehrswegepunkts (20) eine Information über den Aufenthaltsort des Kraftfahrzeugs (10) ermittelbar ist und wobei, wenn das Kraftfahrzeug (10) die Verkehrswegepunkte (20) passiert hat, aus der Kombination der jeweiligen Zeit der Detektion der Störquelle (12) mit dem jeweiligen Ort des Verkehrswegepunkts (20) ein Bewegungsprofil des Kraftfahrzeugs (10) ermittelbar ist.“
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Akte verwiesen.
II.
1. Die statthafte und auch sonst zulässige Beschwerde der Patentinhaberin hat keinen Erfolg.
2. Der Einspruch ist zulässig (§ 59 Abs. 1 PatG), insbesondere ist er fristgerecht eingegangen sowie ausreichend substantiiert.
3. Das Streitpatent betrifft ein Verfahren und ein System zum Ermitteln der Position eines in einem Kraftfahrzeug angeordneten GNSS (Global Navigation Satellite System)-Empfängers, dessen bestimmungsgemäße Funktion von einer Störquelle in dem Kraftfahrzeug gezielt beeinträchtigt ist.
Nach den Angaben in der Streitpatentschrift (Absätze 0001 bis 0003 und 0007) würden unter anderem in Kraftfahrzeugen eingesetzte GNSS-Empfänger aus den von einer Mehrzahl von Satelliten ausgesendeten GNSS-Signalen ihre Position ermitteln. Die GNSS-Empfänger dienten dazu, im Falle eines Diebstahls ihre gegenwärtige Position an den Besitzer, den Hersteller des Fahrzeugs oder einen Dienstleister zu übermitteln, um das Auffinden des Fahrzeugs zu ermöglichen. Von einem GNSSEmpfänger ermittelte Positionsdaten würden weiterhin dazu verwendet, eine Information über die von dem Fahrzeug befahrenen Straßen zu erhalten. Auf Basis dieser Informationen könne dann eine fällige Straßenbenutzungsgebühr errechnet und dem Fahrer bzw. Halter des Fahrzeugs in Rechnung gestellt werden.
Der Betrieb von GNSS-Empfängern könne mittels in dem Kraftfahrzeug angeordneten Störquellen gezielt beeinträchtigt werden. Störquellen seien beispielweise Störsender (Jammer), welche die Erfassung und das Auswerten/Nutzen von Satelliten ausgesendeten GNSS-Signalen und damit die Positionsbestimmung durch den GNSS-Empfänger unterbinden würden. Damit könne beispielweise die vorstehend beschriebene Diebstahlfunktionalität wirksam außer Kraft gesetzt werden. Als Störquellen seien auch sogenannte Spoofer bekannt, welche dem GNSS-Empfänger ein von einem Satelliten ausgesendetes GNSS-Signal vortäuschen. Dieses werde dann von dem GNSS-Empfänger zur Ermittlung einer Positionslösung verwendet, welche dann allerdings nicht der realen Position entspräche.
Es sei daher Aufgabe der Erfindung, ein Verfahren und ein System anzugeben, mit dem die Ermittlung der Position eines in einem Kraftfahrzeug angeordneten GNSSEmpfängers auch dann ermöglicht werde, wenn dessen bestimmungsgemäße Funktion von einer Störquelle in dem Fahrzeug gezielt beeinträchtigt sei.
Als Lösung schlägt der erteilte Anspruch 1 ein Verfahren mit folgenden Merkmalen vor:
Verfahren zum Ermitteln der Position eines in einem Kraftfahrzeug (10) angeordneten GNSS-Empfängers (11),
1.1 dessen bestimmungsgemäße Funktion von einer Störquelle (12) in dem Kraftfahrzeug (10) gezielt beeinträchtigt ist,
1.2 mittels eines Sensornetzwerks, das eine jeweilige Sensoreinheit (21) zur Störquellendetektion an vorgegebenen Verkehrswegepunkten (20) umfasst, bei dem:
- beim Passieren des Kraftfahrzeugs eines der Verkehrswegepunkte durch die Sensoreinheit (21) des Verkehrswegepunkts (20) ein von der Störquelle (12) abgegebenes Störsignal und/oder ein von der Störquelle (12) beeinträchtigtes Empfangssignal des GNSS-Empfängers detektiert werden;
- die detektierten Signale verarbeitet werden, um das Vorhandensein der Störquelle (12) in dem Kraftfahrzeug (10) festzustellen; und
- beim Vorhandensein der Störquelle (12) eine Information erzeugt wird,
4.1 welche zumindest den Ort des Verkehrswegepunkts (20) und die Störquelle (12) in dem Kraftfahrzeug (10) signalisiert,
4.2 wobei aus dem Ort des Verkehrswegepunkts (20) die Position des Kraftfahrzeugs (10) ermittelt wird.
4. Vor diesem Hintergrund legt der Senat seiner Entscheidung als Fachmann einen Physiker oder einen Absolventen eines Master-Studienganges der Nachrichtentechnik mit mehrjähriger Berufserfahrung auf dem Gebiet der Verarbeitung von GNSS-Daten zur elektronischen Mauterhebung und zum Diebstahlschutz, insbesondere mit Erfahrungen bei der Erkennung und Abwehr von GNSS-Störquellen zu Grunde.
5. Mehrere Angaben im erteilten Anspruch 1 bedürfen der näheren Betrachtung:
a) GNSS (Merkmal 1) ist ein Sammelbegriff für globale Satellitensysteme wie NAVSTAR GPS (Global Positioning System) der Vereinigten Staaten von Amerika, GLONASS (Globalnaja nawigazionnaja sputnikowaja sistema) der Russischen Föderation, Galileo der Europäischen Union oder Beidou der Volksrepublik China.
b) Der Anspruch 1 unterscheidet zwischen drei Orten bzw. Positionen: die Position eines GNSS-Empfängers (Merkmal 1), die Position des Kraftfahrzeugs (Merkmal 4.2), und den Ort des Verkehrswegepunkts (Merkmale 4.1 und 4.2).
In dem Kraftfahrzeug sollen der GNSS-Empfänger (Merkmal 1) und eine Störquelle angeordnet sein (Merkmal 1.1), an vorgegebenen Verkehrswegepunkten soll jeweils eine Sensoreinheit angeordnet sein (Merkmal 1.2).
c) Dem Fachmann ist auf Grund seines allgemeinen Fachwissens bekannt, dass sich durch Empfang und Auswertung der Signale von GNSS-Satelliten die Position eines in einem Kraftfahrzeug angeordneten GNSS-Empfängers (Merkmal 1) mit einer Genauigkeit von wenigen Metern bestimmen lässt. Fachüblich wird die Position des Kraftfahrzeugs der des GNSS-Empfängers gleichgesetzt. Die bestimmungsgemäße Funktion des in einem Kraftfahrzeug angeordneten GNSSEmpfängers soll von einer Störquelle in dem Kraftfahrzeug gezielt beeinträchtigt sein (Merkmal 1.1). Die Störquelle ist beispielsweise ein Störsender (Jammer), welcher die Erfassung und das Auswerten/Nutzen von Satelliten ausgesendeten GNSS-Signalen und damit die Positionsbestimmung durch den GNSS-Empfänger unterbindet. Als Störquellen sind auch sogenannte Spoofer bekannt, welche dem GNSS-Empfänger ein von einem Satelliten ausgesendetes GNSS-Signal vortäuschen (Streitpatentschrift, Absatz 0003).
Entgegen dem Wortlaut des Merkmals 1 wird mit den weiteren Verfahrensschritten im Anspruch 1 nicht die Position eines in einem Kraftfahrzeug angeordneten GNSSEmpfängers ermittelt, sondern beim Passieren des Kraftfahrzeugs eines Verkehrswegepunktes soll durch eine (einzige) Sensoreinheit des Verkehrswegepunkts ein von der Störquelle abgegebenes Störsignal und/oder ein von der Störquelle beeinträchtigtes Empfangssignal des GNSS-Empfängers detektiert werden (Merkmal 2). Wie die Detektion der Störsignale und/oder beeinträchtigten Empfangssignale realisiert werden kann, bevor sie gemäß den Merkmalen 3 bis 4.2 weiterverarbeitet werden, wird erst in den Unteransprüchen 2 bis 5 angegeben, wo eine Ermittlung des Vorhandenseins im Verkehrswegepunkt mittels Spectrum Monitoring-Verfahren, Referenz-GNSS-Empfängers, Korrelationsanalyse oder Empfangsstärkenvergleich beansprucht wird.
Durch Verarbeiten der von der (einzigen) Sensoreinheit detektierten Signale soll das Vorhandensein der Störquelle in dem Kraftfahrzeug festgestellt (Merkmal 3) und aus dem Ort des Verkehrswegepunkts die Position des Kraftfahrzeugs ermittelt werden (Merkmal 4.2).
d) Als vorgegebene Verkehrswegepunkte (Merkmal 1.2) sollen einer oder mehrere der folgenden Punkte ausgewählt werden: Grenzübergänge, Einrichtungen zur Erfassung von Straßenbenutzungsgebühren, Ein- und/oder Ausgänge von abgegrenzten Gebieten, insbesondere Parkplätze und/oder -häuser, Schnellstraßenaufund/oder -abfahrten, Autobahnauf- und/oder -abfahrten, Straßenkreuzungen, Häfen oder Bahnhöfe (Absätze 0018 und 0035).
Der Ort des Verkehrswegepunkts (Merkmal 4.2) ist somit nicht ein Punkt auf der Erdoberfläche, sondern das Gebiet bzw. die Fläche die die jeweilige als Verkehrswegepunkt bezeichnete Einrichtung einnimmt.
e) Dem Fachmann ist bekannt, dass der patentgemäße Verkehrswegepunkt, etwa ein Grenzübergang oder eine Kreuzung, regelmäßig von mehreren Kraftfahrzeugen gleichzeitig passiert wird. Auf welche Art und Weise die von der (einzigen) Sensoreinheit detektierten Signale verarbeitet werden sollen, um das Vorhandensein der Störquelle in dem (einen) Kraftfahrzeug festzustellen (Merkmal 3), überlässt das Streitpatent dem Fachmann. Das Ausführungsbeispiel des Streitpatents gibt hierzu lediglich den Hinweis, dass eine jeweilige Sensoreinheit an vorgegebenen Verkehrswegepunkten eine oder mehrere Sensoren zur Detektion einer in einem Kraftfahrzeug installierten Störquelle umfasst (Absatz 0030, letzter Satz und Absatz 0010, erster Satz).
Der Fachmann wird daher für den einen oder die mehreren Sensoren der (einzigen) Sensoreinheit zunächst eine geeignete Anordnung an dem Verkehrswegepunkt finden müssen (vgl. Merkmal 1.2), und anschließend die detektierten Signale des einen oder der mehreren Sensoren der (einzigen) Sensoreinheit so verarbeiten bzw. miteinander verknüpfen müssen, dass das Vorhandensein der Störquelle in dem (einen) Kraftfahrzeug festgestellt werden kann (Merkmal 3).
Ist das Vorhandensein der Störquelle in dem Kraftfahrzeug festgestellt (Merkmal 4), soll aus dem Ort des Verkehrswegepunktes die Position des Kraftfahrzeugs ermittelt werden (Merkmal 4.2).
f) Die Patentinhaberin trägt zum Verständnis des erteilten Anspruchs 1 sinngemäß vor, entgegen dem Wortlaut des Anspruchs 1, wonach die Ermittlung der Position mittels eines Sensornetzwerks erfolgt, das eine jeweilige Sensoreinheit zur Störquellendetektion an vorgegebenen (also mehreren) Verkehrswegepunkten umfasst (Merkmal 1.2), werde das Vorhandensein einer Störquelle bzw. die Position des Kraftfahrzeugs durch Verarbeiten der detektierten Daten einer einzigen Sensoreinheit festgestellt (Merkmale 2 und 3). Das Sensornetzwerk von Sensoreinheiten spiele erst bei der Ermittlung eines Bewegungs- oder Verkehrswegeprofils eine Rolle, wenn das Kraftfahrzeug mit aktivierter Störquelle eine Vielzahl an Verkehrswegepunkten passiert habe (Absätze 0014 und 0019).
Die Patentinhaberin trägt weiter vor, das patentgemäße Verfahren, bei dem die Position des Kraftfahrzeugs aus dem Ort des Verkehrswegepunkts ermittelt wird (Merkmal 4.2), sei zwar ungenauer als andere Verfahren zu Positionsbestimmung, das patentgemäße Verfahren ermögliche jedoch die Positionsbestimmung bei einem durch eine Störquelle in dem Kraftfahrzeug gestörten GNSS-Signal und habe zudem den Vorteil eines geringen Rechenaufwandes.
6. Der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 ist nicht neu (§ 3 PatG).
Dem Aufsatz „Navigation: As the uses of satellite-positioning technology continue to grow, what can be done to stop deliberate and dangerous jamming of the signals?“ (= D10) entnimmt der Fachmann in Worten des erteilten Anspruchs 1 ein:
Verfahren zum Ermitteln der Position (position of a jamming device) eines in einem Kraftfahrzeug angeordneten GNSS-Empfängers (a tracking device in the vehicle), (Seite 3, letzter Absatz: the position of a jamming device can be determined by triangulation; Seite 3, Absatz 1: some lorry drivers have used jammers to evade the country's GPS-based road-tolling system; Seite 2, Absatz 2: A jammer prevents a tracking device in the vehicle from determining (and then reporting) its location and speed) 1.1 dessen bestimmungsgemäße Funktion von einer Störquelle in dem Kraftfahrzeug gezielt beeinträchtigt ist, (Eine Störquelle (jammer) zum Umgehen eines GPSbasierten Straßenmautsystems (GPS-based road-tolling system) dient dazu, gezielt die Funktion eines GNSSEmpfängers in einem Kraftfahrzeug (tracking device in a vehicle) zu beinträchtigen, vgl. die vorstehend genannte Fundstellen.) 1.2 mittels eines Sensornetzwerks (probes … interconnected), (Seite 3, letzter Absatz: The idea is to use probes similar to those used in GAARDIAN, but interconnected in such a way that the position of a jamming device can be determined by triangulation; Miteinander verbundene Messsonden stellen ein Sensornetzwerk dar.) das eine jeweilige Sensoreinheit (probe) zur Störquellendetektion (detect interference) (Seite 3, vorletzter Absatz: Each probe can pick up GPS signals …, each probe can detect interference and determine whether it is natural or man-made; Jede Messsonde (probe) kann GPS-Signale empfangen, Störungen (interference) detektieren und bestimmen, ob die Störung natürlichen Ursprungs (natural) ist oder von einem Störsender stammt (man-made). Sowohl eine einzelne Messsonde als auch mehrere Messsonden bilden somit eine Sensoreinheit im Sinne des Streitpatents.) an vorgegebenen Verkehrswegepunkten umfasst, (Da der Aufsatz D10 von dem Problem ausgeht, dass Fahrer von Lastkraftwagen Störquellen verwenden, um das GPS-basierte Straßenmautsystem zu umgehen, vgl. die vorstehend genannten Fundstellen, wird der Fachmann die Messsonden selbstverständlich insbesondere an vorgegebenen Verkehrswegepunkten der mit dem Mautsystem ausgestatteten Straße anordnen.) bei dem: 2 - beim Passieren des Kraftfahrzeugs eines der Verkehrswegepunkte durch die Sensoreinheit des Verkehrswegepunkts ein von der Störquelle beeinträchtigtes Empfangssignal des GNSS-Empfängers detektiert wird; (Seite 3, vorletzter Absatz: Each probe can pick up GPS signals …, each probe can detect interference and determine whether it is natural or man-made; Seite 3, letzter Absatz: If there is a power loss on one probe, and weaker power losses in other probes, that could help us pinpoint the source of the problem; Damit ein von der Störquelle (jammer) beeinträchtigtes Empfangssignal des GNSS-Empfängers überhaupt detektiert werden kann (power loss in one probe), muss sich das Kraftfahrzeug hinreichend nah an der Sensoreinheit (one probe) also etwa hinreichend nah an einem der Verkehrswegepunkte befinden. Die Anweisung im Merkmal 2, dass die Detektion „beim Passieren des Kraftfahrzeugs eines der Verkehrswegepunkte“ erfolgt, ist unter der platt selbstverständlichen Annahme, dass sich Fahrzeuge regelmäßig auf Verkehrswegen bewegen, eine physikalisch notwendige Voraussetzung, damit ein von der Störquelle beeinträchtigtes Empfangssignal des GNSS-Empfängers überhaupt von einer Sensoreinheit an einem Verkehrswegepunkt detektiert werden kann, und kein Unterscheidungsmerkmal zum Gegenstand aus dem Aufsatz D10.) 3 - die detektierten Signale verarbeitet werden, um das Vorhandensein der Störquelle in dem Kraftfahrzeug festzustellen; und (Seite 3, letzter Absatz: the position of a jamming device can be determined by triangulation; Bei der Verarbeitung der detektierten Signale mittels eines Triangulationsverfahrens wird die Position und damit auch das Vorhandensein der Störquelle festgestellt, etwa in einem Kraftfahrzeug.) 4 - beim Vorhandensein der Störquelle eine Information erzeugt wird, 4.1 welche zumindest den Ort des Verkehrswegepunkts und die Störquelle in dem Kraftfahrzeug signalisiert, (Für eine Triangulation verarbeitet der Fachmann die Standorte der Messsonden, die einen Leistungsverlust (power loss in one probe) detektieren, also eine Information, welche zumindest den Ort eines Verkehrswegepunkts signalisiert, und erzeugt daraus eine Information über die Position der Störquelle, also eine Information welche die Störquelle signalisiert.) 4.2 wobei aus dem Ort des Verkehrswegepunkts die Position des Kraftfahrzeugs ermittelt wird. (Seite 3, letzter Absatz: If there is a power loss on one probe, and weaker power losses in other probes, that could help us pinpoint the source of the problem; Falls eine Messsonde ein von einer Störquelle beeinträchtigtes Empfangssignal des GNSS-Empfängers detektiert und das Empfangssignal der anderen Messsonden von einer Störquelle nur gering oder gar nicht beeinträchtigt ist, ist dem Fachmann ohne weiteres klar, dass sich das Fahrzeug mit der Störquelle in der Nähe dieser einen Messsonde befindet, beispielsweise am Ort des Verkehrswegepunkts.)
Nach den sinngemäßen Ausführungen der Patentinhaberin bestehe der Unterschied zwischen dem Gegenstand des Anspruchs 1 und dem Triangulationsverfahren nach dem Aufsatz D10 in der Erkenntnis, dass zur Bestimmung der Position des Kraftfahrzeugs nur eine (einzige) Sensoreinheit an einem (einzigen) Verkehrswegepunkt erforderlich sei.
Für den Fachmann ist es aber selbstverständlich, dass ein Empfang der von einem kurzreichweitigen Sender ausgestrahlten Funkwellen nur dann möglich ist, falls sich der Empfänger innerhalb der Reichweite (also in der Nähe) des Senders befindet. Nichts Anderes nimmt der Fachmann für die aus dem Aufsatz D10 entnehmbaren Messsonden und den Störsender an.
Im Übrigen und entgegen der Auffassung der Patentinhaberin schließt das Streitpatent eine Triangulation der Störquelle unter Verwendung mehrerer Sensoren gerade nicht aus, denn – wie vorstehend ausgeführt – umfasst die im Anspruch 1 in Bezug genommene (einzige) Sensoreinheit (Merkmale 1.2 und 2) nach der Beschreibung des Streitpatents einen oder mehrere Sensoren zur Detektion einer in einem Kraftfahrzeug installierten Störquelle (Absatz 0030, letzter Satz und Absatz 0010, erster Satz) und die allgemein gehaltene Anweisung, dass die detektierten Signale (in nicht näher bestimmter Weise) verarbeitet werden (Merkmal 3), umfasst auch eine Verarbeitung mit einem Triangulationsverfahren.
7. Der Anspruch 1 nach Hilfsantrag I vom 30. März 2017 unterscheidet sich vom erteilten Anspruch 1 dadurch, dass die Merkmale 1.2, 4.1 und 4.2 wie folgt gefasst sind:
2a - beim Passieren des Kraftfahrzeugs eines einzigen der Verkehrswegepunkte durch die Sensoreinheit (21) des einzigen Verkehrswegepunkts (20) ein von der Störquelle (12) abgegebenes Störsignal und/oder ein von der Störquelle (12) beeinträchtigtes Empfangssignal des GNSS-Empfängers detektiert werden;
… 4.1a welche zumindest den Ort des einzigen Verkehrswegepunkts
(20) und die Störquelle (12) in dem Kraftfahrzeug (10) signalisiert, 4.2a wobei aus dem Ort des einzigen Verkehrswegepunkts (20) die Position des Kraftfahrzeugs (10) ermittelt wird.
Es kann dahinstehen, ob der Anspruch 1 nach Hilfsantrag I in zulässiger Weise auf den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung zurückgeht
(§ 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG) oder in dieser Fassung der Schutzbereich des Patents erweitert ist (§ 22 Abs. 1 Alt. 2 PatG).
Denn der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag I ist gegenüber dem Stand der Technik nach dem Aufsatz D10 nicht neu (§ 3 PatG).
Die vorstehenden Ausführungen zur erteilten Fassung gelten gleichermaßen, da sie bei der Diskussion der entsprechenden Merkmale 2, 4.1 und 4.2 ebenfalls jeweils nur von einem (einzigen) Verkehrswegepunkt ausgehen.
8. Der Anspruch 1 nach Hilfsantrag II vom 30. März 2017 unterscheidet sich vom erteilten Anspruch 1 dadurch, dass die Merkmale 4.1 und 4.2 wie folgt gefasst sind:
4.1b welche zumindest den Ort des Verkehrswegepunkts (20) und, die Störquelle (12) in dem Kraftfahrzeug (10) und die Zeit der Detektion der Störquelle (12) signalisiert,
4.2b wobei aus der Kombination der Zeit der Detektion der Störquelle (12) mit dem Ort des Verkehrswegepunkts (20) die Position eine Information über den Aufenthaltsort des Kraftfahrzeugs (10) ermittelt wird.
Es kann auch hier dahinstehen, ob der Anspruch 1 nach Hilfsantrag II in zulässiger Weise auf den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung zurückgeht (§ 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG) oder in dieser Fassung der Schutzbereich des Patents erweitert ist (§ 22 Abs. 1 Alt. 2 PatG).
Denn auch der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag II ist gegenüber dem Stand der Technik nach dem Aufsatz D10 nicht neu (§ 3 PatG).
Bei einer Triangulation einer ortsveränderlichen Störquelle durch mehrere Messsonden, wie bei dem Verfahren aus der Schrift D10, muss der Fachmann selbstverständlich auch die Zeit signalisieren, zu der ein Signalverlust detektiert wird (If there is a power loss on one probe, and weaker power losses in other probes, vgl. D10, Seite 3, letzter Absatz). Sonst wäre die Triangulation nicht durchführbar.
9. Der Anspruch 1 nach Hilfsantrag III vom 30. März 2017 unterscheidet sich vom dem nach Hilfsantrag II vom 30. März 2017 dadurch, dass am Ende des Anspruchs das folgende Merkmal angefügt ist:
5c und wobei, wenn das Kraftfahrzeug (10) die Verkehrswegepunkte (20) passiert hat, aus der Kombination der jeweiligen Zeit der Detektion der Störquelle (12) mit dem jeweiligen Ort des Verkehrswegepunkts (20) ein Bewegungsprofil des Kraftfahrzeugs (10) ermittelt wird.
Es kann wiederum dahinstehen, ob der Anspruch 1 nach Hilfsantrag III in zulässiger Weise auf den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung zurückgeht (§ 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG) oder in dieser Fassung der Schutzbereich des Patents erweitert ist (§ 22 Abs. 1 Alt. 2 PatG).
Denn der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag III vom 30. März 2017 mag zwar als neu gelten (§ 3 PatG), er beruht gegenüber dem Stand der Technik nach dem Aufsatz D10 jedoch nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (§ 4 PatG).
Es gehört zum allgemeinen Fachwissen des Fachmanns, dass in Deutschland seit dem Jahr 2005 eine entfernungsabhängige Straßenbenutzungsgebühr (Wegegeld) für schwere Nutzfahrzeuge mittels eines satellitengestützten Systems erhoben wird, wobei sich die geschuldete Maut nach der auf den mautpflichtigen Straßen zurückgelegten Wegstrecke bestimmt.
Der Fachmann hat daher Veranlassung, nicht nur einen Schnappschuss der Position eines mautpflichtigen Kraftfahrzeugs (mit oder ohne Störquelle) zu bestimmen,
sondern dieses Kraftfahrzeug zu identifizieren und die auf den mautpflichtigen Verkehrswegen zurückgelegte Wegstrecke zu ermitteln, etwa durch Ermittlung eines Bewegungsprofils aus der Kombination der jeweiligen Zeit der Detektion der Störquelle mit dem jeweiligen Ort des Verkehrswegepunkts an mehreren Verkehrswegepunkten. Diese Veranlassung ergibt sich schon aus dem Bestreben der Betreiber des Mautsystems die geschuldete Maut auch bei Einsatz einer Störquelle zu erheben oder zumindest die Höhe der Einnahmeausfälle durch Mautbetrug zu bestimmen.
10. Hinsichtlich des dem Anspruch 1 jeweils nebengeordneten Anspruchs nach Haupt- bzw. Hilfsanträgen I bis III gelten ähnliche Überlegungen wie vorstehend ausgeführt.
11. Die Beschwerde der Patentinhaberin war daher zurückzuweisen.
Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss steht den an dem Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu (§ 99 Abs. 2, § 100 Abs. 1, § 101 Abs. 1 PatG).
Nachdem der Beschwerdesenat in dem Beschluss die Einlegung der Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist die Rechtsbeschwerde nur statthaft, wenn einer der nachfolgenden Verfahrensmängel durch substanziierten Vortrag gerügt wird (§ 100 Abs. 3 PatG):
1. Das beschließende Gericht war nicht vorschriftsmäßig besetzt. 2. Bei dem Beschluss hat ein Richter mitgewirkt, der von der Aus- übung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war. 3. Einem Beteiligten war das rechtliche Gehör versagt.
4. Ein Beteiligter war im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat.
5. Der Beschluss ist aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind.
6. Der Beschluss ist nicht mit Gründen versehen.
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe, schriftlich einzulegen (§ 102 Abs. 1 PatG).
Die Rechtsbeschwerde kann auch als elektronisches Dokument, das mit einer qualifizierten oder fortgeschrittenen elektronischen Signatur zu versehen ist, durch Übertragung in die elektronische Poststelle des Bundesgerichtshofes eingelegt werden (§ 125a Abs. 3 Nr. 1 PatG i. V. m. § 1, § 2 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, Abs. 2a, Anlage (zu § 1) Nr. 6 der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesgerichtshof und Bundespatentgericht (BGH/BPatGERVV)). Die elektronische Poststelle ist über die auf der Internetseite des Bundesgerichtshofes www.bundesgerichtshof.de/erv.html bezeichneten Kommunikationswege erreichbar (§ 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGH/BPatGERVV). Dort sind auch die Einzelheiten zu den Betriebsvoraussetzungen bekanntgegeben (§ 3 BGH/BPatGERVV).
Die Rechtsbeschwerde muss durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten des Rechtsbeschwerdeführers eingelegt werden (§ 102 Abs. 5 Satz 1 PatG).
Kleinschmidt Kirschneck Arnoldi Dr. Haupt prö