Paragraphen in 9 W (pat) 4/12
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BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 4/12 Verkündet am 26. November 2012
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BESCHLUSS In der Beschwerdesache …
betreffend die Patentanmeldung 10 2011 015 393.4 hat der 9. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 26. November 2012 unter Mitwirkung des Richters Dipl.-Ing. Reinhardt als Vorsitzendem sowie der Richter Dipl.-Ing. Bork, Paetzold und Dipl.-Ing. Univ. Nees beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
BPatG 154 05.11 Gründe I.
Der Anmelder hat am 29. März 2011 beim Deutschen Patent- und Markenamt eine Patentanmeldung mit der Bezeichnung
"Hybrid - Hebelmotor" eingereicht.
Im Rahmen einer Anhörung am 20. Oktober 2011 hat die Prüfungsstelle 13 des Deutschen Patent- und Markenamtes die Anmeldung mit Verkünden des Beschlusses zurückgewiesen.
In der schriftlichen Begründung vom 30. Dezember 2011 führt sie unter Bezugnahme auf ihren Prüfungsbescheid vom 2. Mai 2011 und auf die Anhörung vom 20. Oktober 2011 aus, dass der angemeldete Hybrid-Hebelmotor gegen den Impulserhaltungssatz und auch gegen den Energieerhaltungssatz verstoße. Eine Vorrichtung, die ohne Energiezufuhr von außen permanent Arbeit zu leisten in der Lage sei, sei nach diesen anerkannten physikalischen Grundsätzen nicht ausführbar.
Gegen diesen Zurückweisungsbeschluss wendet sich der Anmelder mit seiner Beschwerde. Der angemeldete Hybrid-Hebelmotor mache das Gesetz "Kraft x Weg" unter Ausnutzung der Hebelkraft und Synchronlauf des Motors zunutze und unterscheide sich deshalb von einem perpetuum mobile. Er weise einen Wirkungsgrad von 100% auf und mache herkömmliche, Nutzenergie bereitstellende Einrichtungen wie z. B. Wasserkraftwerke überflüssig. Der Anmelder hält zudem die in den ursprünglichen Anmeldeunterlagen gemachten Angaben für so deutlich und vollständig, dass ein Fachmann damit den Hybrid-Hebelmotor ausführen könne. In einer Informationsbroschüre des Deutschen Patent- und Markenamts sei ausdrücklich darauf hingewiesen, dass in Zeichnungen von Patentanmeldungen Details nicht dargestellt sein müssten.
Der Anmelder beantragt,
den Beschluss der Prüfungsstelle 1.13 vom 20. Oktober 2011 aufzuheben und auf die Patentanmeldung 10 2011 015 393.4-13 das Patent zu erteilen.
II.
1. Die statthafte Beschwerde ist frist- und formgerecht eingelegt worden und auch ansonsten zulässig.
2. Gemäß ursprünglicher Beschreibung betrifft die Anmeldung einen "humanen Hebeldruck-Kraftmotor".
Zur Arbeitsweise des Motors ist ausgeführt, dass durch Umsetzung von acht Hebeln Kraft von einer Exzenterwelle auf eine Kurbelwelle gedrückt werde. Ein synchroner Ablauf werde mit zwei Zahnrädern und einer Zahnkette bewerkstelligt.
Durch zwei Dynamos werde Strom erzeugt und in zwei Batterien geladen. Von einem Elektromotor werde bedarfsweise eine Steuerung benötigt.
Die erzeugte Kraft könne je nach Größe des Hebelmotors und dessen Geschwindigkeit unbegrenzt sein. Dieser Ablauf müsse nur noch von guten Fachleuten entwickelt werden.
3. Der Anmeldungsgegenstand ist in den Anmeldeunterlagen nicht so deutlich und vollständig offenbart, dass der Fachmann ihn ausführen kann.
Gemäß § 34 Abs. 4 muss eine Erfindung in der Anmeldung so deutlich und vollständig offenbart sein, dass ein Fachmann sie ausführen kann. Erfüllt ist diese Forderung, wenn der Fachmann die Erfindung anhand der Gesamtoffenbarung praktisch verwirklichen kann (BGH X ZR 3/76 "Doppelachsaggregat", GRUR 1980, 166 ff.; BPatG 20 W (pat) 35/01).
Nachträgliche Ergänzungen der Ursprungsoffenbarung in mündlicher oder schriftlicher Art können nicht mit einbezogen werden, wenn sie nicht schon vom Fachmann erkennbar vom ursprünglich offenbarten Sachverhalt ("in der Anmeldung"; s. o.) umfasst sind.
Der Beschreibung und den zugehörigen Skizzen zufolge liegt der Schwerpunkt der Anmeldung in dem Antrieb in Form einer mechanischen Kraftübertragung zwischen einer Exzenterwelle und einer Kurbelwelle, welche Kraftübertragung als Kurbeltrieb mit Hebeln und Pleuelstangen realisiert ist. Diese Beurteilung hat der Anmelder in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich bestätigt.
Unter dieser Voraussetzung sieht der Senat als Fachmann einen Ingenieur der Fachrichtung Maschinenbau, der in der Entwicklung und Konstruktion von Kurbeltrieben tätig ist und auf diesem Gebiet über mehrjährige Berufserfahrung verfügt.
Die Anmeldungsunterlagen umfassen eine Beschreibungsseite mit einer Zusammenstellung der Einzelteile des Motors nach Art einer Stückliste, eine weitere Beschreibungsseite mit Erläuterungen zur Arbeitsweise des Motors, eine Handskizze von Einzelteilen des Motors sowie jeweils eine Handskizze einer Aufsicht und eines Querschnitts des Kurbeltriebs.
Um die in der Zusammenstellung aufgelisteten Bauteile zu einer ein Ganzes bildenden Maschine miteinander zu kombinieren, bedarf es weiterer Angaben über ihre gegenseitige Lagebeziehung und Kopplung.
Die hier wiedergegebenen Skizzen "Aufsicht" (links) und "Querschnitt" (rechts) zeigen zwischen Exzenterwelle und Kurbelwelle Verbindungselemente in Form von durchgezogenen Linien. Nicht erkennbar ist dabei allerdings, ob es sich hierbei um die Hebel, um die Pleuelstangen oder um jeweils eine aus beiden Elementen gebildete Baugruppe handeln soll. Für den letzteren Fall wäre überdies nicht ersichtlich, wie die gegenseitige Kopplung dieser beiden Bauteile im Hinblick auf die gerade für das Verständnis der Wirkzusammenhänge so wichtigen Hebelarmverhältnisse bewerkstelligt sein soll. Die Wortbeschreibung sagt zur Konstellation des Kurbeltriebs lediglich aus, dass "die Krafterzeugung durch die Umsetzung von 8 Hebeln von der Exzenterwelle über die Pleuelstangen auf die Kurbelwelle gedrückt wird" und "der Ablauf mit zwei Zahnrädern und einer Zahnkette synchron verbunden" ist. Die besagten Hebelarmverhältnisse und gegenseitigen Lagebeziehungen der Kurbeltriebelemente sind allerdings aus diesen Formulierungen nicht herleitbar - auch nicht in Verbindung mit den Skizzen. Für den Fachmann bleibt somit offen, wie die einzelnen Bestandteile des Kurbeltriebs (Exzenter, Kurbeln, Hebel, Pleuelstangen) zu einem zusammenwirkenden Ganzen miteinander verbunden sein sollen.
Den vorstehend wiedergegebenen Skizzen "Aufsicht" und "Querschnitt" zufolge sind weiterhin Exzenterwelle und Kurbelwelle mit je einem Zahnrad versehen, wobei die Endlos-Zahnkette über beide Zahnräder umläuft. Demnach haben die Exzenterwelle und das ihr zugeordnete Zahnrad dieselbe Drehachse. Entsprechendes gilt für die Kurbelwelle und das dieser zugeordnete Zahnrad. Bei dieser Anordnung kommt der in der Skizze "Aufsicht" am Exzenter links außen liegende Anlenkpunkt des Verbindungselements zwischen den beiden Wellen bei einer Drehung der Exzenterwelle um 180° in bzw. entgegen dem Uhrzeigersinn rechts außen zu liegen. Letzteres wurde vom Anmelder in der mündlichen Verhandlung allerdings bestritten. Zwar sei die Drehachse der Exzenterwelle an der in der Skizze markierten Stelle (Raute), der besagte Anlenkpunkt links außen wandere aber bei einer solchen Drehung entlang der kreisförmigen Bahnkurve des Exzenters an die unmittelbar rechts neben der Drehachse liegende Position. Eine technisch-sachliche Erläuterung dieser Widersprüchlichkeit hat der Anmelder hierzu nicht gegeben. Stattdessen hat er ausgeführt, die Skizze sei hier nicht ganz korrekt, der Fachmann könne den richtigen Sachverhalt jedoch erkennen. Dies kann der Fachmann jedoch gerade nicht. Denn – wie vorstehend ausgeführt – fehlen in den Ursprungsunterlagen die vom Fachmann benötigten Angaben über die gegenseitige Konstellation der Kurbeltriebelemente.
Schließlich geht auch die Funktion des Elektromotors aus den Unterlagen nicht hervor. Laut Beschreibung wird "die Steuerung vom Elektromotor nach Bedarf benötigt". Hieraus kann allenfalls entnommen werden, dass der Elektromotor nur zeitweise (bei Bedarf) zur Steuerung betrieben wird. Wie und in welchen Betriebszuständen dies zu geschehen hat, bleibt offen.
Vorstehende Ausführungen zeigen, dass weder Wortbeschreibung noch Skizzen noch ihre Zusammenschau eine hinreichende Lehre zur praktischen Verwirklichung des angemeldeten Motors bereitstellen. Zwar ist dem Anmelder darin zuzustimmen, dass konstruktive Details in Zeichnungen von Patentanmeldungen entbehrlich sein können. Die unvollständige Lehre ist vorliegend aber nicht in dem Fehlen konstruktiver Einzelheiten in Skizzen oder Wortbeschreibung begründet, sondern vielmehr in der fehlenden Darstellung eines insgesamt funktionsfähigen Wirkprinzips als solchem, bei dem es auf konstruktive Einzelheiten nicht ankommt.
Der mit den ursprünglichen Unterlagen angemeldete Motor ist bei dieser Sachlage nicht ausführbar.
Bei alledem kann auch dahinstehen, ob der angemeldete Motor ohne Energiezufuhr von außen fortwährend betreibbar sein soll (perpetuum mobile) oder nicht. Formulierungen in der Beschreibung wie "Kraft … kann sich so immer wiederholen" und "je nach Größe des Hebelmotors und Geschwindigkeit unbegrenzte Kraft" bedeuten nicht zwangsläufig ein perpetuum mobile. Damit kann auch eine zyklische Wiederkehr ("immer wiederholen") von Lagebeziehungen bzw. Betriebszuständen und eine von der Maschinengröße/-geschwindigkeit abhängige ("je nach … unbegrenzt") - also jeweils begrenzte - Kraft gemeint sein.
Hierzu hat der Anmelder in der mündlichen Verhandlung für den Wirkungsgrad seines Motors den Wert von 100% genannt, gleichzeitig aber die Eigenschaft als perpetuum mobile ausdrücklich bestritten. Welcher dieser beiden Sachverhalte nun wirklich zutreffen soll, lässt sich aus der unzureichenden Ursprungsoffenbarung nicht herleiten. Diese Ausführungen können indes ohnehin keine Berücksichtigung finden, denn sie gehen in ihrem sachlichen Inhalt über den vorstehend dargelegten Offenbarungsgehalt in der Anmeldung hinaus.
Nach alledem war die Beschwerde zurückzuweisen.
Reinhardt Bork Paetzold Nees Ko
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