35 W (pat) 13/16
BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 13/16
_______________________
(Aktenzeichen)
BESCHLUSS In der Beschwerdesache …
betreffend das Gebrauchsmuster … (hier: Beschwerde gegen Kostenauferlegung) ECLI:DE:BPatG:2019:050619B35Wpat13.16.0 hat der 35. Senat (Gebrauchsmuster-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 5. Juni 2019 durch den Vorsitzenden Richter Metternich sowie die Richterin Bayer und den Richter Eisenrauch beschlossen:
1. Die Beschwerde des Antragstellers wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Antragsteller zu tragen.
Gründe I.
Die Antragsgegnerin war Inhaberin des am 20. Oktober 2006 beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) angemeldeten und am 8. Februar 2007 eingetragenen Gebrauchsmusters
(Streitgebrauchsmuster) mit der Bezeichnung
„…“.
Inhaber eines älteren, vergleichbaren Schutzrechts war auch der Antragsteller gewesen, nämlich des Gebrauchsmusters … mit der Bezeichnung „…
“. Seit dem Jahr 2003 waren zwischen den Verfahrensbeteiligten Lizenzund andere Verhandlungen geführt worden, die zu keinen einvernehmlichen Ergebnissen geführt hatten und schließlich im Unfrieden beendet wurden. Mit Eingabe vom 5. August 2008 hat der Antragsteller beim DPMA die Löschung des vorliegenden Streitgebrauchsmusters beantragt. Unstreitig ist hierbei, dass die Antragsgegnerin zuvor nicht zum freiwilligen Verzicht auf das Streitgebrauchsmuster aufgefordert worden war. Dem Löschungsantrag hat die Antragsgegnerin ausdrücklich nicht widersprochen und gleichzeitig erklärt, dass sie ohne weiteres dazu bereit gewesen sei, freiwillig auf das Streitgebrauchsmuster zu verzichten.
Mit Beschluss vom 2. Juni 2016 hat die Gebrauchsmusterabteilung des DPMA die Kosten des Löschungsverfahrens dem Antragsteller auferlegt, weil ein Fall des § 93 ZPO vorliege. Die Antragsgegnerin sei vor Stellung des Löschungsantrags nicht zum Verzicht auf das Streitgebrauchsmuster aufgefordert worden und diese habe den Löschungsanspruch auch durch Nichtwiderspruch sofort anerkannt. Eine Löschungsaufforderung sei nicht entbehrlich gewesen, da nicht ersichtlich sei, dass eine solche erfolglos geblieben wäre. Es sei zwar nicht ausgeschlossen, dass die Antragsgegnerin das Streitgebrauchsmuster in Kenntnis eines bestehenden Löschungsgrundes angemeldet habe; aber selbst in einem solchen Falle wäre eine Löschungsaufforderung nicht entbehrlich gewesen. Auch unter solchen Umständen sei nicht gesichert, dass sich ein Gebrauchsmusterinhaber einer Löschungsaufforderung widersetzen werde. Hiernach habe der Antragsteller trotz Obsiegens in der Sache die Kosten des Löschungsverfahrens zu tragen.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die am 29. Juni 2016 eingelegte Beschwerde des Antragstellers. Er ist der Auffassung, dass es nicht angemessen sei, zu seinen Lasten die Regelung des § 93 ZPO anzuwenden. Die über mehrere Jahre um eine … geführten Streitigkeiten hätten - wie vom Antragsteller in aller Breite dargestellt - zwischen den Beteiligten zu einem starken Zerwürfnis geführt. Die hierdurch entstandene Zerrüttung habe zuletzt ein Maß erreicht, das eine unverzügliche Löschung des Streitgebrauchsmusters gerechtfertigt hätte. Die Antragsgegnerin könne nicht mit dem Argument durchdringen, der Antragsteller habe mit seinem nicht angedrohten Löschungsantrag gegen den Grundsatz der Prozessökonomie verstoßen. Mit diesem Vortrag setze sich die Antragsgegnerin in Widerspruch zu eigenem Verhalten. Sie sei es schließlich gewesen, die durch ihr Verhalten beim Antragsteller vermeidbare Kosten für zwei zusätzliche Recherchen und eine Verletzungsprüfung provoziert habe.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
den Beschluss der Gebrauchsmusterabteilung des Deutschen Patent- und Markenamts vom 2. Juni 2016 aufzuheben und der Antragsgegnerin die Kosten des patentamtlichen Löschungsverfahrens aufzuerlegen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde des Antragstellers zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, dass der angegriffene Kostenbeschluss in der Sache nicht zu beanstanden sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, in der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg.
1. Die Gebrauchsmusterabteilung hat dem Antragsteller zu Recht die Kosten des Löschungsverfahrens auferlegt. Dieser Kostenausspruch folgt aus § 93 ZPO, dessen Anwendbarkeit sich aus einer Verweisung von § 17 Abs. 4 Satz 2 GebrMG auf § 84 Abs. 2 Satz 2 PatG ergibt (vgl. BGH GRUR 1982, 417).
a) Die Antragsgegnerin hat dem Löschungsantrag unstreitig nicht widersprochen und damit den Löschungsanspruch des Antragstellers im Sinne von § 93 ZPO sofort anerkannt (vgl. Bühring/Schmid, GebrMG, 8. Aufl., § 17 Rn. 78; BPatGE 8, 47, 51).
b) Darüber hinaus hatte die Antragsgegnerin durch ihr Verhalten dem Antragsteller im Sinne von § 93 ZPO auch - noch - keinen Anlass zur Stellung des Löschungsantrags gegeben.
b1) Dem Löschungsantrag gegen ein Gebrauchsmuster muss in aller Regel eine erfolglos gebliebene, vorherige, ernsthafte Aufforderung zur freiwilligen Aufgabe des Schutzrechts vorausgegangen sein (vgl. Ahrens in Fitzner/Bodewig/Lutz, PatRKomm, 4. Aufl., § 84 PatG, Rn. 39; Bühring/Schmid, GebrMG, 8. Aufl., § 17 Rn. 91 f.). Eine solche qualifizierte Abmahnung, die den Verzicht und damit den Untergang des vorliegenden Streitgebrauchsmusters zur Folge hätte haben können, hatte der Antragsteller im vorliegenden Fall unstreitig nicht ausgesprochen.
b2) Der Antragsteller kann sich zudem nicht darauf berufen, dass eine entsprechende Aufforderung an den Schutzrechtsinhaber ausnahmsweise entbehrlich gewesen sei.
b2a) Die Entbehrlichkeit einer Aufforderung zum Verzicht wird im Wesentlichen nur in solchen Fällen angenommen, in denen der Schutzrechtsinhaber gegen den späteren Kläger oder Antragsteller seinerseits bereits Klage wegen Verletzung des Schutzrechts erhoben oder den Erlass einer einstweiligen Verfügung angedroht hat. Insbesondere in diesen Fällen erscheint ein freiwilliges Nachgeben des Schutzrechtsinhabers ausgeschlossen, so dass dort ausnahmsweise auch eine unvermittelte Einlegung des Rechtsbehelfs gerechtfertigt erscheint (vgl. BPatGE 22, 285, 289). Dagegen lässt die bloße Aufrechterhaltung eines Schutzrechts trotz Kenntnis seiner Löschungsreife (noch) nicht den Schluss zu, dass sich der Inhaber des Schutzrechts einer Aufforderung zum Verzicht nicht fügen werde (vgl. Busse/Keukenschrijver, GebrMG, 8. Aufl., § 17 Rn. 51; Benkard/Goebel/Engel, GebrMG, 11. Aufl., § 17 Rn. 23; Bühring/Schmid, GebrMG, 8. Aufl., § 17 Rn. 102).
b2b) Eine an die Antragsgegnerin gerichtete Verzichtsaufforderung mit Löschungsandrohung wäre vorliegend auch nicht dadurch entbehrlich geworden,
falls das Verhältnis zwischen den hier Beteiligten - wie vom Antragsteller geschildert - durch ein außerordentliches Maß an Zerrüttung geprägt gewesen wäre und der Antragsteller sich durch die Antragsgegnerin zu Recht zu aufwendigen Maßnahmen der Rechtsverfolgung provoziert gefühlt hätte. Solche Umstände mögen zwar aus Sicht des Antragstellers gute Gründe dafür gewesen sein, mit einem Löschungsantrag gegen das Streitgebrauchsmuster der Antragsgegnerin vorzugehen. Sie können aber einer Anwendung des § 93 ZPO nicht mit Erfolg entgegengehalten werden. Zweck der Regelung des § 93 ZPO ist es, im öffentlichen Interesse prozessökonomisches Verhalten zu erzwingen, indem überflüssige Verfahren bei Gerichten und Behörden vermieden werden. Ob somit eine Veranlassung für einen Löschungsantrag im Sinne von § 93 ZPO bestand, bemisst sich somit alleine danach, ob ein Antragsteller die Gebrauchsmusterabteilung des DPMA in Anspruch genommen hat, obwohl die Beseitigung des entsprechenden Gebrauchsmusters auch ohne Löschungsantrag zu erreichen gewesen wäre. Dies muss gemäß den vorstehenden Ausführungen hier gerade bejaht werden. Auch wenn von einer erheblichen Zerrüttung des Verhältnisses zwischen den Beteiligten ausgegangen wird, so wäre es für den Antragsteller angezeigt gewesen, durch eine Verzichtsaufforderung mit Löschungsandrohung abschließend Klarheit darüber herzustellen, ob das Streitgebrauchsmuster nur „im Unfrieden“ und unter Inanspruchnahme des DPMA beseitigt werden kann oder nicht.
c) Nachdem auch keine Gesichtspunkte erkennbar geworden sind, die billigerweise eine andere Kostenentscheidung nahegelegt hätten, war die vorliegende Beschwerde zurückzuweisen.
2. Als im Beschwerdeverfahren Unterlegener trägt der Antragsteller auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens, was aus § 18 Abs. 2 Satz 2 GebrMG i. V. m. § 84 Abs. 2 Satz 2 PatG und §§ 97 Abs. 1, 91 Abs. 1 ZPO folgt. Auch hier erfordert die Billigkeit keine andere Entscheidung.
III.
Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass
1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, 2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, 3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, 4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat, 5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder 6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist. Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses durch einen bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt zu unterzeichnen und beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe, einzureichen. Die Frist ist nur gewahrt, wenn die Rechtsbeschwerde vor Fristablauf beim Bundesgerichtshof eingeht. Die Frist kann nicht verlängert werden.
Metternich Bayer Eisenrauch Fa