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VII ZR 126/23

BUNDESGERICHTSHOF VII ZR 126/23 BESCHLUSS vom 16. April 2025 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ:

nein BGHR:

ja JNEU:

nein GG Art. 103 Abs. 1; ZPO § 309, § 522 Abs. 2 Nr. 4 In Fällen, in denen das mit der Berufung angefochtene Urteil durch einen Richter gefällt worden ist, der entgegen § 309 ZPO der dem Urteil zugrunde liegenden Verhandlung nicht beigewohnt hat, ist eine mündliche Verhandlung im Sinne von § 522 Abs. 2 Nr. 4 ZPO geboten.

BGH, Beschluss vom 16. April 2025 - VII ZR 126/23 - OLG München LG Augsburg ECLI:DE:BGH:2025:160425BVIIZR126.23.0 Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 16. April 2025 durch den Vorsitzenden Richter Pamp, die Richter Halfmeier und Prof. Dr. Jurgeleit sowie die Richterinnen Graßnack und Dr. Hannamann beschlossen:

Der Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision wird stattgegeben. Der Beschluss des 27. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 30. Mai 2023 wird gemäß § 544 Abs. 9 ZPO aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde, an einen anderen Senat des Berufungsgerichts zurückverwiesen. Gegenstandswert: bis 65.000 €

Gründe: I.

Die Klägerin verlangt Kostenvorschuss wegen mangelhafter Ausführungen einer Tiefgaragenabdichtung bei einem Bauvorhaben in Augsburg sowie die Feststellung der weiteren Kostentragungspflicht hinsichtlich der Mangelbeseitigungskosten. Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben.

Das Landgericht hat am 16. September 2021 mündlich verhandelt. Als Richterin amtierte Richterin W.

als Einzelrichterin, die sodann Termin zur Verkündung einer Entscheidung auf den 2. Dezember 2021 bestimmt hat.

Richterin W.

hat zum 1. Oktober 2021 das Landgericht Augsburg verlassen. Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 30. November 2021 die Anberaumung eines neuen mündlichen Verhandlungstermins aufgrund des erfolgten Richterwechsels beantragt. Mit Verfügung vom 1. Dezember 2021 hat die nunmehr zuständige Richterin am Landgericht B.

dazu mitgeteilt, dass es beim Verkündungstermin verbleibe. Sie hat sodann am 2. Dezember 2021 ein klageabweisendes Urteil verkündet. Dieses ist ausweislich des Urteils durch die Richterin am Landgericht B.

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom

16. September 2021 ergangen. Richterin am Landgericht B.

hat das Urteil auch unterzeichnet.

Die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht nach vorherigem Hinweisbeschluss durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen. Gegen die Nichtzulassung der Revision wendet sich die Beschwerde der Klägerin, die ihre zuletzt gestellten Anträge weiterverfolgen möchte.

II.

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision hat Erfolg. Sie führt gemäß § 544 Abs. 9 ZPO zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an einen anderen Senat des Berufungsgerichts.

1. Das Berufungsgericht nimmt an, dass das angefochtene Urteil des Landgerichts unter Verstoß gegen § 309 ZPO ergangen sei. Dies führe aber nicht zur Begründetheit der Berufung, zumal sich das angefochtene Urteil auf Rechtsausführungen beschränke. Insbesondere gebiete dieser Verstoß auch nicht die Durchführung einer mündlichen Verhandlung. Eine Entscheidung im Beschlusswege komme in Betracht, wenn sich aus der Berufungsbegründung keine Gesichtspunkte ergäben, die eine Abänderung des Ersturteils aus rechtlichen oder tatsächlichen Erwägungen rechtfertigten. Insbesondere sei nichts dafür ersichtlich, dass die vorzunehmende rechtliche Würdigung angemessen mit der Berufungsführerin nicht im schriftlichen Verfahren erörtert werden könne. Vor dem Hintergrund der inmitten stehenden Auslegung des Inhalts des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrags bedürfe es der Durchführung einer mündlichen Verhandlung und in diesem Zusammenhang gerade auch der Anhörung der Parteien unter den Umständen des vorliegenden Falles nicht. So sei von keiner Seite zu Umständen außerhalb der schriftlichen Unterlagen vorgetragen worden, welche von Einfluss auf die Auslegung sein könnten.

Zu Recht habe das Landgericht angenommen, etwaige Ansprüche der Klägerin seien verjährt.

2. Mit diesem Vorgehen hat das Berufungsgericht - wie die Beschwerde zu Recht rügt - den Anspruch der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs nach Art. 103 Abs. 1 GG in entscheidungserheblicher Weise verletzt.

a) In dem vom Berufungsgericht zutreffend als solchen erkannten Verstoß des Landgerichts gegen § 309 ZPO lag zugleich eine Verletzung des Anspruchs der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 3. Juli 2019 - 1 BvR 2811/18, NJW 2019, 2919, juris Rn. 10). Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet das erkennende Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Das ist nur durch die Mitwirkung an der dem Urteil zugrunde liegenden Verhandlung möglich, weil nach § 309 ZPO nur Richter das Urteil fällen können, die dieser Verhandlung beigewohnt haben.

b) Diese Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör ist in der Berufungsinstanz nicht geheilt worden, da das Berufungsgericht ohne mündliche Verhandlung über die Berufung der Klägerin entschieden hat. Dadurch hatte die Klägerin weder vor dem Landgericht noch dem Berufungsgericht die Möglichkeit, ihre Argumente in einer mündlichen Verhandlung darzulegen. Damit hat - auch - das Berufungsgericht den Anspruch der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs nach Art. 103 Abs. 1 GG verletzt.

Zwar folgt aus Art. 103 Abs. 1 GG nicht unmittelbar ein Anspruch auf eine mündliche Verhandlung; vielmehr ist es Sache des Gesetzgebers zu entscheiden, in welcher Weise rechtliches Gehör gewährt werden soll. Hat eine mündliche Verhandlung aber von Gesetzes wegen stattzufinden, begründet der Anspruch auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG ein Recht auf Äußerung in der mündlichen Verhandlung und zugleich auf deren Durchführung durch das Gericht (BVerfG, Kammerbeschluss vom 3. Juli 2019 - 1 BvR 2811/18, NJW 2019, 2919, juris Rn. 9).

So liegt der Fall hier.

Das Berufungsgericht durfte die Berufung nicht durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückweisen. Es durfte nicht annehmen, eine mündliche Verhandlung sei nicht geboten (§ 522 Abs. 2 Nr. 4 ZPO). In Fällen, in denen das mit der Berufung angefochtene Urteil durch einen Richter gefällt worden ist, der entgegen § 309 ZPO der dem Urteil zugrunde liegenden Verhandlung nicht beigewohnt hat, ist eine mündliche Verhandlung in jedem Fall geboten. Die Erwägungen des Berufungsgerichts dazu, dass und warum die vorzunehmende rechtliche Würdigung angemessen mit der Berufungsführerin im schriftlichen Verfahren erörtert werden könne, können deshalb im vorliegenden Fall an der Notwendigkeit der mündlichen Verhandlung nichts ändern.

c) Die Entscheidung des Berufungsgerichts beruht auch auf dem Gehörsverstoß. Unterbleibt eine einfachrechtlich zwingend gebotene mündliche Verhandlung, kann in aller Regel nicht ausgeschlossen werden, dass bei Durchführung der mündlichen Verhandlung eine andere Entscheidung ergangen wäre (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 3. Juli 2019 - 1 BvR 2811/18, NJW 2019, 2919, juris Rn. 12). In derartigen Fällen bedarf es keiner näheren Darlegung dazu, was der Beschwerdeführer in dieser Verhandlung vorgetragen hätte.

3. Der angefochtene Beschluss ist daher aufzuheben und der Rechtsstreit ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, wobei der Senat von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch gemacht hat.

Die von der Klägerin begehrte Zurückverweisung an das Landgericht kommt nicht in Betracht, weil das Berufungsgericht gemäß § 538 Abs. 1 ZPO grundsätzlich selbst in der Sache zu entscheiden hat und eine der Ausnahmen

-7gemäß § 538 Abs. 2 ZPO zur Zeit nicht ersichtlich ist.

Pamp Graßnack Halfmeier Hannamann Jurgeleit Vorinstanzen: LG Augsburg, Entscheidung vom 02.12.2021 - 63 O 547/21 OLG München, Entscheidung vom 30.05.2023 - 27 U 564/22 Bau -

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Sortiert nach der Häufigkeit
Häufigkeit Paragraph
5 103 GG
5 309 ZPO
4 522 ZPO
2 538 ZPO
2 544 ZPO
1 563 ZPO

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