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3 StR 383/18

BUNDESGERICHTSHOF StR 383/18 BESCHLUSS vom 2. April 2019 in der Strafsache gegen wegen gefährlicher Körperverletzung ECLI:DE:BGH:2019:020419B3STR383.18.1 Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 2. April 2019 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Koblenz vom 14. März 2018, soweit es ihn betrifft, mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit das Landgericht von einer Entscheidung über die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt abgesehen hat. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe: 1 Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Die auf die Rüge der Verletzung sachlichen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. 2 Hinsichtlich des Schuld- und Strafausspruchs hat die Überprüfung des Urteils keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Dagegen hält das Urteil der Überprüfung nicht stand, soweit das Landgericht von der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt abgesehen hat.

1. Nach den Feststellungen begann der Angeklagte im Alter von 13 oder 14 Jahren mit dem Konsum von Alkohol und steigerte diesen in der Folge so weit, dass er zeitweise am Wochenende pro Abend Bier in großen Mengen - mitunter eine Kiste - und zehn bis 15 Mischgetränke zu sich nahm. An manchen Abenden konsumierte er eine ganze Flasche Whiskey. Zwar beschränkte er nach der Geburt seines Sohnes im Jahr 2012 die genossenen Alkoholmengen auf nur noch einen Abend am Wochenende. Doch trank er in den Wochen vor der verfahrensgegenständlichen Tat nach Trennung von seiner Verlobten wieder vermehrt Alkohol, nämlich regelmäßig zwei bis drei Bier am Abend, gelegentlich auch einen ganzen Kasten.

Das Landgericht hat - sachverständig beraten - den Angeklagten nicht in einer Entziehungsanstalt untergebracht. Zwar lägen bei ihm eine Alkoholabhängigkeit und damit auch ein Hang vor. Doch bestehe kein Hang zum Konsum von Alkohol im Übermaß. Es gebe insoweit keine Anhaltspunkte dafür, dass der Angeklagte in seiner Gesundheit, Arbeits- oder Leistungsfähigkeit erheblich beeinträchtigt sei.

2. Aus diesen Erwägungen ergibt sich, dass das Landgericht seiner Entscheidung ein fehlerhaftes Verständnis des Begriffs "Hang" im Sinne des § 64 StGB zugrunde gelegt hat.

a) Für die Annahme eines Hangs im Sinne des § 64 StGB ist nach ständiger Rechtsprechung ausreichend eine eingewurzelte, auf eine psychische Disposition zurückgehende oder durch Übung erworbene Neigung, immer wieder Rauschmittel zu konsumieren, wobei diese Neigung noch nicht den Grad einer physischen Abhängigkeit erreicht haben muss. Ein übermäßiger Genuss von Rauschmitteln ist jedenfalls dann gegeben, wenn der Betreffende auf Grund seiner Neigung sozial gefährdet oder gefährlich erscheint. Wenngleich erheblichen Beeinträchtigungen der Gesundheit, Arbeits- und Leistungsfähigkeit des Betreffenden indizielle Bedeutung für das Vorliegen eines Hangs zukommt und diese in der Regel mit übermäßigem Rauschmittelkonsum einhergehen werden, schließt deren Fehlen gleichwohl nicht notwendigerweise die Annahme eines Hangs aus. Auch stehen das Fehlen ausgeprägter Entzugssyndrome sowie Intervalle der Abstinenz der Annahme eines Hangs nicht entgegen. Dieser setzt auch nicht voraus, dass die Rauschmittelgewöhnung auf täglichen oder häufig wiederholten Genuss zurückgeht; vielmehr kann es genügen, wenn der Täter von Zeit zu Zeit oder bei passender Gelegenheit seiner Neigung zum Rauschmittelkonsum folgt (BGH, Beschluss vom 17. Mai 2018 - 3 StR 166/18, juris Rn. 12 mwN).

b) Nach diesen rechtlichen Maßstäben hätte das Landgericht mit der aufgeführten Begründung das Vorliegen eines Hangs nicht verneinen dürfen.

Die Strafkammer ist von einer Alkoholabhängigkeit des Angeklagten und damit von einer tief verwurzelten Neigung zum Alkoholkonsum ausgegangen. Dass diese (bislang) nicht zu einer Einschränkung im Sozial- und Leistungsverhalten des Angeklagten geführt hat, steht mit Blick auf den lediglich indiziellen Charakter einer Persönlichkeitsdepravation dem mit der Abhängigkeitserkrankung begründeten Hang zum übermäßigen Rauschmittelkonsum nicht entgegen. Soweit das Landgericht eine soziale Gefährdung und Gefährlichkeit nicht erkannt hat, weil der Angeklagte bisher keine Gewaltdelikte unter Alkoholeinfluss begangen habe, hat es aus dem Blick verloren, dass es im Rahmen sowohl der Beweiswürdigung als auch der Strafzumessung davon ausgegangen ist, dass die alkoholbedingte Enthemmung zum Zeitpunkt der Tat diese jedenfalls mitbeeinflusst hat.

Da sich das Urteil zu einem möglichen Fehlen der weiteren Voraussetzungen des § 64 StGB nicht verhält, die nach den Urteilsgründen auch nicht fernliegen, bedarf die Frage der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt - wiederum unter Hinzuziehung eines Sachverständigen (§ 246a StPO) - neuer Verhandlung und Entscheidung. Dass nur der Angeklagte Revision eingelegt hat, hindert eine Nachholung der Unterbringungsanordnung nicht (§ 358 Abs. 2 Satz 3 StPO; vgl. BGH, Beschluss vom 7. Januar 2009 - 3 StR 458/08, NStZ 2009, 261). Der Beschwerdeführer hat die Nichtanwendung des § 64 StGB nicht vom Rechtsmittelangriff ausgenommen (vgl. BGH, Urteil vom 7. Oktober 1992 - 2 StR 374/92, BGHSt 38, 362, 363).

Schäfer Wimmer Gericke Tiemann Spaniol

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