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VIa ZR 482/21

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VIa ZR 482/21 in dem Rechtsstreit ECLI:DE:BGH:2024:310724UVIAZR482.21.0 Der VIa. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat im schriftlichen Verfahren gemäß § 128 Abs. 2 ZPO, in dem Schriftsätze bis zum 16. Juli 2024 eingereicht werden konnten, durch die Richterin am Bundesgerichtshof Dr. C. Fischer als Vorsitzende, die Richterinnen Möhring, Dr. Krüger, Wille und den Richter Liepin für Recht erkannt:

Auf die Revision des Klägers wird der Beschluss des 1. Zivilsenats des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena vom 11. Oktober 2021 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf bis 45.000 € festgesetzt.

Von Rechts wegen Tatbestand: 1 Der Kläger nimmt die Beklagte wegen der Verwendung unzulässiger Abschalteinrichtungen in einem Kraftfahrzeug auf Schadensersatz in Anspruch. 2 Der Kläger erwarb im Jahr 2016 von einem Autohaus einen von der Beklagten hergestellten Audi A7 Sportback, der mit einem 3.0 l TDI Dieselmotor (Schadstoffklasse Euro 6) aus der Produktion der Beklagten ausgerüstet ist.

Der Kläger hat die Erstattung des Kaufpreises abzüglich einer Nutzungsentschädigung nebst Zinsen Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs, die Feststellung des Annahmeverzugs und die Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen begehrt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg gehabt. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe: 4 Die Revision des Klägers hat Erfolg.

I. 5 Das Berufungsgericht, das sich zu einer Haftung aus § 823 BGB in Verbindung mit §§ 6, 27 EG-FGV nicht verhält, hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Es könne dahinstehen, ob in dem Fahrzeug des Klägers unzulässige Abschalteinrichtungen verbaut seien. Denn es fehle an ausreichendem Vortrag zur subjektiven Seite des § 826 BGB und zur Sittenwidrigkeit.

II. 6 Diese Erwägungen sind nicht frei von Rechtsfehlern. 7 1. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann ein Anspruch des Klägers aus § 826 BGB nicht verneint werden. Eine objektiv sittenwidrige arglistige Täuschung der Typgenehmigungsbehörde ist grundsätzlich indiziert, wenn eine im Fahrzeug verbaute unzulässige Abschalteinrichtung ausschließlich im Prüfstand die Abgasreinigung grenzwertkausal verstärkt aktiviert (vgl. BGH, Urteil vom 6. November 2023 - VIa ZR 535/21, WM 2024, 40 Rn. 11; Urteil vom 11. Dezember 2023 - VIa ZR 1012/22, juris Rn. 11). Zutreffend nimmt das Berufungsgericht zwar an, dass die bloße Verwendung unzulässiger Abschalteinrichtungen noch keine sittenwidrige vorsätzliche Schädigung indiziert (vgl. zum Thermofenster BGH, Urteil vom 19. Januar 2021 - VI ZR 433/19, WM 2021, 354 Rn. 13 ff.). Die Revision rügt aber zu Recht, dass sich das Berufungsgericht mit dem von der Revision insoweit aufgezeigten Vortrag des Klägers zu einer Funktion, durch die der Prüfstand erkannt und die Abgasreinigung optimiert werde, nicht auseinandersetzt. Es unterstellt im Zurückweisungsbeschluss vielmehr unzulässige Abschalteinrichtungen, hält indessen den Vortrag des Klägers zur subjektiven Seite des Anspruchs aus § 826 BGB für unzureichend, ohne sich mit der Indizwirkung der - vom Kläger behaupteten - Manipulationssoftware zu befassen.

2. Die Revision wendet sich weiter mit Erfolg dagegen, dass das Berufungsgericht eine Haftung der Beklagten nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV nicht erwogen hat. Wie der Senat nach Erlass des angefochtenen Beschlusses entschieden hat, sind die Bestimmungen der § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB, die das Interesse des Fahrzeugkäufers gegenüber dem Fahrzeughersteller wahren, nicht durch den Kaufvertragsabschluss eine Vermögenseinbuße im Sinne der Differenzhypothese zu erleiden, weil das Fahrzeug entgegen der Übereinstimmungsbescheinigung eine unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne des Art. 5 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 aufweist (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juni 2023 - VIa ZR 335/21, BGHZ 237, 245 Rn. 29 bis 32). Daher kann dem Kläger nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV ein Anspruch auf Ersatz eines erlittenen Differenzschadens zustehen (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juni 2023, aaO, Rn. 28 bis 32).

Dabei besteht zwar aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV kein Anspruch des Klägers auf Gewährung "großen" Schadensersatzes (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juni 2023 - VIa ZR 335/21, BGHZ 237, 245 Rn. 22 bis 27). Doch kann dem Kläger danach ein Anspruch auf Ersatz eines erlittenen Differenzschadens zustehen (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juni 2023, aaO, Rn. 28 bis 32; ebenso BGH, Urteile vom 20. Juli 2023 - III ZR 267/20, NJW 2024, 361 Rn. 21 ff.; - III ZR 303/20, juris Rn. 16 f.; Urteil vom 12. Oktober 2023 - VII ZR 412/21, juris Rn. 20). Das Berufungsgericht hätte die Berufung des Klägers bei richtiger rechtlicher Bewertung mithin nicht zurückweisen dürfen, ohne ihm Gelegenheit zu geben, den von ihm geltend gemachten Schaden im Sinne des Differenzschadens zu berechnen.

III.

Die angefochtene Entscheidung ist aufzuheben, § 562 ZPO, weil sie sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig darstellt, § 561 ZPO. Der Senat kann nicht in der Sache selbst entscheiden, weil sie nicht zur Endentscheidung reif ist, § 563 Abs. 3 ZPO. Sie ist daher zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

Im wiedereröffneten Berufungsverfahren wird das Berufungsgericht prüfen müssen, ob in das streitgegenständliche Fahrzeug eine Abschalteinrichtung im Sinne von Art. 3 Nr. 10 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 implementiert ist, welche zudem eine objektiv sittenwidrige arglistige Täuschung der Typgenehmigungsbehörde indiziert, und sich gegebenenfalls mit den weiteren Voraussetzungen des Anspruchs aus §§ 826, 31 BGB befassen müssen (vgl. BGH, Urteil vom 25. Mai 2020 - VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316). Weiter wird der Kläger Gelegenheit haben, einen Differenzschaden darzulegen. Das Berufungsgericht wird sodann nach den näheren Maßgaben des Urteils des Senats vom 26. Juni 2023 (VIa ZR 335/21, BGHZ 237, 245; vgl. auch BGH, Urteil vom 12. März 2024 - VIa ZR 635/23, juris Rn. 9 ff.) die erforderlichen Feststellungen zu der Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung sowie gegebenenfalls zu den weiteren Voraussetzungen und zum Umfang einer Haftung der Beklagten nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV zu treffen haben.

C. Fischer Möhring Krüger Wille Liepin Vorinstanzen: LG Meiningen, Entscheidung vom 19.03.2021 - 3 O 751/20 OLG Jena, Entscheidung vom 11.10.2021 - 1 U 360/21 - Verkündet am: 31. Juli 2024 Neumayer, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

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