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17 W (pat) 27/11

BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 27/11

_______________________

(Aktenzeichen)

BESCHLUSS In der Beschwerdesache betreffend die Patentanmeldung 10 2008 058 761.3-53 (hier: Wiedereinsetzung in die versäumte Beschwerdefrist) …

hat der 17. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung am 13. September 2012 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Phys. Dr. Fritsch, der Richterin Eder, des Richters Dipl.-Ing. Baumgardt und des Richters Dipl.-Phys. Dr. Forkel BPatG 152 08.05 beschlossen:

1. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird verworfen.

2. Die Beschwerde gilt als nicht eingelegt.

Gründe I.

Die vorliegende Patentanmeldung mit der Bezeichnung „Farbdatenbank“ ist von der Prüfungsstelle für Klasse G06F des Deutschen Patent- und Markenamts zurückgewiesen worden. Diesen Beschluss haben die Inlandsvertreter der Anmelderin laut Empfangsbekenntnis am 21. Juli 2010 erhalten.

Dagegen hat die Anmelderin mit Schreiben vom 24. Januar 2011, eingegangen mittels Telefax am selben Tag, Beschwerde eingelegt und die Beschwerdegebühr bezahlt. Gleichzeitig hat sie die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Zur Begründung führt sie aus:

Die Wiedereinsetzung werde innerhalb von 2 Monaten nach Wegfall des Hindernisses schriftlich beantragt. Die Anmelderin sei auf den unbeabsichtigten Verfall ihres Schutzrechtes am 23. November 2010 aufmerksam geworden. An diesem Tag habe sie versucht, die Jahresgebühren zu zahlen. Dabei sei festgestellt worden, dass die Anmeldung nicht mehr in Kraft sei. Die zweimonatige Frist gemäß § 123 Abs. 2 Satz 1 PatG sei mit vorliegendem Antrag gewahrt, da diese am 23. Januar 2011 ablaufe. Der Wiedereinsetzungsantrag werde auch 1 Jahr nach Ablauf der versäumten Frist gestellt. Die versäumte Frist sei diejenige zur Einlegung einer Beschwerde gegen den Zurückweisungsbeschluss.

Anmelderin sei die J… LLC in W… (USA). Diese Firma habe über die von ihr beauftragte amerikanische Kanzlei F… LLP die unterzeichnenden Inlandsvertreter mit Schreiben vom 5. November 2008 instruiert, die Anmeldung zu tätigen. Die Anmelderin sei eine Holding Company, die von der Firma I… kontrolliert werde. Entsprechend habe die instruierende amerikanische Kanzlei F… LLP ihren originären Auftrag von Herrn H…, Direktor für Patententwicklung der Firma I… in B…, USA, erhalten. Diesem oblägen sämtliche Entscheidungen bezüglich Anmeldung, Aufrechterhaltung und Verteidigung des Schutzrechts bis zum heutigen Zeitpunkt.

Ansprechpartner für die Inlandsvertreter war Frau Monika B…, beschäftigt als Paralegal bei der instruierenden amerikanischen Anwaltskanzlei F… LLP. Im April 2009 habe bei der beauftragenden Firma I… Unschlüssigkeit bestanden, wie mit der Aufrechterhaltung der deutschen Anmeldung verfahren werden solle. Deshalb habe I… beschlossen, weitere Kosten bis zur endgültigen Entscheidung zu vermeiden. Entsprechende Weisungen habe Frau B… am 24. April 2009 von Herrn H… erhalten. Diese Weisungen seien seitens Frau B… dahingehend interpretiert worden, dass es sich bereits um eine Entscheidung zur Aufgabe der deutschen Patentanmeldung handle, und dass keine weiteren Kosten verursacht werden sollten, sowie dass Frau B… entsprechende Weisungen an die lokalen Patentanwälte weitergeben sollte. Sie sei weiterhin gebeten worden, den Empfang der entsprechenden Instruktionen zu bestätigen und Herrn H… darüber zu unterrichten, wenn Verfall einzelner Fälle auftreten sollte.

Frau B… habe den Erhalt von Herrn H… Anweisungen bestätigt und darin zugesagt, dass sie die lokalen, deutschen Anwälte anweisen werde, keine weiteren Kosten zu generieren. Am 24. April 2009 habe Frau B… zwei Emails an die deutschen Anwälte G… gesandt:

- Die erste Email habe folgenden Text enthalten: „Our client is in the process of reviewing its intellectual property assets. As a result, please do not incure any unnecessary costs associated with these applications until you receive further notice from us.“ - Die zweite Email habe folgenden Passus enthalten: „Please be advised that our client has requested that the above-referenced applications be allowed to go abandoned. Therefore, we request that any work on these applications be discontinued and that no further costs being cured in connection with their prosecution.“

Die Inlandsvertreter hätten den Erhalt der zweiten Email am 27. April 2009 bestätigt, die Akte geschlossen und ein Abschlussschreiben mit Datum vom 4. Mai 2009 abgesandt, worin stand, dass keine weiteren Schritte unternommen werden sollten und dass insbesondere keine weitere Amtspost an die amerikanische Anwaltskanzlei F… LLP in Bezug auf die vorliegende Anmeldung weitergeleitet werde. Basierend auf der Fehlannahme, dass I… einen Verfall der deutschen Anmeldung wünsche, wurden die Inlandsvertreter nicht instruiert, die Anmeldung zu überwachen, und typische Ereignisse wie Endfristen mitzuteilen. Entsprechend sei auch I… nicht hinsichtlich des Status der deutschen Anmeldung von der amerikanischen Anwaltskanzlei F… LLP unterrichtet worden, obgleich der vorliegende Fall im internen Verwaltungssystem dieser Firma als „lebend“ geführt worden sei. Dementsprechend sei I… nicht informiert gewesen über den Zurückweisungsbeschluss des Deutschen Patent- und Markenamts und die sich hieraus ergebende Beschwerdefrist. Damit sei I… die Möglichkeit genommen worden, so wie geplant das Verfahren bei Bedarf fortzusetzen. Dass I… tatsächlich diese Absicht gehabt habe, ergebe sich aus der Tatsache, dass die Akte von I… selbst als „aktiv“ geführt worden sei und im November vergangenen Jahres auch der Versuch unternommen worden sei, die entsprechende Jahresgebühr zu zahlen. Herr H… hätte sich für die Einlegung einer Beschwerde entschieden, hätte er von dem entsprechenden Zurückweisungsbeschluss Kenntnis gehabt. Dies werde durch die Tatsache, dass Wiedereinsetzung beantragt und die versäumte Handlung nachgeholt werde, dokumentiert.

Frau B… habe bei der unmittelbaren Umsetzung der Mandanteninstruktionen an die Inlandsvertreter übersehen, dass es ein spezielles Procedere gebe, wie mit Schutzrechten, die für einen möglichen Verfall vorgesehen seien, umgegangen werden solle. Dadurch habe sie es unterlassen, den Inlandsvertretern explizit mitzuteilen, dass ein Bericht über mögliche Endfristen unbedingt erfolgen müsse, da tatsächlich noch keine Entscheidung über das Schicksal der Anmeldung stattgefunden habe.

Der Senat hat einen Zwischenbescheid erlassen. Es bestünden Bedenken, ob der Antrag auf Wiedereinsetzung fristgerecht, also innerhalb von 2 Monaten nach Wegfall des Hindernisses gestellt worden ist; zudem könnte ein Vortrag darüber fehlen, dass die Versäumung der Frist ohne Verschulden erfolgt sei. Im Übrigen seien die vorgetragenen Tatsachen nicht glaubhaft gemacht.

Die Anmelderin hat auf diesen Zwischenbescheid keine weitere, inhaltliche Stellungnahme abgegeben.

Zu den Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

1. Die Beschwerde ist nicht fristgerecht eingereicht worden.

Die Beschwerde der Anmelderin gegen den Zurückweisungsbeschluss der Prüfungsstelle für Klasse G06F ist am 24. Januar 2011 eingegangen. Nach § 73 Abs. 2 Satz 1 PatG ist die Beschwerde innerhalb eines Monats nach Zustellung einzulegen. Die Anmelderin hat den angefochtenen Beschluss ausweislich des Empfangsbekenntnisses am 21. Juli 2010 erhalten. Die Beschwerde hätte damit ebenso wie die Beschwerdegebühr gemäß §§ 187, 188, 193 BGB spätestens am 23. August 2010 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingehen müssen.

2. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Einlegung der Beschwerde ist nicht zulässig.

Ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist zulässig, wenn er statthaft und form- und fristgerecht gestellt worden ist und die den Antrag begründenden Tatsachen enthält, § 123 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 PatG.

Vorliegend ist die Einsetzung in die versäumte Frist nicht fristgerecht, also innerhalb von 2 Monaten nach Wegfall des Hindernisses beantragt worden ist, § 123 Abs. 2 Satz 1 PatG. Der Fristbeginn wird durch den Wegfall des Hindernisses bestimmt (Schulte, PatG, 8. Aufl., § 123 Rdnr. 26). Der Wegfall des Hindernisses tritt ein, sobald das Ereignis seine hindernde Wirkung auf den Säumigen oder dessen Vertreter verliert, also wenn Säumiger oder Vertreter bei der Anwendung der ihm zuzumutenden Sorgfalt nicht mehr gehindert ist, die versäumte Handlung vorzunehmen oder wenn das Fortbestehen des Hindernisses nicht mehr als unverschuldet angesehen werden kann. Im Fall der Unkenntnis oder des Irrtums, wenn diese aufhören unverschuldet zu sein, also wenn die Säumnis bei Beachtung der zu erwartenden Sorgfalt hätte erkannt werden können (Schulte, a. a. O., § 123 Rdnr. 27; Benkard, PatG, 10. Aufl., § 123 Rdnr. 54). Dabei steht die Kenntnis des Vertreters, auch des ausländischen Vertreters, der Kenntnis der Partei gleich (Schulte, a. a. O., § 123 Rdnr. 30, 83). Vorliegend hätte die Anmelderin bzw. ihr Vertreter bei Anwendung der zuzumutenden Sorgfalt die versäumte Handlung früher vornehmen können.

Spätestens mit Ablauf der Beschwerdefrist gegen den Zurückweisungsbeschluss, also am 23. August 2010, hätte die Säumnis bei Beachtung der zu erwartenden Sorgfalt erkannt werden können und ist damit das Hindernis weggefallen. Zu diesem Zeitpunkt hätten die Inlandsvertreter die Anmelderin bzw. deren amerikanische Vertreter über den Verfall der Patentanmeldung instruieren müssen. Zwar haben die Inlandsvertreter in Antwort auf die Weisungen von Frau B… die Akte geschlossen und mit Abschlussschreiben vom 4. Mai 2009 mitgeteilt, dass keine weiteren Schritte unternommen werden sollten und dass insbesondere keine weitere Amtspost an die amerikanische Anwaltskanzlei F… LLP in Bezug auf die vorliegende Anmeldung weitergeleitet werde. Unabhängig von der konkreten Instruktion der Inlandsvertreter durch die amerikanische Kanzlei F… LLP ist jedoch der Anmelder über so einschneidende Ereignisse wie den Verfall eines Rechts zu unterrichten. Eine Sorgfaltspflichtverletzung ist bereits dann anzunehmen, wenn die Übermittlung von Verwaltungsakten des Patentamts an den Mandanten unterlassen wird, auch wenn dieser die Weisung erteilt hat, in der Sache nichts mehr zu unternehmen (Schulte, a. a. O., § 123 Rdnr. 101 Ziff. 8). Ein Zurückweisungsbeschluss berührt das Verfahren und die Rechtsstellung des Anmelders erst recht in einem solchen Ausmaß, dass er davon - auch bei gegensätzlicher Weisung - zu unterrichten ist. Dass die Inlandsvertreter u. a. keine weitere Amtspost an die amerikanische Anwaltskanzlei F… LLP in Bezug auf die vorliegende Anmeldung weiterleiteten, hätte sich bei der zuzumutenden Sorgfalt nicht auf die Mitteilung über die rechtskräftige Zurückweisung der Patentanmeldung erstrecken dürfen. Insoweit hätte Anlass für anwaltliches Handeln bestanden (BGH NJW 1994, 2831). Damit wäre das Hindernis Ende August 2010 beseitigt gewesen und der Antrag auf Wiedereinsetzung in die versäumte Beschwerdefrist hätte innerhalb der nachfolgenden zwei Monate, jedenfalls aber nicht erst im Januar 2011 gestellt werden müssen.

Deshalb war der Antrag auf Wiedereinsetzung als unzulässig zu verwerfen.

Ob der Wiedereinsetzungsantrag wegen mangelnden Verschuldens begründet ist, musste dahingestellt bleiben. Auf seine insoweit bestehenden Bedenken hat der Senat in seinem Zwischenbescheid hingewiesen.

3. Die Beschwerde gilt als nicht eingelegt.

Mit der Beschwerde ist auch die Beschwerdegebühr nicht rechtzeitig eingegangen. Nach § 6 PatKostG handelt es sich bei der Beschwerdegebühr um eine fristgebundene gebührenpflichtige Verfahrenshandlung (Schulte, a. a. O., § 6 PatKostG Rdnr. 3, 5; § 2 PatKostG Rdnr. 21). Die Handlung gilt als nicht vorgenommen, wenn die Gebühr nicht rechtzeitig gezahlt wird (Schulte, a. a. O., § 6 PatKostG Rdnr. 13, 15).

4. Eine mündliche Verhandlung wurde nicht beantragt und ist auch nicht sachdienlich, so dass die Wiedereinsetzung in die versäumte Frist ohne mündliche Verhandlung abgelehnt werden konnte (Schulte, a. a. O., PatG § 123 Rdnr. 161).

Dr. Fritsch Baumgardt Dr. Forkel Eder Fa

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