9 W (pat) 428/04
BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 428/04 Verkündet am 12. März 2014
…
BESCHLUSS In der Einspruchssache betreffend das Patent 102 40 759 …
hat der 9. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 12. März 2014 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Ing. Hilber sowie der Richter Paetzold, Dr.-Ing. Baumgart und Dr.-Ing. Geier beschlossen:
Das Patent wird beschränkt aufrechterhalten mit folgenden Unterlagen:
- Patentansprüche 1 bis 14 gemäß Hilfsantrag C, überreicht in der mündlichen Verhandlung am 12. März 2014
- Beschreibung Seiten 1 bis 9, überreicht in der mündlichen Verhandlung am 12. März 2014,
- Zeichnungen Figuren 1 bis 7 gemäß Patentschrift.
Gründe I
Das Deutsche Patent- und Markenamt hat nach Prüfung das am 30. August 2002 angemeldete Patent mit der Bezeichnung
"Verdeck für ein Cabriolet-Fahrzeug" erteilt. Die Veröffentlichung der Patenterteilung ist am 29. Juli 2004 erfolgt.
Gegen das Patent hat ursprünglich die O… GmbH am 29. Oktober 2004 Einspruch erhoben. Sie macht den Widerrufsgrund gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG geltend und verweist schriftsätzlich auf die folgenden Dokumente:
E1: EP 1 384 610 A2 E2: Prioritätsbescheinigung über die Einreichung einer Patentanmeldung, Aktenzeichen 102 34 282.2 vom 26. Juli 2002, beim Deutschen Patent- und Markenamt.
Mit Schriftsatz vom 26. Juni 2012, per Fax eingegangen am selben Tag, hat die ursprüngliche Einsprechende, die O… GmbH, den Einspruch zurückgenommen.
Die Patentinhaberin hat dem Vortrag der Einsprechenden widersprochen.
Mit gerichtlichem Hinweis vom 27. Februar 2014 wurde auf die Relevanz der Dokumente E1 und E2 hingewiesen und zum möglichen Verständnis des Patentgegenstandes ausgeführt.
In der mündlichen Verhandlung am 12. März 2014 beantragt die Patentinhaberin zuletzt, das Patent mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrechtzuerhalten:
- Patentansprüche 1 bis 14 gemäß Hauptantrag, eingereicht mit Schriftsatz vom 29. Oktober 2012, dort als „Antrag A“ bezeichnet
- neue Beschreibung, eingereicht mit Schriftsatz vom 29. Oktober 2012 (Bl. 89 bis 97 der Gerichtsakte),
- Zeichnungen Figuren 1 bis 7 wie Patentschrift.
Hilfsweise beantragt sie das Patent mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrechtzuerhalten:
- Patentansprüche 1 bis 14 gemäß Hilfsantrag A, eingereicht mit Schriftsatz vom 10. März 2014,
- Beschreibung und Zeichnungen Figuren wie Hauptantrag.
Weiter hilfsweise beantragt sie das Patent mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrechtzuerhalten:
- Patentansprüche 1 bis 11 gemäß Hilfsantrag B, überreicht in der mündlichen Verhandlung am 12. März 2014
- Beschreibung und Zeichnungen Figuren wie Hauptantrag.
Weiter hilfsweise beantragt sie das Patent mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrechtzuerhalten:
- Patentansprüche 1 bis 14 gemäß Hilfsantrag C, überreicht in der mündlichen Verhandlung am 12. März 2014
- Beschreibung Seiten 1 bis 9, überreicht in der mündlichen Verhandlung am 12. März 2014,
- Zeichnungen Figuren 1 bis 7 gemäß Patentschrift.
Der geltende Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag lautet (Unterschiede zum Patentanspruch 1 gemäß Streitpatent unterstrichen – dies gilt auch für die folgenden Hilfsanträge):
Verdeck für ein Cabriolet-Fahrzeug, umfassend ein festes, bewegbares Dachteil (1) mit einer Außenfläche (1 a) und einer Innenfläche (1b), und ein Gestänge (3), wobei das Gestänge (3) im Zuge einer Verdecköffnungsbewegung gegenüber dem Dachteil (1) bewegbar ist, wobei ein als flexibles, flächiges Element ausgebildetes Abdeckmittel (2) vorgesehen ist, wobei das Gestänge (3) in einem geschlossenen Verdeckzustand zwischen der Außenfläche (1a) des Dachteils (1) und dem Abdeckmittel (2) angeordnet ist,
wobei das Abdeckmittel (2) durch die Verdecköffnungsbewegung zur Freigabe eines Bewegungsraums des Gestänges (3) von dem Dachteil (1) wegbewegbar ist, wobei das Abdeckmittel (2) an der Innenfläche (1b) des Dachteils (1) festgelegt ist.
Rückbezogen schließen sich hieran die Patentansprüche 2 bis 14 gemäß Hauptantrag an.
Der geltende Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag A lautet:
Verdeck für ein Cabriolet-Fahrzeug, umfassend ein festes, bewegbares Dachteil (1) mit einer Außenfläche (1 a) und einer Innenfläche (1b), und ein Gestänge (3), wobei das Gestänge (3) im Zuge einer Verdecköffnungsbewegung gegenüber dem Dachteil (1) bewegbar ist, wobei ein als flexibles, flächiges Element ausgebildetes Abdeckmittel (2) vorgesehen ist, wobei das Gestänge (3) in einem geschlossenen Verdeckzustand zwischen der Außenfläche (1a) des Dachteils (1) und dem Abdeckmittel (2) angeordnet ist, wobei das Abdeckmittel (2) durch die Verdecköffnungsbewegung zur Freigabe eines Bewegungsraums des Gestänges (3) von dem Dachteil (1) wegbewegbar ist, wobei das Abdeckmittel (2) unmittelbar an der Innenfläche (1b) des Dachteils (1) festgelegt ist und von der Innenfläche (1b) wegbewegbar ist.
Rückbezogen schließen sich hieran die Patentansprüche 2 bis 14 gemäß Hilfsantrag A an.
Der geltende Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag B lautet:
Verdeck für ein Cabriolet-Fahrzeug, umfassend ein festes, bewegbares Dachteil (1) mit einer Außenfläche (1 a) und einer Innenfläche (1b), und ein Gestänge (3), wobei das Gestänge (3) im Zuge einer Verdecköffnungsbewegung gegenüber dem Dachteil (1) bewegbar ist, wobei ein als flexibles, flächiges Element ausgebildetes Abdeckmittel (2) vorgesehen ist, wobei das Gestänge (3) in einem geschlossenen Verdeckzustand zwischen der Außenfläche (1a) des Dachteils (1) und dem Abdeckmittel (2) angeordnet ist, wobei das Abdeckmittel (2) durch die Verdecköffnungsbewegung zur Freigabe eines Bewegungsraums des Gestänges (3) von dem Dachteil (1) wegbewegbar ist, wobei das Abdeckmittel (2) über ein Zugmittel spannbar ist, wobei das Zugmittel an einem Ende an dem Abdeckmittel (2) festgelegt, an dem Dachteil (1) geführt und an dem anderen Ende mit dem Gestänge (3) verbunden ist, so daß die Relativbewegung des Gestänges (3) zu dem Dachteil (1) zu einem Abspannen des Abdeckmittels (2) in einem letzten Abschnitt einer Verdeckschließbewegung nutzbar ist.
Rückbezogen schließen sich hieran die Patentansprüche 2 bis 11 gemäß Hilfsantrag B an.
Der geltende Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag C lautet:
Verdeck für ein Cabriolet-Fahrzeug, umfassend ein festes, bewegbares erstes Dachteil (1) mit einer Außenfläche (1 a) und einer Innenfläche (1b), ein festes, bewegbares zweites Dachteil (5),
ein hinteres festes, bewegbares drittes Dachteil (3), und ein Gestänge (3), wobei das Gestänge (3) im Zuge einer Verdecköffnungsbewegung gegenüber dem Dachteil (1) bewegbar ist, wobei die drei Dachteile (1, 5, 6) im geschlossenen Verdeckzustand einen Passagierbereich (9) überdecken, wobei ein als flexibles, flächiges Element ausgebildetes Abdeckmittel (2) vorgesehen ist, wobei das Gestänge (3) in einem geschlossenen Verdeckzustand zwischen der Außenfläche (1a) des ersten Dachteils (1) und dem Abdeckmittel (2) angeordnet ist, wobei das Abdeckmittel (2) durch die Verdecköffnungsbewegung zur Freigabe eines Bewegungsraums des Gestänges (3) von dem ersten Dachteil (1) wegbewegbar ist, wobei das dritte Dachteil (6) mittels einer eigenen Antriebsvorrichtung (18) über das zweite Dachteil (5) verschwenkbar ist.
Rückbezogen schließen sich hieran die Patentansprüche 2 bis 14 gemäß Hilfsantrag C an.
Im Prüfungsverfahren wurden noch folgende Dokumente berücksichtigt:
P1: DE 199 46 926 C1 P2: DE 44 03 175 C1 P3: DE 40 31 270 C1.
Wegen des Wortlauts der jeweiligen Unteransprüche, der Fassung der Beschreibungseiten und zu weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II
1. Die Zuständigkeit des Bundespatentgerichts ist durch § 147 Abs. 3 Satz 1 PatG in den vom 1. Januar 2002 bis zum 30. Juni 2006 geltenden Fassungen begründet.
2. Die Beteiligte des Verfahrens hat sich geändert.
Die Patentinhaberin war ursprünglich die E… GmbH in H…. Deren Beteiligtenstellung ist im Wege der Gesamtrechtsnachfolge aufgrund rechtsgeschäftlicher Übertragung durch den Insolvenzverwalter der ursprünglichen Patentinhaberin, der E… GmbH übergegangen auf die W… AG in S….
3. Am Einspruchsverfahren ist nach der Rücknahme des zulässigen Einspruchs nur noch die jetzige Patentinhaberin beteiligt, auf die im Wege der Gesamtrechtsnachfolge zwischenzeitlich auch die Beteiligtenstellung der früheren Einsprechenden übergegangen war.
Nach der Rücknahme des Einspruchs ist das Verfahren von Amts wegen fortzusetzen (§ 61 Abs. 1 Satz 2 PatG i. V. m. § 147 Abs. 3 Satz 2 PatG a. F.).
Die Personenidentität von Einsprechender und Patentinhaberin berührt die Zulässigkeit des Einspruchs nicht, weil die Identität erst nach Einlegung des Einspruchs entstanden ist (vgl. Busse/Engels, Patentgesetz, 7. Auflage, 2013, § 59 Rn. 38 m. w. N).
In der Sache hat der Einspruch insoweit Erfolg, als er zu einer Aufrechterhaltung des angegriffenen Patents in beschränktem Umfang führt.
4. Als Durchschnittsfachmann legt der Senat einen Diplom-Ingenieur der Fachrichtung Maschinenbau zugrunde, der bei einem Fahrzeughersteller oder Fahrzeugzulieferer mit der Entwicklung von Verdecken für Cabriolets befasst ist und auf diesem Gebiet über mehrere Jahre Berufserfahrung verfügt.
5. Zum Hauptantrag (Antrag A)
Die geltenden Patentansprüche 1 bis 14 gemäß Hauptantrag sind zulässig.
Die Merkmale der Vorrichtung gemäß den geltenden Patentansprüchen 1 bis 14 gemäß Hauptantrag sind sämtlich in der Streitpatentschrift offenbart. Sie ergeben sich auch ohne weiteres aus den Ursprungsunterlagen. Der Schutzbereich des Streitpatents ist nachträglich nicht erweitert worden. Der Patentanspruch 1 in der geltenden Fassung nach Hauptantrag stellt gegenüber der erteilten Fassung eine Beschränkung dar.
Dabei ist der geltende Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag gegenüber dem erteilten Patentanspruch 1 sprachlich angepasst und sein Gegenstand durch Aufnahme von Merkmalen aus der Beschreibung (Patentschrift und ursprünglich offenbart in der Offenlegungsschrift, jeweils Absatz [0029]) beschränkt, wonach „das Abdeckmittel (2) an der Innenfläche (1b) des Dachteils (1) festgelegt ist“.
Die geltenden Unteransprüche 2 – 14 entsprechen den erteilten Ansprüchen 2 14.
Die Änderungen in der geltenden Beschreibung sind redaktioneller Art.
Die Vorrichtung des geltenden Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag betrifft ein Verdeck für ein Cabriolet-Fahrzeug. Dabei ist es Aufgabe, dieses Verdeck so auszubilden, dass die dem Verdeck zugehörigen Gestängeteile zum Fahrzeuginnen- raum hin auf einfache und dennoch effektive Weise hin kaschierbar sind. Dazu ist als wesentlicher Bestandteil der Erfindung ein flexibles, flächiges Element ausgebildet, welches das Gestänge in einem geschlossenen Verdeckzustand überdeckt (vgl. Beschreibung gemäß Hauptantrag, Absätze [0004 – 0006]).
Die Vorrichtung des geltenden Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag ist dabei aber nicht neu im Sinne des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 PatG in Verbindung mit § 3 Abs. 2 Satz 2 PatG gegenüber der Druckschrift E1.
Die europäische Druckschrift E1 mit Anmeldetag vom 24. Juli 2003 und mit Bestimmungsland Deutschland (DE) nimmt die Prioritäten der beiden Patentanmeldungen DE 102 34 282 (Dokument E2) mit Anmeldetag von 26. Juli 2002 und DE 102 42 440 mit Anmeldetag vom 11. September 2002 in Anspruch. Da das Streitpatent am 30. August 2002 angemeldet wurde, weist der Gegenstand des Dokuments E2 einen Anmeldetag auf, der vor dem Anmeldetag des Streitpatents liegt. Damit zählt die europäische Druckschrift E1 zum Stand der Technik im Sinne des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 PatG, allerdings nach § 3 Abs. 2 Satz 2 PatG nur insoweit wie ihr Inhalt nicht über den Inhalt des Dokuments E2 hinausgeht, da nur dessen Anmeldetag vor dem Anmeldetag des Streitpatents liegt.
Aus der Druckschrift E1 (Figur 9) [E2: dort Figur 1] geht ein Verdeck für ein Cabriolet hervor, das drei feste, bewegbare Dachteile (211, 212, 213) [E2: dort 11, 12, 13] aufweist.
Jedes dieser drei Dachteile (211, 212, 213) weist dabei eine obere Außenhaut und einen Innenhimmel (218) [E2: dort 18] auf, der über streifenförmige Spriegelanbindungen in mittleren Partien dachteilfest verspannt ist (Absatz [0073]) [E2: dort Seite 11, Zeilen 4 – 6]. Dies ist beispielsweise in der Figur 12 der Druckschrift E1 [E2: dort Figur 4] dargestellt, die einen Querschnitt durch eines der Dachteile darstellt, wobei für die Figur 12 der Druckschrift E1 exemplarisch das Dachteil (212) ausgewählt ist (vgl. Absatz [0067]) [E2: dort Seite 9, Zeile 23). Die obere Außenhaut bildet dabei die nach außen zur Fahrzeugaußenseite gerichtete Außenfläche des Dachteils, während der Innenhimmel die nach innen zum Fahrzeuginnenraum gerichtete Innenfläche des Dachteils bildet, die aufgrund der Festlegung der mittleren Partien des Innenhimmels an der Außenhaut auch bei Verdecköffnungsbewegungen ihre relative Position zu der Außenfläche behält.
Das in der Druckschrift E1 offenbarte Verdeck umfasst (Figuren 11 und 12) im Weiteren ein Gestänge mit Gestängeelementen (217) [E2: Figuren 3 und 4, dort Bz.: 17] zum Bewegen der Dachteile (211, 212, 213) (vgl. Absatz [0059]) [E2: dort Seite 7, Zeilen 10 – 15). Beim Öffnen des Verdecks werden die Gestängeelemente (217) dabei ausweislich der Figur 11 [E2: dort Figur 3], die eine Seitenansicht des Verdecks in einer Zwischenstufe eines Öffnungs- oder Schließvorgangs zeigt (vgl. Absatz [0059] in Verbindung mit der Figurenbeschreibung zu Figur 11 in Absatz [0027]) [E2: dort Seite 7, Zeilen 10 – 15 in Verbindung mit Seite 6, Zeilen 12 und 13], relativ gegenüber den Dachteilen (211, 212, 213) bewegt.
Der Innenhimmel (218) weist an seinen jeweiligen Längsrändern (218a) [E2: dort 18a] auf der Innenseite des Innenhimmels ein streifenförmiges Formteil (227) [E2: dort 27] auf, welches im geschlossenen Zustand die Gestängeelemente (217) in Richtung des Fahrzeuginnenraums abdeckt (vgl. Absatz [0066] in Verbindung mit Figur 12) [E2: dort Seite 9, Zeilen 12 – 16 in Verbindung mit Figur 4]. Das streifenförmige Formteil (227) erfüllt dabei die Funktion eines Abdeckmittels, da sich das streifenförmige Formteil (227) beim Schließen des Verdecks an einer Dichtlippe (228) [E2: dort 28] anlegt und den offenen Spalt (229) [E2: dort 29] zwischen der Dichtlippe (228) und dem streifenförmigen Abdeckteil (227) verschließt und somit das dahinter liegende Gestänge abdeckt (vgl. Absatz [0067] in Verbindung mit Figur 12) [E2: dort Seite 9, Zeile 21 – Zeile 29 in Verbindung mit Figur 4]. Hierbei ist aus Sicht des Senats – das gleiche Ver- ständnis des Fachmanns wie für die Merkmalsausbildung hier unterstellt – zwingend zu unterstellen, dass das streifenförmige Formteil (227) zumindest in einem gewissen Rahmen flexibel ausgestaltet ist, da ansonsten auf Grund der Größe und der Krümmung der Dachteile (211, 212, 213) ein dichtendes Anliegen des streifenförmigen Formteils (227) an der Dichtlippe (228) im geschlossenen Verdeckzustand nicht zu gewährleisten ist.
Ausweislich der Figur 12 [E2: Figur 4] ist das Gestänge (217) in dem geschlossenen Verdeckzustand zwischen der die Außenfläche bildenden Außenhaut des Dachteils (212) und dem das Abdeckmittel bildende streifenförmigen Formteil (227) angeordnet.
Bei einer Verdecköffnungsbewegung gibt das streifenförmigen Formteil (227) den Spalt (229) nach unten frei (vgl. Absatz [0068]) [E2: Seite 9, Zeile 32 – Seite 10, Zeile 6]. Da das streifenförmige Formteil (227) an dem Innenhimmel (218) des Dachteils durch Annähen oder Einnähen (Absatz [0066]) [E2 dort Seite 9, Zeilen 16, 17] festgelegt ist und zugleich mittlere Partien des Innenhimmels (218) dachteilfest verspannt sind (Absatz [0073]) (E2: dort Seite 11, Zeilen 4 – 6], führt diese Freigabe des Spalts (229) zu einer Bewegung des streifenförmigen Formteils (227) in Form einer nach unten gerichteten Klappbewegung. Diese Klappbewegung bewegt das das Abdeckmittel bildende streifenförmige Formteil (227) zum einen weg von der die Außenfläche des Dachteils bildenden Außenhaut und zum anderen weg von der Innenfläche des Dachteils, die ihre relative Position zur der Außenfläche, wie bereits ausgeführt, aufgrund der Festlegung der mittleren Partien des Innenhimmels (218) gegenüber der Außenhaut auch bei einer Verdecköffnungsbewegung behält. Da sich das Abdeckmittel bildende streifenförmige Formteil (227) somit durch eine Verdecköffnungsbewegung sowohl von der Außenfläche wie auch von der Innenfläche des Dachteils wegbewegt, bewegt es sich auch von dem Dachteil im Allgemeinen weg.
In Folge der Klappbewegung des streifenförmigen Formteils (227) nach unten wird eine Bewegungsbahn der Gestängeelemente (217) frei gegeben, so dass diese aus dem Spalt (229) austreten und sich frei bewegen können, womit ein Bewegungsraum für das Gestänge geschaffen wird (vgl. Absatz [0068]) [E2: Seite 9, Zeile 32 – Seite 10, Zeile 6].
Somit gehen aus der Druckschrift E1 entsprechend der gebotenen Auslegung des Anspruchswortlauts hier sämtliche Merkmale des Gegenstands gemäß dem geltenden Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag hervor.
6. Zum Hilfsantrag A Die geltenden Patentansprüche 1 bis 14 gemäß Hilfsantrag A sind zulässig.
Die Merkmale der Vorrichtung gemäß der geltenden Patentansprüche 1 bis 14 gemäß Hilfsantrag A, sind sämtlich in der Streitpatentschrift offenbart. Sie ergeben sich auch ohne weiteres aus den Ursprungsunterlagen. Der Schutzbereich des Streitpatents ist nachträglich nicht erweitert worden. Der Patentanspruch 1 in der geltenden Fassung nach Hilfsantrag A stellt gegenüber der erteilten Fassung eine Beschränkung dar.
Dabei ist der geltende Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag A gegenüber dem zulässigen Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag durch Aufnahme von weiteren Merkmalen aus der Beschreibung (Patentschrift und ursprünglich offenbart in der Offenlegungsschrift, jeweils Absatz [0029]) und Merkmalen, die sich dem Fachmann aus der deutlichen Darstellung in der Figur 6 ohne Weiteres ergeben, beschränkt, wonach das Abdeckmittel (2) nun „unmittelbar“ an der Innenfläche (1b) des Dachteils (1) festgelegt ist und das Abdeckmittel (2) „von der Innenfläche (1b) wegbewegbar ist“.
Die geltenden Unteransprüche 2 – 14 entsprechen den erteilten Ansprüchen 2 14.
Die Vorrichtung des geltenden Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag A ist dabei aber nicht neu im Sinne des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 PatG in Verbindung mit § 3 Abs. 2 Satz 2 PatG gegenüber der Druckschrift E1.
Hinsichtlich der in dem geltenden Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag A inhaltsgleichen Merkmale zu der Fassung gemäß Hauptantrag gelten die im vorstehenden Abschnitt 5 gemachten Ausführungen gleichermaßen.
In Absatz [0066] der Druckschrift E1 [E2: dort Seite 9, Zeilen 16, 17] wird ausgeführt, dass das streifenförmige Formteil (227) durch Annähen oder Einnähen an dem Randbereich des Innenhimmels (218) festgelegt ist. Damit ist das streifenförmige Formteil (227), welches wie ausgeführt das Abdeckmittel im Sinne des Streitpatents darstellt, unmittelbar an dem Innenhimmel (218) festgelegt, wobei der Innenhimmel wie unter Abschnitt 5 ausgeführt die Innenfläche des Dachteils bildet.
Im Weiteren klappt das streifenförmige Formteil (227), wie ebenfalls schon unter Abschnitt 5 ausgeführt, bei einer Verdecköffnungsbewegung weg von der Innenfläche des Dachteils.
Somit gehen aus der Druckschrift E1 entsprechend der gebotenen Auslegung des Anspruchswortlauts hier sämtliche Merkmale des Gegenstands gemäß dem geltenden Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag A hervor.
7. Zum Hilfsantrag B Die geltenden Patentansprüche 1 bis 11 gemäß Hilfsantrag B sind zulässig.
Die Merkmale der Vorrichtung gemäß der geltenden Patentansprüche 1 bis 11 gemäß Hilfsantrag B, sind sämtlich in der Streitpatentschrift offenbart. Sie ergeben sich auch ohne weiteres aus den Ursprungsunterlagen. Der Schutzbereich des Streitpatents ist nachträglich nicht erweitert worden. Der Patentanspruch 1 in der geltenden Fassung nach Hilfsantrag B stellt gegenüber der erteilten Fassung eine Beschränkung dar.
Dabei ist der geltende Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag B gegenüber dem erteilten Patentanspruch 1 sprachlich angepasst und sein Gegenstand durch Aufnahme von weiteren Merkmalen aus der Beschreibung (Patentschrift und ursprünglich offenbart in der Offenlegungsschrift, jeweils Absatz [0029]), und Merkmalen, die sich dem Fachmann aus der deutlichen Darstellung der Figur 6 ohne Weiteres ergeben, beschränkt, wonach „das Abdeckmittel (2) über ein Zugmittel spannbar ist, wobei das Zugmittel an einem Ende an dem Abdeckmittel (2) festgelegt, an dem Dachteil (1) geführt und an dem anderen Ende mit dem Gestänge (3) verbunden ist, so dass die Relativbewegung des Gestänges (3) zu dem Dachteil (1) zu einem Abspannen des Abdeckmittels (2) in einem letzten Abschnitt einer Verdeckschließbewegung nutzbar ist.“
Die geltenden Unteransprüche 2 – 11 entsprechen den erteilten Ansprüchen 2 und 6 bis 14.
Die Vorrichtung des geltenden Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag B ist dabei aber nicht neu im Sinne des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 PatG in Verbindung mit § 3 Abs. 2 Satz 2 PatG gegenüber der Druckschrift E1.
Hinsichtlich der in dem geltenden Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag B inhaltsgleichen Merkmale zu der Fassung gemäß Hauptantrag gelten die im vorstehenden Abschnitt 5 gemachten Ausführungen gleichermaßen.
Das in den Figuren 10 und 11 der Druckschrift E1 [E2: dort Figuren 3 und 4] dargestellte Ausführungsbeispiel eines Verdecks für ein Cabriolet-Fahrzeug weist an jeder Verdeckseite ein Zugmittel (219) [E2: dort 19] auf, das einenends an einem Gestängeteil (221) [E2: dort 21] des Gestänges fest angeschlossen und somit mit diesem verbunden ist (vgl. Absatz [0066], Zeilen 27 – 33) [E2: dort Seite 9, Zeilen 4 – 8]. Anderenends greift das Zugmittel (219) über Verbindungslaschen (216) [E2: dort 16], die ihrerseits mit dem das Abdeckmittel bildende streifenförmige Formteil (227) verbunden sind, an dem streifenförmigen Formteil (227) an (vgl. Absatz [0066], Zeilen 38 – 43) [E2: dort Seite 9, Zeilen 12 – 16]. Das Zugmittel ist somit an diesem festgelegt. Zwischen seinen beiden Enden ist das Zugmittel (219) durch Zugelementführungen (222) [E2: dort 22] längs eines weiteren Gestängeelements (223) [E2: dort 23] geführt. Das Gestängeelement (223) ist dabei mit der Außenhaut des Verdecks und damit mit dem Dachteil über weitere Gestängeglieder verbunden, wie es in der Figur 11 [E2: dort Figur 3] offenbart ist. Das Zugmittel (219) ist daher zumindest mittelbar über diese Gestängeglieder an dem Dachteil geführt.
Wie in Absatz [0067] der Druckschrift E1 [E2: dort Seite 9, Zeilen 19 – 24] ausgeführt ist, wird das Zugelement (219) beim Schließen des Verdecks mittels des Gestängeteils (221), das die Funktion eines Umlenkers ausübt, auf Zug beansprucht, welches zur Folge hat, dass die Randpartien des Innenhimmels (218) zum festen Dachteil hin gezogen werden und somit das streifenförmige Formteil (227) mit der Dichtlippe in Kontakt kommt. Somit ist auch dort die Relativbewegung des Gestänges zu dem Dachteil zu einem Abspannen des Abdeckmittels in einem letzten Abschnitt, eben beim Verschließen des Spalts (229), der Verdeckschließbewegung nutzbar.
Somit gehen aus der Druckschrift E1 entsprechend der gebotenen Auslegung des Anspruchswortlauts hier sämtliche Merkmale des Gegenstands gemäß dem geltenden Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag B hervor.
8. Zum Hilfsantrag C Die geltenden Patentansprüche 1 bis 14 gemäß Hilfsantrag C sind zulässig.
Die Merkmale der Vorrichtung gemäß der geltenden Patentansprüche 1 bis 14 gemäß Hilfsantrag C sind sämtlich in der Streitpatentschrift offenbart. Sie ergeben sich auch ohne weiteres aus den Ursprungsunterlagen. Der Schutzbereich des Streitpatents ist nachträglich nicht erweitert worden. Der Patentanspruch 1 in der geltenden Fassung nach Hilfsantrag C stellt gegenüber der erteilten Fassung eine Beschränkung dar.
Dabei ist der geltende Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag C gegenüber dem erteilten Patentanspruch 1 sprachlich angepasst und sein Gegenstand durch Aufnahme von weiteren Merkmalen aus der Beschreibung (Patentschrift und ursprünglich offenbart in der Offenlegungsschrift, jeweils Absätze [0025 und 0027]) beschränkt.
Die Prüfung der Sach- und Rechtslage durch den Senat hinsichtlich des Hilfsantrages C hat ergeben, dass für die verteidigte Fassung gemäß Hilfsantrag C keiner der Widerrufsgründe gemäß § 21 Abs. 1 PatG vorliegt. Im Vergleich mit dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik ist der unzweifelhaft gewerblich anwendbare Gegenstand gemäß dem geltenden Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag C neu und auch auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend im Sinne der §§ 3 und 4 PatG, da jedenfalls das Merkmal der Verschwenkbarkeit eines Dachteils mittels einer eigenen Antriebsvorrichtung nicht in den Dokumenten E1 und E2 offenbart ist.
Mit ihm sind auch die sich anschließenden Unteransprüche 2 – 14 gewährbar.
Die Beschreibung ist dementsprechend redaktionell angepasst.
Einer näheren Begründung hierzu bedarf es nicht, da der einzige Einspruch zurückgenommen wurde und somit nur noch die Patentinhaberin am Verfahren beteiligt ist, deren Hilfsantrag stattgegeben wurde (§ 47 Abs. 1 Satz 3 PatG i. V. m. §§ 59 Abs. 5 und § 147 Abs. 3 Satz 2 PatG a. F.).
Nach alledem war das Patent mit den im Tenor genannten Unterlagen im beschränkten Umfang aufrechtzuerhalten.
Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss steht der am Einspruchsverfahren Beteiligten das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn sie auf einen der nachfolgenden Gründe gestützt wird, nämlich dass
1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, 2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, 3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, 4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat, 5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder 6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich einzulegen.
Hilber Paetzold Dr. Baumgart Dr. Geier Ko