Paragraphen in 15 W (pat) 304/06
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1 | 21 | PatG |
1 | 59 | PatG |
1 | 147 | PatG |
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BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 304/06 Verkündet am 31. Januar 2013
…
BESCHLUSS In der Einspruchssache betreffend das Patent 101 26 702 …
BPatG 154 05.11
…
hat der 15. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 31. Januar 2013 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Feuerlein, der Richterin Schwarz-Angele, und der Richter Dr. Lange und Dr. Wismeth beschlossen:
Das Patent DE 101 26 702 wird widerrufen Gründe I.
Auf die am 31. Mai 2001 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereichte Patentanmeldung ist das Patent 101 26 702 mit der Bezeichnung
„Verfahren zur Herstellung von Innenraumverkleidungsteilen“
erteilt worden. Der Veröffentlichungstag der Patenterteilung in Form der DE 101 26 702 B4 ist der 18. August 2005.
Das Streitpatent umfasst acht Patentansprüche, von denen der einzige unabhängige Patentanspruch 1 folgenden Wortlaut hat:
Gegen das Patent hat die I… in M…, (Ein sprechende) mit Schriftsatz vom 11. November 2005, eingegangen am 15. November 2005 beim Deutschen Patent- und Markenamt, Einspruch erhoben. Sie hat beantragt, das Patent in vollem Umfang zu widerrufen, hilfsweise eine mündliche Verhandlung anzuberaumen. Begründet wird der Einspruch von der Einsprechenden damit, dass der Streitgegenstand gegenüber dem genannten Stand der Technik nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Die Einsprechende stützt ihr Vorbringen hierbei unter anderem auf folgende Druckschriften:
(D1) DE 2 404 551 A (D3) EP 0 850 806 A2 Die Patentinhaberinnen haben im schriftlichen Verfahren sachlich zum Einspruchsvorbringen nicht Stellung genommen. Auf die Terminsladung vom 28. November 2012 zur mündlichen Verhandlung hat die Patentinhaberin 1 mit Schriftsatz vom 8. Januar 2013 mitgeteilt, dass die Patentinhaberinnen an der mündlichen Verhandlung am 30. Januar 2013 nicht teilnehmen werden. Weiter hat sie Entscheidung nach Aktenlage beantragt. Mit Schriftsatz vom 17. Januar 2013 hat auch die Patentinhaberin 2 erklärt, dass sie an der Weiterführung des Patents nicht mehr interessiert sei und sie den Termin zur mündlichen Verhandlung nicht wahrnehmen werde. Damit wird das Patent gemäß der erteilten Patentansprüche verteidigt.
In der mündlichen Verhandlung am 31. Januar 2013 sind die ordnungsgemäß geladenen Patentinhaberinnen nicht erschienen.
Die Einsprechende stellt den Antrag,
das Patent zu widerrufen.
Die Patentinhaberinnen haben schriftsätzlich keinen Antrag gestellt.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.
II.
1. Das Bundespatentgericht bleibt auch nach Wegfall des § 147 Abs. 3 PatG für die Entscheidung über die Einsprüche zuständig, die in der Zeit vom 1. Januar 2002 bis zum 30. Juni 2006 eingelegt worden sind (BGH, GRUR 2007, 859 - Informationsübermittlungsverfahren I und BGH, GRUR 2007, 862 - Informationsübermittlungsverfahren II, BGH, GRUR 2009, 184 - Ventilsteuerung).
2. Der rechtzeitig und formgerecht eingelegte Einspruch ist zulässig, denn es sind im Hinblick auf den druckschriftlich belegten Stand der Technik innerhalb der Einspruchsfrist die die Widerrufsgründe der mangelnden Patentfähigkeit nach § 21 Abs. 1 PatG rechtfertigenden Tatsachen im Einzelnen dargelegt worden, so dass die Patentinhaberinnen und der Senat daraus abschließende Folgerungen für das Vorliegen oder Nichtvorliegen der geltend gemachten Widerrufsgründe ohne eigene Ermittlungen ziehen können (§ 59 Abs. 1 PatG).
3. Dem Antrag der Einsprechenden auf Widerruf des Patents ist stattzugeben, da Verfahren zur Herstellung von Innenraumverkleidungsteilen gemäß Patentanspruch 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.
III.
1. Als zuständiger Fachmann ist ein in der Entwicklung und Herstellung von Innenraumverkleidungsteilen tätiger Diplom-Ingenieur zu sehen, der aufgrund seiner Ausbildung und langjährigen Berufserfahrung auch über fundierte Kenntnisse auf dem Gebiet der Werkstoffkunde verfügt, insbesondere über anwendungsorientierte Aspekte von Materialien, und der zugleich mit den Problemen und Anforderungen solcher Werkstoffe vertraut ist.
2. Der erteilte und verteidigte Patentanspruch 1 gliedert sich in folgende Merkmale:
Verfahren zur Herstellung von Innenraumverkleidungsteilen, wobei
2.1.1 eine Dekorschicht 2.1.2 mindestens eine thermoplastische Klebeschicht 2.1.3 und mindestens eine Vliesstoffschicht 2.1.3.1 mit einer Luftdurchlässigkeit < 5/6 m3 / s m2 2.2 miteinander verbunden 3.1 auf ein positives Formwerkzeug aufgebracht 3.2 und unter Anwendung von Wärme und Druck in Form gebracht
3.3 sowie durch Abkühlung unter Druck auf Raumtemperatur in ihrer Formgestalt fixiert werden,
4.1 und anschließend mit einem thermoplastischen Polymer oder einem Schaumstoff
4.2 hinterspritzt oder hinterschäumt werden.
3. Die Aufgabe der Erfindung besteht nach der Angabe der Patentinhaberin darin, den arbeitsaufwändigen Schritt des Aufbringens einer Dekorfolie per Hand auf die Oberfläche eines Schaumstoff-Formkörpers zu umgehen und den Griff der Dekorfolie zu verbessern (vgl. erteiltes Patent, Absätze [0004] und [0005]).
4. Die D1 beschreibt ein Verfahren zur Herstellung eines elastischen, Gewebeüberzogenen, gepolsterten Gegenstandes, wie eines Fahrzeugsitzes, einer Kraftfahrzeug-Innenauskleidung und eines gepolsterten Möbelteiles (D1: S. 1, Absatz 1), also ein Verfahren zur Herstellung von Innenraumverkleidungsteilen entsprechend dem Merkmal 1.
Hierbei wird ein Verbundwerkstoff aus einem Gewebe (entsprechend der Dekorschicht von Merkmal 2.1.1) und einer thermoplastischen Folie durch Vakuumverformung geformt (D1: S. 2, Absatz 2). Die thermoplastische Folie hat dabei eine zweifache Wirkung. Sie soll a) das Eindringen von Schaum in das Gewebe verhindern (D1: S. 5 und 6 überspannender Satz) und b) das Gewebe in einer dreidimensionalen Form halten (D1: S. 3, Absatz 2). Dabei wird die Folie unter Vakuum (also Druck entsprechend Merkmal 3.2, welcher nach Streitpatentschrift Absatz [0008] durch Anlegen eines Unterdrucks erzeugt wird) erwärmt und behält dann nach dem Abkühlen ihre Form bei (D1: S. 2, Abs. 2 mit S. 6, Abs. 1). Anstelle einer Folie kann auch eine Schaumschicht verwendet werden (D1: S. 6, Abs. 1, letzter Satz). Damit sind die Merkmale 2.1.1, 2.2, 3.2 und 3.3 aus der D1 bekannt.
Der weichgemachte Verbundwerkstoff kann sowohl über als auch in eine Form durch Ansaugen verformt werden (D1: S. 3, Absatz 3). Die Verformung über einer Form entspricht dabei dem Merkmal 3.1 von Patentanspruch 1 des Streitpatentes.
Abschließend wird der in seiner Form fixierte Verbundwerkstoff in eine Hohlform gegeben und mit einem Kunststoff-Schaum gefüllt (D1: S. 9 und 10 überspannender Absatz). Dieser Verfahrensschritt der D1 entspricht den Merkmalen 4.1 und 4.2 von Patentanspruch 1 des Streitpatentes.
Mithin offenbart die D1 ein Verfahren entsprechend den Merkmalen 1, 2.1.1, 2.2, 3.1, 3.2, 3.3, 4.1 und 4.2 von Patentanspruch 1 des Streitpatentes. Es wird folglich - so wie beim Streitpatent - in einem Zwischenschritt ein formstabiler Körper hergestellt, welcher in einem zweiten Schritt hinterschäumt wird. Der mit der Aufgabe der Patentinhaberin genannte, nachteilige arbeitsaufwändige Prozess per Hand ist bereits durch das Verfahren der D1 nicht mehr gegeben. Die Druckschrift D1 gibt dem Fachmann damit konkrete Hinweise, den arbeitsaufwändigen Schritt des Aufbringens einer Dekorfolie per Hand auf die Oberfläche eines Schaumstoffformkörpers zu vermeiden und damit das Verfahren zu vereinfachen.
5. Die Druckschrift D3, die nach der D1 veröffentlicht wurde, beschäftigt sich ebenfalls mit der Entwicklung von Innenausstattungsteilen für Fahrzeuge (D3: Sp. 1, Abs. 1). Sie ist somit für den Fachmann beachtlich. Insbesondere soll die Aufgabe gelöst werden, die Haptik dieser Innenausstattungsteile zu verbessern (D3: Sp. 2, Z. 1-9 und Z. 37-44), was der Aufgabe des Streitpatents entspricht.
6. Zur Lösung der Aufgabe, nämlich der Verbesserung der Haptik von Dekormaterialien aus Echtleder für Innenausstattungsteile von Fahrzeugen (D3: Sp. 1, Z. 3-9; entsprechend Merkmal 1), lehrt die D3, ein Abstandsgewirke zu verwenden, welches zwei textile Deckflächen aufweist, die durch ein Fadensystem miteinander verbunden sind (D3: Sp. 4, Z. 51-53). In einer zweiten Lösungsvariante wird ein Faservlies vorgeschlagen (D3: Sp. 5, Z. 40-55). Abstandsgewirke oder Faservlies werden mit einer Kleberschicht, vorzugsweise aus einem Zweikomponenten-Polyurethan-Kleber oder einem Schmelzkleber auf die Dekorschicht geklebt (D3: Sp. 6, Z. 17-22).
Damit offenbart die D3 einen Schichtaufbau aus einem Dekormaterial, einem thermoplastischem Kleber (D3: Schmelzkleber) und einem Vliesstoffschicht (D3: Faservlies), was den Merkmalen 2.1.1, 2.1.2, 2.1.3 und 2.2 von Patentanspruch 1 des Streitpatents entspricht.
7. Der Fachmann, der ausgehend von dem Verbundwerkstoff der D1 die Haptik des Dekormaterials verbessern will, erhält aus der D3 hierzu die Anregung, eine Vliesstoffschicht zu verwenden. Dabei hat er ohne weiteres erkannt, dass die thermoplastische Folie bzw. die Schaumschicht der D1 durch den Schmelzkleber und das Faservlies der D3 zu ersetzen ist, wobei der Schmelzkleber anstelle der thermoplastischen Folie zusätzlich die Aufgabe übernimmt, den Verbundwerkstoff in seiner Formgestalt zu fixieren, indem er mittels Wärme und Vakuum auf ein Formwerkzeug aufgebracht und anschließend abgekühlt wird.
Damit der Verbundwerkstoff, welcher z. B. eine luftdurchlässige textile Oberfläche oder vernähtes Leder als Dekormaterial aufweist, a) auf das Formwerkzeug mittels Vakuum aufgezogen werden kann, b) der Schmelzkleber möglichst wenig in das Faservlies eindringt und c) das Dekormaterial bei einem nachfolgenden Hinterschäumen oder Hinterspritzen möglichst wenig insbesondere thermisch geschädigt wird, hat der Fachmann die Veranlassung gehabt, ein ausreichend dichtes Faservlies zu verwenden, welches im Idealfall sogar keine Luftdurchlässigkeit aufweist. Dies wird dem Fachmann bereits aus der D1 insbesondere dann nahegelegt, wenn die thermoplastische Folie der D1 eine Schaumschicht ist (D1: S. 6, Z. 1-7). Das Merkmal 2.1.3.1 von Patentanspruch 1 des Streitpatents, der möglichst geringen Luftdurchlässigkeit bzw. – entsprechend der nach unten offenen Bereichsangabe - Luftundurchlässigkeit, drängte sich dem Fachmann daher ohne weiteres auf, so dass er im Ergebnis zu einem Verfahren kam, welches alle Merkmale des Patentanspruchs 1 gemäß Streitpatent aufweist.
Das Verfahren zur Herstellung von Innenraumverkleidungsteilen gemäß angegriffenem Patentanspruch 1 beruht daher nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit und hat deshalb keinen Bestand.
8. Die Unteransprüche 2 bis 8 fallen mit dem Patentanspruch 1, auf den sie mittelbar oder unmittelbar rückbezogen sind, ohne dass es einer Prüfung und Begründung dahin bedarf, ob diese etwas Schutzfähiges enthalten, da die Patentinhaberinnen die Aufrechterhaltung eines Patents erkennbar nur im Umfang des Anspruchssatzes in der erteilten Fassung begehrt haben (BGH GRUR 2007, 862 – Informationsübermittlungsverfahren II; Fortführung von BGH GRUR 1997, 120 – Elektrisches Speicherheizgerät).
Feuerlein Schwarz-Angele Lange Wismeth prö
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