35 W (pat) 3/17
BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 3/17
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(Aktenzeichen)
BESCHLUSS In der Beschwerdesache …
ECLI:DE:BPatG:2019:041119B35Wpat3.17.0 betreffend das Gebrauchsmuster 20 2008 008 767 (hier: Kostenauferlegung)
hat der 35. Senat (Gebrauchsmuster-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 4. November 2019 durch den Vorsitzenden Richter Metternich sowie den Richter Eisenrauch und die Richterin Bayer beschlossen:
1. Die Beschwerde der Antragsgegnerin wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden der Antragsgegnerin auferlegt.
Gründe I.
Die Antragsgegnerin war Inhaberin des Gebrauchsmusters 20 2008 008 767 (Streitgebrauchsmuster) mit der Bezeichnung „Vorrichtung zur Durchführung einer Pyrolyse“, das am 11. September 2008 beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) mit 22 Schutzansprüchen eingetragen worden war. Der Antragsteller hat am 10. Dezember 2010 beim DPMA Löschungsantrag gestellt und beantragt, dass das Streitgebrauchsmuster „im vollen Umfang gelöscht bzw. teilweise auf den Antragsteller übertragen“ werde. Als Grund für diesen Löschungs- bzw. Vindikationsantrag hat der Antragsteller vorgetragen, dass ihm der Gegenstand des Streitgebrauchsmusters über den Ehemann der Antragsgegnerin widerrechtlich entnommen worden sei. Die Antragsgegnerin hat dem ihr zugestellten Löschungsantrag am 10. Februar 2011 widersprochen.
Im Zusammenhang mit dem behaupteten Löschungsgrund einer widerrechtlichen Entnahme (§§ 15 Abs. 2, 13 Abs. 2 GebrMG), hat der Antragsteller als Belege u.a. auf seine eigenen Patente DE 198 52 808 und DE 100 58 162 hingewiesen. Mit späteren Eingaben vom 7. Juni und 12. September 2011 hat er sodann sein Löschungsbegehren auf den Löschungsgrund einer mangelnden Schutzfähigkeit (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 GebrMG) ausgedehnt und hierzu als Stand der Technik die Druckschriften DE 100 15 721 A1, WO 2007/006280 A2, WO 00/11110 A1, DE 10 2005 019 759 B4 und DE 101 59 616 A1 in das Verfahren eingebracht. Die vom Antragsteller genannten Veröffentlichungen haben im Lauf des späteren Verfahrens die Bezeichnungen D1 und D2 sowie D5 bis D9 erhalten Auf den Zwischenbescheid der Gebrauchsmusterabteilung vom 31. Januar 2013, wonach das Streitgebrauchsmuster jedenfalls in derselben, eingeschränkten Fassung wie das parallele Patent DE 10 2008 030 983 der Antragsgegnerin rechtsbeständig sein könne, hat die Antragsgegnerin mit Eingabe vom 8. März 2013 erklärt, dass sie auch das Streitgebrauchsmuster nur noch mit einem geänderten Hauptanspruch 1 verteidige, in dem sie die Merkmale der eingetragenen Schutzansprüche 15 und 21 mitaufgenommen habe. Hierauf hat die Gebrauchsmusterabteilung mit Beschluss vom 25. November 2016, der im schriftlichen Verfahren ergangen ist, das Streitgebrauchsmuster insoweit teilgelöscht, als seine Fassung über die allein noch verteidigte Fassung hinausgeht, sowie dem Antragsteller ¼ und der Antragsgegnerin ¾ der Kosten des patentamtlichen Löschungsverfahrens auferlegt.
Die Antragsgegnerin hat gegen diesen Beschluss am 28. Dezember 2016 – und zwar beschränkt auf den Kostenausspruch – Beschwerde beim Bundespatentgericht eingelegt. Sie ist der Auffassung, dass die ausgesprochene Kostenquoten von ¼ zu ¾ nicht den tatsächlichen Unterliegens- bzw. Obsiegensanteilen der Beteiligten entspräche. Bei der Kostengrundentscheidung hätte zugunsten der Antragsgegnerin berücksichtigt werde müssen, dass der Antragsteller weder mit der Behauptung, es liege eine widerrechtliche Entnahme vor, noch mit seinem unstatthaften Vindikationsantrag durchgedrungen sei. Im Übrigen hätten die vom Antragsteller als Stand der Technik genannten Druckschriften bei der Bewertung des erfinderischen Schrittes keine Rolle gespielt. Die Antragsgegnerin habe zwar das Streitgebrauchsmuster nur noch beschränkt verteidigt; dies sei aber nicht vor dem Hintergrund jener Druckschriften erfolgt, die der Antragsteller in das Verfahren eingebracht habe.
Die Antragsgegnerin beantragt (sinngemäß),
den angefochtenen Beschluss dahingehend abzuändern, dass die Kosten des patentamtlichen Löschungsverfahrens gegeneinander aufgehoben werden.
Der Antragsteller beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er ist der Auffassung, dass die im angefochtenen Beschluss enthaltene Kostengrundentscheidung nicht zu beanstanden sei. Das DPMA führe im Löschungsverfahren auch eigene Ermittlungen durch, weshalb es bei der Kostenverteilung nicht darauf ankomme, welche Druckschriften der Antragsteller genannt habe.
Bezüglich der weiterer Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
1. Die Beschwerde der Antragsgegnerin, die sich ausschließlich gegen die im angefochtenen Beschluss enthaltene Kostengrundentscheidung richtet, ist formund fristgerecht eingelegt worden und im Übrigen auch zulässig. Eine Einschränkung entsprechend der Regelung des § 99 Abs. 1 ZPO, wonach eine isolierte Anfechtung der Kostengrundentscheidung nicht in Frage kommt, ist hier nicht anwendbar (vgl. BPatGE 12, 193, 195; Loth/Stock, GebrMG, 2. Aufl., § 17 Rn. 75). Die Antragsgegnerin hat auch die Beschwerdegebühr in der einschlägigen Höhe von 200 € ordnungsgemäß innerhalb der Beschwerdefrist entrichtet (vgl. Gebührentatbestand Nr. 401 300, Anl. zu § 2 Abs. 1 PatKostG).
2. Der Gebrauchsmuster-Beschwerdesenat entscheidet gemäß § 18 Abs. 2 GebrMG i. V. m. § 67 Abs. 1 Nr. 4 PatG mit drei rechtskundigen Mitgliedern. Die in § 18 Abs. 3 Satz 2, 2. Alt., GebrMG geregelte Besetzung mit einem juristischen und zwei technischen Mitgliedern ist hier nicht einschlägig, weil mit der vorliegenden Beschwerde nur die Kostengrundentscheidung, nicht aber die Sachentscheidung über den Löschungsantrag angegriffen wird. Die Regelung des § 18 Abs. 3 Satz 2, 2. Alt., GebrMG stellt gegenüber der Regelung des § 67 Abs. 1 Nr. 4 PatG ein lex specialis dar und muss daher begrenzt auf ihren eigentlichen Regelungszweck eng ausgelegt werden. Eine Ausdehnung der Regelung des § 18 Abs. 3 Satz 2 GebrMG auf Fälle der sog. „isolierten Kostenbeschwerde“ würde den Regelungsrahmen dieser Bestimmung auch mit Blick auf ihren Wortlaut überdehnen. An der gegenteiligen Auffassung, die der Senat in seinem Beschluss vom 24. Oktober 2013 (Az. 35 W (pat) 402/10) geäußert hat, wird nicht mehr festgehalten.
3. In der Sache bleibt die Beschwerde ohne Erfolg.
Die Kostengrundentscheidung bemisst sich nach dem Verhältnis des Sachantrags, hier vollumfängliche Löschung, zum Umfang der späteren Löschungsausspruchs (vgl. Busse/Keukenschrijver, 8. Aufl., § 17 Rn. 49). Die Antragsgegnerin hat in diesem Zusammenhang nicht vorgetragen, dass der Kostenausspruch, der hier im Verhältnis von ¼ zu ¾ vorgenommen wurde, nicht der tatsächlichen, durch die Teillöschung verursachten Wertminderung ihres Gebrauchsmusters entspreche, sondern sie möchte die Unterliegens- bzw. Obsiegensanteilen vielmehr nach dem Verhältnis von Sachprüfungsaufwand und Löschungsausspruch bestimmt haben, was aber nicht zulässig ist (vgl. Busse/Keukenschrijver, a.a.O.). Deshalb war es vorliegend für den angegriffenen Kostenausspruch unbeachtlich, dass die Gebrauchsmusterabteilung den Löschungsgrund der widerrechtlichen Entnahme nicht bejaht hat und dieser Löschungsanspruch zusammen mit einem offensichtlich unstatthaften Vindikationsantrag geltend gemacht wurde.
Die Antragsgegnerin kann sich ferner nicht darauf berufen, dass sie sich angeblich durch keine der vom Antragsteller vorgelegten Entgegenhaltungen, also D1, D2 sowie D5 bis D9, zur beschränkten Verteidigung des Streitgebrauchsmusters veranlasst gesehen habe. Dieser Aspekt hilft deshalb nicht weiter, weil ein Gebrauchsmusterinhaber spätestens nach Erhalt einer Löschungsandrohung selbst den Bestand seines Gebrauchsmusters ernsthaft und kritisch prüfen muss und er stets damit rechnen muss, dass im späteren Löschungsverfahren ein zusätzlicher Stand der Technik ins Verfahren eingeführt werden wird (vgl. Bühring/Schmid, GebrMG, 8. Aufl., § 17 Rn. 92). Hieraus folgt letztlich, dass es für eine zu treffende Kostengrundentscheidung unerheblich ist, wer das entscheidungsrelevante Material ermittelt hat und ggf. wann dieses in das anhängige Verfahren eingeführt worden ist (vgl. Bühring/Schmid, 8. Aufl., § 17 Rn. 60).
Im Übrigen weist der Senat darauf hin, dass der Vortrag der Antragsgegnerin, der Antragsteller habe keinen relevanten Stand der Technik geliefert, auch nicht nachvollziehbar ist. Auf die Entgegenhaltungen D5, D6 und D7, die im Prüfungsbescheid zum parallelen Patent 10 2008 030 983 der Antragsgegnerin als Stand der Technik herangezogen wurden und dort maßgeblich zur Beschränkung des Patentbegehrens geführt haben, hatte der Antragsteller im vorliegenden Löschungsverfahren durchaus hingewiesen (vgl. Eingabe vom 7. Juni 2011, dort S. 3).
4. Da die Beschwerde keinen Erfolg hat, hat die Antragsgegnerin die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen (§ 18 Abs. 2 Satz 2 GebrMG, § 84 Abs. 2 PatG, § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Es ist nicht ersichtlich, dass die Billigkeit eine andere Entscheidung rechtfertigen könnte.
III.
Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass
1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, 2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, 3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, 4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat, 5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder 6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich einzulegen.
Metternich Bayer Eisenrauch Fa