35 W (pat) 18/15
BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 18/15
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(Aktenzeichen)
BESCHLUSS In der Beschwerdesache …
ECLI:DE:BPatG:2018:150318B35Wpat18.15.0 betreffend das Gebrauchsmuster … (hier: Kostenfestsetzung)
hat der 35. Senat (Gebrauchsmuster-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 15. März 2018 durch den Vorsitzenden Richter Metternich sowie die Richterin Bayer und den Richter Eisenrauch beschlossen:
1. Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Kostenfestsetzungsbeschluss der Gebrauchsmusterabteilung des Deutschen Patent- und Markenamts vom 15. Juli 2015 aufgehoben.
Die der Antragsgegnerin vom Antragsteller zu erstattenden Kosten werden auf
1.451,00 €
(in Worten: eintausendvierhunderteinundfünfzig EURO)
festgesetzt.
Der festgesetzte Betrag ist ab dem 11. September 2014 mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen.
2. Die weitergehende Beschwerde der Antragsgegnerin wird zurückgewiesen.
3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Antragsgegnerin zu 2/3 und der Antragsteller zu 1/3 zu tragen.
Gründe I.
Die Beschwerdeführerin und Antragsgegnerin (im Folgenden: Antragsgegnerin) war Inhaberin des am 23. November 2011 angemeldeten und am 15. März 2012 mit 17 Schutzansprüchen eingetragenen deutschen Gebrauchsmusters … (Streitgebrauchsmuster) mit der Bezeichnung „…“. Der Gegenstand des Streitgebrauchsmusters betraf im Wesentlichen einen Radkappenüberzug zur Dekoration eines Kfz-Rades. Der Gegenstand des Streitgebrauchsmusters wurde von der Antragsgegnerin in 2er- und 4er-Sets deutschlandweit unter der Marke „…“ vertrieben. Der Beschwerdegegner und Antragsteller (im Folgenden: Antragsteller) ist Geschäftsführer eines Unternehmens mit Sitz in O… (Firma o1…-merchandising UG), das Inhaberin des Gemeinschaftsgeschmacksmusters … war, welches einen dem Streitgebrauchsmuster ähnlichen Gegenstand betraf. Auf der Grundlage dieses Geschmacksmusters war der Antragsteller gegen Abnehmer der Antragsgegnerin (u. a. auch gegen den Internethändler A…) vorgegangen. Am 31. Mai 2012 hatte der Antragsteller auch die vollumfängliche Löschung des vorliegenden Streitgebrauchsmusters beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) beantragt. Die Antragsgegnerin hatte dem Löschungsantrag nicht widersprochen, was mit Wirkung zum 22. Juli 2012 zur Löschung des Streitgebrauchsmusters geführt hat (vgl. § 17 Abs. 1 Satz 2 GebrMG).
Mit Beschluss vom 25. Februar 2014 hat die Gebrauchsmusterabteilung die Kosten des patentamtlichen Löschungsverfahrens dem Antragsteller auferlegt, weil die Antragsgegnerin diesem keine Veranlassung zum Löschungsantrag gegeben und den Löschungsanspruch sofort anerkannt hatte (vgl. § 93 ZPO). Dieser Beschluss ist vom Antragsteller nicht angefochten worden, weshalb er Anfang April 2014 in Bestandskraft erwachsen war.
Die Antragsgegnerin hat mit Eingabe vom 11. September 2014, eingegangen beim DPMA am selben Tag, beantragt, die ihr vom Antragsteller zu erstattenden Kosten in Höhe von 3.597,50 € festzusetzen. Dieser Betrag sollte sich auf der Grundlage eines Gegenstandswertes in Höhe von 125.000 € errechnen aus einer 2,5-fachen Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG (3.577,50 €) und dem pauschalen Entgelt für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen nach Nr. 7002 VV RVG (20,00 €). Ferner hat die Antragsgegnerin beantragt, die Verzinsung des festzusetzenden Betrages mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auszusprechen.
Die Gebrauchsmusterabteilung des DPMA hat sodann mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 15. Juli 2015, der den Vertretern der Antragsgegnerin am 20. Juli 2015 zugestellt wurde, die vom Antragsteller der Antragsgegnerin zu erstattenden Kosten in Höhe von 1.220,00 € festgesetzt. Der zugesprochene Betrag setzt sich – unter Zugrundelegung eines Gegenstandswertes in Höhe von 75.000 € – aus einer 1,0-fachen Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG in Höhe von 1.200,00 € und dem pauschalen Entgelt für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen in Höhe von 20,00 € nach Nr. 7002 VV RVG zusammen.
Die Antragsgegnerin hat am 31. Juli 2015 gegen diesen Kostenfestsetzungsbeschluss Beschwerde eingelegt und die entsprechende Beschwerdegebühr entrichtet. Sie bemängelt, dass der Gegenstandswert in der zugrunde gelegten Höhe von 75.000 € deutlich zu niedrig bemessen worden sei. Berücksichtigt werden müsse, dass das Streitgebrauchsmuster bei Stellung des Löschungsantrags (31. Mai 2012) noch eine Restlaufzeit von mehr als neun Jahren gehabt habe und von der Antragsgegnerin bereits in den Jahren 2012 und 2013 Umsätze von zusammen über … € erzielt worden seien. Die Geschäftsgebühr mit einem lediglich 1,0-fachen Satz werde der Komplexität und Bedeutung der anwaltlichen Beratung nicht gerecht; der Regelsatz von 1,3 sei angezeigt. Dass letztlich kein Widerspruch gegen den Löschungsantrag erhoben worden sei, ändere nichts an der Tatsache, dass eine eingehende Prüfung des geltend gemachten Standes der Technik habe erfolgen müssen. Eine besondere Schwierigkeit bestand zudem darin, dass als Stand der Technik auch das zeitrangältere Gemeinschaftsgeschmacksmuster … zu bewerten gewesen sei. Die anwaltliche Beratung sei für die Inhaber der Antragsgegnerin und ihrem jungen Unternehmen von erheblicher Bedeutung gewesen, da das Streitgebrauchsmuster von nicht zu unterschätzendem Wert gewesen sei.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Beschluss der Gebrauchsmusterabteilung des Deutschen Patent- und Markenamts vom 15. Juli 2015 aufzuheben und den ihr vom Antragsteller zu erstattenden Betrag auf 1.880,30 € festzusetzen.
Der Antragsteller beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er ist der Auffassung, dass der von der Antragsgegnerin in Höhe von 125.000 € geforderte Gegenstandswert „arg“ unangemessen erscheine. Dass die Antragsgegnerin in den Jahren 2012 und 2013 mit dem Gegenstand des Streitgebrauchsmusters Umsätze in irgendeiner Höhe erzielt habe, werde ausdrücklich mit Nichtwissen bestritten. Die von der Antragsgegnerin genannten Umsatzzahlen seien nur sehr allgemein und ohne hinreichende Belege behauptet worden, was für einen substantiierten Vortrag nicht ausreiche. Es sei zudem nicht ersichtlich, was die Annahme eines 1,3-fachen Gebührensatzes rechtfertigen könne. Mangels Widerspruchs gegen den Löschungsantrag habe sich die anwaltliche Tätigkeit der Gegenseite auf eine reine Sachverhaltsprüfung beschränkt. Der Löschungsantrag habe nur zwei handelsübliche, beschriebene DIN-A4 Seiten umfasst. Gemessen an einem durchschnittlichen Gebrauchsmusterlöschungsverfahren bleibe der vorliegende Fall hinsichtlich Umfang und Schwierigkeitsgrad deutlich hinter einem solchen zurück.
Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Vorbringens wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.
II.
1. Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist zulässig. Sie ist innerhalb der zweiwöchigen Frist nach § 17 Abs. 4 GebrMG i. V. m. §§ 62 Abs. 2 Satz 4, 73 PatG eingelegt worden. In dieser Frist ist auch die Beschwerdegebühr in Höhe von 50 € (Nr. 401 200 der Anlage zu § 2 Abs. 1 PatKostG) ordnungsgemäß einbezahlt worden.
2. In der Sache hat die Beschwerde teilweise Erfolg.
a) Die Antragsgegnerin dringt mit ihrer Beschwerde insoweit durch, als sie den von der Gebrauchsmusterabteilung auf lediglich 75.000 € geschätzten Gegenstandswert angreift. Der Vortrag der Antragsgegnerin ist geeignet, eine Heraufsetzung des Gegenstandswertes und damit eine Erhöhung des zu ihren Gunsten festzusetzenden Erstattungsbetrages zu bewirken.
a1) Die Bestimmung des Gegenstandswertes bemisst sich gemäß §§ 23, 33 RVG i. V. m. §§ 3, 4 ZPO nach billigem Ermessen, weil es für das Löschungsverfahren an Wertvorschriften für die Anwaltsgebühren fehlt (vgl. Bühring/Schmid, GebrMG, 8. Aufl., § 17 Rn. 114). Der Gegenstandswert ist hiernach auf der Grundlage der vorgetragenen tatsächlichen Anhaltspunkte nach pflichtgemäßem Ermessen zu schätzen, wobei Ausgangspunkt der gemeine Wert des Streitgebrauchsmusters zum Zeitpunkt der Stellung des Löschungsantrags ist (vgl. Busse/ Keukenschrijver, 8. Aufl., Rn. 59 zu § 17 GebrMG i. V. m. Rn. 68 zu § 84 PatG).
Hierbei gilt insbesondere, dass die Rechtsbeständigkeit des Gebrauchsmusters im Rahmen der Kostenfestsetzung zu unterstellen ist (vgl. Bühring/Schmid, GebrMG, 8. Aufl., § 17 Rn. 116). Entscheidend für die Bestimmung des gemeinen Wertes ist demnach das Interesse der Allgemeinheit an der Beseitigung des Schutzrechts, das sich wiederum nach dem „Behinderungspotential“ richtet, das ein eingetragenes Gebrauchsmuster – seine Rechtsbeständigkeit unterstellt – entfaltet hätte (vgl. Eisenrauch in: Fitzner/Bodewig/Lutz, PatRKomm, 4. Aufl., § 17 GebrMG Rn. 35; BPatGE 26, 208, 218).
Der von der Gebrauchsmusterabteilung geschätzte Gegenstandswert in Höhe von 75.000 € greift nach den vorstehend genannten Grundsätzen zu kurz. Derjenige, der die Festlegung eines bestimmten Gegenstandswertes anstrebt, muss tatsächliche Anhaltspunkte und ihre rechtliche Relevanz für eine Schätzung so vortragen, dass sie nachvollziehbar zugrunde gelegt werden können (vgl. Bühring/Schmid, GebrMG, 8. Aufl., § 17 Rn. 117). Die Antragsgegnerin hat hinreichende Tatsachen vorgetragen, aus denen sich ein höherer gemeiner Wert des Streitgebrauchsmusters erschließen lässt und die insbesondere eine Schätzung auf der Basis einer Lizenzanalogie zulassen. Der Antragsteller hat die Angaben der Antragsgegnerin zwar ausdrücklich mit Nichtwissen bestritten, was ihrer Verwertbarkeit vorliegend aber nicht im Wege steht.
a2) Für die Bestimmung des gemeinen Wertes gelten die folgenden, grundsätzlichen Überlegungen: Mit der Löschung besteht für die Mitbewerber eines Gebrauchsmusterinhabers die Möglichkeit, den geschützten Gegenstand frei zu benutzen. Während des Bestandes eines Schutzrechts müssten hierfür Lizenzen gezahlt werden. Zum Zwecke der Wertermittlung können die erzielten Erträge – im Allgemeinen aber nicht mehr als 10 % der erzielten Umsätze – zugrunde gelegt werden (vgl. Bühring/Schmid, GebrMG, 8. Aufl., § 17 Rn. 118, 120). Demnach kann das Allgemeininteresse aus den Zahlungen errechnet werden, die alle Mitbewerber während der möglichen Laufzeit des Gebrauchsmusters zu leisten gehabt hätten bzw. durch die Löschung erspart haben. Der Betrag entspricht damit dem Wert aller möglicher auf der Basis von Lizenzanalogie ermittelten, hypothetischen Schadensersatzansprüche. Er wird erhalten durch Multiplikation des branchenüblichen Lizenzsatzes – wobei hier 6,5 % als angemessen anzusehen sind – mit den in Deutschland tatsächlich mit dem Gegenstand gemäß Streitgebrauchsmuster erzielten Umsätzen sowie mit den bis zum Ende der maximalen Schutzdauer hypothetisch möglich gewesenen Umsätzen (vgl. Bühring/Schmid, a. a. O.).
Nach dem Vortrag der Antragsgegnerin hatte diese in Deutschland in den Jahren 2012 und 2013, d. h. in einem Zeitraum von 24 Monaten, mit dem Gegenstand des Streitgebrauchsmusters einen Umsatz von zusammen mehr als … €, also pro Monat ca. … € erzielt. Von der Eintragung des Streitgebrauchsmusters am 15. März 2012 bis zu dessen am 22. Juli 2012 erfolgen Löschung wegen Nichtwiderspruchs sind somit rechnerisch Umsätze in Höhe von ca. … € (… x … €) erzielt worden. Zu diesem Betrag sind sodann die hypothetischen Umsätze für den Zeitraum nach der erfolgten Löschung bis zur maximal möglichen Schutzdauer des Streitgebrauchsmusters hinzuzurechnen, also von August 2012 bis November 2021. Diese Umsätze errechnen sich aufgrund einer moderaten Schätzung, die auf der Annahme gleichgebliebener Umsätze basiert, wie folgt:
Aug. 2012 bis Juli 2013 Aug. 2013 bis Juli 2014 Aug. 2014 bis Juli 2015 Aug. 2015 bis Juli 2016 Aug. 2016 bis Juli 2017 Aug. 2017 bis Juli 2018 Aug. 2018 bis Juli 2019 Aug. 2019 bis Juli 2020 Aug. 2020 bis Juli 2021 Aug. 2021 bis Nov. 2021 Summe
…€ …€ …€ …€ …€ …€ …€ …€ …€ …€
…€
Hieraus folgt schließlich ein zugrunde zu legender Gesamtumsatz in Höhe von … € (… € + … €).
Der zugunsten der Antragsgegnerin in Höhe von … € ermittelte Gesamtumsatz würde zu einem geschätzten Gegenstandswert in Höhe von 64.090 € führen. Dieser Wert ergibt sich, wie oben skizziert, aus folgenden Faktoren: … x … € (Gesamtumsatz) x 6,5 x … (Lizenzfaktor 6,5 %) = … x … € x 6,5 = 64.090 €.
a3) Der in Höhe von 64.090 € ermittelte Wert gibt allerdings nur das subjektive Interesse der Antragsgegnerin am Fortbestand des Streitgebrauchsmusters wieder, während das entsprechende Interesse der Allgemeinheit, die Löschung des Streitgebrauchsmusters zu bewirken, hierbei ausgeblendet bleibt. Der Antragsteller hat zwar in seinem Schriftsatz vom 16. November 2015 selbst darauf hingewiesen, dass sich der gemeine Wert des Streitgebrauchsmusters auch aus dem Interesse der Allgemeinheit an der Vernichtung dieses Schutzrechts speist; er selbst hat sich aber darauf beschränkt, lediglich die von der Antragsgegnerin genannten Umsatzzahlen mit Nichtwissen zu bestreiten. Vorliegend ist allerdings zu beachten, dass der Antragsteller selbst mit entsprechenden Produkten am Markt tätig war und ist und über entsprechende Marktkenntnisse verfügt. Darum ist von ihm zu erwarten, dass auch er selbst Umstände vorträgt, die nach dem o. g. geeignet sind, als Grundlage für die pflichtgemäße Schätzung des Gegenstandswertes herangezogen zu werden – einschließlich Marktanteil seines Unternehmens, dessen Umsatzzahlen und Anzahl von ggf. weiteren Mitbewerbern. Der Mangel seines Vortrags führt im Sinne von § 138 Abs. 4 ZPO dazu, dass der Vortrag der Antragsgegnerin als nicht bestritten gilt (Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 37. Aufl., § 138 Rn. 20).
a4) Anhaltspunkte für den Faktor, mit dem der bisher ermittelte Gegenstandswert gegebenenfalls anzuheben wäre, ergeben sich in erster Linie aus dem Umstand, dass der Antragsteller mit seinem Unternehmen aus dem Gemeinschaftsgeschmacksmuster … gegen Abnehmer der Antragsgegnerin vorge- gangen war und die Antragsgegnerin offensichtlich aus dem Markt von „…“ verdrängen wollte. Das Behinderungspotential des Gemeinschaftsgeschmacksmusters für die Allgemeinheit war daher beachtlich. Dasselbe muss aber zwingend auch für das hinsichtlich seines Gegenstandes unstreitig vergleichbare Streitgebrauchsmuster gegolten haben. Letztlich ist davon auszugehen, dass mit dem Wert von 64.090 € nur ein Bruchteil des Gegenstandswertes des patentamtlichen Löschungsverfahrens umschrieben wird. Es erscheint daher billig, diesen Wert mit dem Faktor 2 zu multiplizieren, womit man unschwer zum mit der Beschwerde angestrebten Wert in Höhe von 125.000 € gelangt. Dieser Wert liegt zudem in einem Rahmen, der bei Gebrauchsmustern, deren Gegenstand unstreitig benutzt wurde, als angemessen angesehen wird. Im Jahr 2000 lag beispielsweise der durchschnittliche Gegenstandswert aller Gebrauchsmusterlöschungsverfahren bei 100.000 €, wobei sich im Einzelfall auch erhebliche Abweichungen nach oben ergeben konnten und auch nach wie vor ergeben können (Benkard/ Goebel/Engel, GebrMG, 11. Aufl., § 17 Rn. 33).
b) Die Antragsgegnerin dringt mit ihrer Beschwerde allerdings nicht insoweit durch, als sie bei der Festsetzung der ihr zu erstattenden Kosten eine höhere als eine 1,0-fache Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG verlangt.
Die Gebrauchsmusterabteilung des DPMA ist im angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss zu Recht davon ausgegangen, dass es sich bei einem Gebrauchsmusterlöschungsverfahren um kein gerichtliches Verfahren handelt. Die Löschungsverfahren vor den Abteilungen des DPMA tragen zwar Züge eines justizförmigen Verfahrens (vgl. BGH GRUR 2010, 231, 233 – „Legostein“ und BlPMZ 2015, 112, 113 – „VIVA FRISEURE/VIVA“), gebührenrechtlich handelt es sich bei diesen aber um Verfahren vor einer Verwaltungsbehörde, weshalb hier der Gebührentatbestand Nr. 2300 VV RVG einschlägig ist.
Hinsichtlich einer angemessenen Höhe der Gebühr ist zu beachten, dass bei der Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG ein Rahmen vorgesehen ist, der von einer 0,5- bis 2,5-fachen Gebühr reicht, wobei allerdings eine Gebühr von mehr als 1,3 nur gefordert werden kann, wenn die Tätigkeit umfangreich und/oder schwierig war. Demnach stellt der 1,3-fache Satz die Regelvergütung für ein durchschnittliches Gebrauchsmusterlöschungsverfahren dar.
Gegen die Einordnung des vorliegenden Verfahrens als ein durchschnittliches Löschungsverfahren, das die Zuerkennung eines höheren als einen 1,0-fachen Satz rechtfertigt, spricht bereits vorliegend, dass mangels Widerspruchs ein streitiges Löschungsverfahren überhaupt nicht zur Durchführung gelangt war. Der Löschungsantrag war zudem lediglich auf einen einzigen Löschungsgrund, nämlich den einer mangelnden Schutzfähigkeit im Sinne von § 15 Abs. 1 Nr. 1 GebrMG gestützt worden, wobei hierbei auch nur fünf druckschriftliche Entgegenhaltungen (A1 bis A5) genannt worden waren. Es ist zudem nicht ersichtlich, dass besonders schwierige Rechtsfragen erörtert oder geklärt werden mussten. Das Gemeinschaftsgebrauchsmuster … war zwar einen Tag vor dem Streitgebrauchsmuster angemeldet, aber erst am 7. Dezember 2011 eingetragen und veröffentlicht worden, weshalb es für das Streitgebrauchsmuster offensichtlich unter keinem denkbaren Gesichtspunkt ein relevanter Stand der Technik sein konnte.
Beim Gegenstand nach Hauptanspruch handelte es sich zudem um einen technisch einfachen Gegenstand, der in 16 Unteransprüchen jeweils leicht abgewandelt wurde. Das Streitgebrauchsmuster beruhte weder auf einer Abzweigung noch nahm es irgendwelche Prioritätsrechte in Anspruch. Die möglicherweise große wirtschaftliche Bedeutung des Streitgebrauchsmusters für die Inhaber der Antragsgegnerin ist im Zusammenhang mit dem Gebührensatz ohne Bedeutung; sie ist alleine beim Gegenstandswert zu berücksichtigen. Damit lassen die gegebenen Umstände des vorliegenden Falles insgesamt nur die Bewertung zu, dass es sich sowohl um eine deutlich unterdurchschnittlich umfangreiche als auch um eine deutlich unterdurchschnittlich schwierige anwaltliche Tätigkeit gehandelt hat. Durch eine solche Tätigkeit wird lediglich eine 1,0-fache Gebühr verdient (vgl.
BPatG, Beschluss vom 19. Mai 2015 – Az. 35 W (pat) 5/13), wie die Gebrauchsmusterabteilung im angefochtenen Beschluss zu Recht festgestellt hat. Aus der von der Antragsgegnerin zusätzlich angeführten Entscheidung (BPatG, Beschluss vom 30. Mai 2012 – Az. 35 W (pat) 11/10) folgt nichts anderes; diese Entscheidung betraf zudem ein Verfahren, bei dem eine mündliche Verhandlung durchgeführt worden war.
c) Die im patentamtlichen Verfahren angefallenen Kosten, deren Erstattung die Antragsgegnerin vom Antragsteller verlangen kann, richten sich – wovon die Gebrauchsmusterabteilung ebenfalls zu Recht ausgegangen ist – nach der bis zum 31. Juli 2013 gültig gewesenen Gebührentabelle (§ 13 RVG), da diese zum Zeitpunkt der Mandatsübernahme aktuell war. Hiernach errechnen sich die für das patentamtliche Löschungsverfahren entstandenen Kosten, deren Erstattung sie hier verlangen kann, wie folgt:
Gebührentatbestand Gegenstandswert: 125.000 € (§§ 2 Abs. 1, 23, 33 RVG)
1. Geschäftsgebühr 2. Pauschale Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen VV RVG Satz Betrag Nr. in €
1,0 1.431,00
7002
20,00 Gesamtkosten der Antragsgegnerin:
1.451,00 =======
Ergänzend war antragsgemäß wiederum auszusprechen, dass der festgesetzte Betrag gemäß § 104 Abs. 1 Satz 2 ZPO, ab dem 11. September 2014, also dem Tag des Eingangs des Kostenfestsetzungsantrags beim DPMA, mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB zu verzinsen ist.
Der erkennende Senat hielt es nicht für notwendig, weitere Ermittlungen anzustellen oder auf ergänzenden Vortrag hinzuwirken. Auf eine mündliche Verhandlung hat der erkennende Senat ebenfalls verzichtet, da eine solche nicht erforderlich erschien (vgl. Bühring, GebrMG, 8. Aufl., § 18 Rn. 98).
III.
Die Kostenentscheidung hinsichtlich des Beschwerdeverfahrens beruht auf § 18 Abs. 2 Satz 2 GebrMG i. V. m. § 84 Abs. 2 PatG und §§ 92, 97 Abs. 1 ZPO, die auch bei Nebenentscheidungen in Löschungsverfahren anwendbar sind (vgl. Bühring/Schmid, GebrMG, 8. Aufl., Rn. 129). Die Antragsgegnerin hat mit ihrer Beschwerde die Heraufsetzung des in Höhe von 1.220,00 € festgesetzten Erstattungsbetrages auf 1.880,30 € gefordert, was einen Differenzbetrag in Höhe von 660,30 € bedeutet. Mit ihrer Beschwerde ist sie dagegen nur in Höhe von 231,00 € (1.451,00 € minus 1.220,00 €) durchgedrungen. Hinsichtlich des geforderten Differenzbetrages in Höhe von 660,30 € ist die Antragsgegnerin somit in Höhe von 429,30 € unterlegen, während sie nur in Höhe von 231,00 € obsiegt hat. Dies entspricht in etwa Unterliegens- und Obsiegensanteilen im Verhältnis von 2/3 zu 1/3, was bei der Kostenentscheidung billigerweise auch so auszusprechen war.
IV.
Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass
1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, 4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat, 5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder 6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich einzulegen.
Metternich Bayer Eisenrauch Fa