35 W (pat) 6/12
BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 6/12
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(Aktenzeichen)
BESCHLUSS In der Kostenbeschwerdesache …
BPatG 152 08.05
…
betreffend das Gebrauchsmuster … (hier: Kostenfestsetzungsverfahren)
hat der 35. Senat (Gebrauchsmuster-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 18. Juni 2014 durch die Vorsitzende Richterin Werner sowie die Richterin Bayer und den Richter Eisenrauch beschlossen:
1. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Gebrauchsmusterabteilung I des Deutschen Patent- und Markenamts vom 26. Juni 2012 wird zurückgewiesen.
Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird angeordnet.
2. Die Anschlussbeschwerde der Antragsgegnerin wird zurückgewiesen.
3. Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Antragstellerin 1/3 und die Antragsgegnerin 2/3 zu tragen.
Gründe I.
Die Antragsgegnerin, Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerdeführerin (im Folgenden: Antragsgegnerin) war Inhaberin des am 21. Juni 2002 beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) angemeldeten und am 26. September 2002 mit fünf Schutzansprüchen eingetragenen Gebrauchsmusters … (Streitgebrauchsmuster) mit der Bezeichnung „…“. Die Antragstellerin, Beschwerdeführerin und Anschlussbeschwerdegegnerin (im Folgenden: Antragstellerin) hat das Gebrauchsmuster mit Löschungsantrag vom 7. August 2008 angegriffen und die vollumfängliche Löschung beantragt. Die Antragstellerin hat hierbei ihr Löschungsbegehren ausschließlich auf den Löschungsgrund einer mangelnden Schutzfähigkeit im Sinne von § 15 Abs. 1 Nr. 1 GebrMG gestützt und vorgetragen, dass der Gegenstand des Streitgebrauchsmusters nicht neu sei, jedenfalls nicht auf einem erfinderischen Schritt beruhe. Hierzu hat sie als Belege drei druckschriftliche Entgegenhaltungen (E1 bis E3) vorgelegt sowie einige Vorbenutzungstatbestände vorgetragen.
Mit Zwischenbescheid vom 5. Juni 2009 hat die Gebrauchsmusterabteilung I des DPMA den Verfahrensbeteiligten mitgeteilt, dass sie drei weitere druckschriftliche Entgegenhaltungen (E4 bis E6) ermittelt habe und sie nach vorläufiger Auffassung davon ausgehe, dass sich der Gegenstand des Streitgebrauchsmusters für den Fachmann in naheliegender Weise aus einer Zusammenschau der Druckschriften E1 und E4 oder E1 und E5 ergebe. Unter Beibehaltung dieser Auffassung hat die Abteilung schließlich nach einer am 16. September 2009 durchgeführten, kurzen, mündlichen Verhandlung, in der die Antragsgegnerin ihr Schutzrecht ausschließlich in der eingetragenen Fassung verteidigt hatte, das Streitgebrauchsmuster in vollem Umgang gelöscht und der Antragsgegnerin die Kosten des Löschungsverfahrens auferlegt. Der Beschluss ist, nachdem die Antragsgegnerin die von ihr ursprünglich eingelegte Beschwerde wieder zurückgenommen hatte (vgl. Az.: 35 W (pat) 405/10), am 9. August 2011 bestandskräftig geworden.
Die Antragstellerin hatte zuvor bereits, nämlich am 8. Februar 2010, beim DPMA einen Kostenfestsetzungsantrag über einen Betrag in Höhe von insgesamt 3.897,50 € eingereicht, wobei sie ausgehend von dem zwischen den Parteien unstreitigen Gegenstandswert in Höhe von 125.000 € die Erstattung einer 2,5-fachen Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG (3.577,50 €), der Pauschale für Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen nach Nr. 7002 VV RVG (20,00 €) sowie die Erstattung der von ihr verauslagten Löschungsantragsgebühr (300,00 €) begehrte. Eine Verzinsung dieses Betrages mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hat die Antragstellerin ab dem 8. Februar 2010, dem Eingangstag ihres des Festsetzungsantrags beim DPMA, beantragt.
Die volle Ausschöpfung des vom Gebührentatbestand Nr. 2300 VV RVG in Höhe eines 2,5-fachen Satzes vorgegebenen Rahmens hat die Antragstellerin zum einen damit begründet, dass es sich bei Gebrauchsmustersachen um Streitigkeiten handele, die ein schwieriges Rechtsgebiet beträfen und regelmäßig auch technische Spezialkenntnisse erforderten; zum anderen sei es für die Festlegung des Gebührensatzes unerheblich, ob das vorliegende Verfahren einem durchschnittlichen Gebrauchsmusterlöschungsverfahren entsprochen habe. Entscheidungsrelevant sei vielmehr, wie der Schwierigkeitsgrad des vorliegenden Gebrauchsmusterlöschungsverfahren im Vergleich zu allen vom Tatbestand Nr. 2300 VV RVG erfassten, anwaltlichen Tätigkeiten bewertet werden müsse. Das vorliegende Verfahren sei im Vergleich zu üblichen Gebrauchsmusterlöschungsverfahren auch äußerst umfangreich und schwierig gewesen, was sich bereits anhand der geltend gemachten offenkundigen Vorbenutzungen ergebe. Es bestehe insoweit auch ein Wertungswiderspruch zu den Gebührentatbeständen der Nummern 3510 und 3516 VV RVG, als nach diesen Tatbeständen für die Durchführung eines Gebrauchsmusterlöschungsbeschwerdeverfahrens einschließlich mündlicher Verhandlung ausnahmslos zwei Gebühren, die in der Summe einem 2,5-fachen Gebührensatz entsprächen, verdient würden.
Mit Beschluss vom 26. Juni 2012 hat die Gebrauchsmusterabteilung I des DPMA die von der Antragsgegnerin der Antragstellerin zu erstattenden Kosten des ersten Rechtszugs auf 3.182,00 € festgesetzt. Während die Pauschale für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen nach Nr. 7002 VV RVG (20,00 €) sowie die von der Antragstellerin verauslagten Löschungsantragsgebühr (300,00 €) antragsgemäß festgesetzt wurden, hat die Gebrauchsmusterabteilung auf der Grundlage des zwischen den Parteien unstreitigen Gegenstandswerts in Höhe von 125.000 € der Antragstellerin nur eine Geschäftsgebühr nach Tatbestand Nr. 2300 VV RVG in Höhe eines 2,0-fachen Gebührensatzes (2.862,00 €), somit 715,50 € weniger als beantragt, zugesprochen. Ebenfalls unter Abweichung vom Kostenfestsetzungsantrag hat die Gebrauchsmusterabteilungen eine Verzinsung des festgesetzten Betrages erst ab dem Zeitpunkt, zu dem die Beschwerdefrist abgelaufen war, nämlich ab dem 17. März 2010, ausgesprochen.
Gegen diesen Beschluss wendet sich die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde. Sie trägt vor, die Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG sei mit einem 2,0-fachen Satz - wie bei Antragstellung bereits erläutert - zu niedrig bemessen. Sie verfolgt mit der Beschwerde ihr Erstattungsbegehrein in Höhe von insgesamt 3.897,50 € weiter.
Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß,
1. Unter Abänderung des angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss die von der Antragsgegnerin ihr zu erstattenden Kosten auf 3.897,50 € festzusetzen,
2. die Verzinsung dieses Betrages mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 8. Februar 2010 auszusprechen sowie
3. ihr die in Höhe von 50,00 € gezahlte Beschwerdegebühr zu erstatten.
Die Antragsgegnerin und Beschwerdegegnerin beantragt dagegen sinngemäß,
die Beschwerde zurückzuweisen; ferner hat sie mit Schriftsatz vom 15. Oktober 2012 beantragt,
die im Kostenfestsetzungsbeschluss vom 26. Juni 2012 festgelegten, zu erstattenden Kosten von 3.182,00 € unter Berücksichtigung eines Satzes von 1,0 für die Geschäftsgebühr auf 1.751,00 € neu festzulegen.
Die Antragsgegnerin hält die von der Gebrauchsmusterabteilung in Höhe eines 2,0-fachen Gebührensatzes angesetzte Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG grundsätzlich für angemessen. Allerdings handele es sich bei dem hier durchgeführten Löschungsverfahren um ein Parallelverfahren zu einem weiteren Löschungsverfahren (Az. …). Die beiden Streitgebrauchsmuster seien nahezu identisch gewesen, weshalb die Antragstellerin in beiden Löschungsverfahren auch nahezu wortgleiche Eingaben verfasst habe. Der so entstandene Synergieeffekt rechtfertige es, für das vorliegende Verfahren nur von einem halbierten Aufwand auszugehen und entsprechend die verdiente Geschäftsgebühr auf einen 1,0-fachen Satz herabzumindern.
Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Verfahrensbeteiligten im Verfahren vor dem DPMA sowie auf den Akteninhalt des vorliegenden Beschwerdeverfahrens verwiesen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist innerhalb der zweiwöchigen Frist nach § 17 Abs. 4 GebrMG i. V. m. §§ 62 Abs. 2 Satz 4, 73 PatG eingelegt worden, wobei die Antragstellerin auch innerhalb dieser Frist die Beschwerdegebühr in Höhe von 50,-- € (Nr. 401 200 der Anlage zu § 2 Abs. 1 PatKostG) einbezahlt hat. Zudem handelt es sich bei dem von der Antragstellerin mit der Beschwerde verfolgten Rechtsschutzziel, nämlich eine Neufestsetzung der zu erstattenden Kosten auf der Basis eines höheren Gebührensatzes zu erreichen, um ein zulässiges Begehren. In der Sache bleibt die Beschwerde jedoch ohne Erfolg.
Auch die unselbständige Anschlussbeschwerde der Antragsgegnerin ist zulässig, aber erfolglos.
A. Beschwerde der Antragstellerin
1. Der von der Gebrauchsmusterabteilung für die Vergütung des Vertreters der Antragstellerin in Ansatz gebrachte 2,0-fache Gebührensatz gemäß dem Gebührentatbestand Nr. 2300 VV RVG ist nicht zu beanstanden.
1.1. Bei einem Löschungsverfahren vor der Gebrauchsmusterabteilung des DPMA handelt es sich trotz seiner justizförmigen Ausgestaltung (vgl. BGH GRUR 2010, 231, 233 - „Legostein“) um ein Verfahren vor einer Verwaltungsbehörde (vgl. Schulte/Rudloff-Schäffer, PatG, 9. Aufl., § 26 Rn. 4); auch gebührenrechtlich ist es daher als ein Verwaltungsverfahren anzusehen (vgl. BVerfG GRUR 2003, 723 - „Rechtsprechungstätigkeit“). Damit richtet sich die für die Vertretung in einem Gebrauchsmusterlöschungsverfahren von einem Rechts- oder Patentanwalt verdiente Geschäftsgebühr nach dem Gebührentatbestand Nr. 2300 VV RVG. Gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG erfolgt die Festsetzung bei Rahmengebühren einzelfallbezogen nach billigem Ermessen und zwar unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers (vgl. auch: Gerold/Schmidt/Mayer, Kommentar zum RVG, 21. Aufl., § 14 Rn. 33). Da es vorliegend um eine Erstattung von Kosten durch einen erstattungspflichtigen Gegner geht, sind die von der Antragstellerin angesetzten Kosten vollumfänglich auf Billigkeit hin zu überprüfen (vgl. § 14 Abs. 1 Satz 4 RVG).
1.2. Die Festsetzung einer 2,0-fachen Geschäftsgebühr für das Betreiben des vorliegenden Gebrauchsmusterlöschungsverfahrens einschließlich der mündlichen Verhandlung entspricht pflichtgemäßem Ermessen.
Nach Nr. 2300 VV RVG fällt für eine Tätigkeit im Verwaltungsverfahren eine (Rahmen-) Geschäftsgebühr in Höhe eines 0,5- bis 2,5-fachen Satzes an. Hiernach ist im Normalfall ein Regelsatz von 1,3 anzusetzen, der nur bei umfangreichen und/oder schwierigen Tätigkeiten überschritten werden kann (vgl. z. B. auch: Bühring/Schmid, GebrMG, 8. Aufl., § 17 Rn. 151). Ein solcher Fall ist hier gegeben, jedoch ist kein Grund dafür erkennbar, über den zugesprochenen Umfang einer 2,0-fachen Geschäftsgebühr hinauszugehen.
Ein umfangreicher oder schwieriger Fall, der einen höheren Gebührensatz als (jedenfalls) den Regelsatz rechtfertigt, ist vorliegend gegeben, da ein gebrauchsmusterrechtliche Löschungsverfahren, bei dem die Schutzfähigkeit in Ansehung eines Standes der Technik zu beurteilen ist, in aller Regel aufwendig und komplex ist (vgl. BGH GRUR 2014, 206, 208 - „Einkaufskühltasche“); insoweit kann der Auffassung der Antragstellerin also gefolgt werden. Nebenbei bemerkt ist nicht unbestritten, ob - wie von der Antragstellerin vertreten - der dem Gebührentatbestand Nr. 2300 VV RVG zugrunde zu legende Vergleichsmaßstab für Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit den Gesamtbereich aller möglichen, nach diesem Tatbestand abzurechnenden anwaltlichen Tätigkeiten umfasst. Jedenfalls wird auch die Gegenmeinung geäußert, wonach in diesem Zusammenhang nicht auf alle denkbaren außergerichtlichen anwaltlichen Tätigkeiten abzustellen ist, sondern der typischerweise mit einem bestimmten Rechtsgebiet verbundene, höhere Schwierigkeitsgrad oder Aufwand nur als ein Bemessungsumstand unter mehreren zu berücksichtigen ist (vgl. Gerold/Schmidt/Mayer, Kommentar zum RVG, 21. Aufl., Nr. 2300 VV, Rn. 32). Vorliegend kommt es aber auf diesen Meinungsstreit nicht an. Im Lichte des Gebührentatbestandes Nr. 2300 VV RVG geht das hier in Rede stehende, konkret durchgeführte gebrauchsmusterrechtliche Löschungsverfahren auch aus anwaltlicher Sicht nicht über den Durchschnitt der schon an sich regelmäßig schwierigen und umfangreichen Verfahren mit mündlicher Verhandlung hinaus. Für ein derartiges Verfahren steht der Mittelwert eines 1,9- bis 2,0-fachen Satzes zur Verfügung (vgl. Gerold/Schmidt/Mayer, Kommentar zum RVG, 21. Aufl., Nr. 2300 VV, Rn. 29).
Wie die Antragstellerin letztlich zu dem Ergebnis kommt, dass es sich vorliegend um ein besonders schwieriges oder aufwendiges Gebrauchsmusterlöschungsverfahren gehandelt habe, ist schlichtweg nicht nachvollziehbar. Das vorliegende Streitgebrauchsmuster verfügte lediglich über fünf Schutzansprüche mit einer jeweils überschaubaren Anzahl von Merkmalen. Der Anmeldetag des Streitgebrauchsmusters beruhte nicht auf einer Abzweigung; selbst ein Prioritätsrecht wurde für das Streitgebrauchsmuster nicht beansprucht. Auch andere gebrauchsmusterrechtlichen oder sonstigen Besonderheiten, wie z. B. die Geltendmachung einer Neuheitsschonfrist (vgl. § 3 Abs. 1 Satz 2 GebrMG), standen in dem vorliegenden Verfahren ersichtlich nicht zur Debatte. Die Antragstellerin hat sodann in einem noch als kurz zu bezeichnenden, 15 Seiten umfassenden Löschungsantrag lediglich einen Löschungsgrund, nämlich den einer mangelnden Schutzfähigkeit im Sinne von § 15 Abs. 1 Nr. 1 GebrMG geltend gemacht und hierfür als eigene Belege nur drei druckschriftliche Entgegenhaltungen und ein paar Vorbenut- zungstatbestände genannt, wobei zu letzteren wohl eher die Antragstellerin selbst die notwendigen Informationen und Unterlagen zusammengetragen haben dürfte. Danach zeichnete sich bereits nach dem Zwischenbescheid der Gebrauchsmusterabteilung vom 5. Juni 2009 ab, dass das Streitgebrauchsmuster - ohne dass es auf die geltend gemachten Vorbenutzungstatbestände in entscheidungswesentlicher Weise ankommen würde - löschungsreif war. Dass es sich vorliegend lediglich um eine „normal“ umfangreiche oder schwierige Tätigkeit gehandelt hatte, wird schließlich noch dadurch unterstrichen, dass das Streitgebrauchsmuster von der Antragsgegnerin nur in der eingetragenen Fassung, d. h. ohne Vorlage irgendeiner neue Anspruchsfassung, verteidigt wurde und dementsprechend die mündliche Verhandlung laut Protokoll bereits nach 55 Minuten mit dem Löschungsausspruch durch die Abteilung endete.
Dem Senat sind auch im Übrigen keine Umstände im Sinne von § 14 Abs. 1 RVG vorgetragen oder anderweitig ersichtlich geworden, die bei dem hier in Rede stehenden Gebrauchsmusterlöschungsverfahren auf ein besonders schwieriges oder besonders aufwendiges Verfahren hingedeutet hätten. Die Gebrauchsmusterabteilung ist deshalb bei der angegriffenen Entscheidung zu Recht davon ausgegangen, dass hier kein Fall vorlag, bei dem der vom Gebührentatbestand Nr. 2300 VV RVG vorgegebene Rahmen eines bis zu einem 2,5-fach Gebührensatzes billigerweise auszuschöpfen gewesen wäre.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht anhand der Gebührentatbestände der Nummern 3510 und 3516 VV RVG. Es trifft zwar zu, dass nach den genannten Regelungen für die Durchführung eines Gebrauchsmusterlöschungsbeschwerdeverfahrens einschließlich mündlicher Verhandlung regelmäßig zwei Gebühren (1,3 und 1,2-facher Satz) anfallen und damit quasi stets ein 2,5-facher Gebührensatz verdient wird. Dem Gesetzgeber steht es aber frei, das gerichtliche Verfahren gebührenmäßig höher als das vorgeschaltete behördliche Verfahren zu bewerten.
2. Auch hinsichtlich des Verzinsungsausspruchs besteht zugunsten der Antragstellerin kein Raum für eine Abänderung des angegriffenen Beschlusses. Insbesondere war der Ausspruch des Verzinsungsbeginns nicht zu Gunsten der Antragstellerin zu ändern. Die festgesetzten Kosten sind nach § 247 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen. Den hierzu erforderlichen Antrag (vgl. § 17 Abs. 4 Satz 2 GebrMG, § 62 Abs. 2 Satz 3 PatG, § 104 Abs. 1 Satz 2 ZPO) hatte die Antragstellerin bereits am 8. Februar 2010 gestellt. Allerdings kann die Verzinsung nicht - wie von Antragstellerin beantragt - vom Zeitpunkt der Anhängigkeit des Kostenfestsetzungsantrags beim DPMA ausgesprochen werden, da zu diesem Zeitpunkt noch keine bestandskräftige Kostengrundentscheidung vorlag, worauf es aber in diesem Zusammenhang ankommt (vgl. Bühring/Schmid, GebrMG, 8. Aufl., § 17 Rn. 140 - m. w. N.). Bestandskraft hat der die Kostengrundentscheidung enthaltende Beschluss der Gebrauchsmusterabteilung I vom 16. September 2009 (in der mit Gründen versehenen Fassung vom 11. Februar 2010) erst mit der am 9. August 2011 beim BPatG erklärten Zurücknahme der Beschwerde (Az.: 35 W (pat) 405/10) erlangt. Damit erweist sich sowohl der von der Gebrauchsmusterabteilung auf den 17. März 2010, nämlich dem Tag des Ablaufs der Beschwerdefrist, festgelegte Termin für den Verzinsungsbeginn als auch der von der Antragstellerin beantragte Termin (8. Februar 2010) als unzutreffend. Eine Änderung des angefochtenen Beschlusses kommt dennoch nicht in Betracht, da die Antragsgegnerin mit ihrer Anschlussbeschwerde den fehlerhaften Verzinsungsausspruch nicht gerügt hat. Die Antragstellerin darf daher als Hauptbeschwerdeführerin insoweit darauf vertrauen, dass sie wegen des Verbots einer „reformatio in peius“ nicht schlechter gestellt werden kann (vgl. Schulte/Püschel, PatG, 9. Aufl., § 73 Rn. 172).
3. Die Beschwerdegebühr war der Antragstellerin jedoch zu erstatten. Der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr ist gemäß § 80 Abs. 3 PatG statthaft. Er ist auch begründet, da die Rückzahlung der Gebühr vorliegend der Billigkeit entspricht. Nach ständiger Rechtsprechung ist die Rückzahlung der Beschwerdege- bühr nach § 80 Abs. 3 PatG dann als billig anzusehen, wenn bei ordnungsgemäßer und angemessener Sachbehandlung die Beschwerde hätte vermieden werden können (vgl. Schulte/Püschel, PatG, 9. Aufl., § 73 Rn. 139). Die Billigkeit einer Erstattung ist z. B. auch dann gegeben, wenn in einer angefochtenen Entscheidung das Begehren eines Antragstellers nur knapp, formelhaft und nichtssagend abhandelt wird, obwohl dieser seinen Antrag mit einer ausführlichen und auch gut nachvollziehbaren Begründung versehen hatte (vgl. Schulte/Püschel, PatG, 9. Aufl., § 73 Rn. 143 - m. w. N.). Ein solcher Fall ist hier gegeben. Die zum angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss gelieferte Begründung ist so knapp und nichtssagend, dass er nicht erkennen lässt, auf welchen maßgeblichen Gründen er beruht. Darüber hinaus setzt sich der Beschluss mit keinem der Argumente auseinander, mit denen die Antragstellerin nahezu über fünf Seiten ihr Begehren nach einer Kostenfestsetzung in Höhe von 3.897,50 € ausführlich begründet hat. Da von der Gebrauchsmusterabteilung auch kein Zwischenbescheid erlassen wurde, musste für die Antragstellerin letztlich der Eindruck entstehe - worauf sie in ihrer Beschwerdeschrift auch hingewiesen hat -, dass ihr Vorbringen überhaupt nicht zur Kenntnis genommen wurde. Zu Gunsten der Antragstellerin kann letztlich unterstellt werden, dass sie bei einer angemessenen Begründung des angefochtenen Beschlusses von einer Beschwerde abgesehen hätte.
B. Anschlussbeschwerde der Antragsgegnerin Der Antrag, den die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 15. Oktober 2012 gestellt hat, ist als unselbständige Anschlussbeschwerde zu werten. Eine Anschlussbeschwerde muss nicht als solche bezeichnet werden; sie liegt notwendigerweise bereits dann vor, wenn ein Verfahrensbeteiligter, der dem Rechtsmittelführer entgegengetreten ist, - so wie hier - einen eigenen Sachantrag gestellt hat (vgl. Busse/Engels, PatG, 7. Aufl., 2013, § 73 Rn. 200; Kubis in Fitzner/Lutz/Bodewig, PatKomm, 4. Aufl., 2012, PatG § 73 Rn. 18 a. E.; für das Zivilprozessverfahren BGH NJW 90, 449 ff (dort zur Anschlussrevision); im Übrigen Zöller/Heßler, Zivil- prozessordnung, 29. Aufl., 2012, § 524, Rn. 6; Reichold in Thomas/Putzo ZPO, 35. Aufl., 2014, § 524, Rn. 11).
In der Sache ergibt sich bereits im Wesentlichen aus den unter Abschnitt A gemachten Ausführungen, dass auch die Anschlussbeschwerde der Antragsgegnerin keinen Erfolg haben kann. Darüber hinaus kann auch ihrer Ansicht nicht gefolgt werden, wonach hier ein Synergieeffekt, hervorgerufen durch ein nahezu inhaltsgleiches Parallelverfahren, bei der Kostenfestsetzung entsprechend kostenmindernd zu berücksichtigen sei. Insoweit ist nämlich zu beachten, dass sich mit der Anzahl der Verfahren auch das Haftungsrisiko eines Rechts- oder Patentanwalts erhöht. Wie sich aus § 14 Abs. 1 Satz 2 RVG ergibt, zählt auch das Haftungsrisiko eines Anwalts zu jenen Umständen, die bei Kostenfestsetzung als Bemessungsfaktor heranzuziehen sind. Hierdurch wird grundsätzlich ausgeschlossen, dass sogenannte Parallelverfahren als kostenmindernd herangezogen werden können.
III.
Die Kostenentscheidung hinsichtlich des Beschwerdeverfahrens beruht auf § 18 Abs. 2 Satz 2 GebrMG i. V. m. § 84 Abs. 2 PatG, die auch auf Nebenentscheidungen im Zusammenhang mit Löschungsverfahren anzuwenden sind (vgl. Bühring, GebrMG, 8. Aufl., § 18 Rn. 129), i. V. m. §§ 92, 97 Abs. 1 ZPO. Sowohl die Beschwerde der Antragstellerin als auch die kostenrechtlich gesondert zu betrachtende unselbständige Anschlussbeschwerde der Antragsgegnerin sind erfolglos geblieben, weshalb beide Parteien jeweils die Kosten ihres Rechtsmittels zu tragen haben. Die Antragstellerin hat mit ihrem Rechtsmittel - abweichend von dem ihr erstinstanzlich in Höhe von 3.182,00 € zugesprochenen Kostenerstattungsanspruch - ohne Erfolg eine Erhöhung des ihr zu erstattenden Betrages um 715,50 € angestrebt (Differenz zwischen 3.897,50 € und 3.182,00 €), während die Antragsgegnerin mit ihrer Anschlussbeschwerde vergeblich eine Reduzierung des zu ihren Lasten ausgesprochenen Erstattungsbetrages um 1.431,00 € verfolgt hat
(Differenz zwischen 3.182,00 € und 1.751,00 €). Dies bedeutet, dass die Antragsgegnerin mit ihrer erfolglosen Anschlussbeschwerde wertmäßig doppelt soviel gefordert hat wie die ebenfalls erfolglos gebliebene Antragstellerin. Es entsprach daher der Billigkeit, die Antragsgegnerin und die Antragstellerin diesem Verhältnis entsprechend, nämlich 2/3 zu 1/3, mit den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu belasten.
IV.
Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass
1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, 2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Aus- übung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, 3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, 4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat, 5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder 6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich einzulegen.
Werner Bayer Eisenrauch Cl