Paragraphen in 14 W (pat) 11/08
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BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 11/08
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(Aktenzeichen)
BESCHLUSS In der Beschwerdesache betreffend die Patentanmeldung 10 2005 033 393.1-41 …
hat der 14. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 12. Dezember 2013 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Phys. Dr. Maksymiw, der Richterin Dipl.-Chem. Dr. Proksch-Ledig, des Richters Dr. Kortbein sowie der Richterin Dipl.-Chem. Dr. Münzberg BPatG 152 08.05 beschlossen:
Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse C01F des Deutschen Patent- und Markenamts vom 4. März 2008 aufgehoben und das Patent erteilt. Bezeichnung: Verfahren zur Herstellung von nanokristallinem αAl2O3 Anmeldetag: 16. Juli 2005 Der Erteilung liegen folgende Unterlagen zugrunde:
Patentansprüche 1 bis 16, vom Anmeldetag 16. Juli 2005 Beschreibung Seiten 1 bis 8, vom Anmeldetag 16. Juli 2005 Gründe I.
Die Prüfungsstelle für Klasse C01F des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit Beschluss vom 4. März 2008 die Patentanmeldung 10 2005 033 393.1-41 mit der Bezeichnung
„Verfahren zur Herstellung von nanokristallinem α-Al2O3“
zurückgewiesen.
Zur Begründung ihres Zurückweisungsbeschlusses hat die Prüfungsstelle im Wesentlichen ausgeführt, dass das beanspruchte Verfahren gegenüber der Druckschrift GB 2 184 715 A (= Druckschrift D2) nicht neu sei. Aus ihr sei dem Fachmann ein Verfahren zur Herstellung von nanokristallinem Al2O3 bekannt, in dem Aluminiumchlorohydrat in Form einer verdünnten Suspension mit einem Gehalt von Feststoffpartikeln als Ausgangsmaterial eingesetzt werde. Auch wenn der Begriff „Keim(e)“ in der D2 nicht expressis verbis erwähnt sei, erkenne der Fachmann dennoch, dass die in der verwendeten Suspension enthaltenen Feststoffpartikel bei der Umsetzungsreaktion als Keime fungierten. Zudem finde die thermische Behandlung der Aluminiumchlorohydrat-Suspension bei diesem Verfahren innerhalb von weniger als 30 Minuten statt. Das beanspruchte Verfahren beruhe gegenüber dem Artikel von Th. Oberbach et al. - veröffentlicht in cfi/Ber. DKG 74 (1997), No. 11/12, S. 719 bis 722 mit dem Titel „Methods for Producing Corundum at Low Temperatures“ (= Druckschrift D1) – auch nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Mit dem Verfahren der D1 werde nanokristallines Al2O3 hergestellt, indem Aluminiumchlorohydrat mit Keimen versetzt und thermisch behandelt werde. Die in D1 dargestellte Ausbeute an Korund lasse erkennen, dass bereits vor der in Druckschrift D1 gewählten Haltezeit der Brenntemperatur von 4 Stunden die Oxidbildung abgeschlossen sei. Selbst wenn unterstellt würde, dass die Lehre der D1 eine Reaktionsdauer von 4 Stunden vermittle, liege es für den Fachmann, der mit der Aufgabe betraut sei, die Reaktionsdauer bekannter Verfahren zu verbessern, auf der Hand, die Reaktionszeit der Druckschrift D1 zu verkürzen. Demzufolge gelange der Fachmann in Kenntnis der D1 durch einfaches Ausprobieren und damit ohne erfinderisches Zutun zum beanspruchten Verfahren.
Gegen diesen Beschluss der Prüfungsstelle richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie verfolgt ihr Patentbegehren mit den im Tenor des Beschlusses angegebenen Unterlagen sowie mit dem im Schriftsatz vom 2. Juli 2008 eingereichten Patentanspruch 1 in Verbindung mit den ursprünglich eingereichten Patentansprüchen 2 bis 16 gemäß Hilfsantrag weiter. Der unabhängige Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag lautet wie folgt:
„Verfahren zur Herstellung von nanokristallinem Al2O3, dadurch gekennzeichnet, dass man Aluminiumchlorohydrat mit Keimen versetzt, innerhalb weniger als 30 Minuten thermisch behandelt und die dabei erhaltenen Agglomerate zerkleinert.“
Die Ansprüche 2 bis 16 sind auf Weiterbildungen des Verfahrens nach Patentanspruch 1 gerichtet.
Zur Begründung ihrer Beschwerde hat die Anmelderin schriftsätzlich insbesondere vorgetragen, dass das beanspruchte Verfahren nach Patentanspruch 1 gegenüber der Druckschrift D2 neu sei, da im Stand der Technik ein Verfahren offenbart werde, bei dem nicht wie im patentgemäßen Verfahren ein Zweikomponentensystem aus einer löslichen Aluminiumverbindung und einer unlöslichen Verbindung als Ausgangsmaterial eingesetzt werde, sondern eine Aluminiumchlorohydrat-Suspension, in der bereits Feststoffpartikel enthalten seien. Das Verfahren der Druckschrift D2 arbeite im Gegensatz zum patentgemäßen Verfahren damit ohne Zusatz von Keimen und könne dem beanspruchten Verfahren daher die Neuheit nicht streitig machen. Das beanspruchte Verfahren nach Patentanspruch 1 beruhe gegenüber der Druckschrift D1 auch auf einer erfinderischen Tätigkeit. Druckschrift D1 könne der Fachmann lediglich entnehmen, dass die Korundbildung nach 4 Stunden abgeschlossen sei. Angaben dazu, was bei einer Kalzinierung von weniger als 4 Stunden passiere und welche Ausbeuten an Korund dabei erreicht würden, seien in der D1 dagegen nicht zu finden. Da die Ausbeute einer Reaktion – im vorliegenden Fall die Bildung des Korunds – zeitabhängig sei und damit umso größer sei, je länger die Reaktionszeit gewählt werde, liege es für den Fachmann in Kenntnis der Druckschrift D1 vielmehr nahe, die Reaktionszeiten über die in D1 angegebenen 4, 8 oder 16 Stunden hinaus zu verlängern. Hinweise dafür, dass schon eine Reaktionsdauer von weniger als 30 Minuten für eine praktisch vollständige Überführung des Aluminiumchlorohydrats in Korund ausreiche, erhalte der Fachmann durch die Angaben in der Druckschrift D1 demzufolge nicht.
Die Anmelderin beantragt sinngemäß,
den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das Patent mit den im Beschlusstenor aufgeführten Unterlagen gemäß Hauptantrag zu erteilen, hilfsweise mit den Patentansprüchen gemäß Hilfsantrag.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig (PatG § 73). Sie ist auch begründet.
1. Die geltenden Ansprüche sind zulässig. Der geltende Anspruch 1 entspricht dem ursprünglich eingereichten Anspruch 1. Die auf Anspruch 1 rückbezogenen Ansprüche 2 bis 16 entsprechen den ursprünglich eingereichten Ansprüchen 2 bis 16 im Wortlaut. Die Ansprüche sind auch sonst nicht zu beanstanden.
2. Das Verfahren zur Herstellung von nanokristallinem α-Al2O3 nach Anspruch 1 gemäß Hauptantrag ist neu.
Der Patentanspruch 1 betrifft ein Herstellungsverfahren mit folgenden Merkmalen:
1. Verfahren zur Herstellung von nanokristallinem α-Al2O3 1.1 bei dem man Aluminiumchlorohydrat mit Keimen versetzt,
1.2 innerhalb weniger als 30 Minuten thermisch behandelt und 1.3 die dabei erhaltenen Agglomerate zerkleinert.
Die Neuheit des beanspruchten Verfahrens ist gegeben, denn in keiner der zitierten Entgegenhaltungen wird ein Verfahren zur Herstellung von nanokristallinem α-Al2O3 mit sämtlichen im Patentanspruch 1 aufgeführten Merkmalen beschrieben.
Aus der Druckschrift D1 ist ein Verfahren zur Herstellung von feindispersem Korund bekannt, wobei mit dem in D1 verwendeten Begriff „feindispers“ den Angaben in Tabelle 3 zufolge Korund mit einer Kristallgröße von 35 bis 72 nm umschrieben wird und damit nanokristallines α-Al2O3 entsprechend dem patentgemäßen Merkmal 1., da „nanokristallin“ im Streitpatent als eine Teilchengröße von im Allgemeinen 20 bis 100 nm definiert wird (vgl. D1, S. 719, re. Sp., letzter Abs. und S. 721/722, seitenübergreifender Absatz i. V. m. Tab. 3) (vgl. DE 10 2005 033 393 A1, S. 3, Abs. [0020]). Eine der beiden in D1 beschriebenen Verfahrensvarianten verwendet als Ausgangsmaterial ferner eine Aluminiumchlorohydrat-Lösung, die mit 0 bis 5 Gew.-% an Impfkristallen aus α-Al2O3 versetzt und anschließend getrocknet wird (vgl. D1, S. 720, li. Sp., erster und zweiter Abs.). Damit ist aus der D1 auch das patentgemäße Merkmal 1.1 bekannt. Danach werden die Proben einer thermischen Behandlung bei 500, 700 und 900°C unterzogen. Die Temperatur von 700°C wird dabei entweder 4, 8 oder 16 Stunden gehalten (vgl. D1, S. 720, li. Sp., dritter Abs.). Angaben dazu, die Dauer der Kalzinierung bei 700°C zu verkürzen, finden sich in der D1 nicht. Auch die in der Figur 6 gezeigten Ausbeuten an Korund geben keinen Aufschluss darüber, ob die nahezu vollständige Umwandlung von Aluminiumchlorohydrat zu Korund bereits vor den angegebenen 4 Stunden erfolgt ist, da die in Figur 6 als Balkendiagramm dargestellten Ausbeuten keinen Überblick über den zeitlichen Verlauf der Korundbildung während der unterschiedlich langen Kalzinierungszeiten bieten. Demzufolge ist in der D1 kein Verfahren offenbart, bei dem wie im patentgemäßen Merkmal 1.2 vorgesehen, die thermische Behandlung innerhalb von weniger als 30 Minuten erfolgt.
Auch durch die Entgegenhaltung D2 wird das Verfahren des geltenden Patentanspruchs 1 nicht neuheitsschädlich getroffen. In D2 wird ein energiesparendes Verfahren zur Herstellung von hoch reinem Aluminium beschrieben (vgl. D2, Abstract und S. 1, Z. 28 bis 35). Als Edukt wird in diesem Verfahren u. a. Aluminiumchlorohydrat in fester oder flüssiger Form bzw. in Form einer Lösung, die einen bestimmten Gehalt an Feststoffpartikeln aufweist, verwendet und einer thermischen Zersetzung unterzogen (vgl. D2, S. 1, Z. 53 bis 57 i. V. m. Ansprüchen 1 und 2). Die Verwendung einer Suspension aus Aluminiumchlorohydrat und Feststoffpartikeln lässt dabei allerdings nur erkennen, dass feste Bestandteile in der Aluminiumchlorohydrat-Lösung vorhanden sein können und diese nicht zwingend, wie im Beispiel 1 der D2 beschrieben, zu entfernen sind (vgl. D2, S. 3, Z. 113 bis 120). Ein gezieltes Versetzen der Aluminiumchlorohydrat-Lösung mit Keimen, wie es das patentgemäße Merkmal 1.1 fordert, ist der D2 folglich nicht zu entnehmen, da die Feststoffpartikel der Aluminiumchlorohydrat-Lösung nicht zugefügt werden, sondern in dieser inhärent vorliegen. Zudem werden die Feststoffpartikel in der D2 lediglich stofflich als ungelöste Aluminiumhalogenhydrate und/oder andere unlösliche Aluminiumverbindungen wie Tonerdehydrate definiert; eine Funktion z. B. als Kristallisationskeime wird den Feststoffpartikeln in der D2 dagegen nicht zugeschrieben (vgl. D2, S. 1, Z. 75 bis 78). Zu der Erkenntnis, dass bei der Herstellung von nanokristallinem Korund der Aluminiumchlorohydrat-Lösung Feststoffpartikel als Kristallisationskeime zugesetzt werden können, kann der Fachmann somit erst dann gelangen, wenn er aus dem Offenbarungsgehalt der D2 entsprechende Schlussfolgerungen zieht. Dass hierzu der Rückgriff auf allgemeines Fachwissen ausreicht, führt nach höchstrichterlicher Rechtsprechung dennoch nicht dazu, dass es sich bei der Druckschrift D2 um neuheitsschädlichen Stand der Technik handelt (vgl. BGH GRUR 2010, 123, Rn. 31 – Escitalopram).
3. Das vorliegend beanspruchte Verfahren zur Herstellung von nanokristallinem α-Al2O3 beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Der Anmeldung liegt die Aufgabe zugrunde, ein gattungsgemäßes Verfahren zur Herstellung von nanokristallinem α-Al2O3 (Korund) bereitzustellen, das hohe Ausbeuten in kurzer Zeit bei minimaler Energiezufuhr liefert und mit dem sich Produkte erzeugen lassen, die mit einfachen Mitteln redispergierbar sind und stabile nano-Suspensionen liefern (vgl. DE 10 2005 033 393 A1, S. 2/3, Abs. [0010]).
Zur Lösung der Aufgabe konnte der Fachmann, ein anorganischer Chemiker mit speziellen Kenntnissen auf dem Gebiet der Herstellung von Aluminiumoxiden, von der in der Beschreibung der Patentanmeldung genannten Druckschrift D1 ausgehen. Mit dem dort beschriebenen Verfahren wird Korundpulver mit einer mittleren Teilchengröße von 35 bis 72 nm und damit nanokristallines α-Al2O3 im patentgemäßen Sinn hergestellt (vgl. D1, S. 719, re Sp., letzter Abs. i. V. m. S. 722, Tab. 3 im Vergleich zu DE 10 2005 033 393 A1, S. 3, Abs. [0020]). Hierfür wird in der D1 eine Vorgehensweise als vorteilhaft beschrieben, bei der eine Aluminiumchlorohydrat-Lösung mit α-Al2O3-Keimen geimpft und das getrocknete Pulver anschließend kalziniert wird (vgl. D1, S. 720, Punkt 2.2 und S. 722, re. Sp., letzter Abs.). Von besonderer Bedeutung ist dabei für die Autoren der D1, dass durch das Versetzen der Aluminiumchlorohydrat-Lösung mit Impfkristallen aus αAl2O3 die Temperatur für die Bildung von Korund auf ca. 700°C gesenkt werden kann (vgl. D1, S. 721, re. Sp., dritter und vierter Abs., S. 722, spaltenübergreifender Abs. und re. Sp., vierter Abs.). Die Dauer für die zuvor genannte thermische Behandlung wird in der Studie der D1 auf 4, 8 bzw. 16 Stunden festgelegt (vgl. D1, S. 720, li. Sp., dritter Abs., S. 721, Fig. 6 und S. 722, Tab. 3). Da ausschließlich die drei zuvor genannten, mehrstündigen Zeitintervalle für die thermische Behandlung verwendet werden, enthält die D1 somit weder einen Hinweis darauf, die Dauer der thermischen Behandlung zu verkürzen, noch liefert sie dem Fachmann eine Veranlassung dazu, diese auf weniger als 30 Minuten,
entsprechend dem patentgemäßen Merkmal 1.2, zu beschränken, insbesondere auch unter Berücksichtigung der in D1 gezogen Schlussfolgerung, dass die Einhaltung der über mehrere Stunden angewendeten Temperatur von ca. 700°C während der Kalzinierung ein vielversprechender Weg ist (vgl. D1, S. 722, re. Sp. letzter Abs. i. V. m. Tab. 3). Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass – wie in Figur 6 gezeigt – die Dauer der thermischen Behandlung keinen nennenswerten Einfluss auf die Ausbeute an Korund zeigt, sondern eher die Menge an eingesetzten Impfkristallen. Denn Rückschlüsse auf die gebildete Menge an Korund bei einer thermischen Behandlung von weniger als 4 Stunden sind anhand des in der Figur 6 gezeigten Balkendiagramms nicht möglich, da der Fachmann daraus keine Informationen darüber ableiten kann, wie die Korundbildung bei einer entsprechenden Kalzinierung von weniger als 4 Stunden verläuft. Demzufolge wird ein Verfahren zur Herstellung von nanokristallinem α-Al2O3 mit dem patentgemäßen Merkmal 1.2 durch die Druckschrift D1 nicht nahe gelegt.
Um aufgabengemäß ein Verfahren zur Herstellung von nanokristallinem Korund so zu gestalten, dass es in kurzer Zeit bei minimaler Energiezufuhr hohe Ausbeuten liefert, konnte der Fachmann zusätzlich die Druckschrift D2 heranziehen. Dieser Entgegenhaltung entnimmt der Fachmann ein energiearmes Verfahren zur Herstellung von hoch reinem Korund mit einer Teilchengröße von 50 bis 100 nm durch thermische Zersetzung eines Aluminiumhalogenhydrats (vgl. D2, Abstract und S. 1, Z. 28 bis 35 i. V. m. Ansprüchen 1 und 13). Kostengünstig kann das Verfahren den Angaben in der D2 zufolge dann durchgeführt werden, wenn Aluminiumchlorohydrat als Edukt eingesetzt wird, da die Herstellung von Aluminiumchlorohydrat wenig Energie erfordert und die Verbindung gleichzeitig eine hohe Aluminiumkonzentration aufweist (vgl. D2, S. 2, Z. 107 bis 113). Für die thermische Umwandlung des Aluminiumchlorohydrats zu Korund wird es in D2 ferner als ausreichend erachtet, wenn das Aluminiumchlorohydrat lediglich für 5 bis 60 Sekunden einer Temperatur von 600 bis 1200°C ausgesetzt wird (vgl. D2, Ansprüche 4, 7 und 8). Die thermische Behandlung ist im Verfahren der D2 damit allerdings noch nicht abgeschlossen. Denn für den Erhalt von hoch reinem Korund muss das gebildete α-Al2O3 einer weiteren thermischen Behandlung zur Entfernung von Verunreinigungen, wie überschüssiges Chlor oder organische Kohlenstoffverbindungen, unterzogen werden (vgl. D2, Abstract i. V. m. S. 3, Z. 34 bis 46 und S. 4, Z. 15 bis 34). Der abschließende Kalzinierungsschritt wird bei 600 bis 1300°C für wenigstens 15 Minuten durchgeführt, kann – wenn erforderlich - aber auch über mehrere Stunden oder bis zu 2 Tagen verlängert werden (vgl. D2, S. 3, Z. 34 bis 46 i. V. m. Anspruch 10). Damit lehrt die D2 allenfalls die bei der Herstellung von nanokristallinem Korund im ersten Verfahrensschritt erfolgende thermische Behandlung zeitlich zu begrenzen. Anregungen dahingehend, die gesamte thermische Behandlung bei der Herstellung von nanokristallinem Korund auf weniger als 30 Minuten zu begrenzen, finden sich in der D2 dagegen nicht.
Darüber hinaus wird in der Druckschrift D2 ein Verfahren angegeben, bei dem das Aluminiumhalogenhydrat als Edukt sowohl in fester als auch in flüssiger Form oder in Form einer Feststoffpartikel enthaltenden Lösung eingesetzt werden kann (vgl. D2, S. 1, Z. 53 bis 57). Die Eignung reiner Lösungen sowie feststoffhaltiger Suspensionen als Edukt macht deutlich, dass Feststoffpartikel - die nach allgemeiner Sachkenntnis bei der Herstellung kristalliner Stoffe in geeigneter Größe und Menge als Kristallisationskeime fungieren können - für das Verfahren der D2 nicht zwingend erforderlich sind. Deutlich wird dies auch dadurch, dass der Anteil an Feststoffpartikeln in der Aluminiumhalogenhydrat-Lösung 0 Gew.% betragen kann (vgl. D2, Anspruch 5). Damit vermittelt die D2 dem Fachmann die Lehre, dass der Zusatz von als Impfkristallen geeigneten Feststoffpartikeln bei der Herstellung von nanonkristallinem α-Al2O3 verzichtbar ist und steht damit im diametralen Gegensatz zur patentgemäßen Lehre.
Der Fachmann wird durch die Druckschrift D2 somit weder dazu angeregt bei der Herstellung von nanokristallinem α-Al2O3 die zeitliche Dauer der thermischen Behandlung auf weniger als 30 Minuten zu begrenzen, noch dabei auf den Zusatz von Keimen zur Aluminiumchlorohydrat-Lösung zu achten.
Auch eine Zusammenschau der Entgegenhaltungen D1 und D2 vermag das Verfahren des geltenden Patentanspruchs 1 nicht nahe zu legen. Um in Kenntnis der Druckschriften D1 und D2 zum anmeldungsgemäßen Verfahren zu gelangen, hätte der Fachmann nämlich einerseits der in D1 beschriebenen obligaten Zugabe von Impfkristallen gegenüber der Lehre der D2 den Vorzug geben müssen, wofür der Stand der Technik keine Veranlassung bietet; andererseits hätte er die kurzen Reaktionszeiten im ersten thermischen Behandlungsschritt des Verfahrens der D2 auf die Dauer der gesamten thermischen Behandlung übertragen müssen, wofür sich in den genannten Entgegenhaltungen ebenfalls kein Anhaltspunkt findet. Auch für eine kombinierte Anwendung der beiden zuvor genannten verfahrenstechnischen Maßnahmen fehlen im zitierten Stand der Technik entsprechende Anregungen.
Der Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag ergibt sich damit nicht in nahe liegender Weise aus dem zitierten Stand der Technik.
4. Nach alledem ist das Verfahren des geltenden Anspruchs 1 nach Hauptantrag neu und beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit, so dass dieser Anspruch gewährbar ist.
Das Gleiche gilt für die auf den Anspruch 1 rückbezogenen Ansprüche 2 bis 16, die jeweils besondere Ausgestaltungen des Verfahrens nach Anspruch 1 betreffen.
Maksymiw Proksch-Ledig Kortbein Münzberg Me
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