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IV ZR 433/22

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES IV ZR 433/22 URTEIL in dem Rechtsstreit Verkündet am: 24. April 2024 Heinekamp Amtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle ECLI:DE:BGH:2024:240424UIVZR433.22.0 Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Karczewski, die Richterinnen Harsdorf-Gebhardt, Dr. Brockmöller, Dr. Bußmann und den Richter Dr. Bommel im schriftlichen Verfahren mit Schriftsatzfrist bis zum 8. März 2024 für Recht erkannt:

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Oberlandesgerichts Rostock - 4. Zivilsenat - vom 24. November 2022 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als festgestellt worden ist, dass

- über den 28. Februar 2021 hinaus die Erhöhungen des Monatsbeitrags in der zwischen dem Kläger und der Beklagten bestehenden Kranken-/Pflegeversicherung mit der Versicherungsnummer KV … im Tarif B. 3 und im gesetzlichen Zuschlag zum 1. April 2016 und zum 1. April 2017 unwirksam waren und der Kläger nicht zur Tragung des jeweiligen Erhöhungsbeitrages verpflichtet war und

- die Beklagte dem Kläger zur Herausgabe der Nutzungen verpflichtet ist, die sie vom 1. März 2021 bis zum 11. Juni 2021 aus dem Prämienanteil gezogen hat, den der Kläger auf diese Beitragserhöhungen seit dem 1. Januar 2018 gezahlt hat,

und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Neubrandenburg - 3. Zivilkammer - vom 1. Juni 2022 insoweit zurückgewiesen worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf bis 8.000 € festgesetzt.

Von Rechts wegen Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit von Beitragserhöhungen in einer privaten Krankenversicherung.

Der Kläger hält eine Krankenversicherung bei der Beklagten. Dem Versicherungsvertrag liegen "Allgemeine Versicherungsbedingungen für das B.

Tarifsystem" (im Folgenden: AV B.

) der Beklagten zugrunde, in denen es heißt:

"§ 19 Kann sich nach Abschluss des Vertrages der Beitrag, ein Selbstbehalt oder ein vereinbarter Risikozuschlag ändern?

1. Im Rahmen der vertraglichen Leistungszusage können sich die Versicherungsleistungen z.B. wegen steigender Heilbehandlungskosten, einer häufigeren Inanspruchnahme medizinischer Leistungen oder aufgrund steigender Lebenserwartung ändern. Dementsprechend vergleichen wir zumindest jährlich für jeden Tarif die erforderlichen mit den in den technischen Berechnungsgrundlagen kalkulierten Versicherungsleistungen und Sterbewahrscheinlichkeiten. Ergibt diese Gegenüberstellung bei den Versicherungsleistungen für eine Beobachtungseinheit eines Tarifs eine Abweichung von mehr als 10 %, werden alle Beiträge dieser Beobachtungseinheit von uns überprüft und, soweit erforderlich, mit Zustimmung des Treuhänders angepasst; bei einer Abweichung von mehr als 5 %, können alle Beiträge dieser Beobachtungseinheit überprüft und, soweit erforderlich, mit Zustimmung des Treuhänders angepasst werden. Ergibt die Gegenüberstellung bei der Sterbewahrscheinlichkeit eine Abweichung von mehr als 5 %, werden alle Beiträge dieser Beobachtungseinheit überprüft und mit Zustimmung des Treuhänders angepasst. […]

2. Von einer Beitragsanpassung kann abgesehen werden, wenn nach übereinstimmender Beurteilung durch uns und den Treuhänder die Veränderung der Versicherungsleistungen als vorübergehend anzusehen ist.

3. […]" Die Beklagte teilte dem Kläger unter anderem Prämienerhöhungen zum 1. April 2016 im Tarif B.

B. um 72,05 € und des gesetzlichen Beitragszuschlags um 4,99 € sowie zum 1. April 2017 im Tarif B.

B. um 81,73 € und des gesetzlichen Beitragszuschlags um 5,66 € mit.

Mit Schreiben vom 21. Januar 2021 teilte die Beklagte dem Kläger Gründe für Beitragsanpassungen in der Vergangenheit mit.

Soweit für die Revision noch von Interesse, hat der Kläger mit seiner Klage die Feststellung begehrt, dass die genannten Neufestsetzungen der Prämien unwirksam sind und er nicht zur Zahlung des jeweiligen Differenzbetrages verpflichtet ist sowie die Beklagte dem Kläger zur Herausgabe der Nutzungen verpflichtet ist, die sie aus dem Prämienanteil gezogen hat, den der Kläger auf die aufgeführten Beitragserhöhungen gezahlt hat. Das Landgericht hat unter Abweisung der weitergehenden Klage festgestellt, dass unter anderem die Prämienerhöhungen im Tarif B. B. und des gesetzlichen Beitragszuschlags zum 1. April 2016 und zum 1. April 2017 unwirksam sind und der Kläger nicht zur Zahlung des jeweiligen Differenzbetrages verpflichtet ist. Außerdem hat es festgestellt, dass die Beklagte zur Herausgabe der Nutzungen verpflichtet ist, die sie bis zum 11. Juni 2021 aus dem Prämienanteil gezogen hat, den der Kläger seit dem 1. Januar 2018 auf diese Beitragserhöhungen gezahlt hat. Die Berufung der Beklagten gegen diese Verurteilung hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen.

Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter, soweit die Unwirksamkeit der Neufestsetzungen des Beitrags im Tarif B.

B. samt gesetzlichem Beitragszuschlag zum 1. April und zum 1. April 2017 und das Fehlen einer Verpflichtung zur Zahlung des Erhöhungsbetrages aufgrund dieser Neufestsetzungen über den

28. Februar 2021 hinaus sowie eine Verpflichtung der Beklagten zur Herausgabe von Nutzungen aus (Mehr-)Beitragszahlungen für die Zeit über den 28. Februar 2021 hinaus festgestellt worden ist.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat Erfolg. Sie führt im Umfang der Anfechtung zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I. Das Berufungsgericht ist der Ansicht, dass die Prämienänderungen durchgehend nicht den Anforderungen des § 203 Abs. 5 VVG entsprochen hätten. Diese formalen Mängel seien durch den Zugang des Schreibens der Beklagten vom 21. Januar 2021, das den Vorgaben gerecht geworden sei, behoben worden. Eine derartige Heilung habe aber die Wirksamkeit der Beitragsanpassungen im Tarif B.

B. nicht herbeiführen können. Diese kämen allein nach § 19 Nr. 1 Satz 3, Halbsatz 2 AVB BestMed in Betracht, da die Veränderung bei den Versicherungsleistungen jeweils über dem Schwellenwert von fünf Prozent nach dieser Klausel,

jedoch unter dem gesetzlichen Schwellenwert von zehn Prozent gelegen habe. Die betreffende Regelung sei aber unwirksam, da sie nur das einseitige Recht des Klauselverwenders vorsehe, Erhöhungen seiner Kosten an seine Kunden weiterzugeben, nicht aber auch spiegelbildlich die Verpflichtung enthalte, bei einer Minderung eigener Kosten den Preis für die Kunden abzusenken.

II. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

1. Das Berufungsgericht hat zu Unrecht die Prämienerhöhungen mit der Begründung materiell für unwirksam gehalten, dass es für diese an einer wirksamen Prämienanpassungsklausel fehle.

Wie der Senat nach Erlass des Berufungsurteils mit Urteil vom 12. Juli 2023 (IV ZR 347/22, VersR 2023, 1222) entschieden und im Einzelnen begründet hat, weicht eine Prämienanpassungsklausel in der privaten Krankenversicherung, nach welcher der Versicherer die Beiträge bei einer Abweichung der erforderlichen von den kalkulierten Versicherungsleistungen um mehr als fünf Prozent überprüfen und anpassen kann, aber nicht muss, nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers von § 203 Abs. 2 Satz 4 VVG in Verbindung mit § 155 Abs. 3 Satz 2 VAG ab und benachteiligt den Versicherungsnehmer auch nicht unangemessen gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB (vgl. Senatsurteil vom 12. Juli 2023 aaO Rn. 16 ff.). Die Rechtsprechung zu Preisanpassungsklauseln in anderen Vertragstypen ist hier nicht übertragbar; die Klausel sieht kein einseitiges Recht des Versicherers vor, Kostensteigerungen oder Zinsentwicklungen "nach billigem Ermessen" an den Versicherungsnehmer weiterzugeben (vgl. Senatsurteil vom 12. Juli 2023 aaO Rn. 22).

2. Die Annahme des Berufungsgerichts, dass die Prämienanpassungen formell unwirksam waren, greift die Revision zu Recht nicht an. Noch zutreffend ist das Berufungsgericht auch davon ausgegangen, dass bei einer ausschließlich formellen Unwirksamkeit die für die Wirksamkeit der Neufestsetzung der Prämie angeordnete Frist in Lauf gesetzt wird, wenn der Versicherer eine ordnungsgemäße Begründung später nachholt (vgl. Senatsurteil vom 16. Dezember 2020 - IV ZR 294/19, BGHZ 228, 56 Rn. 42). Nach der Beurteilung des Berufungsgerichts als Tatrichter erfüllte das Schreiben der Beklagten vom 21. Januar 2021 die Begründungsanforderungen. Es hat jedoch bisher nicht festgestellt, wann dieses Schreiben dem Kläger zugegangen ist. Davon hängt nach § 203 Abs. 5 VVG der Zeitpunkt ab, zu dem die Beitragserhöhungen wirksam wurden und die Zahlungspflicht des Klägers begann; auch ein Anspruch auf Herausgabe der aus den gezahlten Erhöhungsbeträgen gezogenen Nutzungen besteht nur bis dahin.

III. Die Sache ist daher im Umfang der Aufhebung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit dieses die erforderlichen Feststellungen treffen kann.

Prof. Dr. Karczewski Harsdorf-Gebhardt Dr. Brockmöller Dr. Bußmann Dr. Bommel Vorinstanzen: LG Neubrandenburg, Entscheidung vom 01.06.2022 - 3 O 239/21 OLG Rostock, Entscheidung vom 24.11.2022 - 4 U 81/22 -

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