Paragraphen in 9 W (pat) 383/06
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Häufigkeit | Paragraph | |
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2 | 21 | PatG |
1 | 59 | PatG |
1 | 147 | PatG |
1 | 265 | ZPO |
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BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 383/06 Verkündet am 1. Oktober 2012
…
BESCHLUSS In der Einspruchssache betreffend das Patent 103 55 896 …
BPatG 154 05.11 hat der 9. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 1. Oktober 2012 unter Mitwirkung des Richters Dipl.-Ing. Reinhardt als Vorsitzendem sowie der Richter Dipl.-Ing. Bork, Paetzold und Dipl.-Ing. Univ. Nees beschlossen:
Das Patent wird widerrufen.
Gründe I.
Das Deutsche Patent- und Markenamt hat nach Prüfung das am 29. November 2003 angemeldete Patent mit der Bezeichnung
"Befestigung einer folienbeschichteten Fahrzeug-Glasscheibe an einem Öffnungsrand einer Fahrzeugkarosserie" erteilt. Die Veröffentlichung der Patenterteilung ist am 16. März 2006 erfolgt. Gegen das Patent hat die W… SE (vormals W… AG) am 14. Juni 2006 Einspruch erhoben. Sie macht den Widerrufsgrund der unzulässigen Erweiterung (§ 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG) geltend und trägt dazu vor, weder das Aufkleben der Glasscheibe mittels Kunststoffschaum noch ein Kunststoffkleber seien ursprungsoffenbart. Weiter macht sie den Widerrufsgrund der mangelnden Patentfähigkeit (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG) geltend und verweist u. a. auf die folgende Druckschrift:
D7: DE 103 06 957 A1.
Die Einsprechende stellt den Antrag,
das Patent zu widerrufen.
Die Patentinhaberin hat schriftlich die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt (Bl. 29 GA). Sie hat sich in der Sache nicht geäußert. Zur mündlichen Verhandlung am 1. Oktober 2012 ist sie nicht erschienen. Ihr Fernbleiben hatte sie zuvor mit Fax vom 28. September 2012 angekündigt.
Der Patentanspruch 1 des Streitpatents lautet wie folgt:
„1. Befestigung einer folienbeschichteten Glasscheibe an einem Öffnungsrand einer Fahrzeugkarosserie, wobei die rahmenlose Glasscheibe mit ihrer durch die Folie beschichteten Seite mittels eines Kunststoffschaums aufgeklebt ist, wobei die Folie in ihrem Überdeckungsbereich mit dem Kunststoff eine Vielzahl umfangsseitig geschlossener, vom Kunststoff durchdrungener Ausnehmungen zur besonders guten Verankerung gegen in der Folie durch einen Bruch der Glasscheibe verursachte Zugkräfte aufweist und wobei im Anschluss an den aufgeklebten Bereich der Folie ein direkter Kontakt zwischen einem unbeschichteten Bereich der Glasscheibe (2) und dem Kunststoff besteht, dadurch gekennzeichnet, dass die mit der Folie (1) beschichtete Seite der Glasscheibe (2) dem Öffnungsrand (4) in einem Abstand gegenüber liegt und in einem Verklebungsbereich mittels einer Kleberraupe (3) aus einem Kunststoffkleber auf dem Öffnungsrand (4) befestigt ist, wobei der die Vielzahl der umfangsseitig geschlossenen Ausnehmungen (5) aufweisende Bereich der Folie (1) unmittelbar auf die Glasscheibe (2) aufgeklebt ist und einen Teilbereich des von der Kleberraupe (3) überdeckten Verklebungsbereichs bildet.“
Zu weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
1. Die Zuständigkeit des Bundespatentgerichts ist durch § 147 Abs. 3 Satz 1 PatG in den vom 1. Januar 2002 bis zum 30. Juni 2006 geltenden Fassungen begründet.
2. Der Einspruch ist gemäß § 59 Abs. 1 PatG frist- und formgerecht erhoben worden sowie ausreichend substantiiert und somit zulässig. In der Sache hat der Einspruch Erfolg, da er zum Widerruf des Patents führt.
3. Am Einspruchsverfahren ist die jetzige Einsprechende beteiligt, die der ursprünglichen Einsprechenden durch Handelsregistereintragung vom 2. Juli 2012 im Wege des Formwechsels nachgefolgt ist. Zwar findet § 265 Abs. 2 ZPO auch im Einspruchsverfahren Anwendung (vgl. BGH PMZ 2007, 459 ff.), wonach der Rechtsnachfolger einer streitbefangenen Sache nicht berechtigt ist, ohne Zustimmung des Gegners das Verfahren als Hauptpartei zu übernehmen. Dies gilt jedoch nicht für eine Gesamtrechtsnachfolge, wie hier im Wege des Formwechsels auf Seiten der Einsprechenden (vgl. Mes, PatG, 3. Aufl. 2011, § 59 Rn. 17 m. w. N.).
Bei der Patentinhaberin ist lediglich eine Änderung der Firma eingetreten, die zu keinem Wechsel einer Beteiligtenstellung führt, vgl. Schulte, PatG, 8. Auflage, § 59, Rn. 153.
4. Der Senat geht bei seiner nachfolgenden Bewertung des Standes der Technik sowie dem Verständnis des Streitgegenstandes von einem Durchschnittsfachmann aus, der als Fachhochschulingenieur der Fachrichtung Maschinenbau mit Schwerpunkt Fahrzeugtechnik ausgebildet ist. Er ist bei einem Fahrzeughersteller mit der Entwicklung von Scheibenbefestigungen an Kraftfahrzeug-Karosserieteilen befasst und verfügt auf diesem Gebiet über mehrere Jahre Berufserfahrung.
5. Der Senat hat Bedenken, dass der Patentanspruch 1 unzulässige Erweiterungen enthält und insoweit über den Inhalt der ursprünglichen Anmeldung hinausgeht.
Diese Bedenken werden zurückgestellt, denn die Glasscheibenbefestigung gemäß Patentanspruch 1 erweist sich als nicht neu gegenüber dem Stand der Technik gemäß D7.
Zur Erleichterung von Bezugnahmen sind die Merkmale des Patentanspruchs 1 nachstehend in Form einer Merkmalsgliederung wiedergegeben.
a) Befestigung einer Glasscheibe (2) an einem Öffnungsrand (4) einer Fahrzeugkarosserie.
b) Die Glasscheibe (2) ist mit einer Folie (1) beschichtet. c) Die Glasscheibe (2) ist rahmenlos. d) Die Glasscheibe (2) ist mit ihrer durch die Folie (1) beschichteten Seite an dem Öffnungsrand (4) aufgeklebt. e) Das Aufkleben erfolgt mittels eines Kunststoffschaums, nachfolgend bezeichnet als „Kunststoff“. f) Die Folie (1) weist einen Überdeckungsbereich mit dem Kunststoff auf. g) Im Überdeckungsbereich weist die Folie (1) eine Vielzahl umfangsseitig geschlossener Ausnehmungen (5) auf.
h) Die Ausnehmungen (5) sind vom Kunststoff durchdrungen zur besonders guten Verankerung gegen - in der Folie durch einen Bruch der Glasscheibe verursachte - Zugkräfte.
i) Im Anschluss an den aufgeklebten Bereich der Folie (1) besteht ein direkter Kontakt zwischen einem unbeschichteten Bereich der Glasscheibe (2) und dem Kunststoff.
k) Die mit der Folie (1) beschichtete Seite der Glasscheibe (2) liegt dem Öffnungsrand (4) in einem Abstand gegenüber.
l) Die mit der Folie (1) beschichtete Seite der Glasscheibe (2) ist in einem Verklebungsbereich mittels einer Kleberraupe (3) auf dem Öffnungsrand (4) befestigt.
m) Die Kleberraupe (3) besteht aus einem Kunststoffkleber. n) Der die Vielzahl der umfangsseitig geschlossenen Ausnehmungen (5) aufweisende Bereich der Folie (1) ist unmittelbar auf die Glasscheibe (2) aufgeklebt. o) Der die Vielzahl der umfangsseitig geschlossenen Ausnehmungen (5) aufweisende Bereich der Folie (1) bildet einen Teilbereich des von der Kleberraupe (3) überdeckten Verklebungsbereichs.
Aus der D7 (vgl. hier wiedergegebene Figuren 2 und 5) ist eine Befestigung einer Windschutzscheibe 14 an einem - mit der Fahrzeugkarosserie verbundenen - Halteelement 18 bekannt, vgl. Anspruch 5 i. V. m. Abs. 8 und 28. Das Halteelement 18 bildet dabei den Öffnungsrand für die Windschutzscheibe (Merkmal a). Die Glasscheibe 14 ist ausweislich des Ausführungsbeispiels der Figur 2 rahmenlos ausgeführt und mit einer Schutzfolie 30 beklebt, vgl. Abs. 26 (Merkmale b, c). Mit ihrer durch die Folie 30 beklebten Seite ist sie an dem Öffnungsrand mittels einer Kleberaupe 12 aufgeklebt, vgl. Abs. 26 und 29 i. V. m. Fig. 2 (Merkmale d, l). Als Klebstoff ist beispielsweise auch ein Kleber auf PU-Basis genannt, vgl. Abs. 29. Dieser Angabe entnimmt der Fachmann unmittelbar und eindeutig, dass es sich beim Klebstoff um einen Kunststoffschaum handelt, da ein PU-Kleber in Verbindung mit Luftfeuchtigkeit reagiert und aufschäumt (Merkmale e, m). Die Glasscheibe 14 liegt dem Öffnungsrand im aufgeklebten Zustand in einem Abstand gegenüber, der der Dicke der Folie 30 entspricht (Merkmal k). Im Bereich der Verklebung 12 ist die Folie 30 mit Öffnungen 32 (unbeschichteten Bereichen im Anschluss an den mit der Folie beklebten Bereich) versehen, durch welche sich der Klebstoff auch bis zur Scheibe hindurch erstreckt (Merkmal i). Dadurch wird eine feste Verbindung sowohl zwischen der Scheibe und dem Halteelement 18 als auch zwischen Folie 30 und Halteelement 18 bewirkt, vgl. Abs. 26 (Merkmale g, h). Dieser Bereich bildet somit einen Überdeckungsbereich der Folie 30 mit dem Klebstoff im Sinne des Streitpatents (Merkmal f). Des Weiteren ist die Scheibe 14 vollflächig, also sowohl im zentralen Bereich als auch im - die Öffnungen 32 aufweisenden - Umfangsrandbereich mit der Folie 30 verklebt, vgl. Abs. 26 (Merkmal n). Die Verklebung wird erzeugt, indem die Kleberaupe auf einen der Klebepartner aufgebracht und anschließend die beiden Klebepartner zusammengedrückt werden, vgl. Abs. 29. Der Fachmann versteht dies so, dass der Klebstoff nach dem Zusammendrücken der beiden Teile nicht nur den – die Öffnungen aufweisenden - Bereich überdeckt, wie, idealisiert, in der Figur 2 dargestellt, sondern sich, durch das Zusammendrücken bedingt, auch beidseitig darüber hinaus in Richtung des Scheibenrandes und des Zentralbereichs der Scheibe erstreckt, vgl. hier wiedergegebener mit Anmerkungen versehener Ausschnitt der Figur 2. Somit bildet der - die Vielzahl der umfangsseitig geschlossenen Ausnehmungen aufweisende - Bereich der Folie 30 einen Teilbereich des von der Verklebung 12 überdeckten Verklebungsbereichs (Merkmal o).
Demnach besteht zwischen dem Gegenstand gemäß D7 und demjenigen gemäß Patentanspruch 1 des Streitpatents kein Unterschied.
Aus diesem Grund ist der Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 nicht patentfähig.
6. Vor dem Hintergrund der mangelnden Neuheit kann dahinstehen, ob der Gegenstand des Patents über den Inhalt der Anmeldung in der Fassung hinausgeht, in der sie bei der für die Einreichung der Anmeldung zuständigen Behörde ursprünglich eingereicht worden ist. Bei dieser Sachlage war das Patent zu widerrufen.
Bork zugleich für Richter Reinhardt, der wegen Urlaub und direkt anschließendem Ruhestand an der Unterschrift gehindert ist.
Paetzold Nees Ko
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