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EnVZ 30/20

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS EnVZ 30/20 vom

18. April 2023 in der energiewirtschaftsrechtlichen Verwaltungssache ECLI:DE:BGH:2023:180423BENVZ30.20.0 Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs hat am 18. April 2023 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kirchhoff, die Richterin Dr. Roloff, den Richter Dr. Tolkmitt sowie die Richterinnen Dr. Picker und Dr. Holzinger beschlossen:

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde in dem Beschluss des Kartellsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 27. Februar 2020 wird auf Kosten der Landesregulierungsbehörde zurückgewiesen, die auch die notwendigen Auslagen der Betroffenen zu tragen hat.

Der Gegenstandswert für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren wird auf 207.067,50 € festgesetzt.

Gründe:

I. Die Betroffene, ein kommunales Versorgungsunternehmen, betreibt die Gas- und Stromnetze sowie die Gas-, Strom-, Wasser- und Wärmeversorgung in E. und D. Im Jahr 2015 bestand bei ihren Rückstellungen für Pensionsverpflichtungen eine Unterdeckung von 224.056 €. Die Betroffene führte den Pensionsrückstellungen im Jahr 2015 einen Betrag von 71.702,48 € zu, den sie bilanziell ausschließlich der Gassparte zuordnete, wobei auf den Netzbetrieb 51.770 € entfielen. Im Jahr 2016 führte sie den Rückstellungen 72.904,48 € zu, die sie der Stromsparte zuordnete, und im Jahr 2017 weitere 79.449 €, die sie den übrigen Sparten ihres Unternehmens zuordnete.

Mit Bescheid vom 17. Januar 2019 legte die Landesregulierungsbehörde die Erlösobergrenzen für die von der Betroffenen betriebenen Gasnetze für die dritte Regulierungsperiode niedriger als von dieser beantragt fest. Mit ihrer auf Neubescheidung gerichteten Beschwerde hat sich die Betroffene unter anderem gegen die von der Landesregulierungsbehörde bei der Kostenermittlung zur Bestimmung des Ausgangsniveaus für die Erlösobergrenzen vorgenommene Kürzung des von ihr für die Sparte Gasversorgungsnetze angesetzten Betrags für die Zuführung zu Pensionsrückstellungen gewandt. Das Beschwerdegericht hat den Beschluss der Landesregulierungsbehörde aufgehoben und sie zur Neubescheidung verpflichtet; die Rechtsbeschwerde hat es nicht zugelassen. Dagegen wendet sich die Landesregulierungsbehörde mit der Nichtzulassungsbeschwerde.

II. Die gemäß § 87 Abs. 1 EnWG statthafte und auch sonst zulässige Nichtzulassungsbeschwerde hat keinen Erfolg.

1. Das Beschwerdegericht meint, die Landesregulierungsbehörde habe die von der Betroffenen in ihrem Kostenansatz für die Ermittlung des Ausgangsniveaus zur Festlegung der Erlösobergrenzen für die dritte Regulierungsperiode Gas beim Gasnetzbetrieb angesetzten Zuführungen zu Pensionsrückstellungen von 51.770 € zu Unrecht gekürzt. Die Betroffene habe 2015 für den Gasnetzbetrieb eine Rückstellungszuführung in entsprechender Höhe tatsächlich vorgenommen; dieser Betrag sei daher für die Kostenermittlung nach § 6 Abs. 1 ARegV maßgeblich. Es handele sich auch nicht um Kosten gemäß § 6 Abs. 2 ARegV, denn sie beruhten nicht auf einer Besonderheit des Basisjahrs. Eine andere Beurteilung ergebe sich nicht aus dem Umstand, dass die Betroffene versucht habe, ihre Basisjahre im Strom- und Gasnetzbereich zu "optimieren", indem sie die auf die jeweilige Sparte entfallenden Rückstellungszuführungen in voller Höhe im jeweiligen Basisjahr vorgenommen habe. Nicht zu folgen sei der Argumentation der Landesregulierungsbehörde, § 6 Abs. 2 ARegV sei anwendbar, weil die in den jeweiligen Jahren der Rückstellung zugeführten Beträge richtigerweise jeweils auf das gesamte Unternehmen anhand der vorab festgelegten Schlüssel verteilt werden müssten, statt sie einer einzelnen Sparte zuzuordnen. Stelle man nämlich auf das hypothetisch richtige Verhalten der Betroffenen ab, müsse in gleicher Weise berücksichtigt werden, dass die Betroffene den Rückstellungsbedarf richtigerweise schon 2015 vollständig hätte zuführen müssen.

2. Die hiergegen mit der Nichtzulassungsbeschwerde erhobenen Einwände rechtfertigen keine Zulassung der Rechtsbeschwerde.

a) Für die Nichtzulassungsbeschwerde im energiewirtschaftlichen Verwaltungsverfahren gelten dieselben Maßstäbe wie im kartellrechtlichen Verwaltungsverfahren und im Zivilprozess. Die gerichtliche Prüfung ist daher auf die geltend gemachten Zulassungsgründe beschränkt, und diese müssen in der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde konkret dargelegt werden (vgl. Johanns/Roesen in Säcker, Berliner Kommentar zum Energierecht, 4. Auflage, § 87 EnWG Rn. 8; van Rossum in Assmann/Peiffer, BeckOK EnWG, 6. Edition [Stand: 01.03.2023], § 87 EnWG, Rn. 8).

b) Mit der von ihr formulierten Frage, ob es mit den Vorschriften zur Netzentgeltregulierung, insbesondere den Vorgaben zur Kostenschlüsselung (§ 6b Abs. 3 Satz 5, Abs. 5 Satz 2 EnWG, § 4 Abs. 4 Satz 2 und 3 GasNEV) vereinbar ist, eine in einem Mehrspartenunternehmen im Basisjahr Gas vorgenommene Rückstellungszuführung, die auf einem gemeinsamen Rückstellungsbedarf aller Unternehmenssparten beruht, ausschließlich als aufwandsgleiche Kosten der Gassparten (Gasnetz und -vertrieb) zu behandeln, wenn für diese Sparten voraussichtlich im Laufe der Regulierungsperiode jährlich Rückstellungszuführungen in vergleichbarer Höhe zu erwarten sind, und/oder wenn das Unternehmen diesen Rückstellungsbedarf des Gesamtunternehmens unter Anwendung seiner Spartenschlüssel auf drei Rückstellungszuführungen verteilt und die Rückstellungszuführung im Basisjahr Gas ausschließlich den Gassparten, im Folgejahr ausschließlich den Stromsparten und im darauffolgenden Jahr ausschließlich den übrigen Sparten zugerechnet hat, und/oder wenn sich im Falle einer sofortigen Passivierung des Gesamtrückstellungsbedarfs im Basisjahr Gas für die Gassparten aufwandsgleiche Kosten in gleicher Höhe eingestellt hätten, legt die Landesregulierungsbehörde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung dar.

aa) Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache zu, wenn sie eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt oder wenn andere Auswirkungen des Rechtsstreits auf die Allgemeinheit deren Interessen in besonderem Maße berühren und ein Tätigwerden des Bundesgerichtshofs erforderlich machen; dies muss in der Nichtzulassungsbeschwerde konkret aufgezeigt werden (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Februar 2022 - EnVZ 43/21, RdE 2022, 291 Rn. 7; vom 25. Januar 2022 - EnVR 20/18, ZNER 2022, 258 Rn. 19; für den Zivilprozess: BGH, Beschluss vom 1. Oktober 2002 - XI ZR 71/02, BGHZ 152, 182, 190 ff. [juris Rn. 25 ff.]; Beschluss vom 11. Mai 2004 - XI ZB 39/03, BGHZ 159, 135, 137 f. [juris Rn. 6 f.]; für das Kartellverwaltungsverfahren: BGH, Beschluss vom 15. Dezember 2020 - KVZ 90/20, WuW 2021, 127 Rn. 18 - Facebook II).

bb) Im Streitfall stellt sich zwar die entscheidungserhebliche und klärungsfähige Rechtsfrage, ob ein Mehrspartenunternehmen aufwandsgleiche Kosten, die - wie die Zuführung fehlender Rückstellungen für Pensionsverpflichtungen - in einem Geschäftsjahr im Gesamtunternehmen entstehen, für dieses Geschäftsjahr lediglich einzelnen Sparten zuordnen darf. Die Landesregulierungsbehörde zeigt jedoch nicht auf, dass zu dieser Frage auch außerhalb des Rechtsstreits verschiedene Auffassungen mit beachtlichen Gründen vertreten werden oder zumindest vertreten werden könnten und sie daher klärungsbedürftig ist (vgl. Johanns/Roesen in Säcker, Berliner Kommentar zum Energierecht, 4. Aufl., § 86 Rn. 29). Vielmehr wird die Frage vom Gesetz eindeutig beantwortet und diese Antwort in Rechtsprechung und Schrifttum nicht in Zweifel gezogen.

Wie die Landesregulierungsbehörde zutreffend ausführt, hat ein vertikal integriertes Elektrizitätsversorgungsunternehmen nach § 6b Abs. 3 Satz 1 EnWG zur Vermeidung von Diskriminierung und Quersubventionierung in seiner internen Rechnungslegung jeweils getrennte Konten für jede seiner Tätigkeiten u.a. in den Bereichen Elektrizitätsverteilung und Gasverteilung so zu führen, wie dies erforderlich wäre, wenn diese Tätigkeiten von rechtlich selbständigen Unternehmen ausgeführt würden; nach § 6b Abs. 3 Satz 5 EnWG muss es Kosten, deren direkte Zuordnung zu einzelnen Tätigkeiten nicht möglich ist, durch eine sachgerechte und für Dritte nachvollziehbare Schlüsselung den Konten der getrennten Bereiche zuordnen. Entsprechende Vorgaben machen § 4 Abs. 4 Satz 2 und 3 GasNEV und StromNEV in Verbindung mit § 6 Abs. 1 ARegV für die Ermittlung des Ausgangsniveaus zur Festlegung der Erlösobergrenzen.

Dies hat das Beschwerdegericht nicht in Frage gestellt. Indem es sich allein mit der Anwendbarkeit des § 6 Abs. 2 ARegV befasst hat, auf den im Bescheid vom 17. Januar 2019 die Kürzung der in Streit stehenden Kostenposition gestützt wurde, hat es vielmehr vollständig übersehen, dass diese Vorgaben im Streitfall Anwendung finden und zur Folge haben, dass die von der Betroffenen im Jahr 2015 tatsächlich erbrachten Zuführungen zu den offenen Pensionsrückstellungen (aufwandsgleiche) Kosten des Gesamtunternehmens darstellten und bei der Kostenermittlung für die Festlegung der Erlösobergrenzen für die dritte Regulierungsperiode Gas nach § 4 Abs. 4 GasNEV lediglich der auf die Gasnetzsparte entfallende Anteil von unstreitig 23,11 % - hier also 16.570,44 € - berücksichtigt werden konnte. Ebenso wenig hat das Beschwerdegericht die Geltung des Basisjahrprinzips nach § 6 Abs. 1 ARegV eingeschränkt, sondern vielmehr ausdrücklich und abstrakt zutreffend darauf verwiesen, dass nur tatsächlich gebildete Rückstellungen zu berücksichtigen sind.

cc) Eine Korrektur der Beschwerdeentscheidung in einem Rechtsbeschwerdeverfahren wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache ist darüber hinaus auch deshalb nicht geboten, weil die Landesregulierungsbehörde nicht darlegt, dass die Regulierungsbehörden in ihrer Verwaltungspraxis über diesen Einzelfall hinaus damit konfrontiert wären, dass Mehrspartenunternehmen ihre im Gesamtunternehmen anfallenden Kosten, die eine direkte Einzelkostenzurechnung nicht erlauben, entgegen § 6b Abs. 3 Satz 5 EnWG und § 4 Abs. 4 Satz 2 GasNEV und StromNEV nicht als Gemeinkosten einordnen und auf die verschiedenen Sparten ihres Unternehmens aufschlüsseln und daher die Behörden auch in anderen Fällen bei der Kostenermittlung für die Festlegung der Erlösobergrenzen die bilanzielle Zuordnung solcher Gemeinkosten korrigieren müssten. Aus welchen konkreten Umständen sie folgert, dass die von der Betroffenen gewählte und den Vorgaben der § 6b Abs. 3 Satz 5 EnWG und § 4 Abs. 4 Satz 2 GasNEV und StromNEV widersprechende "Optimierungsmethode" sich in der Praxis voraussichtlich in einer Vielzahl von Fällen stellen werde, erklärt sie nicht. Insofern zeigt sie nicht auf, dass sich die aufgeworfene Rechtsfrage in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt.

c) Aus den genannten Gründen ist eine Zulassung der Rechtsbeschwerde auch nicht zur Fortbildung des Rechts geboten.

d) Da die Landesregulierungsbehörde ihre Nichtzulassungsbeschwerde nicht auf den Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 86 Abs. 2 Nr. 2, 2. Alt.) stützt, hat der Senat nicht zu prüfen, ob der Rechtsfehler des Beschwerdegerichts eine Wiederholung durch das Ausgangsgericht oder eine Nachahmung durch andere Gerichte befürchten lässt.

III. Der Gegenstandswert für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren ist auf 207.067,50 € festzusetzen. Die Landesregulierungsbehörde hat aus der Änderung ihres Rechtsstandpunktes im Laufe des Verfahrens, wonach bei der streitigen Position nicht nur der im angefochtenen Bescheid anerkannte Betrag von 10.356,00 €, sondern ein Betrag von 16.570,44 € pro Geschäftsjahr anerkennungsfähig sei, keine Konsequenzen gezogen, insbesondere den Bescheid insoweit nicht abgeändert. Daher bleibt im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren die volle Differenz zwischen dem von der Betroffenen angesetzten Betrag (51.769,50 €) und dem von der Landesregulierungsbehörde im angefochtenen Bescheid anerkannten Betrag (10.356,00 €), multipliziert mit den fünf Jahren der Regulierungsperiode, verfahrensgegenständlich. Hätten die Nichtzulassungsbeschwerde und eine daran anschließende Rechtsbeschwerde der Regulierungsbehörde Erfolg gehabt, so wäre diese hinsichtlich der Differenz zwischen 16.570,44 € und 10.356,00 € gleichwohl zur Neubescheidung zu verpflichten gewesen.

Kirchhoff Roloff Tolkmitt Picker Holzinger Vorinstanz: OLG Stuttgart, Entscheidung vom 27.02.2020 - 2 Kart 1/19 -

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