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I ZR 157/21

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 157/21 Nachschlagewerk: BGHZ: BGHR: JNEU:

ja nein ja nein vom 31. Juli 2025 in dem Rechtsstreit UrhG § 69a Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Action Replay II Eine als Ergänzungsprodukt für eine Spielkonsole angebotene Software, die vom Nutzer parallel zu den Computerspielen auf der Spielkonsole installiert wird und gleichzeitig mit der Spielesoftware abläuft, greift nicht in den Schutzbereich des Rechts an der Spielesoftware als Computerprogramm im Sinne von § 69a Abs. 1 und 2 Satz 1 UrhG ein, wenn sie nicht den Objekt- oder Quellcode der Spielesoftware verändert, sondern lediglich den durch das Zutun des Nutzers während des Ablaufs des Spiels entstehenden Inhalt von Variablen verändert, die die Computerspiele im Arbeitsspeicher der Spielkonsole angelegt haben und die sie in ihrem Ablauf verwenden, wodurch bewirkt wird, dass die Computerspiele auf Basis dieses veränderten Inhalts der Variablen ablaufen.

BGH, Urteil vom 31. Juli 2025 - I ZR 157/21 - OLG Hamburg LG Hamburg ECLI:DE:BGH:2025:310725UIZR157.21.0 Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 27. März 2025 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Koch, den Richter Dr. Löffler, die Richterin Dr. Schwonke, den Richter Odörfer und die Richterin Wille für Recht erkannt:

Die Revision gegen das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg - 5. Zivilsenat - vom 7. Oktober 2021 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Von Rechts wegen Tatbestand:

Die Klägerin vertreibt als exklusive Lizenznehmerin für ganz Europa P. S. -Spielkonsolen, insbesondere die bis zum Jahr 2014 vertriebene P. S. P. (PSP), sowie Spiele für diese Konsolen (im Folgenden: Spiele, Software oder Computerprogramm der Klägerin), darunter das Spiel "M. A. E. ". Die Beklagten zu 1 und 2 gehören zur Unternehmensgruppe der D. H. Group, die Software entwickelt, produziert und vertreibt, insbesondere Ergänzungsprodukte zu den Spielkonsolen der Klägerin, darunter die Software "Action Replay PSP" sowie unter dem Namen "T. F." ein zusätzliches Eingabegerät für die Spielkonsole PSP nebst Software. Das Gerät "T. F." ermöglicht die Steuerung der Spielkonsole durch Bewegung im Raum. Die Beklagte zu 1 hat die Software "Action Replay PSP" und "T. F." entwickelt. Die Beklagte zu 2 hat diese Software vertrieben. Der Beklagte zu 3 ist Director der Beklagten zu 1 und 2.

Die Softwareprodukte der Beklagten funktionieren ausschließlich mit den Originalspielen der Klägerin. Die Ausführung der Software der Beklagten erfolgt dergestalt, dass die PSP mit einem PC verbunden und in die PSP ein Memory Stick eingelegt und mit der Software der Beklagten beschrieben wird. Nach dem Neustart der PSP kann der Nutzer auf der Spielkonsole einen zusätzlichen Menüpunkt "Action Replay" aufrufen, über den Veränderungen an den einzelnen Spielen der Klägerin vorgenommen werden können. Darunter sind beispielsweise beim Spiel "M.

A. E. " die Optionen "Infinite Turbo" und "All Drivers available", die dazu führen, dass künftige Beschränkungen beim Einsatz des "Turbos" ("Booster") entfallen oder nicht lediglich ein Teil der Fahrer verfügbar ist, sondern auch schon der Teil, der ansonsten erst beim Erreichen bestimmter Punktzahlen freigeschaltet werden würde.

Mit der Software "T. F." erhält der Besteller einen Sensor, der an den Headset-Anschluss der PSP angeschlossen wird und die Steuerung der PSP durch Bewegungen der Spielkonsole im Raum ermöglicht. Zur Vorbereitung des Einsatzes des Bewegungssensors ist ebenfalls ein Memory Stick in die PSP einzustecken, wodurch ein zusätzlicher Menüpunkt "T. F." mit einer Auswahlliste von Spielen verfügbar wird. Auch hier ermöglicht das angegriffene Produkt, dass während des laufenden Spiels durch eine Tastenkombination ein zusätzliches Menü aufgerufen werden kann, das nicht im Originalspiel vorgesehen ist. Wird dort die Option "F." gewählt, entfallen bestimmte Beschränkungen. So kann beispielsweise beim Spiel "M.

A. E. " der "Turbo" unbegrenzt eingesetzt werden.

Die Klägerin macht geltend, dass die Nutzer mittels der beanstandeten Softwareprodukte der Beklagten in urheberrechtlich unzulässiger Weise die ihren Spielen zugrundeliegende Software umarbeiteten. Hierfür seien die Beklagten verantwortlich. Hilfsweise macht die Klägerin wettbewerbsrechtlich begründete Ansprüche geltend und stützt sich weiter hilfsweise auf Deliktsrecht unter dem Gesichtspunkt des Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb.

Die Klägerin hat in erster Instanz zuletzt beantragt,

I. die Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen, es zu unterlassen, in der Bundesrepublik Deutschland a. die Software Action Replay PSP, die geeignet ist, auf den Hardwarevarianten PSP 1000, PSP 2000, PSP 3000 und PSP Go eingesetzt zu werden, anzubieten, zu verkaufen, zu verbreiten und/oder anbieten, verkaufen oder verbreiten zu lassen, mit deren Hilfe der Anwender einen Eingriff in auf der Spielkonsole P. S. P. ablaufende Spiele vornehmen kann, der es ermöglicht oder erleichtert, dass die Spiele unter Veränderung der Spielesoftware umgearbeitet werden können,

b. die zu einem Bewegungssensor zugehörige Software T. F., die geeignet ist, auf den Hardwarevarianten PSP 1000, PSP 2000 und PSP 3000 eingesetzt zu werden, anzubieten, zu verkaufen, zu verbreiten und/oder anbieten, verkaufen oder verbreiten zu lassen, mit deren Hilfe der Anwender einen Eingriff in auf der Spielkonsole P. S. P.

ablaufende Spiele vornehmen kann, der es ermöglicht oder erleichtert, dass die Spiele unter Veränderung der Spielesoftware umgearbeitet werden können,

c. sowie eine Software wie in a. und b. beschrieben und/oder Lizenzen und/ oder Updates für eine solche Software zum Download anzubieten; II. die Beklagten zu verurteilen, der Klägerin unter Angabe des Namens und der Anschrift der Hersteller, der Lieferanten und anderer Vorbesitzer, der gewerblichen Abnehmer und Auftraggeber sowie der Menge und Preise der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen und bestellten Waren und Vorlage entsprechender Belege (Angebote, Rechnungen, Lieferscheine und Zollpapiere) in einem chronologisch geordneten Verzeichnis Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der nach Deutschland vertriebenen Produkte gemäß Ziffer I. zu erteilen, und zwar ab Januar 2008; III. festzustellen, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr daraus entstanden ist und noch entsteht, dass die Beklagten die in Ziffer I. beschriebenen Handlungen begehen und bereits begingen.

Hilfsweise hat die Klägerin bezüglich der Beklagten zu 1 beantragt, dieser zu verbieten, die im Antrag zu I genannten Handlungen zu unterstützen. Weiter hilfsweise sollten die Beklagten verurteilt werden, die Ermöglichung oder Erleichterung der Umgehung von Kopierschutzmaßnahmen der Spielkonsole und der Spiele zu unterlassen.

Das Landgericht (LG Hamburg, Urteil vom 24. Januar 2012

- 310 O 199/10, juris) hat die Beklagten zu 2 und 3 nach den Hauptanträgen verurteilt, die Beklagte zu 1 lediglich zur Unterlassung gemäß dem ersten Hilfsantrag. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Gegen das Urteil haben alle Parteien Berufung eingelegt.

Im Berufungsverfahren hat die Klägerin ihre Klageanträge zu I und zu III bezüglich der Beklagten zu 2 und 3 weiterverfolgt und darüber hinaus beantragt,

I. die Beklagte zu 1 unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen, es zu unterlassen, in der Bundesrepublik Deutschland die Software Action Replay PSP, die geeignet ist, auf den Hardwarevarianten PSP 1000, 2000, 3000 und PSP GO eingesetzt zu werden, sowie die zu einem Bewegungssensor gehörige Software T. F. anzubieten, zu verkaufen oder zu verbreiten, mit deren Hilfe der Anwender einen Eingriff in auf der Spielkonsole P. S. P. ablaufende Spiele vornehmen kann, der es ermöglicht oder erleichtert, dass die Spiele unter Veränderung der Spielesoftware umgearbeitet werden können, oder Updates für solche Software zum Download anzubieten; II. die Beklagten zu 1, zu 2 und zu 3 zu verurteilen, der Klägerin Auskunft zu erteilen darüber, in welchem Umfang sie die zu Ziffer I. bezeichneten Handlungen begangen haben, und zwar durch Vorlage eines Verzeichnisses, aus dem sich ergeben:

a) Namen und Anschrift der Hersteller, der Lieferanten und anderer Vorbesitzer,

b) Liefermengen, Typenbezeichnungen, Artikelnummern, Lieferzeiten und Lieferpreise,

c) die Gestehungskosten einschließlich aller Kostenfaktoren sowie der erzielte Gewinn,

d) die einzelnen Angebote unter Nennung der Angebotsmengen, Typenbezeichnungen, Artikelnummern, Angebotszeiten und Angebotspreise e) Art und Umfang der betriebenen Werbung, gegliedert nach Werbeträger, Auflagenzahl, Erscheinungszeit und Verbreitungsgebiet sowie f) Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer und gewerblichen Adressaten von Angeboten; III. festzustellen, dass die Beklagte zu 1 gesamtschuldnerisch mit den Beklagten zu 2 und zu 3 verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr daraus entstanden ist und noch entsteht, dass die Beklagte zu 1 die in Ziffer I. beschriebenen Handlungen begeht und bereits beging.

Das Berufungsgericht (OLG Hamburg, GRUR 2022, 483) hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen sowie auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Landgerichts abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen.

Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagten beantragen, verfolgt die Klägerin ihre in der Berufungsinstanz gestellten Klageanträge weiter.

Mit Beschluss vom 23. Februar 2023 (I ZR 157/21, GRUR 2023, 577 = WRP 2023, 595 - Action Replay I) hat der Senat das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union zur Auslegung von Art. 1 Abs. 1 bis 3, Art. 4 Buchst. b der Richtlinie 2009/24/EG über den Rechtsschutz von Computerprogrammen folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Wird in den Schutzbereich eines Computerprogramms nach Art. 1 Abs. 1 bis 3 der Richtlinie 2009/24/EG eingegriffen, wenn nicht der Objekt- oder Quellcode eines Computerprogramms oder dessen Vervielfältigung verändert wird, sondern ein gleichzeitig mit dem geschützten Computerprogramm ablaufendes anderes Programm den Inhalt von Variablen verändert, die das geschützte Computerprogramm im Arbeitsspeicher angelegt hat und im Ablauf des Programms verwendet?

2. Liegt eine Umarbeitung im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2009/24/EG vor, wenn nicht der Objekt- oder Quellcode eines Computerprogramms oder dessen Vervielfältigung verändert wird, sondern ein gleichzeitig mit dem geschützten Computerprogramm ablaufendes anderes Programm den Inhalt von Variablen verändert, die das geschützte Computerprogramm im Arbeitsspeicher angelegt hat und im Ablauf des Programms verwendet?

Der Gerichtshof der Europäischen Union hat hierüber durch Urteil vom 17. Oktober 2024 (C-159/23, GRUR 2024, 1704 = WRP 2024, 1468 - Sony Computer Entertainment Europe) wie folgt entschieden:

Art. 1 Abs. 1 bis 3 der Richtlinie 2009/24/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über den Rechtsschutz von Computerprogrammen ist dahin auszulegen, dass der durch diese Richtlinie gewährte Schutz nicht den Inhalt von variablen Daten erfasst, die ein geschütztes Computerprogramm im Arbeitsspeicher eines Computers angelegt hat und im Ablauf des Programms verwendet, soweit dieser Inhalt nicht die Vervielfältigung oder spätere Entstehung eines solchen Programms ermöglicht.

Entscheidungsgründe:

I. Das Berufungsgericht hat die Klage für zulässig, aber unbegründet erachtet. Dazu hat es im Wesentlichen ausgeführt:

Der Klägerin stünden die geltend gemachten Unterlassungsansprüche gemäß § 97 Abs. 1 Satz 1, § 69c Nr. 2 UrhG nicht zu. Die Anwendung der Software der Beklagten führe nicht zu einer Umarbeitung der den Originalspielen der Klägerin zugrundeliegenden Computerprogramme. Zwar erfüllten die Spiele der Klägerin die Voraussetzungen eines Computerprogramms gemäß § 69a UrhG. Der Gegenstand des urheberrechtlichen Schutzes eines Computerprogramms gemäß §§ 69a und 69c UrhG seien jedoch die Programmdaten des Objekt- und Quellcodes sowie die innere Struktur und Organisation des Computerprogramms, nicht dagegen sein programmgemäßer Ablauf. Die Software der Beklagten nehme weder eine Veränderung der Programme selbst noch der in den Arbeitsspeicher der PSP hochgeladenen Programmkopien vor, sondern ihre parallelen Befehle veränderten nur die vom Computerspiel im Arbeitsspeicher abgelegten variablen Daten und bewirkten so die Veränderung des Spielergebnisses. Die ursprünglichen Befehle des geschützten Computerspiels blieben jederzeit aktiv und ihre innere Struktur durchgehend unangetastet. Die von der Klägerin vertretene funktionale Betrachtungsweise, wonach unabhängig von der Einwirkung auf den Programmcode oder seiner abgeänderten Vervielfältigung auch dann von einer Umarbeitung auszugehen sei, wenn auf andere Art und Weise in den Programmablauf eingegriffen werde, lasse sich mit dem Schutzgegenstand eines Computerprogramms nach § 69a UrhG nicht vereinbaren. Der programmgemäße Ablauf eines Computerprogramms sei nicht Teil des urheberrechtlichen Schutzes und daher nicht vom ausschließlichen Recht der Umarbeitung gemäß § 69c Nr. 2 UrhG erfasst. Der Urheber eines Computerprogramms habe keinen aus §§ 69a, 69c UrhG ableitbaren Anspruch darauf, dass sein Programm nur in einer Weise genutzt wird, wie er es ursprünglich im chronologischen Ablauf vorgesehen habe, solange das Spiel - wie im Streitfall - auch bei Einwirkung durch Dritte programmgemäß ablaufe und die einzelnen Spielsituationen von der Spielesoftware selbst vorgesehen seien.

Eine von der Klägerin hilfsweise geltend gemachte unlautere Behinderung im Sinne von § 4 Nr. 10 UWG aF und § 4 Nr. 4 UWG liege ebenso wenig vor wie ein deliktsrechtlicher Eingriff in ihren eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb, auf den sich die Klägerin ebenfalls hilfsweise gestützt habe.

Da es im Streitfall an einer Umarbeitung fehle, sei der erste Hilfsantrag, der auf die Verurteilung zur Unterlassung einer auf eine Umarbeitung gerichteten Unterstützungshandlung gerichtet sei, unbegründet. Das mit dem zweiten Hilfsantrag begehrte Verbot der Ermöglichung oder Erleichterung der Umgehung von Kopierschutzmechanismen der PSP sei ebenfalls nicht auszusprechen, weil die Klägerin nicht vorgetragen habe, dass die angegriffenen Softwareprodukte die Vervielfältigung der geschützten Computerprogramme ermöglichten oder das digitale Rechtemanagement beeinträchtigten.

II. Die hiergegen gerichtete Revision der Klägerin hat keinen Erfolg.

1. Das Berufungsgericht hat angenommen, durch den Einsatz der Software der Beklagten werde nicht in den Schutzbereich des Computerprogramms der Klägerin eingegriffen und daher das ihr zustehende Recht der Umarbeitung nicht verletzt. Gegen diese Beurteilung wendet sich die Revision ohne Erfolg.

a) Gemäß § 69c Nr. 2 Satz 1 UrhG hat der Rechtsinhaber das ausschließliche Recht, die Übersetzung, die Bearbeitung, das Arrangement und andere Umarbeitungen eines Computerprogramms sowie die Vervielfältigung der erzielten Ergebnisse vorzunehmen oder zu gestatten. Der Begriff des Computerprogramms ist in § 69a Abs. 1 UrhG näher bestimmt. Danach sind Computerprogramme im Sinne des Urheberrechtsgesetzes Programme in jeder Gestalt, einschließlich des Entwurfsmaterials. Der gewährte Schutz gilt gemäß § 69a Abs. 2 Satz 1 UrhG für alle Ausdrucksformen eines Computerprogramms. Ideen und Grundsätze, die einem Element eines Computerprogramms zugrunde liegen, einschließlich der den Schnittstellen zugrundeliegenden Ideen und Grundsätze, sind gemäß § 69a Abs. 2 Satz 2 UrhG nicht geschützt. § 69a Abs. 1 und 2 UrhG dient der Umsetzung von Art. 1 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2009/24/EG; § 69c Nr. 2 UrhG setzt Art. 4 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2009/24/EG in deutsches Recht um. Beide Vorschriften des Urheberrechtsgesetzes sind mithin mit Blick auf die genannten - wortgleichen - Richtlinienbestimmungen unionsrechtskonform auszulegen.

b) Der Gerichtshof der Europäischen Union hat entschieden, dass eine Auslegung von Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 2009/24/EG anhand des Wortlauts, der Ziele der Bestimmung sowie seiner Entstehungsgeschichte zu dem Ergebnis führt, dass zu den urheberrechtlich geschützten Ausdrucksformen eines Computerprogramms der Quellcode und der Objektcode fallen, da sie die Vervielfältigung oder spätere Entstehung dieses Programms ermöglichen. Dagegen werden andere Elemente des Programms, wie insbesondere seine Funktionalität, nicht durch die Richtlinie 2009/24/EG geschützt. Die Richtlinie schützt auch nicht die Elemente, mittels derer die Benutzer solche Funktionalitäten nutzen, die jedoch keine solche Vervielfältigung oder spätere Entstehung dieses Programms ermöglichen. Der durch die Richtlinie 2009/24/EG gewährleistete Schutz beschränkt sich auf die geistige Schöpfung, wie sie sich im Text des Quellcodes und des Objektcodes widerspiegelt, und damit auf den buchstäblichen Ausdruck des Computerprogramms in diesen Codes, die jeweils eine Folge von Befehlen darstellen, nach denen der Computer die vom Urheber des Programms vorgesehenen Aufgaben ausführen soll (EuGH, GRUR 2024, 1704 [juris Rn. 37 f.] - Sony Computer Entertainment Europe). Demgegenüber ermöglicht eine Software, die nur den Inhalt von Variablen verändert, die von einem geschützten Computerprogramm im Arbeitsspeicher eines Computers angelegt und von diesem Programm während seiner Ausführung verwendet werden, als solche nicht die Vervielfältigung dieses Programms oder eines Teils davon, sondern setzt vielmehr voraus, dass dieses Programm gleichzeitig abläuft. Deshalb stellt der Inhalt der Variablen ein Element dieses Programms dar, mittels dessen die Benutzer die Funktionalität eines solchen Programms nutzen, das nicht als Ausdrucksform eines Computerprogramms im Sinne von Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 2009/24/EG geschützt ist (EuGH, GRUR 2024, 1704 [juris Rn. 51] - Sony Computer Entertainment Europe).

c) Ausgehend von diesen Grundsätzen, die für die unionsrechtskonforme Auslegung der Bestimmungen gemäß § 69a Abs. 1 und 2 UrhG maßgeblich sind, greift die Software der Beklagten nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen nicht in den Schutzbereich der Computerprogramme der Klägerin ein und verletzt damit nicht das ihr zustehende Umarbeitungsrecht gemäß § 69c Nr. 2 Satz 1 UrhG.

aa) Nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts entfalten die Softwareprodukte der Beklagten ihre Wirkung, indem sie das Laden des Programms in den Arbeitsspeicher unangetastet lassen, aber den Ablauf der Programme durch Veränderung von - dem Spiel grundsätzlich bekannten - Variablen beeinflussen. Es werden nicht die Befehle im Arbeitsspeicher selbst, sondern nur die (variablen) Daten verändert, die die Spielesoftware in ihrer Ausführung in dem Arbeitsspeicher ablegt. Auf die Programmbefehle der Spielesoftware der Klägerin wirken die Softwareprodukte der Beklagten nicht ein. Diese bleiben jederzeit aktiv und ihre innere Struktur bleibt durchgehend unangetastet. Lediglich die aus dem laufenden Spiel generierten Daten im Arbeitsspeicher werden verändert. Dies hat zur Folge, dass die Befehle des Spiels auf anderen Befehlsparametern ausgeführt werden als sie bei regulärer Ausführung des Spiels zu diesem Zeitpunkt entstanden wären. Die Befehlsparameter selbst sind indessen dem Spiel bekannt. Auch unter Einsatz der Software der Beklagten laufen die Spiele also stets wie programmiert ab. Bestimmte im Spiel erzeugte Daten (z.B. der Verbrauch des "Turbos") werden jedoch im Arbeitsspeicher durch die Softwareprodukte der Beklagten mit Variablen, die auch das Spiel selbst kennt und interpretieren kann, überschrieben. Dem Programm wird damit ein Zustand vorgespiegelt, der im regulären Spielbetrieb zwar eintreten kann und damit programmimmanent ist, allerdings eben nicht bei dem jeweiligen Spielstand eintreten würde. Beispielsweise fügt die Software der Beklagten dem Spiel keinen Befehl hinzu, der eine "Kollision mit einer Bande" bewirkt, sondern beeinflusst lediglich den Zeitpunkt und die Häufigkeit, mit der das Spiel diesen auch ursprünglich vom Programm umfassten Befehl ausführt.

bb) Kennzeichnend für die Wirkungsweise der Software der Beklagten ist mithin, dass diese vom Nutzer parallel zu den Computerspielen der Klägerin auf der Spielkonsole installiert wird und gleichzeitig mit der Spielesoftware abläuft. Dabei verändert sie nicht die Programmdaten des Objekt- oder Quellcodes der auf der PSP eingesetzten Software der Klägerin. Die Software der Beklagten verändert vielmehr durch das Zutun des Nutzers während des Ablaufs des Spiels den Inhalt von Variablen, die die Computerspiele der Klägerin im Arbeitsspeicher des Computers angelegt haben und die sie in ihrem Ablauf verwenden. Dadurch wird bewirkt, dass die Computerspiele der Klägerin auf Basis dieses veränderten Inhalts der Variablen ablaufen. Die Software der Beklagten verändert damit lediglich Elemente, mittels derer die Benutzer Funktionalitäten nutzen, die keine Vervielfältigung oder spätere Entstehung dieses Programms ermöglichen.

2. Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass die Klageanträge auch nicht wegen einer von der Klägerin hilfsweise geltend gemachten gezielten Mitbewerberbehinderung gemäß § 4 Nr. 10 UWG aF/§ 4 Nr. 4 UWG begründet sind. Die vom Berufungsgericht gegebene Begründung wird von der Revision nicht angegriffen und lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Gleiches gilt für die Beurteilung des Berufungsgerichts, mit denen es die Hilfsanträge für unbegründet erachtet hat.

III. Danach ist die Revision auf Kosten der Klägerin (§ 97 Abs. 1 ZPO) zurückzuweisen.

Koch Löffler Schwonke Odörfer Wille Vorinstanzen: LG Hamburg, Entscheidung vom 24.01.2012 - 310 O 199/10 OLG Hamburg, Entscheidung vom 07.10.2021 - 5 U 23/12 - Verkündet am: 31. Juli 2025 Wächter, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

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Häufigkeit Paragraph
17 69 UrhG
6 1 EG
4 4 UWG
3 3 EG
3 4 EG
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1 97 UrhG
1 97 ZPO

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