7 W (pat) 11/16
BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 11/16 An Verkündungs Statt zugestellt am 10. April 2017 BESCHLUSS In der Beschwerdesache …
betreffend die Patentanmeldung 10 2014 011 352.3 wegen Wiedereinsetzung hat der 7. Senat (Juristischer Beschwerdesenat und Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 24. November 2016 durch den Vorsitzenden Richter Rauch, die Richterin Püschel und die Richterin Dr. Schnurr BPatG 154 05.11 beschlossen:
-2Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe I.
Am 30. Juli 2014 reichte die Anmelderin beim Deutschen Patent- und Markenamt eine Patentanmeldung mit der Bezeichnung „Baumschere“ ein und stellte Prüfungsantrag. Zur Zahlung der Anmelde- und Prüfungsgebühr machten die Verfahrensbevollmächtigten der Anmelderin zugleich gegenüber dem Patentamt Angaben zum Verwendungszweck eines erteilten SEPA-Basislastschriftmandats über einen Betrag von 410,- €.
In der Gebührenakte des Patentamts wurde unter dem Erfassungsdatum 11. August 2014 zunächst der Zahlungseingang von Anmelde- und Prüfungsgebühr am 30. Juli 2014 verbucht, aber unter dem Erfassungsdatum 22. August 2014 eine Rücklastschrift. In einem an die Verfahrensbevollmächtigten der Anmelderin gerichteten Schreiben vom 22. August 2014 teilte das Patentamt (Zahlungsverkehr Jena) mit, dass u. a. für den die vorliegende Patentanmeldung betreffenden Betrag von 410,- € wegen Rücklastschrift keine Abbuchung der verfügten Gebührenzahlung habe erfolgen können. Mit zwei weiteren Bescheiden vom 12. Dezember 2014 teilte das Patentamt der Anmelderin mit, dass zum einen der Prüfungsantrag wegen Versäumung der dreimonatigen Frist zur Zahlung der Prüfungsantragsgebühr als zurückgenommen zu gelten habe, zum anderen, dass die vorliegende Patentanmeldung als zurückgenommen gelte, weil die Anmeldegebühr nicht innerhalb von drei Monaten nach dem Eingangstag der Anmeldung gezahlt worden sei.
Am 30. Juli 2015 stellte die Anmelderin einen Antrag auf Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der Anmelde- und Prüfungsgebühr, wobei das Schreiben mit dem Datum 29. August 2015 (ersichtlich gemeint 29. Juli 2015) versehen ist. Zur Begründung wird ausgeführt, das Lastschriftmandat vom 30. Juli 2014 sei von der für die Buchhaltung und Gebührenüberwachung zuständigen Kanzleimitarbeiterin Frau F… eingereicht worden. Diese habe Vollmacht für alle Bankkonten der Kanzlei und sei durch ihre Ausbildung als Diplom-Übersetzerin für ihre Aufgaben prädestiniert sowie in der Kanzlei eingehend ausgebildet. Ihre Tätigkeit sei von den Anwälten der Sozietät laufend überprüft worden und habe keinen Grund zu Beanstandungen gegeben.
Anlässlich der Einreichung einer europäischen Nachanmeldung und dem entsprechenden Antrag auf Ausstellung von Prioritätsbelegen sei dem anwaltlichen Vertreter am 24. Juli 2014 (ersichtlich gemeint 24. Juli 2015) die Akte der vorliegenden Patentanmeldung vorgelegt worden. Zur Überraschung habe dieser dann festgestellt, dass in dieser Akte nach der Bibliographiemitteilung vom 18. August 2014 keine weiteren Aktenteile, und insbesondere kein erster Prüfungsbescheid, enthalten gewesen seien. Eine Überprüfung habe ergeben, dass der Betrag des Mandats zwar am 18. August 2014 vom Konto der Kanzlei bei der H… abgebucht worden sei. Jedoch sei die entsprechende Lastschrift am 19. August 2014 wegen unzureichender Deckung zurückgebucht worden, da kurz vorher eine andere Abbuchung über einen höheren Betrag erfolgt sei. Dies sei unverständlich und nicht zu erwarten gewesen, weil mit dieser Bank aus Sicherheitsgründen eine Vereinbarung bestanden habe, dass bei einer fehlenden Kontodeckung eine telefonische Mitteilung an die Kanzlei erfolgen solle, damit durch Überweisung von anderen Konten ein Ausgleich erfolgen könne.
Das Verfahren der telefonischen Verständigung durch die Banken sei vor langen Jahren vereinbart worden, weil die Kanzlei auf Wunsch von Mandanten Konten sowohl bei der Deutschen Bank als auch bei der H… und der P… unterhalte. Zahlungseingänge und Abbuchungen auf Grund von Einzugsermächtigungen könnten zu nicht vorhersehbaren Zeiten erfolgen, so dass der Fall eintreten könne, dass zu einem bestimmten Zeitpunkt ein Konto keine ausreichende Deckung aufweise und deshalb durch eine sofortige Überweisung von einem der anderen Konten aufgefüllt werden müsse. Die Banken hätten sich immer an die Vereinbarung gehalten. In den Kanzleiunterlagen sei nur ein Hinweis aufgefunden worden, in dem auf Grund der Abwesenheit eines Sachbearbeiters der D… im Jahr 2007 ein Problem aufgetreten sei. In dem als Beleg für diesen Vorfall vorgelegten Schreiben der D… vom 10. Oktober 2007 (Anlage 2 zum Wiedereinsetzungsantrag) erklärte der Sachbearbeiter u. a.: „Aufgrund meiner Abwesenheit in dem fraglichen Zeitraum wurden die Lastschriften der Bundeskasse nicht rechtzeitig disponiert und letztendlich maschinell zurückgegeben. Sofort bei Kenntnisnahme wurden die Lastschriften nachüberwiesen.“
Ob und an wen im vorliegenden Fall eine eventuelle Benachrichtigung erfolgt sei, habe trotz mehrerer Anfragen an die Bank nicht endgültig festgestellt werden können. Frau F… könne sich nicht erinnern, dass sie eine entsprechende Mitteilung der Bank erhalten habe, obwohl die H…, mit der die Kanzlei seit sehr langer Zeit in Geschäftsbeziehung stehe, in zuverlässiger Weise immer telefonisch auf die Gefahr der Rückgabe einer Lastschrift hingewiesen habe. Es sei daher nachträglich unerklärlich, warum Frau F… die ordnungsgemäße Abbuchung des Betrags nicht überprüft habe, und warum ihr die am 19. Juli 2014 (ersichtlich gemeint 19. August 2014) erfolgte Rückgabe des Mandats vom 30. Juli 2014 entgangen sei und keine rechtzeitigen Schritte zur Korrektur eingeleitet worden seien. Ein möglicherweise denkbarer Grund bestehe in den Auswirkungen von Belastungen von F…, da einer der Patentanwälte aus der Vertreterkanzlei, mit dem Frau F… zuvor in Buchhaltungsfragen zusammengearbeitet habe, am 1. Juni 2014 unerwartet verstorben sei, und Frau F… gleichzeitig durch die schwere Erkrankung und den Tod ihrer Mutter am 8. Juli 2014 stark belastet gewesen sei. Trotz der Unterstützung durch weitere Familienmitglieder und andere Kanzleimitarbeiter habe dies möglicherweise zu einer nicht rechtzeitig erkannten Überlastung von Frau F… geführt. Das Versäumnis beruhe demnach auf dem kurzfristigen Zusammentreffen mehrerer Umstände in einem Jahr, nämlich dem Tod eines langjährigen Anwaltspartners und der durch die Erkrankung und Tod ihrer Mutter hervorgerufenen Überlastung von Frau F…, die nicht erkennbar und zu erwarten gewesen sei.
Zur Glaubhaftmachung ihres Vortrags legte die Anmelderin eine eidesstattliche Versicherung von Frau F vom 28. Juli 2015 vor. Darin gibt diese u. a. an, nach Einsicht in die Kontoauszüge müsse sie davon ausgehen, dass sie am 18. oder 19. Juli 2014 (ersichtlich gemeint 18. oder 19. August 2014) von der Bank telefonisch über die drohende Lastschrift-Rückgabe informiert worden sei, jedoch nicht in geeigneter Weise, d. h. durch Ausgleich des Fehlbetrags von einem der anderen Konten, reagiert habe, so dass es zur Rückbuchung gekommen sei. Dem Wiedereinsetzungsantrag waren zudem die Angaben zum Verwendungszweck eines erteilten SEPA-Basislastschriftmandats über einen Betrag von 410,- € beigefügt. Das Patentamt vermerkte als Zahlungseingang den 11. August 2015, ordnete allerdings kurze Zeit später wieder die Rückzahlung an.
In einem Zwischenbescheid des Patentamts vom 21. August 2015 wurde die Verwerfung des Wiedereinsetzungsantrags als unzulässig in Aussicht gestellt, weil er nicht innerhalb von zwei Monaten nach Wegfall des Hindernisses gestellt worden sei. Die Anmelderin habe durch zwei Ereignisse positive Kenntnis von der Versäumung der Zahlungsfrist erhalten, zum einen durch die Rückbuchung des Betrags in Höhe von 410,- € am 19. August 2014, zum anderen durch die Mitteilung des Patentamts vom 22. August 2014, die unter Zugrundelegung der üblichen Postlaufzeiten spätestens am 26. August 2014 der Vertreterkanzlei vorgelegen haben müsse. Spätestens zu diesem Zeitpunkt sei bekannt gewesen, dass die Patentanmeldung zum 31. Oktober 2014 als zurückgenommen gelte. Die Frist zur Beantragung der Wiedereinsetzung sei daher spätestens am 2. Januar 2015 abgelaufen.
Darüber hinaus sei er auch unbegründet, weil nicht ausreichend dargelegt worden sei, inwieweit und in welcher Weise Frau F… im Einzelnen überprüft worden sei und welche Maßnahmen in der Kanzlei getroffen seien, um derartige Fehler grundsätzlich zu vermeiden (z. B. das Führen eines Fristenbuches). Bei den vorgetragenen Gründen zu den Vereinbarungen bezüglich Kontodeckung und Benachrichtigungen durch die Bank handele es sich um amtsbekannte Tatsachen, die in einer Reihe von Wiedereinsetzungsanträgen im April und Mai 2014 ebenfalls als Begründung angeführt und nicht ausreichend belegt worden seien. Es sei festzustellen, dass es offenbar in der Kanzlei weiterhin zu Organisationsmängeln komme bzw. dass die bekannten Mängel nicht ausreichend abgestellt worden seien. Es fehle auch an einer ausreichenden Dokumentation, inwieweit und an wen die Benachrichtigung der Bank erfolgt sei.
Hierauf ging keine Stellungnahme der Anmelderin ein. Durch Beschluss der Prüfungsstelle 23 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 2. Dezember 2015 wurde der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Zahlung der Anmeldegebühr als unzulässig und unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung verweist der Beschluss auf den Zwischenbescheid vom 21. August 2015.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie beantragt,
den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts – Prüfungsstelle 23 – vom 2. Dezember 2015 aufzuheben und ihr Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der Anmelde- und Prüfungsgebühr zu gewähren.
Zur Begründung wird ausgeführt, das Schreiben des Zahlungsverkehrs vom 22. August 2014 habe in der Kanzlei der Verfahrensbevollmächtigten nicht aufgefunden werden können. Im Jahr 2014 habe es immer wieder Probleme mit der Postzustellung gegeben. Einzuräumen sei, dass Frau F… die Rückbuchung des Betrages in Höhe von 410,- € hätte auffallen müssen und sie umgehend die erforderlichen Schritte, wie Fristnotierung, Verständigung des Unterzeichners und erneute Einzahlung der Gebühr hätte vornehmen müssen. Dass dies nicht erfolgt sei, sei nur aus der besonderen persönlichen Situation von Frau F… zu erklären. Die fehlende Entrichtung der Anmelde- und Prüfungsgebühr sei erst bei der Einreichung des Antrags auf Ausstellung eines Prioritätsbelegs für die vorliegende Patentanmeldung am 24. Juli 2015 erkennbar gewesen. Der Wiedereinsetzungsantrag vom 29. Juli 2015 sei daher fristgemäß und zulässig.
Zum Ausschluss eines Verschuldens an der Versäumung der Zahlungsfrist wird in Ergänzung zum Vortrag im Wiedereinsetzungsantrag - geltend gemacht, dass die Tätigkeit von Frau F… regelmäßig von den Anwälten der Kanzlei überwacht worden sei, ohne dass Fehler festgestellt worden seien. Das sowohl in schriftlicher als auch in elektronischer Form geführte Fristenbuch werde regelmäßig überprüft. Die in dem Zwischenbescheid des Patentamts gerügten Organisationsmängel seien auf Grund der regelmäßigen Überprüfung von Frau F… nicht gegeben bzw. nicht zu erwarten gewesen, und die Organisation sei ab dem Jahr 2015 so umgestellt worden, dass selbst bei Eintreten eines Zusammentreffens nicht zu erwartender Umstände keine Fehler mehr auftreten könnten.
In der mündlichen Verhandlung hat der Vertreter der Anmelderin seine Argumente wiederholt und vertieft. Das Vorhandensein von Konten bei drei verschiedenen Banken, zu denen er SEPA-Basislastschriftmandate für patentamtliche Gebühren erteilt habe, habe normalerweise keine Schwierigkeiten bereitet. Die Geldabflüsse seien zwar nicht immer vorhersehbar gewesen; so sei es vorliegend zur Unterdeckung des betreffenden Kontos und damit zur Rücklastschrift gekommen, weil zufällig gleichzeitig das Finanzamt eine Forderung eingezogen habe. Jedoch sei in der Kanzlei täglich online nach dem Kontostand geschaut worden. Wenn die Unterdeckung eines der Konten gedroht habe, habe die Möglichkeit bestanden, bis spätestens 13 Uhr am Geldautomaten eine Sofortüberweisung an das betreffende Konto zu veranlassen, die noch am selben Tag die nötige Deckung hergestellt habe. Die mit dieser Überwachungsaufgabe beauftragte Kanzleimitarbeiterin Frau F… sei entsprechend belehrt worden, und ihr sei auch völlig klar gewesen, dass es nicht zur Rücklastschrift kommen dürfe. Jetzt bestehe in der Kanzlei aber die Anweisung, dass zeitkritische Gebühren immer nur auf dem Weg einer Direktüberweisung zu begleichen seien. Die früheren Wiedereinsetzungsfälle, die das Patentamt in seinem Zwischenbescheid erwähnt habe, beträfen den verstorbenen Anwaltspartner Dr. K….
II.
Die Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet. Das Patentamt hat zu Recht dem Wiedereinsetzungsantrag nicht entsprochen.
1. Die Anmelderin hat die Frist zur Zahlung der Anmeldegebühr versäumt. Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 PatKostG war diese mit Einreichung der Patentanmeldung am 30. Juli 2014 fällig und konnte in Höhe von 60,- € (Nr. 311 100 der Anlage zu § 2 Abs. 1 PatKostG, bei sieben Ansprüchen und Einreichung in Papierform) innerhalb von drei Monaten (§ 6 Abs. 1 Satz 2 PatKostG), d. h. bis zum 30. Oktober 2014 bezahlt werden.
Eine fristgerechte Zahlung ist nicht erfolgt. Zwar hat die Anmelderin am 30. Juli 2014 - und damit an sich rechtzeitig am ersten Fälligkeitstag - beim Patentamt auf Grundlage eines bereits erteilten SEPA-Basislastschriftmandats die Angaben zum Verwendungszweck des Mandats über einen Betrag von 410,- € eingereicht, der auch die Anmeldegebühr umfasst hat. Doch gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 2 PatKostG i. V. m. § 2 Nr. 4 PatKostZV hätte dies nur dann einen wirksamen Zahlungstag begründet, wenn die Einziehung zugunsten der zuständigen Bundeskasse für das Patentamt erfolgt wäre (vgl. Schulte/Schell, PatG, 9. Aufl., PatKostZV § 2 Rn. 28). Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt, nachdem die zunächst erfolgte Einziehung des Gebührenbetrages zugunsten der Bundeskasse durch die Rücklastschrift von Mitte August 2014 wieder rückgängig gemacht worden ist. Die Gebühr ist erst ein Jahr später am 11. August 2015 und somit verspätet gezahlt worden. Dass die Gebühr vom Patentamt gleich wieder zurückgezahlt worden ist, ändert im Übrigen nichts daran, dass sie jedenfalls am 11. August 2015 wirksam entrichtet war (vgl. zur fälschlichen Erstattung von Gebühren Schulte/Schell, a. a. O., PatKostG § 1 Rn. 23).
Da die Anmeldegebühr nicht rechtzeitig entrichtet worden ist, gilt die Patentanmeldung gemäß § 6 Abs. 2 PatKostG seit dem 31. Oktober 2014 als zurückgenommen. Auf die ebenfalls versäumte Frist für die Zahlung der Prüfungsgebühr kommt es in diesem Zusammenhang daher nicht mehr an.
2. Der wegen Eintritts der Rücknahmefiktion und damit eines Rechtsnachteils i. S. v. § 123 Abs. 1 Satz 1 PatG gestellte Antrag auf Wiedereinsetzung ist zwar statthaft, aber nicht zulässig, weil die zweimonatige, mit Wegfall des Hindernisses zu laufen beginnende Antragsfrist des § 123 Abs. 2 Satz 1 PatG nicht eingehalten ist.
Der Wegfall des Hindernisses tritt ein, sobald das Ereignis seine hindernde Wirkung auf den Säumigen oder dessen Vertreter verliert, also wenn Säumiger oder Vertreter bei der Anwendung der ihm zuzumutenden Sorgfalt nicht mehr gehindert ist, die versäumte Handlung vorzunehmen oder wenn das Fortbestehen des Hindernisses nicht mehr als unverschuldet angesehen werden kann. Das ist dann der Fall, sobald die Partei oder ihr Vertreter bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt die Versäumung hätten erkennen können (vgl. Schulte/Schell, a. a. O., § 123 Rn. 25). Grundsätzlich steht hierbei die Kenntnis des Vertreters der Kenntnis der Partei gleich (vgl. Schulte/Schell, a. a. O, § 123 Rn. 28).
Positive Kenntnis von der Fristversäumung haben die Verfahrensbevollmächtigten der Anmelderin nach ihren Angaben zwar erst am 24. Juli 2015 im Zusammenhang mit dem Antrag auf Ausstellung eines Prioritätsbelegs wegen einer europäi- schen Nachanmeldung erhalten, wobei hiervon ausgehend die Stellung des Wiedereinsetzungsantrags noch rechtzeitig erfolgt wäre. Auf das Schreiben des Patentamts vom 22. August 2014, mit dem die Rücklastschrift mitgeteilt worden ist, kann dagegen nicht abgestellt werden, denn der Empfang des Schreibens wird von den Vertretern nicht bestätigt und Zustellnachweise sind nicht vorhanden. Letzteres gilt auch für die beiden patentamtlichen Schreiben vom 12. Dezember 2014, mit denen das Patentamt die Anmelderin über den Eintritt der Rücknahmefiktion zu Anmelde- und Prüfungsgebühr unterrichtet hat.
Allerdings ist hier anzunehmen, dass die Verfahrensbevollmächtigten der Anmelderin die Säumnis bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt schon früher hätten erkennen können. Auf die Kenntnis von Frau F… als Hilfsperson, bei der nicht auszuschließen ist, dass sie aufgrund eines Kontoauszugs oder aufgrund telefonischer Mitteilung der Bank bereits im August 2014 von der Rücklastschrift gewusst haben mag, kommt es zwar nicht an (vgl. Schulte/Schell, a. a. O, § 123 Rn. 28). Doch kann weder dem Wiedereinsetzungsantrag noch der eidesstattlichen Versicherung entnommen werden, dass für Frau F… eine Anweisung bestanden hatte, die Anwälte über die Rücklastschrift zu informieren. In einer Anwaltskanzlei muss aber durch geeignete organisatorische Maßnahmen sichergestellt werden, dass ein so außergewöhnlicher und bedeutsamer Vorgang wie die Rückbuchung eines Gebührenbetrages, der zum Verlust des betroffenen Schutzrechts führen kann, unmittelbar dem Anwalt zur Kenntnis gebracht wird (vgl. z. B. die Senatsbeschlüsse vom 21. Januar 2016, 7 W (pat) 90/14 unter II.4, juris Tz. 25, und vom 25. April 2016, 7 W (pat) 5/15, juris Tz. 49). Aufgrund dieses Organisationsmangels ist als Wegfall des Hindernisses bereits der Zeitpunkt anzunehmen, zu dem im August 2014 die Rücklastschrift aus den Kontoauszügen ersichtlich war.
Soweit im Beschwerdeverfahren vorgetragen worden ist, dass die Prüfung der Kenntnisse und Fähigkeiten von Frau F… auch die Notwendigkeit der Unterrichtung eines der Anwälte über auftretende Probleme eingeschlossen habe, rechtfertigt dies keine andere Beurteilung. Zum einen handelt es sich insoweit um neuen Sachvortrag, der außerhalb der Antragsfrist des § 123 Abs. 2 Satz 1 PatG gemacht worden und deshalb grundsätzlich nicht zu berücksichtigen ist. Zum anderen ergibt sich aus einer solchen Anweisung nicht hinreichend deutlich, unter welchen Voraussetzungen eine Unterrichtung des Anwalts zwingend erforderlich ist (vgl. BGH GRUR 2014, 102, Tz. 16 - Bergbaumaschine - bezüglich einer Anweisung, alle erkennbaren Probleme und Fragen mit dem verantwortlichen Anwalt zu klären). Der mit der Gebührenzahlung betrauten Mitarbeiterin war damit die Möglichkeit eröffnet, auch im Falle einer Rücklastschrift die Angelegenheit ohne Rücksprache mit dem Anwalt zu erledigen, wenn sie der Auffassung war, dass eine anderweitige Zahlung das Problem lösen könnte. Dies ist angesichts der weitreichenden Folgen, die eine Rücklastschrift für den Bestand des Schutzrechts mit sich bringt, nicht ausreichend.
Der am 30. Juli 2015 gestellte Wiedereinsetzungsantrag war daher verspätet.
3. Im Übrigen ist der Antrag auf Wiedereinsetzung aber auch in der Sache nicht begründet. Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 PatG darf Wiedereinsetzung nur gewährt werden, wenn der Säumige die Frist ohne Verschulden versäumt hat. Der Vortrag der Anmelderin ist jedoch nicht geeignet, ein ihr gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zurechenbares Verschulden ihrer anwaltlichen Vertreter an der Versäumung der Frist auszuschließen.
Vorliegend ist die fristgerechte Zahlung der Anmeldegebühr mittels SEPA-Lastschrift unstreitig deshalb fehlgeschlagen, weil auf Grund einer unzureichenden Deckung des bezogenen Kontos eine Rücklastschrift stattgefunden hat. Dies fällt grundsätzlich in den Verantwortungsbereich des Zahlungsschuldners und ist von diesem zu vertreten (vgl. z. B. die Senatsbeschlüsse vom 21. Januar 2016, 7 W (pat) 90/14 unter II.4, juris Tz. 24, und vom 25. April 2016, 7 W (pat) 5/15, juris Tz. 28). Die vorliegende, in der Kanzlei der Verfahrensbevollmächtigten geschilderte Vorgehensweise im Zusammenhang mit Lastschriften rechtfertigt keine abweichende Beurteilung.
Das in der Kanzlei im Zusammenhang mit Gebührenzahlungen damals praktizierte Verfahren war vielmehr mit einem hohen Risiko behaftet und stellte daher einen gravierenden Organisationsmangel dar. Dies betrifft zunächst die in dem Wiedereinsetzungsantrag geschilderte Vorgehensweise der telefonischen Verständigung. Ein Anwalt, der zur Zahlung einer Patentgebühr beim Patentamt eine SEPA-Lastschrift einreicht, muss dafür Sorge tragen, dass das bezogene Konto ausreichend gedeckt ist bzw. dass ein ausreichender Rahmen für die Überziehung des Kontos zur Verfügung steht. Er darf sich keineswegs darauf verlassen, im Fall einer drohenden Unterdeckung von einem Bankmitarbeiter einen Hinweis zu erhalten, damit dann seitens der Kanzlei für den erforderlichen Kontostand gesorgt werden kann. Dass dieser Hinweis nicht immer mit ausreichender Zuverlässigkeit erfolgt, wird aus dem vorgelegten Schreiben eines Mitarbeiters der D… (Anlage 2 zum Wiedereinsetzungsantrag) deutlich. Auch im vorliegenden Fall steht aufgrund der Angaben im Wiedereinsetzungsantrag bzw. in der eidesstattlichen Versicherung von Frau F… nicht fest, dass tatsächlich eine rechtzeitige telefonische Mitteilung erfolgt ist. Hinzu kommt, dass sich die mit den verschiedenen Bankangestellten getroffenen Vereinbarungen offenbar auf die Meldung einer drohenden Lastschrift-Rückgabe beschränkten. Sie waren nicht darauf angelegt, die Lastschrift-Rückgabe dadurch zu verhindern, dass das jeweilige Konto erst zu einem Zeitpunkt belastet wurde, in dem eine ausreichende Deckung vorhanden war.
Soweit darüber hinaus in der mündlichen Verhandlung vorgetragen worden ist, dass in der Kanzlei die Anweisung bestanden habe, täglich online die Konten am Vormittag zu kontrollieren und bei Erkennen einer Überbuchung bzw. Unterdeckung am Geldautomaten eine Sofortüberweisung auf das betreffende Konto zu veranlassen, handelt es sich um neuen Sachvortrag, der außerhalb der Antragsfrist des § 123 Abs. 2 Satz 1 PatG gemacht worden und deshalb grundsätzlich nicht zu berücksichtigen ist.
Doch auch unter Einbeziehung dieser Angaben stellt sich die geschilderte Verfahrensweise als risikobehaftet dar. Dies zeigt sich bereits darin, dass sie bei frühe- ren Gelegenheiten Rücklastschriften nicht verhindern konnte, wobei an die vom Patentamt genannten Wiedereinsetzungsfälle von April und Mai 2014 zu denken ist. Auf Grund dieser Vorfälle hätte es die anwaltliche Sorgfaltspflicht geboten, die Zahlung der Patentgebühren neu und zuverlässig zu organisieren. Damit bleibt es auch unter Berücksichtigung dieses neuen Vortrags dabei, dass den Verfahrensbevollmächtigten der Anmelderin im Zusammenhang mit der Abwicklung der Gebührenzahlung ein Sorgfaltsverstoß zur Last fällt.
Somit hätte der Antrag auf Wiedereinsetzung selbst bei unterstellter Zulässigkeit keinen Erfolg haben können.
III.
Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss ist das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde nur gegeben, wenn gerügt wird, dass
1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, 2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, 3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, 4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat, 5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder 6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
Die Rechtsbeschwerdeschrift muss von einer beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwältin oder von einem beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet und innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe eingereicht werden. Die Frist kann nicht verlängert werden.
Rauch Püschel Dr. Schnurr Pr