Paragraphen in 21 W (pat) 8/12
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BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 8/12 Verkündet am 25. Juni 2015
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BESCHLUSS In der Beschwerdesache betreffend die Patentanmeldung 10 2006 006 970.6-54 …
hat der 21. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 25. Juni 2015 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Phys. Dr. Häußler sowie der Richterin Hartlieb, des Richters Dipl.-Ing. Univ. Schmidt-Bilkenroth und der Richterin Dipl.-Phys. Univ. Zimmerer BPatG 154 05.11 beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe I
Die Patentanmeldung mit dem Aktenzeichen 10 2006 006 970.6 ist am 14. Februar 2006 mit der Bezeichnung „Mobiles Computersystem zur Routenplanung“ beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereicht und am 30. August 2007 offengelegt worden.
Mit Bescheid vom 12. Oktober 2006 sind die Druckschriften D1 DE 103 23 457 A1 D2 DE 101 21 260 A1 D3 US 6 343 317 B1 D4 US 6 459 989 B1 D5 US 5 936 572 A D6 DE 103 50 108 A1 D7 DE 10 2004 014 001 A1 D8 DE 10 2005 014 299 A1 D9 WO 2001/086613 A2 in das Prüfungsverfahren eingeführt worden.
In der ursprünglichen Beschreibung genannt sind noch die D10 DE 202 08 781 U1 D11 DE 103 24 198 A1.
In der Anhörung am 15. November 2011 hat die Prüfungsstelle für Klasse G 01 C die Anmeldung zurückgewiesen. Im Zurückweisungsbeschluss, der fälschlicherweise vom 8. Dezember 2011 datiert, ist ausgeführt worden, dass der Gegenstand des in der Anhörung überreichten Hauptanspruchs von der Druckschrift D1 in Verbindung mit dem Fachwissen nahegelegt werde und damit auf keiner erfinderischen Tätigkeit beruhe.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, die in der mündlichen Verhandlung vom 25. Juni 2015 beantragt hat,
den angegriffenen Beschluss vom 15. November 2011 aufzuheben und das Patent zu erteilen auf der Grundlage folgender Unterlagen:
- Patentanspruch 1,
vom 15. November 2011
- Beschreibung, Seiten 1 bis 3,
Bezugszeichenliste vom Anmeldetag
- Zeichnung,
Figur 1 vom Anmeldetag.
Der geltende Patentanspruch 1 hat folgenden Wortlaut:
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II
1. Die Beschwerde der Anmelderin ist form- und fristgerecht erhoben worden und damit zulässig. Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg, denn nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung erweist sich der Gegenstand des Patentanspruchs 1 als nicht patentfähig.
2. Die Anmeldung betrifft ein mobiles Computersystem zur Routenplanung und Benutzerführung, insbesondere für touristische Zwecke zur Informationsvermittlung von Sehenswürdigkeiten (siehe Offenlegungsschrift Abs. [0001]).
Gemäß der Beschreibungseinleitung der Anmeldung ist aus der DE 202 08 781 U1 (D10) eine mobile Computereinrichtung zur Routenplanung bekannt, die als Mobilfunkeinrichtung und/oder fest programmierte Computereinrichtung ausgebildet ist. Diese Computereinrichtung weist eine Displayeinheit und/oder ein Sprachmodul auf, womit die in einer Speichereinrichtung abgespeicherten optischen und/oder akustischen Informationen über Sehenswürdigkeiten wiedergegeben werden. Die Speichereinrichtung ist dabei über eine Schnittstelle und/oder einer Mobilfunkeinrichtung zwecks Abruf der Informationen wahlweise mit einer externen Informationsquelle oder mit einem Mobilfunknetz wie beispielsweise einem UMTS-Netz verbunden (siehe Offenlegungsschrift Abs. [0002]).
Weiterhin bekannt sind auch ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Bereitstellung von Informationen im Fahrzeug nach der DE 103 24 198 A1 (D11), mit dem einem Fahrer und/oder Beifahrer, unter Minimierung des Bedienaufwandes, ein Maximum an Informationen und Unterhaltung bereitgestellt wird. Die ausgewählten und in Dateien abgespeicherten Informationen werden dabei in Abhängigkeit des Abstands des Fahrzeugs zu nahe gelegenen Sehenswürdigkeiten, Tankstellen, Verkehrsstaus, Hotels oder dergleichen entsprechend ausgegeben. Dazu werden die Informationsinhalte online über ein Mobilfunknetz bereitgestellt und geladen und die geografische Positionsbestimmung des Fahrzeugs erfolgt über das Fahrzeugnavigationssystem oder positionsbestimmende Mechanismen des Mobilfunknetzes (siehe Offenlegungsschrift Abs. [0003]).
Nachteilig ist hierbei jedoch, dass die Anwendung des globalen Fahrzeugnavigationssystemes oder der Dateien des Mobilfunknetzes zur Positionsbestimmung im Rahmen von Gebäudeführungen ungeeignet sind, so dass eine positionsbezogene computergestützte Führung aufgrund von elektromagnetischen Abschirmungen durch Mauerwerk und Stahlträger zeitweise unmöglich werden kann. Die Abhängigkeit vom Mobilfunknetz innerhalb von Gebäuden ist bekanntlich ebenfalls nachteilig. Die Genauigkeit der Informationsbereitstellung zu den ausgewählten Sehenswürdigkeiten hängt vom aktuellen Stand der im Internet oder über Mobilfunkanbieter bereitgestellten Informationen ab (siehe Offenlegungsschrift Abs. [0004]).
Der Anmeldung liegt daher die Aufgabe (siehe Offenlegungsschrift Abs. [0005]) zugrunde, ein mobiles Computersystem zur Routenplanung zu schaffen, dessen Informationsbereitstellung sowie positionsbezogene Führung gegenüber elektromagnetischen Abschirmungen innerhalb von Gebäuden unanfällig ist, eine aktuelle ortbezogene Informationsbereitstellung gewährleistet und universell innerhalb und außerhalb von Gebäuden einsetzbar ist.
Als hier zuständigen Fachmann sieht der Senat einen Diplom-Ingenieur der Elektrotechnik an, der über eine mehrjährige Berufserfahrung in der Entwicklung von mobilen Computersystemen zur Wiedergabe von ortsabhängigen Informationen verfügt und der bei Fragen zur drahtlosen Datenübertragung einen Spezialisten auf dem Gebiet der Nachrichtentechnik hinzuzieht.
3. Zur Lösung obiger Aufgabe sieht die Anmeldung gemäß dem geltenden Patentanspruch 1 ein mobiles Computersystem mit folgenden Merkmalen vor (Gliederung hinzugefügt):
M1 Mobiles Computersystem zur Routenplanung mit M2 einer die optischen und/oder akustischen Routen- und Stadtführerinformationen enthaltenden Speichereinheit,
M3 einer Displayeinheit zur optischen Wiedergabe der Informationen und M4 einem zur akustischen Wiedergabe dienenden Sprachmodul und/oder einer Ohrhörereinrichtung sowie mit M5 einer Schnittstelle zur mobilfunktechnischen oder Busschnittstellen Verbindung zu den Informationsquellen für die Speichereinheit,
M6 wobei das Computersystem auf mindestens ein globales Navigationssystem und auf mindestens ein regionales Navigationssystem umschaltbar ausgebildet ist,
dadurch gekennzeichnet, dass M7 das Computersystem aus einer zentralen und mehreren diesen zugeordneten Computereinrichtungen besteht, die über funktechnische Verbindungsbaugruppen miteinander verbunden sind und M8 die zentrale Computereinrichtung so ausgebildet ist, dass über diese alle zugeordneten Computereinrichtungen zur gleichzeitigen optischen und/oder akustischen Wiedergabe der Routen- und/oder Stadtführerinformationen funktechnisch steuerbar sind,
M9 zwecks Kommunikation zwischen der zentralen und den dezentralen Computereinrichtungen sowie zur Ortung der dezentralen Computereinrichtungen von sich ortsveränderlichen Standorten aus.
Zur näheren Erläuterung weist die Anmeldung ein Ausführungsbeispiel auf, das sich auf eine erfindungsgemäße Einrichtung richtet und dessen schematischer Aufbau in der einzigen Figur wiedergegeben ist (siehe Offenlegungsschrift Abs. [0007]: „Nachfolgend soll die erfindungsgemäße Einrichtung anhand eines Ausführungsbeispieles näher erläutert werden. In der Zeichnung ist der schematische Aufbau der Einrichtung wiedergegeben.“).
Gemäß diesem Ausführungsbeispiel (siehe Offenlegungsschrift Abs. [0008] in Verb. mit der Fig.) dient als Grundbaustein der Einrichtung ein PDA (Personal Digital Assistant) 1 mit einem Schreib-/Lesespeicher in Form einer Speicherkarte 2. Auf der Speicherkarte 2 sind einerseits die Informationen zu den Sehenswürdigkeiten und andererseits Abrufbefehle abgespeichert, die zum Abruf weiterer Informationen über das Mobilfunknetz 3 dienen. Hierfür dient die Empfangseinheit 5 zum Empfang der Signale über das Mobilfunknetz 3. Ferner dient die Empfangseinheit 5 zum Empfang der Signale aus dem globalen Satelliten-Navigationssystem 4; zum Empfang der Signale innerhalb von Gebäuden schaltet sich die Empfangseinheit 5 auf das im Gebäude befindliche regionale Navigationssystem 6 um. Die mobile Computereinrichtung und damit ihr Nutzer wird z. B. per WLAN Positioning oder RFID geortet. Verlässt der Nutzer das Gebäude, so schaltet sich automatisch die Empfangseinheit 5 auf den Empfang der Signale des globalen Navigationssystemes per Satellit (z. B. GPS) um. Störungen der Positionssignale und der Signale des Mobilfunks durch Gebäudeabschirmungen werden so vermieden. Über das regionale Navigationssystem 6 wird der Nutzer nach Vorauswahl der zu betrachtenden Sehenswürdigkeiten über eine optische und/oder akustische Wegbeschreibung vom jeweiligen momentanen Aufenthaltsort zur nächstgelegenen ausgewählten Sehenswürdigkeit geführt. Die Bilder einer Kamera 7 können mit den Informationen der Speicherkarte 2 verknüpft und die verknüpften Informationen im Schreib-/Lesespeicher 8 abgespeichert und über eine dortige USB-Schnittstelle extern übertragen werden.
4. Da einerseits der Patentanspruch 1 ein Computersystem (Merkmal M1) betrifft, das aus einer zentralen und mehreren dieser zugeordneten Computereinrichtungen (diese sollen im Folgenden als die „mehreren dezentralen Computereinrichtungen“ bezeichnet werden) besteht (Merkmal M7) und andererseits das Ausführungsbeispiel eine Einrichtung bzw. eine mobile Computereinrichtung beschreibt, sieht sich der Senat zu näheren Ausführungen dazu veranlasst, welches Verständnis dem Patentanspruch 1 zugrunde zu legen ist.
Im Rahmen der Auslegung sind der Sinngehalt des Patentanspruchs in seiner Gesamtheit und der Beitrag, den die einzelnen Merkmale zum Leistungsergebnis der Erfindung liefern, zu bestimmen. Die Bestimmung des Sinngehalts eines einzelnen Merkmals muss stets in diesem Kontext erfolgen. Für das Verständnis entscheidend ist zumindest im Zweifel die Funktion, die das einzelne technische Merkmal für sich und im Zusammenwirken mit den übrigen Merkmalen des Patentanspruchs bei der Herbeiführung des erfindungsgemäßen Erfolgs hat. Dabei sind Beschreibung und Zeichnungen heranzuziehen, die die technische Lehre des Patentanspruchs erläutern und veranschaulichen. Dem Patentanspruch darf dabei nicht deshalb ein bestimmter Sinngehalt beigelegt werden, weil sein Gegenstand andernfalls gegenüber den Ursprungsunterlagen unzulässig erweitert wäre (BGH, GRUR 2012, 1124 – Polymerschaum, 1. Leitsatz und Rn. 27).
Eine Auslegung des Patentanspruchs, die zur Folge hätte, dass keines der in der Patentschrift geschilderten Ausführungsbeispiele vom Gegenstand des Patents erfasst würde, kommt nur dann in Betracht, wenn andere Auslegungsmöglichkeiten, die zumindest zur Einbeziehung eines Teils der Ausführungsbeispiele führen, zwingend ausscheiden oder wenn sich aus dem Patentanspruch hinreichend deutliche Anhaltspunkte dafür entnehmen lassen, dass tatsächlich etwas beansprucht wird, das so weitgehend von der Beschreibung abweicht (BGH, GRUR 2015, 159 – Zugriffsrechte, 1. Leitsatz).
Diesen Rechtsgrundsätzen folgend betrifft der Patentanspruch 1 ein „mobiles Computersystem“ (M1), das zunächst eine, optische und/oder akustische Informationen enthaltende Speichereinheit (M2), eine Displayeinheit (M3), eine akustischen Wiedergabeeinheit (M4) und eine Schnittstelle zu Informationsquellen für die Speichereinheit (M5) umfasst („mit“).
Gemäß M6 ist das Computersystem ausgebildet, dass es auf mindestens ein globales Navigationssystem (4) und auf mindestens ein regionales Navigationssystem (6) umschalten kann. Unter Hinzunahme der Beschreibung (Abs. [0003], [0004], [0008] der Offenlegungsschrift) ist dies so zu verstehen, dass das Computersystem in der Lage ist, eine Positionsbestimmung durchzuführen entweder (außerhalb von Gebäuden) anhand eines globalen Navigationssystems (Satellitennavigationssystem GPS oder positionsbestimmende Mechanismen des Mobilfunk- netzes GSM, UMTS) oder (innerhalb von Gebäuden) anhand eines regionalen im Sinne von lokalen Navigationssystems (Ortung mittels WLAN oder RFID). Gemäß M7 besteht das Computersystem nun aus einer zentralen und mehreren dieser zugeordneten Computereinrichtungen, die im Folgenden als die mehrere dezentrale Computereinrichtungen bezeichnet werden sollen. Für den verständigen Fachmann mag sich zunächst aus dem Wortlaut des Patentanspruchs ein Widerspruch dahingehend ergeben, dass das Computersystem einerseits gemäß den Merkmalen M2 bis M6 jeweils einfach vorhandene Einheiten umfasst, es andererseits gemäß Merkmal M7 aber aus einer zentralen und mehreren dezentralen Computereinrichtungen „besteht“. Jedoch kann der Fachmann unter Hinzunahme der Beschreibung, hier also mit Blick auf das Ausführungsbeispiel gemäß Abs. [0008] und der Fig. der Offenlegungsschrift, den Sinngehalt dieser Merkmale und ihr Zusammenwirken zweifelsohne bestimmen. Dort ist nämlich ein PDA, der mit einer Speicherkarte 2 zur Bereitstellung der Informationen zu den Sehenswürdigkeiten bestückt ist, als Grundbaustein einer Einrichtung beschrieben, die im weiteren Kontext „mobile Computereinrichtung“ genannt wird. Offensichtlich zeigt die Fig. nicht ein aus mehreren Computereinrichtungen bestehendes System, sondern eine einzelne (Computer-) Einrichtung, die laut Beschreibung einem bestimmten Nutzer zugewiesen ist. Damit wird der Fachmann diese Computereinrichtung als eine der mehreren dezentralen Computereinrichtungen ansehen. Diese Sichtweise hat der Vertreter der Anmelderin in der mündlichen Verhandlung auch als so gewollt und beabsichtigt bestätigt. Dementsprechend sind die Merkmale M2 bis M5 so auszulegen, dass jede dezentrale Computereinrichtung eine Speichereinheit (M2), eine Displayeinheit (M3), eine akustische Wiedergabeeinheit (M4) und eine Schnittstelle (M5) aufweist. Dabei ist hinsichtlich des Merkmals M2 ergänzend zu berücksichtigen, dass mit Blick auf das Ausführungsbeispiel, wonach auf der Speicherkarte 2 des PDA 1 Abrufbefehle zum Abruf weiterer Informationen über das Mobilfunknetz 3 gespeichert sind, unter der im Merkmal M2 angesprochenen Speichereinheit auch ein von den dezentralen Computereinrichtungen abgesetzter Speicher fallen kann, der im Sinne ei- nes Datenservers Informationen über eine mobilfunktechnische Schnittstelle gemäß Merkmal M5 bereitstellt. Folglich versteht der Fachmann das Merkmal M6 dann auch so, dass nicht das Computersystem als Ganzes, sondern jedenfalls jede dezentrale Computereinrichtung für sich seine Position umschaltbar anhand eines globalen oder regionalen Navigationssystems bestimmen kann. Dagegen ergeben sich für die zentrale Computereinrichtung gemäß dem Merkmal M7 aus den Anmeldungsunterlagen keine weitergehenden Einschränkungen, die einzuhalten wären. Auch wenn an einer Stelle der Beschreibung (siehe Abs. [0006]) von einer „zentralen mobilen Computereinrichtung“ die Rede ist, muss die zentrale Computereinrichtung nach M7 nicht zwingend mobil sein, da diese Angabe im Patentanspruch 1 nicht enthalten ist. Unter der zentralen Computereinrichtung versteht der Fachmann also selbstverständlich einen beliebigen Rechner mit einer CPU und Speicher für Befehle/Programme und Daten sowie Schnittstellen zur Peripherie. Ferner sind gemäß M7 die Computereinrichtungen über funktechnische Verbindungsbaugruppen miteinander verbunden. Offen ist, wo die Verbindungsbaugruppen angeordnet sind; dass die Computereinrichtungen jeweils eine Verbindungsbaugruppe aufweisen, ist nicht offenbart (im Ausführungsbeispiel und in der Fig. ist keine Verbindungsbaugruppe angesprochen bzw. gezeigt) und die Computereinrichtungen sind darauf nicht eingeschränkt. Offen und damit nicht weiter eingeschränkt ist ferner, ob alle dezentralen Computereinrichtungen jeweils nur mit der zentralen Computereinrichtung verbunden oder ob zusätzlich die dezentralen Computereinrichtungen auch untereinander verbunden sind.
Durch die Zweckangabe „zur gleichzeitigen optischen und/oder akustischen Wiedergabe der Routen- und/oder Stadtführerinformationen“ im Merkmal M8 müssen die dezentralen Computereinrichtungen geeignet sein, diese Informationen wiederzugeben; dies führt zu der bereits oben vorgenommenen Auslegung derart, dass sie jeweils zumindest eine Displayeinheit und/oder eine akustische Wiedergabeeinheit aufweisen, wobei die Wiedergabe über Funk von der zentralen Com- putereinrichtung gesteuert wird. Dabei kommt dem Wort „gleichzeitig“ nur die Bedeutung zu, dass alle dezentralen Computereinrichtungen gleichzeitig Informationen wiedergeben; die wiedergegebenen Informationen müssen aber nicht bei jeder dezentralen Computereinrichtung gleich sein, sondern können auch unterschiedlich sein. Ferner wird durch das funktionale Merkmal „so ausgebildet ist, dass über diese alle zugeordneten Computereinrichtungen … funktechnisch steuerbar sind“ im Merkmal M8 die zentrale Computereinrichtung nur insoweit eingeschränkt, dass sie über Funk die Wiedergabe aller dezentralen Computereinrichtungen beeinflussen kann. Die Art der Steuerung (direkte Übertragung der wiederzugebenden Informationen/“Streaming“ oder Übertragung einer ID, anhand derer die in der dezentralen Computereinheit gespeicherten Information für die Wiedergabe identifiziert wird oder auch nur Ein-/Ausschalten der Wiedergabe) ist nicht offenbart und daher nicht weiter eingeschränkt.
Die Zweckangabe „zwecks Kommunikation zwischen der zentralen und den dezentralen Computereinrichtungen“ im Merkmal M9 ergibt sich schon zwangsläufig aus Merkmal M7, wonach die Computereinrichtungen „über funktechnische Verbindungsbaugruppen miteinander verbunden sind“. Sie sagt weder über die Art der Kommunikation (Mensch ↔ Mensch, Maschine ↔ Maschine) noch darüber etwas aus, ob alle dezentralen Computereinrichtungen jeweils nur mit der zentralen Computereinrichtung kommunizieren oder ob zusätzlich die dezentralen Computereinrichtungen auch untereinander kommunizieren. Im Ergebnis führt diese Zweckangabe zu keiner weiteren Einschränkung des Gegenstands des Patentanspruchs. Schließlich ist noch die Zweckangabe „zur Ortung der dezentralen Computereinrichtungen von sich ortsveränderlichen Standorten aus“ im Merkmal M9 auszulegen. Unter Hinzunahme der Beschreibung, hier des Ausführungsbeispiels gemäß Abs. [0008] der Offenlegungsschrift, ist diese Angabe so auszulegen, dass die dezentralen Computereinrichtungen, wie eine davon in der Fig. gezeigt ist, in der Lage sind, an sich veränderlichen Standorten ihre Position zu ermitteln und somit ei- ne Ortung vornehmen. Denn im Ausführungsbeispiel heißt es hierzu nämlich: „Die mobile Computereinrichtung und damit ihr Nutzer wird z. B. per WLAN Positioning oder RFID geortet. Verlässt der Nutzer das Gebäude, so schaltet sich automatisch die Empfangseinheit 5 auf den Empfang der Signale des globalen Navigationssystemes per Satellit (z. B. GPS) um“. Darüber hinaus könnte die Zweckangabe „zur Ortung der dezentralen Computereinrichtungen von sich ortsveränderlichen Standorten aus“ im Merkmal M9 zusätzlich aber auch derart ausgelegt werden, dass gemäß Abs. [0006] der Offenlegungsschrift „vom Gruppenleiter eine Ortung der Gruppenmitglieder hergestellt werden kann“ bzw. dass „eine Ortung und Wegbeschreibung des Rückweges für einen Teilnehmer bei dessen Entfernen vom zentralen Ort des Leiters“ gegeben ist.“ Diese Auslegung führt jedoch im Unterschied zum Ausführungsbeispiel gemäß der Fig. und Abs. [0008] der Offenlegungsschrift zu einer anderen Ausführungsform der Erfindung.
5. Der Senat hat bereits Bedenken, ob der geltende Patentanspruch 1 zulässig ist.
Unzweifelhaft setzt sich der Patentanspruch 1 hinsichtlich seiner Merkmale M1 bis M8 – abgesehen von rein sprachlichen Änderungen – aus dem ursprünglichen Anspruch 1 (Merkmale M1 bis M6) und aus dem ursprünglichen Anspruch 5 (Merkmale M7 und M8), der sich direkt auf den ursprünglichen Anspruch 1 rückbezogen hatte, zusammen, so dass er insoweit als offenbart anzusehen ist.
Soweit obiger Auslegung folgend die Zweckangabe „zwecks Kommunikation zwischen der zentralen und den dezentralen Computereinrichtungen“ im Merkmal M9 den Patentanspruch nicht weiter einschränkt, kann auch diese als ursprungsoffenbart angesehen werden.
Als bedenklich hinsichtlich ihrer Offenbarung erscheint aber die Zweckangabe „zur Ortung der dezentralen Computereinrichtungen von sich ortsveränderlichen Standorten aus“ im Merkmal M9. Da gemäß obiger Auslegung hierunter auch der Sinngehalt gemäß Abs. [0006] fällt, ergibt sich dadurch ein Gegenstand mit Merkmalen, die zum Einen im Ausführungsbeispiel gemäß Abs. [0008] und der Fig. und zum Anderen in einer anderen Ausführungsform gemäß Abs. [0006] beschrieben werden, die aber in ihrer Kombination in den Anmeldungsunterlagen nicht als mögliche Ausgestaltung der Erfindung offenbart ist (BGH, GRUR 2009, 936 – Heizer, Leitsatz).
Jedoch können die Bedenken zur Zulässigkeit des Patentanspruchs dahinstehen, denn sein Gegenstand ist nicht neu.
6. Der Gegenstand des Patentanspruchs wird von der Lehre der Druckschrift D1 neuheitsschädlich vorweggenommen.
Diese betrifft ein Leit- und Kommunikationssystem (siehe Bezeichnung) und stellt sich die Aufgabe (siehe Abs. [0015]), dieses dahingehend weiterzubilden, dass das Auffinden von ortsfesten wie auch ortsveränderlichen Objekten möglich ist, die sich sowohl innerhalb und auch außerhalb von Gebäuden befinden können, und auch die Ausgabe von Informationen, die diese Objekte oder deren Umgebung betreffen, an einen ortsungebundenen Nutzer gewährleistet ist [= Merkmal M1]. Bei diesem Leit- und Kommunikationssystem (siehe Patentanspruch 1; Fig.; Abs. [0038], [0039]) befinden sich an verschiedenen Orten innerhalb eines räumlichen Koordinatensystems Objekte 1.1 bis 1.n, denen Objekt-Identifikationseinheiten 2.1 bis 2.n mit Identifikationscodes, die das jeweilige Objekt betreffen, zugeordnet sind. Weiter umfasst das Leit- und Kommunikationssystem gemäß der Fig. 1 (siehe Abs. [0041], Patentanspruch 1) Informationsträger 3.1 bis 3.k, auf denen Informationen gespeichert sind, die insbesondere die Eigenschaften der Objekte 1.1 bis 1.n betreffen, was nach obiger Auslegung des Merkmals M2 als abgesetzter Speicher angesehen wird.
Ferner umfasst das Leit- und Kommunikationssystem (siehe Abs. [0042], Patentanspruch 1) mindestens eine Kommunikationseinrichtung 4, die einem Nutzer zugeordnet ist, der sich ebenfalls innerhalb des räumlichen Koordinatensystems befindet. Dabei ist (siehe Ansprüche 13, 14; Abs. [0070] die Kommunikationseinrichtung 4 mit Mitteln zur sinnlich, bevorzugt akustisch oder visuell wahrnehmbaren Informationsausgabe ausgestattet [= Merkmal M3], kann als Handheld- oder PocketPC – hier liest der Fachmann selbstverständlich auch einen Arbeitsspeicher im Sinne des Merkmals M2 mit – ausgebildet sein und verfügt bevorzugt über eine Sprachein- und -ausgabe [= Merkmal M4]. Gemäß obiger Auslegung des Patentanspruchs 1 bestehen für die eine zentrale Computereinrichtung keine weitergehenden Einschränkungen. Insbesondere muss dieses nicht zwingend mobil sein, so dass die Einheit 3 in der Fig. mit den Informationsträgern 3.1 bis 3.k, in denen die die Objekte betreffenden Informationen gespeichert sind, als die zentrale Computereinrichtung im Sinne des Merkmals M7 mit dem abgesetzten Speicher im Sinne des Merkmals M2 aufgefasst werden kann. Demzufolge ist die mindestens eine Kommunikationseinrichtung 4 als eine der mehreren, der zentralen Computereinrichtung zugeordneten (dezentralen) Computereinrichtungen im Sinne des Merkmals M7 anzusehen. Jede Kommunikationseinrichtung 4 ist weiterhin (siehe Abs. [0043]) mit einem Informationsabruf- und Informationssendemodul 4.3 ausgestattet, das zum Datenaustausch mit den Informationsträgern 3.1 bis 3.n dient. Damit stellt das Informationssendemodul 4.3 der Kommunikationseinrichtung 4 eine funktechnische Verbindungsbaugruppe im Sinne des Merkmals M7 dar, die notwendigerweise und für den Fachmann zwingend erforderlich mit einer entsprechenden Schnittstelle auf Seiten der Einheit 3 verbunden ist [= Merkmal M5]. Schließlich ist (siehe Abs. [0046]; Fig.) die Kommunikationseinrichtung 4 mit einem Positionsdatenerfassungsmodul 4.2.1 ausgestattet, das zur Kommunikation mit einem globalen Positionsgeber 5.1 vorgesehen ist. Dabei kann der globale Positionsgeber 5.1 vorzugsweise als satellitengestütztes Ortungssystem, wie beispielsweise GPS, ausgebildet sein und über eine Anzahl Ortungssatelliten 5.1.1 bis 5.1.i verfügen. Vorteilhaft verfügt die Kommunikationseinrichtung 4 (siehe Abs. [0049]) weiterhin über ein Positionsdatenerfassungsmodul 4.2.2, das zum Datenaustausch mit einem lokalen Positionsgeber 5.2 ausgebildet ist. Der lokale Positionsgeber 5.2 stellt beispielsweise Positionsdaten zur Verfügung, die auf Orte innerhalb eines begrenzten Geländes, an denen globale Positionsdaten nicht oder nur unzureichend verfügbar sind, oder auf Orte innerhalb eines Gebäudes bezogen sind, so dass (siehe Abs. [0053]) die Übernahme der Positionsdaten wahlweise von dem globalen Positionsgeber 5.1 oder dem lokalen Positionsgeber 5.2 oder gleichzeitig sowohl von dem globalen Positionsgeber 5.1 als auch dem lokalen Positionsgeber 5.2 erfolgen kann [= Merkmal M6]. Wie bereits ausgeführt, weist jede der mehreren Kommunikationseinrichtungen 4 ein Informationsabruf- und –sendemodul 4.3 auf. So ist (siehe Abs. [0043], [0044]) es dem Nutzer der Kommunikationseinrichtung 4 bei entsprechender Zugangsberechtigung mittels des Informationsabruf- und –sendemoduls 4.3 möglich, zu einem oder mehreren der Objekte 1.1 bis 1.n, die durch den zugeordneten Identifikationscode bestimmt sind, Informationen von den Informationsträgern 3.1 bis 3.k abzurufen. Dabei sind neben Informationen über die Eigenschaften der Objekte, wie Koordinaten, Alter, Lebensdauer, Verfallsdatum, Umfang, Abmessungen, Gewicht, Volumen, Materialeigenschaften usw. beispielsweise auch Informationen über die Anzahl vorhandener gleichartiger Objekte abrufbar. Denkbar sind auch Routenpläne zum Auffinden dieser und weiterer Objekte. Da sich die Kommunikationseinrichtungen 4 innerhalb des räumlichen Koordinatensystems unabhängig voneinander bewegen, ist die, das zentrale Computersystem repräsentierende Einheit 3 jedenfalls geeignet, im Sinne des Merkmals M8 alle Kommunikationseinrichtungen 4 zur gleichzeitigen optischen und/oder akustischen Wiedergabe von Informationen zu steuern. Dabei ergibt sich zwangsläufig eine Kommunikation zwischen der Einheit 3 und den Kommunikationseinrichtungen 4, wobei die Kommunikationseinrichtungen 4 jeweils ihren ortsveränderlichen Standort aufgrund ihrer Positionsdatenerfassungsmodule 4.2.1 und 4.2.2 orten können. Überdies ist in der Druckschrift D1 auch vorgesehen (siehe Abs. [0033], [0048], [0064], [0065]), dass die Kommunikationseinrichtung 4 mit ihrem aktuellen Standort, d. h. also ihren Positionsdaten,
Routenpläne per Datenübertragung von einem Informationsträger herunterlädt; dazu zwingend muss die Kommunikationseinrichtung 4 ihre Positionsdaten an die Einheit 3 übermitteln und ist somit von ihr „ortbar“ [= Merkmal M9].
Damit nimmt das Leit- und Kommunikationssystem der Druckschrift D1 den Gegenstand des Patentanspruchs 1 mit sämtlichen Merkmalen neuheitsschädlich vorweg.
III Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu, wenn gerügt wird, dass
1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, 2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, 3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, 4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat, 5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder 6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
Die Rechtsbeschwerdeschrift muss von einer beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwältin oder von einem beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet und innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe eingereicht werden. Die Frist ist nur gewahrt, wenn die Rechtsbeschwerde vor Fristablauf beim Bundesgerichtshof eingeht. Die Frist kann nicht verlängert werden.
Dr. Häußler Hartlieb Schmidt-Bilkenroth Zimmerer Pü
Urheber dieses Dokuments ist das Bundespatentgericht. Nach § 5 UrhG geniessen Entscheidungen und Gesetze keinen urheberrechtlichen Schutz. Auflagen des Gerichts können aber die kommerzielle Verwertung einschränken. In Anlehnung an Creative Commons Lizenzen ist die Nutzung mit einer CC BY-NC-SA 3.0 DE Lizenz vergleichbar. Bitte beachten Sie, dass diese Entscheidung urheberrechtlich geschützte Abbildungen enthalten kann. Vor einer Nutzung - über die reine Wiedergabe der Entscheidung hinaus - sind in solchen Fällen entsprechende Nutzungsrechte bei den jeweiligen Rechteinhabern einzuholen.
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