Paragraphen in 21 W (pat) 71/08
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BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 71/08
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(Aktenzeichen)
BESCHLUSS In der Beschwerdesache betreffend die Patentanmeldung 10 2007 041 669.7-55 …
hat der 21. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 20. Dezember 2012 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Phys. Dr. Häußler sowie der Richterin Hartlieb, des Richters Dipl.-Ing. Veit und der Richterin Dipl.-Phys. Zimmerer BPatG 152 08.05 beschlossen:
Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G 01 S des Deutschen Patent- und Markenamts vom 8. September 2008 aufgehoben und das Patent DE 10 2007 041 669 erteilt.
Bezeichnung: Verfahren zur Verbesserung der Signalqualität von Radaranlagen Anmeldetag: 1. September 2007.
Der Erteilung liegen folgende Unterlagen zugrunde:
Patentansprüche 1 bis 5 eingereicht bei Gericht mit Schriftsatz vom 4. Oktober 2012; Beschreibung, Seite 1 vom Anmeldetag sowie Seiten 2, 2a und 3 bis 6 eingereicht bei Gericht mit Schriftsatz vom 4. Oktober 2012; Blatt Zeichnungen Figuren 1 und 2 vom Anmeldetag.
Gründe I.
Die Patentanmeldung wurde am 1. September 2007 unter der Bezeichnung „Verfahren zur Verbesserung der Signalqualität von Radaranlagen“ beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereicht. Die Offenlegung erfolgte am 16. April 2009.
Im Prüfungsverfahren sind die Druckschriften D1 US 2003/0179831 A1 und D2 EP 0 427 206 A2 in Betracht gezogen worden.
Die Prüfungsstelle für Klasse G 01 S des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung mit Beschluss vom 8. September 2008 zurückgewiesen. Dem Beschluss lagen die ursprünglichen Ansprüche 1 bis 6 zugrunde. Zur Begründung ist ausgeführt, dass das Verfahren nach Patentanspruch 1 dem Fachmann durch eine Zusammenschau der Druckschriften D1 und D2 nahegelegt sei.
Gegen den ihr per Einschreiben am 13. Oktober 2008 zugesandten Beschluss hat die Anmelderin am 21. Oktober 2008 Beschwerde eingelegt.
Mit Schriftsatz vom 4. Oktober 2012 hat die Anmelderin neue Patentansprüche 1 bis 5 sowie neue Beschreibungsseiten 2, 2a und 3 bis 6 bei Gericht eingereicht und die Erteilung des Patents mit folgenden Unterlagen beantragt,
Patentansprüche 1 bis 5 eingereicht bei Gericht mit Schriftsatz vom 4. Oktober 2012; Beschreibung, Seite 1 vom Anmeldetag sowie Seiten 2, 2a und 3 bis 6 eingereicht bei Gericht mit Schriftsatz vom 4. Oktober 2012; und Figuren 1 und 2 vom Anmeldetag.
Der mit Schriftsatz vom 4. Oktober 2012 bei Gericht eingereichte, geltende Patentspruch 1 lautet gegliedert (Änderungen gegenüber dem urspr. Anspruch 1 gekennzeichnet):
M1 Verfahren zur Verbesserung der Signalqualität eines pulsförmigen Sendesignals einer Radaranlage mit einer Pulskompressionsstufe, dadurch gekennzeichnet, dass das Verfahren welches folgende Verfahrensschritte umfasst:
M2 Berechnen einer Amplituden-Übertragungsfunktion einer Sendeverstärkeranordnung der Radaranlage in den Signalflanken,
M3 Berechnen einer Umkehrfunktion der Amplituden-Übertragungsfunktion an den Signalflanken und M4 Anwenden der Umkehrfunktion auf die jeweilige Signalflanke des in der Sendeverstärkeranordnung zu verstärkenden pulsförmigen Sendesignals zur Erzeugung eines vorverzerrten Sendesignals,
gekennzeichnet durch M5 Modifizieren der Filterkoeffizienten eines Filters der Pulskompressionsstufe entsprechend des erzeugten vorverzerrten Sendesignals gemäß der Vorschrift wobei S(f) : die Fourier-Transformierte des unverzerrten Sendesignals, Sm(f): die Fourier-Transformierte des verzerrten Sendesignals, Sm*(f): die komplex konjugierte von Sm(f),
H(f): die Fourier-Transformierte einer nicht modifizierten Filterkoeffizientenmatrix und Hm(f): die Fourier-Transformierte einer modifizierten Filterkoeffizientenmatrix ist.
Wegen der Unteransprüche 2 bis 5 und wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Akte verwiesen.
II.
1. Die Beschwerde der Anmelderin ist zulässig. Sie hat auch Erfolg und führt zur Aufhebung des Beschlusses und zur Erteilung des Patents auf Grundlage der mit Schriftsatz vom 4. Oktober 2012 bei Gericht eingereichten Patentansprüche 1 bis 5.
2. Die geltenden Ansprüche sind in den ursprünglichen Unterlagen offenbart und daher zulässig.
Die Merkmale M1 bis M4 des geltenden Anspruchs 1 entsprechen dem ursprünglichen Anspruch 1, wobei das Merkmal M1 lediglich sprachlich an die neue Anspruchsfassung angepasst wurde, und das Merkmal M5 ist dem ursprünglichen Anspruch 2 entnommen.
Die geltenden Ansprüche 2 bis 5 entsprechen in dieser Reihenfolge den ursprünglichen Ansprüchen 3 bis 6.
3. Die Erfindung betrifft gemäß der Beschreibung (vgl. Offenlegungsschrift, Abs. [0001]) ein Verfahren zur Verbesserung der Signalqualität eines pulsförmigen Sendesignals einer Radaranlage mit einer Pulskompressionsstufe.
In der Beschreibungseinleitung (Abs. [0002] - [0009]) ist ausgeführt, dass in Radaranlagen mit Pulskompression (PK) üblicherweise phasencodierte oder frequenzmodulierte Signalformen verwendet werden. Dabei werden für das Sendesignalspektrum möglichst kleine und schnell abklingende Nebenkeulen angestrebt, damit bei Signal-Filterungen keine zu hohen S/N-Verluste (Signal/Rausch-Verluste) auftreten. Ein günstiges Spektrum sollte einen moderaten Signal-Anstieg am Anfang bzw. Signal-Abfall am Ende des Sendepulses aufweisen. Bei Binärcodes sollte gleichzeitig die Phase von Subpuls zu Subpuls nicht abrupt umgetastet, sondern stetig gedreht werden. Im Empfangszug wird ein hohes Haupt- zu Nebenkeulen-Verhältnis (HNV) angestrebt, wobei die Nebenkeulen für einen nachgeschalteten CFAR-Algorithmus (CFAR = Constant False Alarm Rate) zusätzlich möglichst homogen angeordnet sein sollten. Es lässt sich bspw. ein PK-Mismatched-Filter (Filter zur Pulskompression) berechnen, mit dem ein Haupt-/Nebenkeulenverhältnis (HNV) von über 42 dB mit homogenen Nebenkeulen resultiert. Sowohl das Sendesignal als auch das Empfangssignal mit jeweiligem Spektrum lassen sich durch eine Simulation theoretisch nachbilden und darstellen. Ein Problem dabei ist, dass mit einem realen Sender die theoretischen Ergebnisse nicht erzielt werden können.
Für einen hohen Wirkungsgrad arbeitet der Radarsender üblicherweise im C-Betrieb. Dabei macht der Verstärker ab einer bestimmten Amplitude komplett auf, wodurch das Signal in die Sättigung gelangt. Der Sender arbeitet somit in einer Art Schalterbetrieb. Das Problem dabei ist, dass der Sendepuls durch den Schalterbetrieb sehr steile Flanken aufweist, was zu einer Verlängerung des Sendepulses führt. Dies hat Signal-Verzerrungen mit hohen Frequenzanteilen im Spektrum und somit ungünstige spektrale Eigenschaften zur Folge. Durch die Verlängerung des Sendepulses ist das Pulskompressions(PK)-Filter nicht mehr an das tatsächlich vorliegende Signal angepasst, was im PK-Ergebnis zu erhöhten Nebenkeulen und somit zu einem ungünstigen Haupt-/Nebenkeulen-Verhältnis (HNV) führt.
Der Anmeldung liegt daher die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren anzugeben, mit welchem ein verbessertes Sendesignalspektrum erzeugt werden kann (Abs. [0010]).
4. Zur Lösung dieser Aufgabe wird nach den Merkmalen M1 bis M4 des Anspruchs 1 das Sendesignal, durch Anwenden einer Umkehrfunktion der Amplitudenübertragungsfunktion der Sendeverstärkeranordnung auf die jeweilige Signalflanke, vorverzerrt. Darüber hinaus wird gemäß dem Merkmal M5 zur Verbesserung der Impulskompression im Empfänger bei vorverzerrtem Sendesignal eine Modifikation der Filterkoeffizienten eines Filters der Pulskompressionsstufe durchgeführt. Hierzu wird die Fourier-Transformierte des unverzerrten und des verzerrten Sendesignals bestimmt und gemäß der angegebenen Vorschrift die FourierTransformierte der modifizierten Filterkoeffizientenmatrix ermittelt.
4.1 Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 ist gegenüber dem Stand der Technik gemäß den im Verfahren befindlichen Druckschriften neu, denn aus keiner dieser Druckschriften ist ein Verfahren zur Verbesserung der Signalqualität eines pulsförmigen Sendesignals einer Radaranlage mit Pulskompressionsstufe mit dem Merkmal M5 bekannt.
4.2 Das Verfahren nach Patentanspruch 1 beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit des zuständigen Fachmanns, einem Elektroingenieur mit Hochschulbildung und mehrjähriger Berufserfahrung auf dem Gebiet der Radartechnik.
In der Druckschrift D1 ist ein Verfahren zur Verbesserung der Signalqualität eines Sendesignals, das auch bei Radaranlagen Anwendung findet, beschrieben (vgl. Abs. [0002], [0003]: “… methods for linearizing the response of a high power amplifier (HPA). … In both communications and radar systems ...“; sowie Fig. 2 und 3 mit Beschreibung in Abs. [0032], [0033], [0040] u. [0041]). Dass Radaranlagen üblicherweise pulsförmige Signale aussenden, ist dem zuständigen Fachmann geläufig. Die Verwendung einer Pulskompressionsstufe zeigt die D1 nicht [= Merkmal M1 ohne Pulskompressionsstufe]. Bei dem bekannten Verfahren wird eine Amplituden-Übertragungsfunktion (G(s); „nonlinear gain of HPA 210“) einer Sendeverstärkeranordnung (high power amplifier HPA 210) der Radaranlage ermittelt (Abs. [0033]). Dabei sind die Signalflanken des Sendesignals mit eingeschlossen. Dem Fachmann ist bekannt, dass die Ermittlung einer Übertragungsfunktion bspw. durch Messung oder Simulation (= Berechnung) erfolgen kann [= Merkmal M2]. Des Weiteren wird bei dem bekannten Verfahren eine Umkehrfunktion der Amplituden-Übertragungsfunktion (G-1(s); Abs. [0033]) berechnet, wobei auch hier die Signalflanken mit eingeschlossen sind [= Merkmal M3]. Schließlich wird diese Umkehrfunktion auf das in der Sendeverstärkeranordnung (HPA 210) zu verstärkende Sendesignal (einschließlich der Signalflanken) zur Erzeugung eines vorverzerrten Sendesignals angewendet (Fig. 3; Abs. [0032], [0033], [0040], [0041]: „desired digital RF waveform , T(s)“; „predistorted analog RF waveform … P(s)T(s)“; „P(s) is proportional to G-1(s)“) [= Merkmal M4].
Dass gemäß dem Merkmal M5 des Anspruchs 1 überdies die Filterkoeffizienten eines Filters einer Pulskompressionsstufe einer Radaranlage, bei der das in der D1 angegebene Verfahren zur Anwendung kommen kann, entsprechend dem vorverzerrten Sendesignal modifiziert werden sollen, ist in der D1, die schon gar keine Pulskompressionsstufe zeigt, nicht angegeben.
Die Druckschrift D2 zeigt eine Radaranlage (radar system) mit Pulskompression (vgl. Sp. 1 Z. 4 - 16: „Chirp or stretch waveforms … to provide pulse compression for radar range resolution enhancement“; Sp. 9 Z. 6 - 8; sowie Fig. 1, Sp. 4 Z. 15 48), bei der während eines Kalibriermodus die Verzerrungen des Senders gemessen und anhand dieser Messung Korrektursignale (Amplitude, Phase) erzeugt und dem Sendesignal zur Vorverzerrung überlagert werden (vgl. Sp. 2 Z. 54 - Sp. 3 Z. 20: „… to generate waveforms which are predistorted by distortion corrections to compensate for the distortions measured during the calibration mode“). Eine Pulskompressionsstufe ist in der D2 zwar nicht explizit genannt, dem Fachmann ist jedoch aufgrund seines allgemeinen Fachwissens bekannt, dass bei Radaranlagen mit Pulskompression zur Erhöhung des Signal/Rausch-Verhältnisses üblicherweise ein Pulskompressionsfilter im Radarempfänger angeordnet ist [= Merkmal M1].
Die Vorverzerrung des Sendesignals einer Radaranlage unter Verwendung einer Amplituden-Übertragungsfunktion des Sendeverstärkers und deren Umkehrfunktion, wie in den Merkmalen M2 bis M4 des Patentanspruchs 1 beansprucht, ist hingegen in der D2 nicht beschrieben. Auch eine zusätzliche Modifikation der Filterkoeffizienten eines Pulskompressionsfilters im Radarempfänger entsprechend dem erzeugten vorverzerrten Sendesignal (Merkmal M5) zeigt die D2 nicht.
Somit ist aus keiner der im Verfahren befindlichen Druckschriften das Merkmal M5 des Patentanspruchs 1 bekannt. Diese Druckschriften können dem Fachmann daher auch keine Anregung geben, die ihn zum Verfahren nach Anspruch 1 führen könnte. Die Vorgehensweise gemäß dem Merkmal M5, bei einer Vorverzerrung des Sendesignals einer Radaranlage zusätzlich die Filterkoeffizienten eines Pulskompressionsfilters im Radarempfänger entsprechend dem erzeugten vorverzerrten Sendesignal zu modifizieren, ist auch nicht dem allgemeinen Fachwissen des Fachmanns zuzurechnen. Das Verfahren nach Patentanspruch 1 ergibt sich daher für den Fachmann auch unter Berücksichtigung seines allgemeinen Fachwissens nicht in naheliegender Weise aus dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik.
4.3 Die Unteransprüche 2 bis 5 werden von der Patentfähigkeit des Patentanspruchs 1 mitgetragen. Auch die übrigen Unterlagen erfüllen die an sie zu stellenden Anforderungen.
Dr. Häußler Hartlieb Veit Zimmerer Pü
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