Paragraphen in 11 W (pat) 26/08
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BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 26/08 Verkündet am 22. April 2013 BESCHLUSS In der Beschwerdesache betreffend die Patentanmeldung 10 2007 007 135.5 hat der 11. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 22. April 2013 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr.-Ing. Höchst sowie der Richter v. Zglinitzki, Dipl.-Ing. Univ. Rothe und Dipl.-Ing. Univ. Hubert beschlossen:
Auf die Beschwerde wird der Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse B 60 C des Deutschen Patent- und Markenamts vom 17. April 2008 aufgehoben und das Patent mit den Patentansprüchen 1 bis 3 vom 22. April 2013 sowie der Beschreibung in der Fassung vom 22. April 2013 und den ursprünglich eingereichten Zeichnungen Figuren 1 bis 5 erteilt.
Gründe I.
Die Prüfungsstelle für Klasse B 60 C des Deutschen Patent- und Markenamts hat durch Beschluss in der Anhörung vom 11. April 2008 die am 9. Februar 2007 eingereichte und am 27. November 2008 offengelegte Patentanmeldung 10 2007 007 135.5 mit der Bezeichnung
"Reifenkontrollsystem und Verfahren" mit der Begründung zurückgewiesen, dass das Reifenkontrollsystem gemäß dem ursprünglichen Patentanspruch 1 nach Hauptantrag wie auch die Reifenkontrollsysteme gemäß den Ansprüchen 1 nach den Hilfsanträgen 1 und 2 gegenüber den Gegenständen der Druckschriften E1 DE 42 05 911 A1 E2 DE 102 43 914 A1 E3 WO 03/006268 A1 durch die Kombination der Druckschrift E1 mit einer der beiden Druckschriften E2 oder E3 i. V. m. dem Fachwissen nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.
Gegen den Zurückweisungsbeschluss hat die Anmelderin Beschwerde eingelegt.
Sie begründet ihre Beschwerde im Wesentlichen damit, dass die Druckschriften E1 und E2 nicht kombinierbar seien, weil die Druckschrift E1 von der Idee wegführe, eine Empfangseinrichtung auch "fremde" Sendesignale weiterleiten zu lassen.
Die Anmelderin legt in der mündlichen Verhandlung nach Erörterung der Sachund Rechtslage zuletzt die neuen Ansprüche 1 bis 3 sowie eine daran angepasste Beschreibung vor.
Die Anmelderin beantragt,
den angefochtenen Beschluss des Patentamts aufzuheben und das Patent mit den Patentansprüchen 1 bis 3 vom 22. April 2013 sowie der Beschreibung in der Fassung vom 22. April 2013 und den ursprünglich eingereichten Zeichnungen Fig. 1 bis 5 zu erteilen.
Der geltende Anspruch 1 hat folgenden Wortlaut, hier wiedergegeben in gegliederter Form und mit einer Schreibfehlerkorrektur in Merkmal b):
a) 1. Verfahren zum Betreiben von intelligenten Empfangseinrichtungen (15a - 15h) einer verteilten Busarchitektur eines Reifenkontrollsystems,
b) bei dem zumindest von einer Empfangseinrichtung (15a - 15h) aufgenommene Sendesignale (XA - XD) verarbeitet und/oder aus[ge]wertet werden und abhängig von dieser Verarbeitung bzw. Auswertung weitergeleitet werden, wobei c) für den Fall, dass eine Empfangseinrichtung (15a-15h) ein Sendesignal (XA-XH) einer anderen als der ihr zugeordneten Radelektronik (13a) empfängt, die Empfangseinrichtung eine Auswertung dieses empfangenen Sendesignals (XA-XH) vornimmt und d) dieses Sendesignal (XA-XH) an die Recheneinheit (19) und an die der Radelektronik (13a-13d) zugeordnete Empfangseinrichtung (15a-15h) weiterleitet, wobei e) empfangene Sendesignale (XA-XD), die jeweils gleiche oder identische Informationen, beispielsweise gleiche oder identische Informationen derselben Radelektronik (13a-13d), beinhalten, lediglich von einer einzigen Empfangseinrichtung (15a-15h) über den Bus (17) an die Recheneinheit (19) weitergeleitet werden.
Wegen des Wortlauts der geltenden nachgeordneten Ansprüche 2 und 3, wegen weiterer Einzelheiten sowie des weiteren Vorbringens wird auf die Gerichtsakte verwiesen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet.
A.
Die Patentanmeldung betrifft ein Verfahren zum Betreiben von intelligenten Empfangseinrichtungen einer verteilten Busarchitektur eines Reifenkontrollsystems.
Die Anmelderin führt in der Beschreibung aus, die vorliegende Erfindung beziehe sich auf Systeme zur Überwachung oder Ermittlung reifenspezifischer Parameter, wie etwa die Reifentemperatur, den Reifendruck, die Umdrehungsgeschwindigkeit eines Reifens, die Profildicke, etc. Solche Systeme würden allgemein als Reifendruckkontrollsysteme bezeichnet. Die Erfindung beziehe sich allerdings auch auf Systeme, die den Einbauort eines Reifens bezogen auf ein Kraftfahrzeug ermittelten. Ein entsprechendes Verfahren werde allgemein auch als (Rad-) Lokalisation und die entsprechenden Systeme als Lokalisationssysteme bezeichnet (vgl. geltende Beschreibung, S. 1, Abs. 2).
Wie ebenfalls in der Beschreibung erläutert, weise im Falle eines Personenkraftfahrzeuges ein Reifendruckkontrollsystem insgesamt vier in den Radkästen angeordnete RF-Empfangseinrichtungen auf, die die von dem radseitigen Sender gesendeten RF-Signale aufnehmen. Diese Empfangseinrichtungen seien dadurch in der Lage, eine relativ sichere Datenkommunikation mit der Radelektronik sicherzustellen (vgl. geltende Beschreibung, S. 3, Abs. 2). Die verschiedenen Empfangseinrichtungen eines Reifendruckkontrollsystems seien dabei über ein Bussystem mit der zentralen Recheneinheit innerhalb des Steuergerätes verbunden. Empfange nun eine Empfangseinrichtung ein sensorseitig gesendetes Signal, dann werde dieses empfangene Signal von der Empfangseinrichtung über den Bus der Recheneinheit zugeführt. Problematisch dabei sei, dass beim Empfang und Weiterleiten dieser Signale nicht unterschieden werde, ob dieses empfangene Signal von der der jeweiligen Empfangseinrichtung zugeordneten Radelektronik stamme oder nicht. Üblicherweise stamme dieses empfangene Signal allein schon aufgrund der räumlichen Nähe von dem jeweils zugeordneten Radsensor. Allerdings könne beispielsweise bei sehr nah aneinander liegenden Radachsen der Fall auftreten, dass eine Empfangseinrichtung ein gesendetes Signal einer anderen Radelektronik aufnähme. Dieses aufgenommene Signal werde dann sofort über den Bus weitergeleitet. Eine Verifikation seitens der Empfangseinrichtung, ob dieses Signal nun von der jeweils zugeordneten "richtigen" Radelektronik stamme oder nicht, finde nicht statt. Diese Verifikation erfolge erst in der Recheneinheit (vgl. geltende Beschreibung, S. 3, Abs. 3 bis S. 4, Abs. 1). Dies sei unerwünscht, da die fälschlicherweise von der Empfängereinrichtung weitergeleiteten Signale entweder seitens der Recheneinheit nicht benötigt würden oder, da diese unter Umständen zusätzlich auch von der "richtigen" Empfangseinrichtung aufgenommen würden, doppelt über den Bus übertragen würden und in der Recheneinheit doppelt vorhanden seien. Insgesamt führe dies dazu, dass durch das unerwünschte Weiterleiten des von der Empfangseinrichtung empfangenen "falschen" Signals und durch das Weiterleiten dieses "falschen" Signals über die Busleitung die Busauslastung ansteige. Komme die oben beschriebene Konstellation sehr häufig vor, d. h. würden sehr häufig "falsche" Signale weitergeleitet, führe dies zu einer signifikant erhöhten Busauslastung (vgl. geltende Beschreibung, S. 4, Abs. 2).
Als Aufgabe ist angegeben, bei einem Reifenkontrollsystem eine bessere und insbesondere effektivere Weiterleitung der von der Empfangseinrichtung empfangenen Signale zu ermöglichen. Eine weitere Aufgabe soll darin bestehen, die von der Empfangseinrichtung empfangenen Signale bei möglichst geringer Busauslastung weiterzuleiten (vgl. geltende Beschreibung, S. 4, Abs. 3).
Der mit der Lösung dieser Aufgabe betraute Fachmann ist ein Fachhochschulingenieur der Elektrotechnik mit vertieften Erfahrungen in der Auslegung elektronischer Überwachungssysteme für Fahrzeugräder.
B.
1. Der geltende Anspruch 1 basiert auf den ursprünglichen Ansprüchen 13, 14 und 17. Die geltenden Ansprüche 2 und 3 entsprechen den ursprünglichen Ansprüchen 15 und 16. Die geltenden Ansprüche sind somit ursprünglich offenbart und daher zulässig.
2. Das offensichtlich gewerblich anwendbare Verfahren nach Anspruch 1 ist neu, da keine der im Verfahren befindlichen Druckschriften ein Verfahren mit allen Merkmalen des geltenden Anspruchs 1 offenbart.
Den Verfahren der Druckschriften E1 bis E3 fehlt offensichtlich jeweils zumindest der Verfahrensschritt, wonach eine Empfangseinrichtung das Sendesignal einer anderen als der ihr zugeordneten Radelektronik an die Recheneinheit und an die der Radelektronik zugeordneten Empfangseinrichtung weiterleitet (Merkmal d)).
3. Das Verfahren nach Anspruch 1 beruht auch auf erfinderischer Tätigkeit.
Die nächstkommende Druckschrift E1 betrifft eine Kontrollvorrichtung für den Luftdruck von luftbereiften Fahrzeugrädern (vgl. die Bezeichnung).
Sie offenbart ein Verfahren zum Betreiben von (aufgrund ihrer Funktionalität hinsichtlich der Entscheidung über die Weiterleitung der empfangenen Signale) als intelligent zu bezeichnenden Empfangseinrichtungen (Empfangsteile E1 bis E4) eines Reifenkontrollsystems (hier: Luftdruck), Merkmal a) (vgl. Fig. 1 und 4 sowie Sp. 1, Z. 3 bis 5 und Sp. 5, Z. 57 bis 60).
Bei diesem Verfahren werden zumindest von einer Empfangseinrichtung (Empfangsteile E1 bis E4) aufgenommene Sendesignale verarbeitet und/oder ausgewertet und abhängig von dieser Verarbeitung bzw. Auswertung weitergeleitet, Merkmal b) (vgl. Sp. 8, Z. 44 bis 58).
Bei diesem Verfahren nimmt weiterhin für den Fall, dass eine Empfangseinrichtung (Empfangsteile E1 bis E4) ein Sendesignal einer anderen als der ihr zugeordneten Radelektronik (Sendegeräte S1 bis S4) empfängt, die Empfangseinrichtung (Empfangsteile E1 bis E4) eine Auswertung dieses empfangenen Sendesignals vor, Merkmal c) (vgl. Fig. 1 sowie Sp. 8, Z. 48 bis 58).
In Sp. 8, Z. 48 bis 52 der Druckschrift E1 ist mit Bezug auf Fig. 5 ausgeführt, dass der Datenwert nur im Falle der Übereinstimmung des Identifikationssignals des gesendeten Signals mit dem (in der Empfangseinrichtung, Empfangsteile E1 bis E4) gespeicherten Identifikationssignal an die Recheneinheit (zentrales Empfangsteil EZ) übertragen wird. Dadurch werden (wie in Merkmal e) gefordert) empfangene Sendesignale, die jeweils gleiche oder identische Informationen, beispielsweise gleiche oder identische Informationen derselben Radelektronik (Sendegeräte S1 bis S4), beinhalten, lediglich von einer einzigen Empfangseinrichtung (Empfangsteile E1 bis E4) an die Recheneinheit weitergeleitet.
Vom Verfahren der Druckschrift E1 unterscheidet sich somit dasjenige gemäß Anspruch 1 dadurch, dass das zugrunde liegende Reifenkontrollsystem (hinsichtlich Merkmal a) und Merkmal e)) als verteilte Busarchitektur ausgeführt ist und weiterhin dadurch, dass gemäß Merkmal d) eine Empfangseinrichtung das Sendesignal einer anderen als der ihr zugeordneten Radelektronik an die Recheneinheit und an die der Radelektronik zugeordneten Empfangseinrichtung weiterleitet.
Zwar ist aus der vom Fachmann problemlos aufgefundenen Druckschrift E2 bekannt, die Architektur des dem Verfahren zugrunde liegenden Reifenkontrollsystems gemäß Merkmal a) und Merkmal e) als verteilte Busarchitektur auszuführen. Dies ergibt sich aus den Ausführungen in der Beschreibung, Sp. 4, Z. 7 bis 10, wonach (abweichend zur Fig. 1 der Druckschrift E2) die beiden Empfangseinrichtungen (Empfänger 2, 3) selbst mit einem Anschluss für den Fahrzeugbus ausgestattet sein können.
Jedoch ist aus dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik nicht bekannt, dass gemäß Merkmal d) eine Empfangseinrichtung das Sendesignal einer anderen als der ihr zugeordneten Radelektronik an die Recheneinheit und an die der Radelektronik zugeordneten Empfangseinrichtung weiterleitet, vgl. die Ausführungen zur Neuheit des Verfahrens nach Anspruch 1. Hierdurch ist eine Redundanz für das Empfangen der Sendesignale gegeben, ohne dass dadurch der Datenverkehr auf dem Bussystem zunimmt.
Da auch kein Hinweis darauf vorliegt, dass sich diese Maßnahme aus dem durchschnittlichen Fachwissen ergäbe, beruht das Verfahren nach Anspruch 1 auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Das Verfahren gemäß Anspruch 1 ist daher patentfähig.
4. Die Unteransprüche 2 und 3 betreffen vorteilhafte und nicht selbstverständliche Ausgestaltungen des Verfahrens gemäß dem geltenden Anspruch 1 und sind daher zusammen mit dem geltenden Anspruch 1 patentfähig.
Dr. Höchst v. Zglinitzki Rothe Hubert Bb
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